Das Neue Testament verstehen

Entdeckungen eines Bibelübersetzers

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Die Herrnhuter Tageslosung zum 25. Juni in eigener Übersetzung unter Berücksichtigung des griechischen Alten Testaments:

Die in der Ferne werden kommen und am Tempelhaus des Herrn bauen. (Sach 6,15a)

Dazu der neutestamentliche Lehrtext (Übersetzung: Jesus der Messias):

Alle Völker werden kommen und sich vor dir zu Boden werfen. Denn deine gerechten Taten sind sichtbar geworden! (Offb 15,4b)

Aktuelles (sämtliche Artikel s. u.):

Ergänzt am 15. 6. 25: Taufen

Ergänzt am 11. 6. 25: Kernsätze zum Nachdenken

Bearbeitet am 9. 6. 25: Die neuen Sprachen

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Meine Bücher:

Das Neue Testament in möglichst wörtlicher und verständlicher Übersetzung, leicht lesbar und authentisch. Man kann „Jesus der Messias“ um 25 € beim Verlag GloryWorld-Medien bestellen (versandkostenfrei) oder im Buchhandel. Als E-Book kostet es 17,49 €. Und hier ist eine Leseprobe.

Das Buch über das Wesen der neutestamentlichen Gemeinde im Gegensatz zu den bekannten Formen des kirchlich/freikirchlichen Traditionschristentums. Um 12,50 € kann man es beim Herausgeber GloryWorld Medien bekommen (versandkostenfrei), ebenso überall im Buchhandel. Als E-Book ist es um 8,99 € erhältlich. Und hier ist die Leseprobe.

Beiträge zum Neuen Testament:

Bücher und Autoren

MatthäusMarkusLukasJohannesEine EvangelienharmonieDie ApostelgeschichteJakobusPaulusWer hat die Briefe geschrieben?GefangenschaftsbriefePetrusbriefe und JudasbriefDer HebräerbriefDie Offenbarung

Zeitgeschichte und Hintergründe

Wann ist Jesus geboren?Der Stern von BetlehemDer MessiasDer Name JesusJesus von NazaretDer Psalm 2Die Datierung der EreignisseDie TageszeitenDer Ablauf der PassionswocheAuferstehung „nach drei Tagen“Sprachen im Neuen TestamentDer griechische AoristFlavius JosephusDie EssenerDer Oberste PriesterSchriftgelehrteJüngerWer ist Rufus?Philippus der BotschafterWer kennt Julius?Zitate im griechischen Text

Bibelstellen

Fischer vom See Genezaret (Mt 4,18-22 / Joh 1,35-81) — Der Ruheplatz für die Seele (Mt 11,29) — Die Sünde gegen den Heiligen Geist (Mt 12,31-32 / Mk 3,28-29) — Wer bei Jesus ein Theologe ist (Mt 13,52) — Ekklesia (Mt 16,16) — In Ewigkeit kein Tod (Mt 16,28 / Joh 8,51-52) — Die königliche Hochzeit (Mt 22,1-14) — Der Zehnte von Küchenkräutern? (Mt 23,23 / Lk. 11,42) — Das laute Hornsignal (Mt 24,30+31) — Das Ende der Welt (Mt 25,31-46) Judas – erhängt oder gestürzt? (Mt 27,5 / Apg 1,18) — Frauen bei Lukas (Lk 8,1-3) — Grüßt niemand! (Lk 10,4) — Vater und Mutter hassen (Lk 14,26) — Nicht aus „Blut“ geboren (Joh 1,13) — Die Hochzeit in Kana (Jo 2,1-12) — Die neue Geburt (Joh 3,3+5) — Die Welt retten (Jo 3,16) — Beten im Namen von Jesus (Joh 16, 23-27) — Verschleierung der Frauen? (1 Ko 11,3-16) — Ehelosigkeit (1 Kor 7) — Das letzte Hornsignal (1 Kor 15,51+52) — Die Frucht des Geistes (Gal 5,22) — Der Fluch der Ehe (Eph 5,21-33) — Der Herr (Phil 2,9-11) — Das Hornsignal Gottes (1 Thess 4,15-17) — Gerettet durch Kindergebären? (1 Tim 2,8-15) — Was blieb bei Karpos zurück (2 Tim 4,3) — Titus 2: ältere und jüngere Frauen (Tit 2,2-5) — Abfall von Gott (Heb 6,4-6) — Wem schreibt Jakobus? (Jak 1,1) — Der Antichrist (1 Jo 2,18) — Sünde zum Tod (1 Jo 5,16)

Themen und Stichworte

Alles eine Frage der AuslegungÄlteste oder ÄltereApostelAuch Frauen sind „Brüder“Aus Gott geborenBischofBußeChristus oder MessiasDas Gesetz im Neuen TestamentDas Haus GottesDas KreuzDer AntichristDer BundDer Geist GottesDer griechische AoristDer HerrDer Name JesusDer MessiasDer SackDer SatanDiakonDie Ankündigung des GeistesDie EndzeitDie KopftuchfrageDie neue GeburtDie neuen SprachenDie PredigtDie Welt rettenDie Wut GottesEhelosigkeitEkklesiaErbauung oder AufbauErste und zweite AuferstehungErwachsen werdenEvangeliumFleischFrei von SündeGeistlicheGemeindeGemeinde und WeltGerettet sein – gerettet werdenGleichheit in der GemeindeGottesdienstHeiligen Geist bekommenHeiligen Geist habenIm GeistIsraelJüngerKircheLehrerMariaPapstPastorProphetische SymbolspracheProphetische UnschärfeReinigung von der SündeSexualitätSklaven GottesSterben und NeugeburtSünde, die nicht vegeben wirdSünde und TodTaufenTotenweltUnzuchtWas ist GeistWas macht Menschen unrein?WeihnachtenZahlensymbolikZeitZion

Die Offenbarung

Die OffenbarungWann hat Johannes geschrieben?Prophetische Symbolsprache (1,12-20) — Die Engel der Gemeinden (1,20) — Die Nikolaiten (2,6 / 2,15)— Die 24 Ältesten (4,4) — Das Buch mit sieben Siegeln (5,1-9) — Die apokalyptischen Reiter (6,1-8) — Die Seelen am Altar (6,9-11) — Das sechste Siegel (6,12-7,17) — Die Endzeit (6,1-7,14) — Die Versiegelten (7,1-8) — Die sieben Posaunen (8,2-11,14) — Das fünfte Hornsignal (9,1-12) — Das sechste Hornsignal (9,7-11,14) — 1000 Jahre keine Zeit (10,5-7 / 20,1-6) — Das zerteilte Heiligtum (11,1-2) — Die zwei Zeugen (11,3-13) — Der Sack (11,3) — Prophetische Unschärfe (4,6-8 / 11,4) — Was kommt aus dem Mund? (11,5 / 19,15-21) — Die Vollmacht der Zeugen (11,6) — Die besiegten Zeugen (11,7-10) — Die Frau und der Drache (12,1-18) — Das Tier aus der Unterwelt (13,1-10)— Das andere Tier (13,11-17) — Die Zahl des Tieres (13,17-18) — Die 144.000 auf dem Berg Zion (7,1-8 / 14,1-5) — Die zwei Ernten (14,14-20) — Die Wut Gottes (14,10 / 14,19 / 15,1) — Sieben Schalen der Wut Gottes (15,1-16,21) — Babylon die Große (17,1-18) — Gefallen ist Babylon (18,1-19,4) — Die Hochzeit des Lammes (19,5-9) — Der Messias kommt (19,11-21) — 1000 Jahre keine Zeit (10,5-7 / 20,1-6) — Erste und zweite Auferstehung (20,4-6 / 20,11-15) — Das Ende der Welt (21,7-22,8)

Zum Alten Testament:

Der Schöpfungsbericht (1 Mo 1,1-2,4) — Der „zweite“ Schöpfungsbericht (1 Mo 2,5-25) — Der Sündenfall (1 Mo 3,1-24) — Der Fluch der Ehe (1 Mo 3,16 / 4,7) — Die Opferung Isaaks (1 Mo 22,1-19) — Die zehn Gebote (2 Mo 20 / 5 Mo 5) — Psalm 1Psalm 2Psalm 16SprücheDas Lied des Amos

Zu und von Sören Kierkegaard:

Sören Kierkegaard (1813-1855)Sentenzen von KierkegaardBequemlichkeitDas Gebot des KönigsDas GerichtDas religiöse BedürfnisDas Verhältnis zum WahrenDer Abfall vom ChristentumDer DichterDer Kutscher des KönigsDie in langen Kleidern gehenDie KonfirmationDie MeineidigenDie Möglichkeit des ÄrgernissesDrei Formen von ÄrgernisEine Schwierigkeit an dem Neuen TestamentEine VereidigungEntweder-OderGott ist leicht zu betrügenIndifferentismusKurze BemerkungenKurz und spitzLobrede auf das MenschengeschlechtMenschenfischereiSie verteidigten das ChristentumSchweigenSind „wir“ wirklich Christen …Staat – ChristentumVom Interesse an meiner SacheVom Verstehen zum HandelnWahre Christen – viele ChristenWas ist das Ethische?Was man so einen Christen nenntWem die Verheißungen geltenWerde ein Schwätzer

„Kennst du das Land?“ – von Ludwig Schneller

Kennst du das Land?Josefs HeimatDie HerbergssucheDas Haus in NazaretDer BaumeisterAuf der BaustelleJahreszeitenWasserLand und FeldDer FeigenbaumDer OlivenbaumDer WeinstockWo Milch und Honig fließtDer WeinbergFeldbauDie ErnteSpeisenGesangMusikinstrumenteLiederHeiratVerlobungHochzeitHochzeitsmahlVögelWüsteJesus als WandererÜbernachtenGleichnisseSchwörenGrüßenHandel

Zitate

HilariusAltdeutsche SpruchweisheitZinzendorfMartin LutherMatthias ClaudiusKurt MartiKatharina StotzKernsätze zum Nachdenken

Interessante Links:

Baobab Initiative

Deutsche humanitäre Hilfe Nagold

Genesis-Net

Opportunity International

Studiengemeinschaft Wort und Wissen

WORT WIRKT

Wycliff Bibelübersetzer

Handel

(Handel – ein Abschnitt aus dem Kapitel „Vermischte biblische Spuren“ im Buch „Kennst du das Land?“ Ludwig Schneller beschreibt darin seine Erfahrungen im Palästina der Jahre 1884-89.)

Handel gehört in Palästina zu jedem Kauf, wenn man nicht exemplarisch geprellt werden will.

Neulich wollte ich in Betlehem für einen Freund eine Olivenholzarbeit kaufen. Ich fragte einen Händler um den Preis. Er antwortete: „Für gewöhnlich hundert Piaster, aber weil du es bist, siebzig.“ Wäre ich so gutmütig gewesen, wie so manche fromme Pilger, deren jährlich viele Tausende ins Land kommen, so hätte er wahrscheinlich seine siebzig bekommen und ein Trinkgeld dazu. Auch mir kam die Ware nicht allzu teuer vor. Ich besann mich aber, dass ich es mit einem arabischen Händler zu tun habe und bot zwölf. Darob furchtbarer Schreck auf der anderen Seite. Er verschwur sich hoch und teuer, das er dabei über die Hälfte einbüße. Nach langem fruchtlosem Handel ließ ich ihn stehen und ging meiner Wege.

Es verging aber nur ein Tag, da kam er demütig hergegangen und bat mich, ihm die Sache doch abzukaufen. „Wieviel willst du?“ „Vierzehn Piaster!“ „Gut“, sagte ich, „da hast du sie.“ Nun meinte ich, sehr schlau gewesen zu sein und ein vortreffliches Handeln geübt zu haben. Nach ein paar Tagen erfuhr ich aber, dass er es sonst für zehn Piaster herzugeben pflege. –

Will man einen Kauf abschließen, so wird einem gewöhnlich die Sache zuerst umsonst, als Geschenk angeboten. Im Sommer 1884 sandte ich im Auftrag des Jerusalemvereins zwei Kundschafter nach Hebron, um das Terrain zu untersuchen, und, wenn möglich, ein Haus für die neue Missionsstation zu mieten. Diese Kundschafter ritten durch das schöne Tal Eschkol, durch welches einst Josua und Kaleb, die israelitischen Kundschafter zogen, in Hebron ein. Nach langen, fruchtlosen Bemühungen wurden sie endlich von einem Efendi (Edelmann oder Regierungsbeamten) eingeladen, in sein Haus zu kommen, das er zu vermieten geneigt schien. Sie traten mit ihm ein. Und nachdem sie sich nach Landessitte etwa zehnmal guten Abend gewünscht und über allerlei Gleichgültiges gesprochen hatten, kamen sie, wie gewöhnlich, ganz zufällig und als ob das nur die Nebensache wäre, auch aufs Geschäft. Das Haus gefiel ihnen gut und sie fragten nach dem Preis.

Sie sagten ihm: „Wir wollen bezahlen, was recht ist, was denkst du wohl über die Mietsumme?“

Efendi: „Wie? Ihr fragt nach Geld? Nein, ihr Herren, ich will euch das Haus schenken!“

Die Kundschafter: „Wir danken dir sehr für deine große Liebe und Freundlichkeit. Aber wir wollen es nicht geschenkt haben; wir wollen zahlen, was recht ist!“

Der Efendi aber verneigte sich höflich und sprach: „Wie? Ist das unsere Freundschaft, dass wir nach Geld fragen sollten? Nein, ich will es umsonst geben und mich dazu.“

Die Unseren: „Du bist ein freundlicher Mann. Aber sage uns doch einen Preis, wir möchten sehen, was du darüber denkst.“

Efendi: „Ihr müsst nicht denken, dass ich aufs Geld sehe! Aber es ist ein schönes Haus!“

Die Unseren: „Ja, aber was denkst du über den Preis?“

Efendi: „Was soll der Preis zwischen mir und euch? Sind wir nicht Freunde? Aber freilich ist es ein sehr schönes Haus und mindestens hundert Napoleonsd’or Mietzins wert.“

Großes Erstaunen auf der anderen Seite. Endlich, nachdem sie sich von ihrem Schreck etwas erholt hatten, sagten sie ihm: „Nein, das ist doch gar zu viel. Soweit dürfen wir nicht gehen. Geh du ein wenig herunter!“

Aber trotz stundenlangem Handel war er absolut nicht zu bewegen, den Preis zu ändern. Und derselbe Mann, der es uns vorher schenken wollte, war so hartnäckig, dass er wiederholt versicherte, keinen roten Para würde er von seinen hundert Lira lassen. Sie mussten Hebron unverrichterter Dinge verlassen. Da, bei Halhul, dem Dorf, welches unter demselben Namen schon bei Josua vorkommt, eine gute Stunde von Hebron entfernt, hören sie Pferdegetrappel hinter sich. Ein Reiter kommt ihnen nachgeritten und holt sie wieder zurück. Der Efendi hatte sich besonnen, das Haus um siebzig zu geben. Aber soweit durften sie auch nicht gehen. Und erst, nachdem ich ihn noch einige Tage als Gast im Haus gehabt hatte und die hartnäckigsten Verhandlungen mit ihm gepflogen waren, zwischen welche hinein er natürlich wiederholt versicherte, er wolle es es uns schenken, konnte er dazu gebracht werden, von seinen hundert Lira auf fünfzig herunter zu gehen.

Wem fiele da nicht jene Geschichte ein, die sich lange, lange vorher, schon vor viertausend Jahren in dieser Stadt zugetragen hat? Abraham kommt, die Tränen noch im Auge, denn er kommt von der Leiche seiner Lebensgefährtin, die einst in Jugendtagen mit ihm gezogen war aus Mesopotamien. Und er verhandelt mit Efron, denn er möchte die liebe Tote nicht in fremder Erde und in einem fremden Grab bestatten.

Er trägt Efron, dem Hetiter, die Bitte vor, ihm die Höhle Machpela zu überlassen, „um Geld, so viel es wert ist, zum Erbbegräbnis.“

Aber Efron sprach: „Nein, nein, Herr, sondern höre mir zu! Ich schenke dir den Acker und die Höhle darinnen dazu!“

Da bückte sich Abraham vor dem Volk des Landes, den Kindern Het, und sprach: „Willst du mir ihn lassen, so bitte ich, nimm von mir das Geld für den Acker, so will ich meinen Toten daselbst begraben.“

Da antwortete der schlaue Hetiter: „Mein Herr, höre doch mich! Das Feld ist vierhundert Schekel Silbers wert. Was ist das aber zwischen mir und dir? Begrabe nur deinen Toten.“

Abraham gehorchte Efron und wog ihm das Geld dar. (1 Mo 23,3-18).

Ist es nicht merkwürdig, wie sich solch ein Handel viertausend Jahre später in derselben Stadt noch in derselben Weise abspielen kann?

Die Meineidigen

(Die Meineidigen – Auszüge aus dem Artikel „Was der ‚Pfarrer‘ für die Gesellschaft in Wahrheit zu bedeuten hat“. Von Sören Kierkegaard. Erschienen in seiner Zeitschrift „Der Augenblick“ am 30. August 1855.)

Ein Statistiker, der sich in die Sache eingearbeitet hat, müsste aus der Bevölkerungszahl einer großen Stadt die entsprechende Zahl der öffentlichen Dirnen, die sie verbraucht, erschließen können. Ein Statistiker, der sich in die Sache eingearbeitet hat, müsste aus der Größe einer Armee die zu guter Verpflegung nötige Anzahl von Ärzten angeben können. Und so müsste ein Statistiker, der sich damit befasste, aus der Bevölkerungsziffer eines Landes auch berechnen können, wie viele von Meineidigen (Geistlichen) erforderlich sind, damit dieses Land unter dem Schein des Christentums gegen das Christentum vollkommen sichergestellt wäre oder unter dem Schein des Christentums gänzlich ungestört heidnisch leben könnte, ja ganz ruhig und raffiniert, da dies eben Christentum sei. …

Und nun beginnt die Komödie. Für soundso viele Einwohner bedarf es, sagt der Statistiker, soundso viele Meineidige. Diese werden engagiert. Dass ihre Lehre und ihr Wandel kein neutestamentliches Christentum ist, sehen sie wohl selbst. „Aber“, sagen sie, „es ist unser Lebensunterhalt. Darum gilt es, die Ohren steif zu halten und uns nicht beikommen zu lassen.“

Das wären die Meineidigen. Die Gesellschaft hat vielleicht eine Ahnung davon, dass es mit den Eid auf das Neue Testament nicht richtig bestellt ist. „Doch für uns“, denkt die Gesellschaft, „gilt es natürlich, die Ohren steif zu halten und zu tun, als wäre alles in seiner Ordnung. Wir sind nur Laien, wir können uns mit der Religion nicht so befassen. Wir sind aber ganz ruhig im Vertrauen auf den Pfarrer, der ja eidlich auf das Neue Testament verpflichtet ist.“

Nun ist die Komödie fertig. Alles lauter Christen und alles christlich, auch die Geistlichen – und alles das gerade Gegenteil des neutestamentlichen Christentums. Allein es ist so gut wie unmöglich, den schlau verschlungenen Knoten anzufassen und hinter dieses Blendwerk zu kommen. Wie sollte einem ein Zweifel daran kommen, ob das Christentum überhaupt da sei? Dieser Gedanke ist ja ebenso unmöglich wie der Einfall, der Pfarrer sei ein Geschäftsmann. Er ist ja doch eidlich gebunden, dieser Welt zu entsagen. Also läuft das Gewerbe, das Geschäft unter der Firma „Weltentsagung“. … Wie sollte da einem einfallen – was wohl auch niemandem eingefallen ist, was auch niemand, hätte ich es nicht selbst gesagt, gewusst hätte, dass ich unter dem „Meineidigen“ den „Pfarrer“ meine, den „Pfarrer“, der ja just Wahrheitszeuge ist.

Das bedeutet der „Pfarrer“ für die Gesellschaft. Von Generation zu Generation verbraucht sie die „notwendige“ Anzahl Meineidiger, damit sie unter dem Namen des Christentums gegen das Christentum vollkommen gesichert ist und ganz ungestört heidnisch leben kann. Und das ganz ruhig und raffiniert, da dies ja eben Christentum ist. …

Von Morgen bis Abend stellen diese Tausende oder Millionen der Gesellschaft die Lebensanschauung dar, die dem Christentum so direkt entgegengesetzt ist wie der Tod dem Leben. Das kann man noch nicht niederträchtig nennen, es ist einfach menschlich. Nun aber kommt das Niederträchtige. Tausend auf das Neue Testament vereidigte Männer sind nämlich darunter, die selber gleich der ganzen übrigen Gesellschaft die Lebensanschauung vertreten, die dem Christentum direkt entgegengesetzt ist. Zugleich garantieren sie aber der Gesellschaft, das sei Christentum. Nunmehr ist die Gesellschaft eine Niederträchtigkeit. …

Ich hatte einmal mit den verstorbenen Bischof Mynster folgendes Gespräch. Ich sagte zu ihm: „Die Geistlichen könnten ihr Predigen fast ebensogut bleiben lassen. All ihr Predigen habe gar keine Wirkung. Die Gemeinde denke ja in aller Stille bei sich: Ja, dafür sind sie bezahlt.“ Die ziemlich verwunderliche Antwort des Bischofs Mynster lautete: „Es ist etwas dran.“ Diese Antwort hatte ich eigentlich nicht erwartet. Denn wir waren zwar unter uns, allein in dieser Sache pflegte Bischof Mynster sonst die Vorsicht selbst zu sein. Ich für meine Person habe mich in diesen Dingen seither nur insoweit verändert, als es mir nun sehr deutlich geworden ist, dass der Geistliche doch in einem Sinne eine ungeheure Wirkung hat. Dass nämlich durch sein Dasein die ganze Gesellschaft, christlich verstanden, zu einer Gemeinheit wird.

Grüßen

(Grüßen – ein Abschnitt aus Ludwig Schnellers Buch „Kennst du das Land?„. Er beschreibt sein Erleben im damaligen Palästina in den Jahren 1884 bis 89.)

Die Grüße der Araber erinnern uns auf Schritt und Tritt an das biblische Altertum. Man wird kaum eine andere Nation auf Erden finden, welche einen so großen Reichtum von feinen zierlichen, höflichen Redensarten hätte, welche von Hohen und Niedrigen, von Gelehrten und Ungelehrten mit gleicher Freigebigkeit gespendet werden. Das sind die Trümmer einer Periode, in welcher diese schönen Worte Äußerungen der inneren Freiheit und eines Adels der Gesinnung beim arabischen Volk waren. Heute ist aber gerade von diesem Wesen der Sache wenig mehr vorhanden. Fast nur die Worte und der Schein sind geblieben. Der schönen und sinnigen Grüße sind viele. Darum begnügt man sich häufig nicht mit einem einzigen Gruß. Die Begrüßung gestaltet sich vielmehr zu einem förmlichen Zwiegespäch, in welchem ein Glückwunsch den anderen erwidert und überbietet, z. B.:

A. Gott gebe dir einen guten Morgen!

B. Dir hundert gute Morgen!

A. Dein Morgen sei heilvoll!

B. Ja, Gott beschere dir einen heilvollen Morgen!

A. Dein Tag sei glückselig!

B. Glückselig und gesegnet sei dein Tag!

A.Friede sei mit dir!

B. Über dir sei Friede!

A. Gott baue dein Haus!

B. Er beschere dir langes Leben und erhalte dir deine Kinder!

A. Gott mit dir! Bleib uns freundlich gesinnt!

B. Gehe hin mit Frieden!

Wir haben oft gelesen, dass die Begrüßungen der Orientalen so überaus umständlich sind, ihr Küssen, Friede- und Segenswünschen so lange Zeit in Anspruch nehme. Deshalb soll sich Jesus auch genötigt gesehen habe, seinen Jüngern bei ihrer Aussendung die Reiseregel mit auf den Weg zu geben: „Grüßt niemand auf der Straße!“ (Lk 10,4). Dies ist gewiss unrichtig. Denn die einfache Begrüßung unterwegs ist, selbst wenn dieselbe mit Gruß und Umarmung verbunden ist, denn doch so sehr zeitraubend nicht, dass sie eine solche Vorschrift nötig oder erklärlich machen könnte.

Der freundliche Leser würde, wenn es sich nicht gerade um einen Befehl des Herrn selbst handelte, wahrscheinlich dabei das Gefühl haben, das dies doch den Eifer etwas zu weit getrieben heiße, dass die Jünger nicht einmal mehr jemandem auf der Straße guten Tag wünschen sollten, zumal wenn es ein lieber alter Freund gewesen wäre, der ihnen begegnete. Das Unterlassen eines solches einfachen Grußes hätte auch in der Tat jedermann als eine Grobheit empfunden. Und dies hätte ihrem evangelischen Amt sicher keinen Vorschub geleistet.

Die Sache wird aber ganz klar, sobald wir bedenken, dass das Wort „grüßen“ (sällem) bei den Orientalen noch eine andere Bedeutung hat. Und diese ist auch in jener Rede des Herrn gemeint. „Jemanden Grüßen“ heißt nämlich bei solchen, welche auf der Reise sind – und um solche handelt es sich hier -, so viel wie einen Besuch bei ihm machen. Gehe ich in die Wüste, um etwa eine Häuptling zu besuchen, und es stellt mich auf den Bergen ein Beduine zur Rede, was ich hier wolle, so werde ich ihm auf Arabisch sicher antworten: „Ich will deinen Schech (Häuptling) grüßen“. Will jemand von unseren Gemeindegliedern in Hebron nach Jerusalem reisen, und sagt zu Hause vor dem Weggehen, dass er unterwegs mir einen Besuch machen will, so wird er dies nie anders ausdrücken, als: „Ich will den Pastor auf der Straße grüßen.“

Diese Art von Grüßen meint der Herr. Er will sagen: „Lasst euch auf eurer Straße nicht durch gute Bekannte einladen, sie ‚zu grüßen‘, d. h. mit ihnen in ihr Haus zu gehen, wo sie nach Landessitte wahrscheinlich sofort schlachten und ein Mahl bereiten würden, um das Wiedersehen zu feiern, und wo ihr jedesmal einen oder mehrere Tage verlieren würdet. Dafür ist euer Beruf zu wichtig und zu eilig.“ Im Vorübergehen freundlich zu grüßen, ist aber etwas, was die Jünger Jesu gewiss stets ebenso getan haben, wie er selbst.

Das Wort, welches in den orientalischen Grüßen die größte Rolle spielt, ist Friede. Wie ein Klang aus einer versöhnten Welt, wie eine Erinnerung an ein ehemaliges goldenes Zeitalter und wie eine Sehnsucht und Ahnung kommender Versöhnung klingt’s durch alle Grüße Israels bis zu denen der heutigen Bewohner Palästinas, das süße Wort Friede. Wie köstlich lautet jener Gruß, mit welchem Amasai, der Hauptmann unter dreißig, den König David begrüßte? „Dein sind wir, David, und mit dir halten wir es, du Sohn Isais! Friede, Friede sei mit dir! Friede sei mit deinen Helfern! Denn dein Gott hilft dir!“ (1 Chr 13,18).

„Friede sei mit dir!“ Das ist auch heute noch der häufigste Grüß, den sich die Leute hierzulande bieten. Ein Muhammedaner zwar wird einem Christen diesen Gruß niemals gönnen. Wenn ein Christ ihn einem Muhammedaner gegenüber gebraucht, so wird er fast immer die Antwort bekommen: „Bekehre dich zum Propheten!“. Aber so sehr ist Friedewünschen und Grüßen für die Bewohner des alten Bibellandes gleichbedeutend, dass man heute wie damals ein und dasselbe Wort für beides hat. Und oft kann man kaum unterscheiden, welche von beiden Bedeutungen in erster Linie gemeint ist.

So kommt es, dass das Wort Salám (hebr. Schalom) vielfach eine sinnige Zweideutigkeit hat, welche auf mehrere Stellen des Neuen Testaments ein interessantes Licht wirft. So sagt der Herr (Mt 10,12f) zu seinen Jüngern: “ Wo ihr in ein Haus geht, so grüßt dasselbe! (D. h. in die Landessprache übersetzt: Sprecht zu demselben ‚Friede sei mit euch!‘.) Und so es dasselbe Haus wert ist, wird euer Friede auf sie kommen.“ Dieser Gruß soll also bei den Jüngern des Herrn nicht ein bloßer Wunsch sein, sondern wirklichen Frieden ins Haus bringen.

Ein Vorfall in Hebron erinnerte mich vor kurzem an dies Wort. Ein Muhammedaner war dort an einem am Markt sitzenden Christen mit dem üblichen „Friede sei mit dir!“ vorübergegangen. Der antwortete wie gewöhnlich. „Über dir sei der Friede!“ Nachher erfuhr der erstere, dass der von ihm Begrüßte ein Christ sei. Da kam er zurück, fuhr mit größter Heftigleit auf ihn los, fing an, denselben mit Hilfe anderer Muhammedaner zu schlagen und zu misshandeln, indem er einmal übers andere rief: „Gib mir meinen Frieden zurück! Gib mir meinen Frieden zurück! Denn du bist ein Christ!“ Nur mit Mühe konnte der Christ von herbeieilenden Bekannten vor weiterer Misshandlung geschützt werden.

Es scheint also auch der heutigen Bevölkerung noch eine Erinnerung davon geblieben zu sein, dass der Gruß des Friedens eigentlich eine tatsächliche Wirkung haben soll, eine geistliche Bedeutung und Macht, mit welcher man nicht verschwenderisch umgehen soll, dass er eine „Perle“ ist, die man nicht „vor die Säue“ werfen darf. Darum das Geizen der Muhammedaner mit diesem Gruß, den jener Hebroner sogar wieder zurückhaben wollte. So sagt auch der Herr zu seinen Jüngern (Mt 10,13): „Ist es aber dasselbe Haus nicht wert, so wird sich euer Friede wieder zu euch wenden!“

Auch beim Abschiednehmen ist der allgemeinste Gruß „ma‘ ssaláme!“ „Ziehe hin in Frieden!“. Wem fielen dabei nicht allerlei Stellen aus der Schrift ein, welche uns zeigen, wie uralt dieser Abschiedgruß ist (2 Mo 4,18; Ri 18,6; 1 Sam 1,17 usw.)! Auch der Herr, wenn er z. B. einen Kranken geheilt hatte, verabschiedete sich in landesüblicher Weise von ihm: „Gehe hin in Frieden!“ (LK 7,50; Mk 5,34; Lk 8,48). So hatte dieser Gruß für diejenigen, welche ihn vom Herrn hörten, durchaus nichts Auffallendes. Und doch mögen sie jedesmal gefühlt haben, dass hier eine wirkliche Macht und Kraft des Friedens war, welche sie anderwärts nicht spürten. Denn im Mund des Herrn war dieser schöne Gruß der köstlichsten Vertiefung fähig.

Jesus selbst sagt seinen Jüngern einmal, dass dieser Abschiedgruß bei ihm etwas ganz anderes bedeute, als sonst bei der Welt. In seinen Abschiedsreden (Jo 14,27) sagt er: „Meinen Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“. D. h., „als ein Abschiednehmender muss ich euch jetzt Lebewohl sagen oder in orientalischen Worten ‚Geht hin mit Frieden!‘. Aber diese Abschiedsformel wird von Menschen gedankenlos ausgesprochen, oder sie bleibt doch im besten Fall nur ein leerer Wunsch, den zu erfüllen man nicht die Macht hat. Ich aber hinterlasse euch damit wirklichen Frieden, jene innere Ruhe und Heiterkeit eines mit Gott versöhnten Herzens, die durch äußere Stürme nicht zerstört werden kann. Darum erschrecke euer Herz nicht und fürchte sich nicht, zumal ich euch gesagt habe: ‚Ich komme wieder zu euch!'“. Die ganze Abschiedsstimmung jener letzten Stunden weht durch diese bewegten Worte des Herrn, die er im Kreis der erschrocken lauschenden Jünger sprach.

Mit dem landesüblichen Gruß begrüßte Jesus seine Jünger auch, als er nach seiner Auferstehung plötzlich in den Kreis der bekümmerten Jünger trat, welche jenen Frieden noch nicht hatten finden können. Wenn einer, den wir selbst mit zu Grabe geleitet haben, plötzlich zu uns ins Zimmer träte und ruhig wie sonst immer „Guten Tag!“ sagen würde, als ob noch alles beim Alten wäre, so würde dies auf uns etwa denselben Eindruck machen, wie jenes Eintreten Jesu mit dem gewöhnlichen „Friede sei mit euch!“ auf die Jünger. Aber wenn jemals dieser Gruß mitteilte, was er sagte, so war es in jener Stunde. Großer, glücklicher Friede erfüllte die Herzen der Jünger und verließ sie nicht wieder. Da merkten sie, warum der Herr gesagt hatte: „Nicht gebe ich euch wie die Welt gibt!“ (Jo 20,21). …

Papst

„Papst“ als Bezeichnung kommt vom lateinisch/italienischen „Papa“, was bekanntermaßen „Vater“ heißt. Und so wird der (jeweilige) Papst auch als „Heiliger Vater“ bezeichnet und angeredet. Eigenartig ist, dass diese Anrede auch von Protestanten und anderen Andersgläubigen praktiziert wird, die der päpstlichen „Vaterschaft“ gar nicht unterstehen.

Jedenfalls hat schon Jesus selbst das Führen eines solchen Titels grundsätzlich verboten. „Und ‚Vater‘ soll niemand von euch sich nennen lassen auf der Erde! Einer ist nämlich euer Vater, der himmlische.“ (Mt 23,9). Selbstverständlich spricht Jesus hier nicht von den natürlichen Kindesvätern, sondern von dem davon abgeleiteten religiösen Titel, der schon damals den theologischen Autoritäten beigemessen wurde. Unter seinen Jüngern soll es keinerlei Vater-Kind-Verhältnis geben! Selbstverständlich gilt dieses Verbot nicht allein für den Papst/Papa-Titel, sondern für alle, die sich als „Pater“ bzw. „Vater“ bezeichnen und anreden lassen.

Wenn für die Jünger von Jesus also ausschließlich Gott selbst der Vater ist, dann setzt man einen Menschen, wenn man ihm diesen Titel zuerkennt, an eine Stelle, die allein Gott zusteht. Insofern ist etwas dran, wenn man den Papst landläufig als den „Stellvertreter Gottes“ bezeichnet, auch wenn das kein offizieller Titel von ihm ist. Jedenfalls ist es, wenn man das tut, im harmlosen Fall korrigierbare Unkenntnis, im schwerwiegenden Fall aber Blasphemie, d. h. Gotteslästerung.

Der offizielle Titel des Papstes ist aber „vicarius christi“, das heißt „Stellvertreter des Christus“ bzw. des Messias. Diese Bezeichung kommt aus der Kirchentradition, die besagt, Jesus habe Petrus zu seinem Nachfolger als Leiter der Jüngergemeinde gemacht. Petrus sei dann der erste Bischof von Rom geworden, und so seien auch seine Nachfolger auf dem Stuhl des Bischofs von Rom weiterhin jeweils die Stellvertreter des Christus und Leiter der Kirche auf Erden.

(Der andere Papsttitel „pontifex maximus“ – „wichtigster Brückenbauer“ zwischen Mensch und Gott – war übigens ursprünglich der Titel des obersten Jupiter-Priesters in Rom. Der Titel ist dann vom heidnischen Priester auf die „göttlichen“ Kaiser übergegangen. Und nach dem Ende des weströmischen Kaisertums haben ihn dann gerne die römischen Päpste übernommen. Auch dieser Titel ist eine Lästerung gegenüber dem einzig wahren Brückenbauer zwischen Gott und Mensch, Jesus, den Gott selbst dazu bestimmt hat.)

Gegenüber menschlichen Leitungsansprüchen ist zu sagen, dass Jesus jegliche Leiterschaft innerhalb seiner Jüngergemeinde abgelehnt hat. „Ihr sollt euch auch nicht ‚Leiter‘ nennen lassen! Denn euer Leiter ist einer, der Messias.“ (Mt 23,10). Und tatsächlich leitet Jesus nach dem Zeugnis des Neuen Testaments auch nach seiner Auferstehung selbst seine Gemeinde. Er ist ihr Haupt. „Und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, er ist Anfang, Erstgeborener aus den Toten, damit er in allem der Erste sei.“ (Ko 1,18). Dass neben diesem Haupt noch andere „Häupter“ oder gar „Oberhäupter“ Platz hätten, ist nicht vorstellbar.

Die Art und Weise, in der Jesus seine Gemeinde leitet, ist der Heilige Geist, den er seiner Gemeinde gegeben hat. Sein Reden und Wirken durch die Gaben des Geistes ist die bestimmende Größe in der Gemeinde. Das „Hüten“ bzw. „Weiden“, mit dem Jesus Petrus tatsächlich beauftragt hat, ist demnach keine Leitungs- sondern eine Fürsorgefunktion. Diese Fürsorgepflicht ist in der Gemeinde dann aber an die Älteren bzw. Verantwortlichen übergegangen (z. B. 1 Pe 5,2).

Wenn ein Mensch also die Gemeinde Gottes „leiten“ will, dann muss er sich notwendigerweise an die Stelle des Heiligen Geistes bzw. des Messias setzen. Für Menschen, die sich an die Stelle des Messias bzw. des Christus setzen, hat das Neue Testament aber eine klare Bezeichnung: Antichrist. Das gilt nicht nur für den Papst, sondern für jede Art Päpstlichkeit, mit der Menschen sich anmaßen, die Söhne und Töchter Gottes „leiten“ zu wollen …

Die Konfirmation

Die Konfirmation – ein Abschnitt aus „Die Konfirmation und Trauung; ein christliches Komödienspiel – wenn nicht noch schlimmeres“. Ein Artikel von Sören Kierkegaard, erschienen in seiner Zeitschrift der Augenblick, Heft Nr. 7, am 30. August 1855.

Das Gewissen (soweit in dieser Verbindung davon die Rede sein kann), das Gewissen scheint der „Christenheit“ geschlagen zu haben. Das sei doch gar zu toll, ein rein bestialischer Unsinn, auf diese Weise ein Christ zu werden: indem man als Kind durch einen Kirchenbeamten ein paar Tropfen Wasser auf den Kopf bekommt und die Familie zur Feier dieser Feierlichkeit eine Gesellschaft, ein Gastmahl arrangiert.

Das geht doch nicht, hat die „Christenheit“ gemeint. Es muss doch auch zum Ausdruck kommen, dass der Getaufte persönlich das Taufgelübde übernimmt.

Darum also die Konfirmation, eine herrliche Erfindung, wenn man ein Doppeltes annimmt. Dass der Gottesdienst zum einen darauf ausgeht, Gott für Narren zu halten. Und dass er zum anderen hauptsächlich Anlass zu Familienfeiern geben soll, zu Gesellschaften, einem fröhlichen Abend, einer Gasterei. Und diese unterscheidet sich dann von anderen Gastereien dadurch, dass sie „zugleich“ (wie raffiniert!) religiöse Bedeutung hat.

„Das zarte Kind“, sagt die Christenheit, „kann ja das Taufgelübde nicht persönlich übernehmen, dazu gehört eine wirkliche Persönlichkeit“. So hat man denn – ist das genial oder sinnreich? – das Alter zwischen 14 und 15 Jahren, das Knabenalter, dazu gewählt. Diese wirkliche Person – da ist gar nichts im Wege, sie ist Manns genug, das für das Kindlein abgelegte Taufgelübde persönlich zu übernehmen.

Ein Junge mit 15 Jahren! Handelte es sich um 10 Taler, so würde der Vater etwa wie folgt sagen. „Mein Junge, das kann man dir nicht überlassen, dafür bist du hinter den Ohren noch nicht trocken genug.“ Wo es sich aber um die ewige Seligkeit handelt, und wo eine wirkliche Persönlichkeit hergehört, welche die Verpflichtung des Kindleins (die doch eigentlich gar nicht ernst gemeint sein konnte) durch ein Gelöbnis mit persönlichem Ernst übernähme: da ist das Alter von 15 Jahren das passendste.

Es ist das passendste, ja freilich, wenn der Gottesdienst, wie schon bemerkt ein Doppeltes beabsichtigt. Zum einen, Gott auf eine – kann man das so heißen? – feine Manier für Narren zu halten. Und zum anderen, geschmackvolle Familienfeste zu veranlassen. Dann passt es trefflich, wie alles bei dieser Gelegenheit. …

Die Konfirmation ist, wie man leicht sieht, ein weit tieferer Unsinn als die Kindertaufe, eben weil die Konfirmation als Ergänzung des bei der Taufe noch Fehlenden eine wirkliche Persönlichkeit erfordert, die mit klarem Bewusstsein ein Gelübde, das über die ewige Seligkeit entscheidet, übernehmen kann. Dagegen ist dieser Unsinn in anderer Hinsicht schlau genug im Interesse der egoistischen Geistlichkeit erfunden. Diese versteht sehr wohl, dass manche später vielleicht zu viel Charakter hätten, um nur zum Schein Chisten sein zu wollen, wenn die Entscheidung in Sachen der Religion (was allein christlich und allein vernünftig ist) dem reifen Mannesalter vorbehalten wäre.

Darum sucht der „Pfarrer“ sich der Menschen im zarten, jugendlichen Alter zu bemächtigen. So sollen sie dann im reiferen Alter die Schwierigkeit haben, mit einer „heiligen“ Verpflichtung zu brechen. Diese wurde zwar schon dem Knaben auferlegt, flößt manchem aber doch vielleicht noch eine abergläubische Scheu ein. Darum bemächtigt sich die Geistlichkeit der Kindlein, der Knaben, nimmt ihnen heilige Gelübde ab usw..

Und was der „Pfarrer“, der Mann Gottes, tut, das ist ja eine fromme Tat. Sonst könnte vielleicht die Analogie fordern, dass neben das Polizeiverbot an die Konditoreien, an Knaben etwas auszuschänken, ein Verbot träte, Knaben feierliche Gelöbnisse, eine ewige Seligkeit betreffend, abzunehmen. Dass also den Geistlichen, weil sie selbst meineidig sind, deshalb doch nicht gestattet sein sollte, zum Trost für sie selbst ein möglichst großes commune naufragium* herbeizuführen, d. h. die ganze Gesellschaft meineidig zu machen. Denn dazu ist es ja wie berechnet, wenn man 15-jährige Knaben sich durch heilige Gelübde verpflichten lässt, von deren Erfüllung die ewige Seligkeit abhängt. …

Was ich schreibe, ist nicht ein Angriff auf die Gemeinde. Sie ist irregeleitet, und man kann ihr nicht verdenken, dass sie, sich selbst überlassen und dadurch betrogen, dass die Pfarrer auf das Neue Testament vereidigt sind, die beste Meinung von dieser Art Gottesdienst hegt. Das ist ja nur menschlich. Wehe aber den Geistlichen, wehe ihnen, diesen vereidigten Lügnern!

Ich weiß wohl, dass es Religionsspötter gegeben hat. Ja, was hätten sie nicht alles gegeben, um zu vermögen, was ich vermag. Aber es glückte ihnen nicht, denn Gott war nicht mit ihnen. Anders bei mir: Ursprünglich den Geistlichen so wohlgesinnt wie selten jemand, just ihnen zu helfen bereit, haben sie mich selbst zum Gegenteil getrieben. Und mit mir ist der Allmächtige. Und er weiß am besten, wie man schlagen muss, dass es empfunden wird, dass das Gelächter, unter Furcht und Zittern hervorgelockt, die Geißel sein muss. Dazu werde ich gebraucht.

* gemeinsamer Schiffbruch

Schwören

(Schwören – ein Abschnitt des Kapitels „Volksmund“ in Ludwig Schnellers Buch „Kennst du das Land?„. Schneller hat seine Beobachtungen im damaligen Palästina in den Jahren 1884 bis 89 gemacht.)

Schwören und Fluchen hört man leider an allen Orten, auf Straßen und Märkten, in Werkstätten und Häusern. Es ist überall, wo man Menschen trifft. Fast jede Behauptung beginnt mit den Worten: So wahr Gott lebt, so wahr du lebst, bei meinem Haupt, bei meinem Leben usw.. Ähnliche Redensarten hören wir ja oft genug bei den Propheten. So begann z. B. Elija seine Reden stets mit den Worten: „So wahr der Herr, der Gott Israels lebt, vor dem ich stehe“. Hier haben die Worte eine ehrfurchtgebietende Majestät. Das Volk aber missbrauchte diese Schwüre damals, wie heute, in der gedankenlosesten, der sündlichsten Weise.

Man kann heute auf dem Markt an keinem Laden vorbeigehen, ohne fortwährend Schwüre zu hören. Denn man gibt kaum ein Zehnpfennigstück aus, ohne dass der Verkäufer schwört, er könne die Ware nicht billiger geben. Der Käufer schwört dagegen, er könne nicht so viel bezahlen. Und so kann man es verstehen, wie nötig und wichtig jene Regel der Bergpredigt ist: „Ihr sollt allerdings nicht schwören! Eure Rede sei ja-ja, nein-nein, was darüber ist, das ist vom Übel“ (Mt 5,37). …

Die Juden zur Zeit Jesu hatten zu viel Respekt vor dem Namen Gottes, als dass sie denselben im täglichen Leben zu Schwüren missbraucht hätten. Allerdings konnten sie von der orientalischen Unart doch nicht lassen. Und so pflegten sie beim Himmel, bei der Erde, bei Jerusalem, bei ihrem Haupt usw. zu schwören. Hierauf beziehen sich die Worte des Herrn.

Er weist nach, dass es leere Sophistik ist, wenn man meint, diese Schwüre enthielten keinen Missbrauch des Namens Gottes. Und er zeigt von jedem einzelnen Schwur, dass er im Grunde doch bei Gott, bei seinem Stuhl, seiner Füße Schemel, seiner Königsstadt usw. geschworen ist. Dieses gedankenlose und meist verlogene Schwören verbietet der Herr (s. auch die Parallelstelle Ja 5,12).

Hier mag auch erwähnt werden, dass die Araber bis zum heutigen Tage bei den geringfügigsten Anlässen den Namen Gottes in törichtem Aberglauben aus Furcht vor Gespenstern und bösen Geistern unzählige Male missbrauchen. Fast bei jeder Berührung eines kleinen Kindes, über jedem neuen Topf, über den albernsten Kleinigkeiten, wird der Name Gottes wie ein mächtiger Zauberspruch und geheimer Talisman ausgesprochen, um sich und sein Haus gegen unheimliche Mächte zu feien. Gegen einen ähnlichen Missbrauch wendet sich Gottes Gebot. „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht vergeblich führen!“ (2 Mo 20,7). Dagegen befiehlt der Herr aus Anlass des Segens Aarons: „Ihr sollt meinen Namen auf die Kinder Israels legen, dass ich sie segne!“ (4 Mo 6,27).

Menschenfischerei

(Menschenfischerei – eine Satire von Sören Kierkegaard aus seiner Zeitschrift „Der Augenblick“, Ausgabe vom 30. August 1855)

Es sind Christi eigene Worte: „Folget mir nach, so will ich euch zu Menschenfischern machen.“ Mt 4,19.

So gingen die Apostel hin.

„Doch was sollte es mit den paar Menschen wohl werden, die zudem Christi Wort dahin verstanden, dass sie geopfert werden sollten, damit Menschen gewonnen würden? Es ist leicht zu sehen: Wäre es dabei geblieben, so wäre bei der Sache nichts herausgekommen. Das war zwar Gottes Gedanke, vielleicht ein schöner Gedanke. Aber – ja, so viel muss doch jeder praktische Mann zugestehen – Gott ist nicht praktisch. Oder lässt sich etwas Verkehrteres denken als diese Art Fischerei, wobei das Fischen bedeutet, ein Opfer zu werden, so dass hier also nicht der Fischer die Fische verspeist, sondern die Fische den Fischer? Und das soll fischen heißen? Das erinnert ja an Hamlets wahnwitzige Bemerkung über Polonius, er sei beim Gastmahl, allein nicht um zu speisen, sondern um verspeist zu werden?“

Da nahm sich der Mensch der Sache Gottes an:

„Menschenfischerei! Was Christus darunter verstand, ist etwas ganz anderes, als was diese guten Apostel, allem Sprachgebrauch und aller Sprachanlogie zuwider, vollbrachten. Denn in keiner Sprache heißt das ‚fischen‘. Was er meinte und bezweckte, ist einfach die Eröffnung einer neuen Erwerbsquelle: der Menschenfischerei. D. h. dass man das Christentum so verkündige, dass es wirklich etwas zu fischen gibt.“

Nun pass auf, nun sollst du sehen, dass etwas daraus wird!

Ja, meiner Treu, es wurde etwas daraus: „die bestehende Christenheit“ mit Millionen, Millionen, Millionen von Christen.

Das Kunststück war ganz einfach. So, wie sich eine Kompanie bildet, die in Heringsfischeri spekuliert, eine andere, die in Kabeljau- oder Walfischfang usw. spekuliert: so betrieb die Menschenfischerei nun auch eine Aktiengesellschaft, die so und so viele Dividenden garantierte.

Und was kam dabei heraus? O, wenn du es nicht schon getan hast, so bewundere doch bei diesem Anlass, was Menschen können! Der Erfolg war derart, dass eine ungeheure Menge Heringe, ich wollte sagen, Christen, gewonnen wurde und die Kompanie sich somit natürlich brilliant stellte. Ja, es zeigte sich, dass die bestsituierte Heringskompanie sich nicht entfernt so herrlich rentierte wie die Menschenfischerei. Und noch eins, ein Profit weiter, oder doch eine pikante Würze als Zugabe: dass sich nämlich keine Heringskompanie auf ein Schriftwort berufen darf, wenn sie die Schiffe zum Fang aussendet.

Die Menschenfischerei ist aber ein gottseliges Unternehmen. Die Herren Interessenten in der Kompanie dürfen sich darauf berufen, dass sie das Wort der Schrift für sich haben. Denn Christus sagt ja selbst. „Ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Getrost gehen sie dem Gericht entgegen: „Wir haben dein Wort befolgt, wir haben Menschen gefischt.“

Sünde, die nicht vergeben wird

Sünde, die nicht vergeben wird, ist eine Realität in der Botschaft des Neuen Testaments. Doch stellt sich die Frage, wie oder womit jemand so sündigt, dass ihm nicht mehr vergeben werden kann. Diese Frage hat zu allen Zeiten Rätsel aufgegeben. Und manche eigenartigen Auslegungen haben christliche Glaubensgeschwister schwer belastet. Auf die Spur einer Antwort kommen wir, wenn wir den Zusammenhang beachten. Betrachten wir die Stellen, die davon sprechen:

Die Sünde gegen den heiligen Geist

„Amen, deswegen sage ich euch: Alle Versündigungen und Lästerungen können den Menschen vergeben werden, wie viel sie auch gelästert haben; die Lästerung des Geistes kann aber nicht vergeben werden. Jeder, der ein Wort gegen den Menschensohn gesagt hat, dem kann vergeben werden; wenn aber jemand etwas gegen den Heiligen Geist gesagt und gelästert hat, dem kann nicht vergeben werden, weder in dieser Welt noch in der kommenden. Er hat keine Vergebung bis in Ewigkeit, sondern ist einer ewigen Versündigung schuldig.“ (Mt 12,31-32 und Mk 3,28-29)

Jesus selbst hat die Sünde, die nicht vergeben wird, als Sünde gegen den heiligen Geist bezeichnet. In seiner Antwort auf die Theologen, die seine Befreiungstaten als das Werk Beelzebubs bezeichneten, sprach er diese Warnung aus. Das offensichtliche Werk des Heiligen Geistes als Teufelswerk zu bezeichnen und das durch Leute, die es von der Schrift her besser wissen müssten, das geht direkt gegen den Heiligen Geist. Und bei genauer Betrachtung ist es dann schon keine Warnung mehr, sondern ein Urteil.

Ich denke, man kann es sich so vorstellen: Dass jemand sich bekehrt und retten lässt, dazu muss ja schon der Heilige Geist an ihm arbeiten, ihn ziehen, wie Jesus gesagt hat. Wenn nun jemand den Heiligen Geist in dieser Weise ablehnt und verleumdet, also lästert, dann zieht sich der Heilige Geist dauerhaft von ihm zurück, und dann gibt es auch keine Rettung, keine Vergebung mehr. Die jüdische Theologenschaft zur Zeit von Jesus hat ja dann eindrücklich demonstriert, wie das ausgeht.

Die Sünde zum Tod

„Wenn jemand sieht, dass sich eines seiner Geschwister versündigt mit einer Sünde, (die) nicht zum Tod (führt), soll er (dafür) bitten und ihm Leben geben. (Das gilt) für die, die sich nicht zum Tod versündigen. Es gibt Sünde, (die) zum Tod (führt), für die sage ich nicht, dass man bitten soll.“ (1 Joh 5,16)

Dazu gehört wohl auch die Aussage von Jakobus: „Jeder wird aber versucht, wenn er von seiner eigenen Gier verlockt und geködert wird. Wenn die Gier dann schwanger geworden ist, gebiert sie Sünde. Und die Sünde, wenn sie vollbracht ist, gebiert Tod.“ (Jak 1,14-15)

Es gibt also zunächst einmal Sünden, für die man bitten kann, die dann auch vergeben werden. Das sind Sünden, die nicht zum Tod führen. In diese Richtung zeigt auch das Wort von Paulus: „Wenn ein Mensch bei irgendeinem Fehltritt überrascht wird, Geschwister, dann müsst ihr, die geistlichen Menschen, denjenigen wiederherstellen mit sanftem Geist!“ (Ga 6,1). Auch davon spricht Jakobus: „Gesteht einander also die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet!“ (Jak 5,16)

Es gibt aber auch die Sünde, die zum Tod führt, für die man auch nicht mehr beten soll. Offensichtlich ist das eine solch endgültige und irreparable Trennung von Gott, dass dafür keinerlei Vergebung oder Rettung mehr möglich ist. Über eine solche Versündigung schreibt auch der Hebräerbrief:

Die Sünde des Abfalls

„Es ist allerdings unmöglich, diejenigen, die einmal erleuchtet waren, die das Geschenk des Himmels geschmeckt haben, die Teilhaber am Heiligen Geist geworden sind, die Gutes vom Wort Gottes und Kräfte einer kommenden Welt geschmeckt haben und (dann dennoch) abgefallen sind, noch einmal erneut zu einer Sinnesänderung zu bringen. Sie haben für sich selbst den Sohn Gottes noch einmal ans Kreuz gehängt und zum Gespött gemacht.“ (Heb 6,4-6)

Barnabas, der mutmaßliche Schreiber des Hebräerbriefs, beschreibt hier eindeutig den Fall eines mit allem Drum und Dran wiedergeborenen Christen. Dieser ist (damals vermutlich unter dem Druck der Christenverfolgung) von allem, was Gott ihm geschenkt hat, bewusst wieder abgefallen. Von so etwas wird man nicht ereilt oder überrascht, es geschieht vielmehr bewusst in voller Absicht. Auch das ist natürlich eine Form der Sünde gegen den Heiligen Geist. Und es gibt hier keine Möglichkeit der Rückkehr, Vergebung und Rettung mehr.

Erklärungsversuche

Die Sünde, die nicht vergeben wird, ist also eine bewusste, selbstverschuldete, und endgültige Distanzierung bzw. Trennung von Gott selbst. Der „gewöhnliche“ Ungläubige, der Gott noch gar nicht wirklich kennen gelernt hat, kann diese Sünde also nicht begehen oder begangen haben. Der Gläubige, der über einen Fehltritt traurig ist und mit der Bitte um Vergebung und Reinigung zum Herrn zurückkommt, hat sie auch nicht begangen. Und jemand, der im Zuge des Erwachsenwerdens den ihm in seiner Jugend anerzogenen Glauben erst einmal ablegt, um auf eigenen Beinen zu stehen und sich selbst entscheiden zu können, hat sie vermutlich auch nicht begangen.

Es gibt wohl ein deutliches Zeichen dafür, dass jemand die Sünde, die nicht vergeben wird, begangen hat. Das ist fanatische Feindschaft gegen alles, was von Gott kommt. Ich erinnere mich an einen alten weisen Bruder (Walter Tlach), der sich damit persönlich auskannte. Seine Erzählung an uns als junge Studenten war die, dass in der NS-Zeit die schlimmsten Nazis oft ehemalige CVJM-er waren und ebenso in der Sowjetunion die fanatischsten Christenverfolger ehemalige Christen waren. Ich vermute, dass z. B. unter fanatischen Evolutionisten, fanatischen Bibelkritikern und fanatischen Klerikern und Sektierern auch solche Leute sein werden. Da kann man sich dann tatsächlich nur noch mit Grausen abwenden …

Gleichnisse

(Gleichnisse – ein Abschnitt des Kapitels „Volksmund“ aus Ludwig Schnellers Buch „Kennst du das Land?„. Er beschreibt, was er in den Jahren 1884 bis 89 im damaligen Palästina erlebt hat.)

Der Herr Jesus hat in seinen Reden überall den Volkston gewählt, wie er denselben bei seinem langjährigen Leben und Arbeiten mit und unter dem Volk in Nazaret kennen gelernt hatte. Will man auch eine äußere Ursache wissen, warum seine Reden beim Volk einen so tiefen Eindruck machten, so dass sie erstaunt ausriefen: „Er predigt gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten“ (Mt 7,29), so ist es in erster Linie der Umstand, dass sich seine Rede nicht in subtilen Fragen und Frägeleien und in den Terminologien der Schriftgelehrten bewegte. Er hatte vielmehr den Müttern auf den Straßen und Märkten Nazarets „auf den Mund gesehen“ und lehrte und redete in der kräftigen, bilderreichen Volkssprache.

Noch heute ist die Sprache des heiligen Landes ebenso bild- und gleichnisfroh wie ehemals. Der Araber liebt es, anstatt seine Meinung in kurzen, dürren Worten zu sagen, dieselbe in Gleichnisse zu kleiden, deren Sinn der Zuhörer selbst finden muss.

So kam neulich ein arabisches Gemeindemitglied zu mir. Nachdem alle üblichen Formen der Begrüßung mit oft wiederholter Anwünschung eines guten Tages, eines langen Lebens, Vermehrung der Familie, Erhaltung der Kinder, göttlicher Bewahrung und Gnade vorüber waren, begann er:

Abuna (d. h. unser vater), ich will dir ein Wort sagen!

Ich: Habe die Gefälligkeit:!

Er: Gott verleihe dir einen glücklichen Morgen! Es war einmal ein Schaf, das ging in die Wüste und verirrte sich – das sei ferne von dir! Das Schaf stolperte von Berg zu Berg und von Tal zu Tal. Es hatte keine Weide. In den Dornen und Felsen lief es sich die Füße wund. Es war dem Verschmachten nahe. Glaube mir, es war in höchster Not. Was wird nun der gute Hirte tun, wenn er die traurige Lage seines Schafs erfährt?

Ich: Er wird es aufsuchen, zur Herde zurückführen und sorgfältig pflegen.

Er. Du hast recht geantwortet!

Nun sah er mich gespannt an, ob ich nicht die richtige Anwendung finde. Leider zeigte ich hiervon keine Spur. Da sagte endlich: „Abuna! Gott verleihe dir langes Leben, Heil und Segen! Ich habe gegenwärtig absolut kein Geld!“ – Und nun waren wir im richtigen Fahrwasser. Es ist leicht, im Neuen Testament Analogien zu dieser Gleichnisrede zu finden. (Vgl. die kurze Antwort in drei Gleichnissen Mt 9,14-17).

Ein anderes Beispiel. – In meiner Filiale Beit-Djála gibt es eine katholische Partei, welche seit langer Zeit den Gliedern der evangelischen Gemeinde zu schaden sucht, wo immer sie kann. Vor einiger Zeit ermahnte ich einen Mann aus meiner dortigen Gemeinde, als er hierüber Klage bei mir führte, Frieden zu halten. Darauf antwortete er nicht etwa: „Wir können eben auf beiden Seiten die gegenseitigen Kränkungen und Schädigungen nicht vergessen“. Er fing vielmehr an: „Es war einmal eine Schlange, die drang in die Höhle des Fuchses und biss ihm sein Junges tot. Der Fuchs kam dazu und biss der Schlange aus Rache den Schwanz ab – das sei ferne von dir! Seither kann der Fuchs sein Junges nicht vergessen, aber die Schlange kann auch ihren Schwanz nicht vergessen“. Sprach’s, sonst kein Wort mehr oder weniger.

Wiederum ganz dieselbe Art, wie wir sie aus dem Evangelium kennen, Lehren oder Antworten nicht in kurzen Worten oder Regeln zu geben, sondern in Bilder und Gleichnisse zu kleiden, wodurch dieselben für die Zuhörer nicht nur eindrücklicher und einleuchtender, sondern auch behältlicher werden. Jeder Lehrer und Prediger im Orient muss daher auch heute noch dieselbe Lehrweise annehmen und üben. Ohne Gleichnisse darf ich z. B. meinen arabischen Zuhörern in der Predigt nichts sagen. Sind die Gleichnisse gut gewählt, so bin ich gespannter Aufmerksamkeit sicher. Sobald ich aber aus der Gleichnisrede zu sehr in den Lehrton verfalle, fangen sie an zu gähnen.

Auch die große Vorliebe der Orientalen für Sprichwörter gehört hierher. Kurze, frappante, oft paradoxe sprichwörtliche Redensarten flicht jeder Araber gerne in die Unterhaltung ein. Bei jeder Versammlung, auf allen Märkten kann man solche hören. Wie oft antworten die Leute auf eine Frage mit einem kurzn Sprichwort, ohne ein Wort hinzuzufügen.

Auch der Herr liebte sprichwörtliche Rede. So sagt er, um etwas Unmögliches zu bezeichnen: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher, der sein Vertrauen auf Reichtum setzt (Mk 10,24), ins Reich Gottes komme“ (Mt 19,24). Mit jener falschen Erklärung, dass „Nadelöhr“ ein kleines Stadttor Jerusalems bezeichne, bricht man dem Gleichnis die Spitze ab. Der Herr will sagen, dass (bei Menschen) das Seligwerden jener noch unmöglicher sei als unmöglich, wie das Durchgehen eines Kamels durch ein Nadelöhr. Nur Gottes Weisheit könne noch einen Weg finden.

Machen die Pharisäer dem Herrn Vorwürfe darüber, dass seine Jünger nicht fasten, so antwortet er: „Wie können die Hochzeitleute fasten, so lange der Bräutigam bei ihnen ist?“ (Mt 9,15; Lk 5,34). Tadeln sie seinen freundlichen Umgang mit Zöllnern und Sündern, so sagt er statt aller weiteren Auseinandersetzungen: „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken“ (Mt 9,12; Mk 2,17).

In vielen einzelnen Ausdrücken vernehmen wir noch die Ausdrücke des Altertums. Wer dächte nicht an die Sprache der Erzväter, wenn er z. B. einen Araber, über dem er steht, fragt: Wie heißt du? und der antwortet: Dein Knecht heißt Isaak, deine Magd heißt Sara, Mirjam, Uarda usw.! Oder wem fiele nicht das Wort des Jakobus ein (Ja 2,16), wenn er hört, wie ein Araber einem Bettler, dem er nichts geben will, niemals kurzweg sagt: Ich gebe dir nichts! sondern stets: allah iatík! D. h. Gott gebe dir, Gott berate dich usw.! Sobald der Bettler dieses Wort hört, weiß er, dass er nichts bekommt, und seine Bettelei verstummt.

Der Dichter

Warum liebt der „Mensch“ vor allem „den Dichter“? Und warum ist, geistlich betrachtet, gerade „der Dichter“ der Allergefährlichste?

(Ein Artikel von Sören Kierkegaard aus seiner Zeitschrift „Der Augenblick“, Ausgabe Nummer 7 vom 30. August 1855.)

Antwort: Eben darum ist der Dichter, geistlich betrachtet, der Allergefährlichste, weil der Mensch vor allem den Dichter liebt.

Und der Mensch liebt den Dichter vor allem darum, weil er ihm der Allergefährlichste ist. Denn das gehört ja oft mit zu einer Krankheit, dass der Kranke just das am heftigsten begehrt, am meisten liebt, was ihm am schädlichsten ist. Geistlich betrachtet ist aber der Mensch in seinem natürlichen Zustand krank. Er ist in einem Irrtum, einer Selbsttäuschung befangen, will daher am allerliebsten betrogen werden, um nicht nur im Irrtum zu verbleiben, sondern sich in der Selbsttäuschung auch recht wohl fühlen zu dürfen. Und gerade der Dichter ist ein Betrüger, der ihm diesen Dienst leistet. Darum wird er vom Menschen vor allen geliebt.

Der Dichter wendet sich nur an die Einbildungskraft. Er stellt das Gute, das Schöne, das Edle, das Wahre, das Erhabene, das Uneigennützige, das Hochherzige usw. stimmungsvoll dar im Abstand der Einbildung von der Wirklichkeit. Und wie reizend ist doch in diesem Abstand das Schöne, das Edle, das Uneigennützige, das Hochherzige usw.! Würde es mir dagegen so nahe gerückt, dass es mich gleichsam zu seiner Verwirklichung zwingen wollte, weil es mir nicht durch einen Dichter dargestellt, sondern durch einen Charakter vorgehalten würde, einen Wahrheitszeugen, der es selbst verwirklichte: entsetzlich! Das wäre ja nicht zum Aushalten!

Es gibt in jedem Geschlecht nur sehr wenige, die so verhärtet und verderbt sind, dass sie das Gute, Edle usw. rein weg haben wollen. Es gibt aber auch in jedem Geschlecht nur sehr wenige von dem Ernst und der Redlichkeit, dass sie in Wahrheit das Gute, Edle usw. zur Wirklichkeit machen wollen.

„Der Mensch“ wünscht das Gute nicht so weit weg wie jene ersten wenigen. Er wünscht es aber auch nicht so nahe heran wie jene letzten wenigen.

Hier findet der „Dichter“ seine Stelle, das geliebte Schoßkind des Menschenherzens. Das ist er, was Wunder auch! Denn dieses Menschenherz hat unter anderen Eigenschaften eine, die es selbst mit sich bringt, dass sie freilich seltener genannt wird. Das ist die feine Heuchelei. Und das kann eben der Dichter, er kann mit den Menschen heucheln.

Was zum schrecklichsten Leiden wird, wenn es in die Wirklichkeit eingeführt wird, das weiß der Dichter behende in den feinsten Genuss zu verwandeln. Wirkliche Weltentsagung ist kein Spaß. Dagegen ist es ein feiner, feiner Genuss, bei gesichertem Besitz in dieser Welt in einer „stillen Stunde“ mit dem Dichter in der Weltentsagung zu schwärmen.

… und durch diese Art Gottesdienst sind wir so weit gekommen, dass wir alle Christen sind. Das heißt: das Ganze mit der Christenheit, den christlichen Staaten und Ländern, einer christlichen Welt, einer Staatskirche, Volkskirche usw. hat von der Wirklichkeit den Abstand der Einbildungskraft. Es ist eine Einbildung. Und, christlich betrachtet, ist es eine so verderbliche Einbildung, dass hier das Wort zutrifft: „Einbildung ist schlimmer als Pestilenz“.

Das Christentum ist Weltentsagung. Das doziert der Professor. Und dann macht er dieses Dozieren zu seiner Karriere, ohne jemals zu gestehen, dass das doch eigentlich nicht Christentum ist. Wenn das Christentum ist, wo bleibt die Weltentsagung? Nein, das ist nicht Christentum, sondern ein Dichterverhältnis zum Christentum. Der Pfarrer predigt, er „zeugt“ (ja, ich danke!), dass das Christentum Entsagung ist. Und dann macht er dieses Predigen zu seinem Erwerbszweig, zu seiner Karriere. Er gesteht nicht einmal selbst zu, dass das doch eigentlich nicht Christentum ist. Wo bleibt dann aber die Entsagung? Ist das nicht wieder ein rein dichterisches Verhältnis zum Christentum?

Der Dichter aber heuchelt mit dem Menschen. Und der Pfarrer ist, wie wir nun sahen, Dichter: so wird also der offizielle Gottesdienst zur Heuchelei. Und für dieses hohe Gut scheut der Staat natürlich keine Kosten.

Die mildeste Form nun, der Heuchelei zu entgehen, wäre, dass „der Pfarrer“ das Geständnis machte, dies sei doch eigentlich nicht Christentum – ansonsten haben wir die Heuchelei.

Und darum ist es nicht ganz richtig, was die Überschrift sagt, dass, geistlich betrachtet, der Dichter der Allergefährlichste sei. Der Dichter will ja nur Dichter sein. Weit gefährlicher ist es, dass ein bloßer Dichter als „Pfarrer“ sich das Ansehen gibt, als wäre er etwas weit Ernsteres und Wahreres als ein Dichter, während er doch nur ein Dichter ist. Das ist Heuchelei in zweiter Potenz.

Darum bedufte es eines Polizeitalents, um hinter diese ganze Mummerei zu kommen. Und das Mittel war, dass einer das Kind beim Namen nannte und von sich selbst bekannte, er sei nur ein Dichter.

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