Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Monat: Juli 2022 (Seite 1 von 2)

Matthias Claudius

Eine Parabel vom Schlüssel

Es war einmal ein Edler, dessen Freunde und Angehörige um ihre Freiheit gekommen und in fremdem Lande in eine harte Gefangenschaft geraten waren. Er konnte sie in solcher Not nicht wissen und beschloss, sie zu befreien.

Das Gefängnis war fest verwahrt und von inwendig verschlossen, und niemand hatte den Schlüssel.

Als der Edle sich ihn, nach vieler Zeit und Mühe, zu verschaffen gewusst hatte, band er dem Kerkermeister Hände und Füße und reichte den Gefangenen den Schlüssel durchs Gitter, dass sie aufschlössen und mit ihm heimkehrten. Die aber setzten sich hin, den Schlüssel zu besehen und darüber zu ratschlagen. Es ward ihnen gesagt: der Schlüssel sei zum Aufschließen, und die Zeit sei kurz. Sie aber blieben dabei, zu besehen und zu ratschlagen; und einige fingen an, an dem Schlüssel zu meistern und daran ab- und zuzutun.

Und als er nun nicht mehr passen wollte, waren sie verlegen und wussten nicht, wie sie ihm tun sollten. Die andern aber hatten’s ihren Spott und sagten: der Schlüssel sei kein Schlüssel, und man brauche auch keinen.

Eine Parabel vom Ackerbau

Es war eine Zeit, wo die Menschen sich mit dem, was die Natur brachte, behelfen und von Eicheln und anderer und harter und schlechter Kost leben mussten.

Da kam ein Mann mit Namen Osiris von ferne her und sprach zu ihnen: „Es gibt eine bessere Kost für den Menschen und eine Kunst, sie immer reichlich zu schaffen. Und ich komme, euch das Geheimnis zu lehren.“ Und er lehrete sie das Geheimnis und richtete einen Acker vor ihren Augen zu und sagte: „Seht, das müsst ihr tun! Und das Übrige tun die Einflüsse des Himmels!“ Die Saat ging auf und wuchs und brachte Frucht. Und die Menschen waren des sehr verwundert und erfreuet und baueten den Acker fleißig und mit großem Nutzen.

In der Folge fanden einigen von ihnen den Bau zu simpel, und sie mochten die Beschwerlichkeiten der freien Luft und Jahreszeiten nicht ertragen. „Kommt“, sprachen sie, „lasst uns den Acker regelrecht und nach der Kunst mit Wand und Mauern einfassen und ein Gewölbe darüber machen und denn da drunter mit Anstand und mit aller Bequemlichkeit den Ackerbau treiben. Die Einflüsse des Himmels werden so nötig nicht sein, und überdies sieht sie kein Mensch.“

„Aber“, sagten andere, „Osiris ließ den Himmel offen und sagte: Das müsst ihr tun! Und das Übrige tun die Einflüsse des Himmels!“ – „Das tat er nur“, antworteten sie, „den Ackerbau in Gang zu bringen; auch kann man doch den Himmel an dem Gewölbe malen.“

Sie fassten darauf ihren Acker regelrecht und nach der Kunst mit Wand und Mauern ein, machten ein Gewölbe darüber und malten den Himmel daran. – Und die Saat wollte nicht wachsen! Und sie bauten und pflügeten und düngten und ackerten hin und her. – Und die Saat wollte nicht wachsen! Und sie ackerten hin und her.

Und viele von denen, die umher standen und ihnen zusahen, spotteten über sie! Und am Ende auch über den Osiris und sein Geheimnis.

Totenwelt

Das griechische Wort „Hades“ steht für das Jenseits, die Totenwelt, den Ort oder die Welt der Totengeister. Auch im Neuen Testament bezeichnet er einige Male diesen Ort. Im hebräischen Alten Testament gibt es die Totenwelt ebenfalls, das Wort dafür heißt „sche’ól“. Im Deutschen gab es bis ins Mittelhochdeutsche dafür den Begriff „Hel“, den wir aber leider verloren haben. Er hat sich nämlich gewandelt in das spätere Wort „Hölle“, das eine völlig andere Bedeutung hat. Denn die „Hölle“ ist nicht der gegenwärtige Ort der Toten, sondern der zukünftige Ort der Strafe. Für die Hölle gab es im Griechischen keinen Begriff. Im biblischen Griechisch hat man dafür das hebräischen Lehnwort „Géhenna“ verwendet.

Diese beiden Dinge sollte man nicht durcheinanderbringen. Der Hades als Totenwelt ist das Jenseits, wo die Toten bleiben bis zum letzten Gericht. Die Hölle dagegen ist der Ort der Strafe für die Ungerechten und Unbrauchbaren nach dem letzten Gericht.

Da die Welt der Toten kein „Reich“ ist im Sinne eines Staatswesens, verwende ich in meiner Übersetzung nicht den älteren Ausdruck „Totenreich“, sodern den etwas neutraleren Begriff „Totenwelt“.

Taufen

Das griechische Wort „baptízein“, das im Deutschen gewöhnlich unter „taufen“ bekannt ist, heißt richtigerweise „untertauchen“. Und zwar ist es transitiv gemeint: „jemanden untertauchen“. In der Passivform heißt es dann „untergetaucht werden“ oder „sich untertauchen lassen“. So kommt es im Neuen Testament meist vor, und so gebe ich es auch in meiner Übersetzung wieder. (Wenn z. B. im Griechischen ein Schiff „baptízetai“, dann wird es nicht getauft, sondern geht unter.)

Das Untertauchen als Ritus im Zusammenhang mit dem Eintritt ins Reich Gottes war bei Johannes dem Täufer und bei Jesus von Anfang an ein integraler Bestandteil der Botschaft und des Vollzugs der Hinwendung zu Gott.

Da es dazu kein praktikables deutsches Substantiv gibt, halte ich für das griechische „báptisma“ an dem allgemein bekannten Begriff „Taufe“ fest. So stelle ich auch den Zusammenhang her: „Taufe“ durch „Untertauchen“. Die selten gebrauchte Nebenform „baptismós“ übersetze ich mit „Tauchbad“.

Im Neuen Testament lassen sich eigenverantwortliche Menschen auf freiwilliger Basis untertauchen. Und das geschieht im Zusammenhang von Glaube, Sinnesänderung, Taufe und Empfang des Heiligen Geistes. Die Taufe bringt in diesem Zusammenhang die völlige Übergabe des Menschen an Gott bzw. Jesus zum Ausdruck.

Ein „Taufen“, das an Menschen ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen vollzogen wird, ist im neutestamentlichen Sinne keine Taufe. Die Beziehung zu Gott ist persönlich. Man kann einen Menschen nicht ohne sein Wissen oder gegen seinen Willen mit Gott in Verbindung bringen. Das Untertauchen durch eine Besprengung zu ersetzen, ist ebenfalls ein willkürliches und eigenmächtiges Abweichen vom gottgegebenen Vorbild.

Schriftgelehrter

Die Zunft der in den heiligen Schriften bzw. im Gesetz ausgebildeten Theologen wird im Neuen Testament mit zwei unterschiedlichen griechischen Begriffen benannt. Da ist zum einen der „grammateús“, was von „grámma – Buchstabe, Schrift“ kommt und üblicherweise mit „Schriftgelehrter“ übersetzt wird. Der andere Begriff ist „nomikós“, was von „nómos – Gesetz“ kommt und am besten mit „Gesetzeskundiger“ wiedergegeben wird.

Da ein Schriftgelehrter auch damals schon mit Studium und Ordination zu seinem Titel und Status kam, um sich vom gewöhnlichen Volk abzuheben, gleicht er darin auch einem heutigen Theologen, es ist immer noch das gleiche System. Aus Gründen der Aktualität benutze ich in meiner Übersetzung daher für „grammateús“ den Begriff „Theologe“, bei „nomikós“ bleibe ich beim „Gesetzeskundigen“.

Jesus selbst war in diesem Sinne kein Theologe, seine Jünger auch nicht, das muss wohl Gottes Absicht gewesen sein …

Die „Predigt“

Die Predigt, wie wir sie aus dem kirchlichen Bereich kennen, findet in einem religiösen Raum statt. Dabei richtet ein kirchlich Beauftragter von einer Kanzel oder einem Pult einen Monolog an Zuhörer. Diese Art zu lehren ist so in der neutestamentlichen Gemeinde nicht denkbar. Im Alltagsdeutsch ist dieser Begriff ja auch in eine negative Bedeutung übergegangen, im Sinne von „Anpredigen“ oder „Moralpredigt“. Der negative Touch hat seinen Ursprung ganz sicher in Erfahrungen mit kirchlichen Predigten.

Was im Neuen Testament mit der Botschaft Gottes geschieht, ist nach außen hin „verkünden“ bzw. „verkündigen“ und nach innen, in der Gemeinde, „lehren“. Und diese Lehre ist einheitlich und verbindlich. Die uns bekannten „Predigten“ dagegen sind subjektive Darstellungen des jeweiligen Predigers und – zum Glück – völlig unverbindlich. Niemand muss sie ernst nehmen und sich danach richten. Ein Sonderfall ist es, wenn der Prediger seine Predigt verbindlich macht, dann wird er zum Sektierer.

Das griechische Wort „kerýssein/verkünden“, das kirchlicherseits gerne mit „predigen“ gleichgesetzt wird, beschreibt die Tätigkeit eines „kéryx“. Das ist ein öffentlicher Ausrufer bzw. ein offizieller Übermittler einer offiziellen Botschaft. Ein öffentlicher Ausrufer oder Übermittler einer Botschaft wäre früher ja auch niemals ein „Prediger“ gewesen.

Abgesehen von dem unbiblischen Rahmen, in der die Predigt stattfindet, ist sie auch pädagogisch die denkbar ineffektivste Form des Lehrens. Man zähle einmal alle Predigten zusammen, die die Prediger am Sonntag in allen „Gemeinden“ so vortragen. Und dann zähle man zusammen, was in Summe geistlich dabei herauskommt …

Die griechischen Begriffe, die man anderweitig schon mit „predigen“ übersetzt hat, gebe ich in meiner Übersetzung wie folgt wieder: euangelízesthai – (gute) Botschaft bringen, katangéllein – verkündigen, kerýssein – verkünden.

Pastor

„Pastor“ ist das lateinische Wort für „Hirte“, griechisch „poimén“. Im Neuen Testament kommt es im wörtlichen Sinn vor z. B. bei den Hirten auf dem Feld im Bericht von der Geburt des Messias (Lukas 2). Im übertragenen Sinn ist es an mehreren Stellen eine bildhafte Bezeichnung für Jesus. Er ist der von Gott gesandte gute Hirte, der Anführer und Versorger seiner Herde, der Gemeinde.

Als Bezeichnung von Verantwortlichen in der Gemeinde taucht „Hirten“ nur ein einziges Mal auf. Das ist in der Aufzählung der Gaben Epheser 4,11, und zwar in der Kombination „Hirten und Lehrer“. Aus dieser Tatsache kann man vielleicht auch schließen, dass es keine häufige Bezeichnung war. Das „Hüten“ als deren Tätigkeit wird zweimal genannt, in Apostelgeschichte 20,28 und 1.Petrus 5,2.

In 1.Petrus 5,4 wird in der Unterweisung gegenüber den „Älteren“ Jesus als der „oberste Hirte“ bezeichnet. Das macht deutlich, wem allein die Vorrang- und Machtstellung in der Gemeinde gehört. Gegenüber dem „obersten Hirten“ sind die menschlichen „Hirten“ dann eben die Älteren in der Gemeinde. In der Verantwortung vor Jesus üben sie innerhalb der geschwisterlichen Gemeinde ihre dienende Funktion aus.

Natürlich hat man das Wort ins Lateinische als „pastor“ übersetzt, weil „Hirte“ auf Lateinisch eben „pastor“ heißt. Dieses lateinische Wort „pastor“ aber im Deutschen als Titel eines ordinierten Amtsträgers zu verwenden, ist der Sache nicht angemessen und der gemeinschaftlichen Struktur der christlichen Gemeinde fremd. Die Sonderrolle des „Pastors“, wie wir ihn aus protestantischen und freikirchlichen Traditionen kennen, hat hier keinen Platz. Außerdem hat Jesus das Führen von religiösen, kirchlichen oder „geistlichen“ Titeln in Matthäus 23,8-10 eindeutig verboten.

In der Gemeinde, wie Gott sie gewollt hat, sind „Pastoren“ oder gar „Pfarrer“(Pfarrherren) nicht vorgesehen. Im Neuen Testament sind sie nirgends zu finden.

Das Kreuz

Das griechische Wort „staurós“ heißt eigentlich Pfahl. Es wird aber auch für das römische Hinrichtungsinstrument verwendet, das auf Lateinisch „crux“ heißt. Das Kreuz bestand aus einem senkrecht feststehenden Pfahl und einem abnehmbaren Querbalken.

Einen Verurteilten band oder nagelte man zunächst mit den Armen an den Querbalken. Dann wurde der Querbalken mit dem Verurteilten hinaufgehoben und auf dem Pfahl befestigt. Danach wurden die herabhängenden Füße links und rechts mit je einem Nagel seitlich an den Pfahl genagelt. Der Querbalken war also oben auf dem Pfahl befestigt, so dass das „Kreuz“ nicht wie das übliche „t“ aussah, sondern wie ein „T“.

(Jesus wurde also nicht mit drei, sondern mit vier Nägeln angenagelt – zwei durch die Unterarme, zwei durch die Fußknöchel. Die Tafel mit der Anschuldigung gegen ihn wurde auch nicht über ihm „am“ Kreuz befestigt, sondern nach Johannes 19,19 „auf“ dem Kreuz, also oben auf dem Querbalken.)

Diese Art des Kreuzes als Hinrichtungsinstrument war ein Machtsymbol des römischen Staates und in den ersten zwei bis drei Jahrhunderten als christliches Symbol unbekannt. Das Symbol der Christen war der Fisch. Mit Kreuzen zu hantieren, ist in der christlichen Gemeinde niemandem in den Sinn gekommen. Erst als sich das Christentum mit dem römischen Staat zu vermischen begann, wurde das heidnische Kreuz als christliches Symbol ausgegeben, als Symbol der „christlichen“ Macht im römischen Staat.

Das „Kreuz“ als Ereignis

Das „Wort vom Kreuz“, von dem Paulus spricht, bezieht sich also nicht auf einen heilbringenden Gegenstand. Es bezieht sich auf ein historisches Ereignis, die Hinrichtung des Messias, die Grundlage der Rettung. Im Neuen Testament verkündet man also nicht das „Kreuz“, sondern den „Kreuzestod“ (des Messias). Deshalb verwende ich in meiner Übersetzung zwar „Kreuz“, wenn vom Hinrichtungsinstrument die Rede ist, aber „Kreuzestod“, wenn es um das Zentrum der christlichen Botschaft geht. Das zugehörige Verbum gebe ich nicht mit „kreuzigen“ wieder, sondern aussagekräftiger mit „ans Kreuz hängen“ oder „hinrichten am Kreuz“.

Das Kreuz als Symbol

Als Symbol der pseudochristlichen Macht steht das Kreuz auch heute noch auf Kirchtürmen, Feldfluren und Bergspitzen, hängt in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen, wird am Revers, um den Hals und am Rosenkranz getragen, wird als heiliger Gegenstand verehrt und dient – auch in der Form des Bekreuzigens – als Symbol der Unterwerfung unter die kirchliche Macht und als Segens- und Schutzzauber.

Wer sich mit der Geschichte des abendländischen „Christentums“ beschäftigt, wird darauf stoßen, dass man mit dem Kreuz nicht nur Jesus selbst tötete. Unter diesem Zeichen verfolgte man auch zahllose seiner Nachfolger. Man nannte sie „Ketzer“, sperrte sie ein, folterte sie unter Vorhaltung des Kreuzes und brachte sie um. „Kreuz“-Züge wurden nicht nur gegen Muslime im Orient und in Spanien geführt. Sie wurden auch im Herzen Europas gegen abweichende christliche Gruppierungen wie die Waldenser, Albigenser und die Katharer geführt.

Ich habe den dringenden Verdacht, dass wir es hier mit dem Zeichen des Antichristen zu tun haben. Jedenfalls kenne ich kein anderes Zeichen, auf das die Beschreibung aus der Offenbarung besser passen würde: “ … dass sie sich ein Kennzeichen machen auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn, … „.

Ein aktuelles Beweisfoto (Osternachtgottesdienst Moskau 2023):

Neben Putin war auch der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin vor Ort. Dieses von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt, wie die beiden das Kreuzzeichen machen. Bild: dpa

(Quelle: tagesschau.de)

Erbauung

Wenn wir an „Erbauung“ denken, fallen uns vielleicht jene „Erbauungs“-Stunden ein, in denen mit „erbaulicher“ Verkündigung fromme Christen in ihren frommen Ansichten bestätigt werden und sich dadurch „erbaut“ fühlen, ohne dass sich geistlich in ihrem Leben etwas bewegt.

Die Botschaft Gottes ist aber nicht dazu da, den Menschen zu bestätigen, sondern in Frage zu stellen und auch den Christen bis zur geistlich verstandenen vollkommenen Heiligkeit zu führen. Die erwähnte „Erbauung“ ist ein großes Hindernis auf diesem Weg.

Deshalb wird im Neuen Testament und also auch in meiner Übersetzung die christliche Gemeinde nicht „erbaut“, sondern „aufgebaut“, wie es dem eigentlichen Sinn des Wortes „oikodomé“ im Griechischen tatsächlich entspricht. Hier soll alles nicht der „Erbauung“ dienen, sondern dem Aufbau. Aufgebaut wird eine Wohnung Gottes im Geist, in der es nicht „erbaulich“ zugeht, sondern geistlich.

Kirche

Das Wort, das in katholischen Bibelübersetzungen als „Kirche“ und in anderen Bibeln meist als „Gemeinde“ auftaucht, heißt griechisch „ekklesía“. Als „ecclesia“ ist es dann ins Lateinische gekommen, als Fachausdruck dann auch ins Deutsche.

„Ekklesía“ ist im Griechischen interessanterweise kein religiöser Begriff, sondern kommt aus dem politischen Raum. Er bezeichnet die „Volksversammlung“ in der griechischen Stadt, die Versammlung der freien und stimmberechtigten Bürger. In diesem Sinne wird das Wort in Apostelgeschichte 19 dreimal gebraucht: „ … die Volksversammlung war völlig durcheinander gekommen, … wird es in der gesetzmäßigen Volksversammlung aufgeklärt werden, … als er dies gesagt hatte, entließ er die Volksversammlung.“

Der Hintergrundbegriff des Alten Testamentes ist hebräisch „qahál“, das ebenfalls die Volksversammlung – in diesem Fall Israels – bezeichnet.

Die Bezeichnung ist im Neuen Testament bewusst gewählt, um zu zeigen, dass hier ein neues Volk Gottes aus freien, gleich- und stimmberechtigten Bürgern entsteht. Das Wesen dieser neuen Volksversammlung hat nichts gemein mit irgend etwas, das wir uns unter dem Namen „Kirche“ vorstellen.

In meiner Übersetzung habe ich mich nach einigem Überlegen entschieden, ebenfalls den geläufigen Begriff „Gemeinde“ zu verwenden. Er bezeichnet im Deutschen auch profan die Gesamtheit oder Versammlung einer bestimmten Anhängerschaft oder Gruppierung (z. B. Fan-Gemeinde, Trauergemeinde, türkische Gemeinde).

Oberster Priester

Oberster Priester ist der allgemeinverständlichere Begriff für den traditionellen „Hohepriester“, der zum religiösen Insiderwort geworden ist. „Oberster Priester“, wie ich es übersetze, stellt gegenüber der Bezeichnung „Hohepriester“ auch eine wörtlichere Übersetzung des griechischen „archiereús“ dar. Der Oberste Priester in Israel musste in direkter Linie vom ersten Obersten Priester Aaron abstammen. Seine wichtigste Aufgabe war, im Tempeldienst das Volk vor Gott zu vertreten, insbesondere am großen Versöhnungtag, dem Jom Kippur.

Dieser Oberste Priester war zur Zeit von Jesus Kajafas. Außer ihm wird in den Evamgelien aber auch Hannas als Oberster Priester bezeichnet. Der war nicht nur der Schwiegervater von Kajafas, sondern auch dessen Amtsvorgänger, den die Römer abgesetzt hatten. Hannas blieb nach seiner Absetzung aber als graue Eminenz im Hintergrund aktiv, zog die Fäden und führte inoffiziell auch weiterhin den Titel.

Außerdem werden „oberste Priester“ auch als Gruppe genannt. Dabei handelt es sich um die näheren männlichen Verwandten des Obersten Priesters. Diese waren die in die Verwaltung des Tempeldienstes und die politischen Geschäfte mit eingebunden. Aus ihrem Kreis würde bei der Absetzung oder dem Ableben des amtierenden Obersten Priesters auch wieder dessen Nachfolger gewählt.

Der neue Oberste Priester

Die Obersten Priester aus dem Alten Testament werden im Neuen Testament aber abgelöst durch Jesus. Er hat sich selbst als endgültiges Sühneopfer dargebracht und wurde von Gott eingesetzt als neuer und ewiger Oberster Priester im himmlischen Heiligtum. Der Hebräerbrief beschreibt ausführlich, wie das alte Priestertum nach der Ordnung Aarons abgelöst worden ist durch den Obersten Priester Jesus, den Gott nach der Ordnung Malki-Zedeks eingesetzt hat.

„Weil wir nun, Geschwister, durch das Blut von Jesus Freiheit haben zum Zugang ins Heiligtum, den er für uns in Kraft gesetzt hat als neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang, das ist durch seinen menschlichen Körper, und (weil wir) einen mächtigen Priester über das Haus Gottes (haben), wollen wir hingehen: mit wahrem Herzen, mit Überzeugung des Glaubens, die Herzen gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gebadet mit reinem Wasser!“

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