Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Monat: November 2023

Die Ekklesia

Das griechische Wort, das üblicherweise mit „Gemeinde“ übersetzt wird, ist „ekklesía“. Die Übersetzung mit „Kirche“ wäre angesichts dessen, was man sich im Allgemeinen unter „Kirche“ vorstellt, grundfalsch. Ekklesia bezeichnet ursprünglich sowohl die Gesamtheit als auch die Versammlung der mündigen Bürger eines politischen Gemeinwesens. Die wörtliche Übersetzung „die Herausgerufene“ bezieht sich wohl auf die Versammlung, zu der man die Bürger aus ihren Häusern „herausruft“. Im Alten Testament bezeichnet der Begriff auch die Versammlungen des Volkes Israel.

Im Neuen Testament korrespondiert das Wort mit dem Begriff „Reich Gottes“. In den Evangelien, also vor der Geburtsstunde der Gemeinde an jenem Pfingstfest, ist sehr viel vom kommenden und in Jesus bereits anwesenden Reich Gottes die Rede, aber nur zweimal von der Gemeinde. Nach der Geistausgießung an Pfingsten ist sehr viel von der Gemeinde die Rede und nur noch an wenigen Stellen vom Reich Gottes.

Offensichtlich ist die Gemeinde der auf der Erde verwirklichte und sichtbare Teil des Reiches Gottes. Das wesentliche Kennzeichen des Reiches Gottes ist, dass in diesem Reich uneingeschränkt der Wille Gottes geschieht. Das heißt, dass überall, wo Menschen sich dem Willen Gottes unterstellen und ihn tun, das Reich Gottes da ist. Und das ist genau die Realität der Gemeinde. Die „Ekklesia“ ist die Gesamtheit und auch die Versammlung der mündigen Bürger des Reiches Gottes.

Das erstemal ist von der Ekklesia in Matthäus 16 die Rede, Jesus selbst hat hier diese Bezeichnung eingeführt. Petrus sprach das Bekenntnis aus – Vers 16: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“. Und Jesus sagte dazu – Vers 18: „Auf diesem Felsgrund werde ich meine Gemeinde bauen, und die Tore der Totenwelt werden sie nicht bezwingen.“ Jesus ist demnach: Fundament der Gemeinde („Auf diesem Felsgrund“), Baumeister der Gemeinde („werde ich bauen“) und Herr der Gemeinde („meine Gemeinde“).

Die Ekklesia des Neuen Testaments existiert in drei Ebenen. Zum einen wird die Gesamtheit der universalen christlichen Gemeinde so bezeichnet, zum anderen auch die Gemeinde in einer Stadt, aber auch die Gemeinde in einem Haus. Alle drei Ebenen sind im vollen Sinne „Ekklesia“. Das Minimum hat wohl Jesus in Mt 18,20 genannt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, dort bin ich in ihrer Mitte.“

Die christliche Gemeinde ist die Gemeinde, in der Jesus regiert bzw. der Wille Gottes geschieht. Umgekehrt ist dann eine „Gemeinde“, in der nicht Jesus regiert bzw. nicht der Wille Gottes geschieht, keine christliche Gemeinde. Das Vorbild für die Gemeinde, die das Reich Gottes auf Erden verkörpert, haben wir im Neuen Testament. Das ist der Maßstab.

Bequemlichkeit

(Bequemlichkeit – Eine Darlegung von Sören Kierkegaard)

„Ferne sei es von mir, von der Bequemlichkeit geringschätzig zu reden. Sie möge überall angebracht werden, wo sie überhaupt angebracht ist. D. h. überall, wo es gleichgültig ist, wie man eine Sache bekommt, wenn man sie nur überhaupt, auf die eine oder andere Weise bekommt. Ist dies der Fall, so ist unleugbar die bequemere und komfortablere Weise vorzuziehen. So z. B. beim Wasser. Das Wasser kann man auf beschwerliche Weise bekommen, indem man es vom Brunnen holt. Und man kann es auf bequeme Weise bekommen durch eine Wasserleitung; selbstverständlich ziehe ich die bequeme Weise vor.“

Aber das Ewige ist nicht eine solche Sache, bei der es gleichgültig ist, wie man sie bekommt. Nein, das Ewige ist eigentlich nicht eine Sache, ein Etwas, sondern es ist: die Weise, wie man es bekommt. Das Ewige bekommt man nur auf eine Weise. Und dadurch unterscheidet sich das Ewige gerade von allem anderen, dass es nur auf eine Weise zu bekommen ist. Was man nur auf eine Weise bekommen kann, das ist das Ewige. Denn dies erhält man nur auf die eine beschwerliche Weise der Ewigkeit, die Christus mit den Worten beschreibt: „Der Weg ist schmal und die Pforte ist eng, die zum Leben führt, und nur wenige sind ihrer, die sie finden.“

Das war ein schlimmes Notabene. Die Bequemlichkeit – just das, worin sich unsere Zeit auszeichnet – ist schlechterdings nicht anzubringen, wenn es sich um eine ewige Seligkeit handelt. Wird z. B. verlangt, dass man gehe, so nützt es lediglich nichts, das behaglichste Fuhrwerk zu erfinden und mit demselben diejenigen befördern zu wollen, denen die Aufgabe gesetzt ist zu – gehen. Und wenn das Ewige das ist: die Weise, wie man es bekommt, so hilft es nichts, diese Weise bewunderungswürdig bequem zu machen. Denn das Ewige ist nur auf die schwierige Weise zu haben, nicht etwa gleichgut auf eine leichte oder schwere Weise. Nein, es ist die Weise, auf welche es zu bekommen ist, und diese Weise ist die schwierige.

Die 144.000 auf dem Berg Zion

Die 144.000 auf dem Berg Zion begegnen uns zweimal in der Offenbarung. In Offb 7,1-8 sind es die zwölf Stämme, die auf der Erde versiegelt werden. Hier ist noch nicht angegeben, wo sie stehen. Wir sehen hier aber ein Bild für das neue Israel, die Gemeinde, die auf der Erde gesammelt und mit Heiligem Geist versiegelt wird.

In Offb 14,1-5 stehen die 144.000 auf dem Berg Zion, zusammen mit dem Lamm. Sie singen dort einen neuen Gesang, und sie werden mit ihren markanten Eigenschaften beschrieben.

Doch zunächst zur Zahl 144.000. Dazu beschäftigen wir uns kurz mit der biblischen Zahlensymbolik. Diese ist in der Bibel selbst zwar nirgends so beschrieben, aber überall, wo die Zahlen auftauchen, passt die folgende Deutung: 3 ist die Zahl für Gott bzw. den Himmel. Auch darin wird das Geheimnis der göttlichen Dreiheit angedeutet. Die Zahl 4 steht für die Erde bzw. die Menschen. In der Bibel ist immer von den 4 Enden der Erde die Rede.

Wenn man nun diese Zahlen 3 und 4 addiert, erscheint in der Zahl 7 die Gesamheit von Himmel und Erde. Da es nicht mehr gibt als das, ist 7 auch die Zahl der Gesamtheit bzw. Vollkommenheit. Das Gleiche gilt aber auch, wenn man 3 und 4 multipliziert, für die Zahl 12. Hier ist es noch deutlicher: die 12 Stämme Israels, die 12 Gesandten von Jesus. Man kann diese Vollkommenheitszahl noch steigern, wenn man sie verdoppelt auf 24. So viele Ältere sitzen um den Thron Gottes.

Das Maximale erreicht man aber, wenn man sie mit 1000 und mit sich selbst multipliziert. Und so kommen mit 12 mal 12.000 die 144.000 zustande. Das zeigt natürlich, dass diese Zahl, wie die anderen Zahlen in der Offenbarung, symbolisch zu verstehen ist. So viele sind es, die sich durch die Botschaft von Jesus rufen und retten lassen. Und wenn diese Zahl voll ist – Gott kennt sie ja -, dann ist das Ende da.

Wenn in Offb 14 die Hundertvierundvierzigtausend nun mit dem Lamm auf dem Berg Zion stehen, dann fragen wir zunächst, was das ist, der Berg Zion. Von der Antwort darauf wird es auch mit abhängen, ob wir die Hundertvierundvierzigtausend in Kap. 14 noch auf der Erde oder schon im Himmel zu verorten haben.

„Zion“ war ursprünglich der Name der Burg in der Jebusiterstadt Jerusalem. Der König David eroberte sie mit seinen Männern und machte sie zur Hauptstadt Israels. Durch seine Eroberung galt sie als sein Privateigentum und wurde „Stadt Davids“ genannt. So gehörte sie zu keinem Stammesgebiet in Israel und war der ideale Platz für die Hauptstadt. Kein Stamm war Besitzer der Hauptstadt und somit gegenüber den anderen privilegiert.

Der Name Zion wanderte dann im Sprachgebrauch zu dem ganzen Berg, auf dem die Stadt Davids lag und auf dem Salomo dann den Tempel baute. Und mit dem Tempel wurde der Zion zum Wohnplatz Gottes. Gott wohnt auf dem Zion. Und die Stadt am Berg, Jerusalem, wurde zur Tochter des Zionsberges, zur Tochter Zion.

Zur Zeit des Neuen Testaments wanderte der Name aber noch weiter. Bis heute nennt man den Südwesthügel der Altstadt von Jerusalem, der sich südwestlich vom Tempelberg erhebt, den Zionsberg.

Durch die Ablehnung des Messias mittels der Hinrichtung am Kreuz verlor der Tempel seine Berechtigung als Wohnplatz Gottes. Gott selbst entweihte ihn durch das Zerreißen des Vorhangs zum Allerheiligsten. Ein neues und ewig gültiges Opfer hatte den alten Opferkult abgelöst. Der neue Wohnplatz Gottes war die neue von Heiligem Geist erfüllte Gemeinde.

Die Gründung dieser Gemeinde durch die Ausgießung des heiligen Geistes geschah auf dem Südwesthügel der Stadt. Hier hatte Jesus auch mit seinen Jüngern das Abendmahl begangen. Hier war der ursprüngliche Versammlungsort der Gemeinde, und so konnte sich der Name Zion an diesen Hügel hängen, gegenüber dem Tempelberg.

In Wirklichkeit war der Wohnplatz Gottes aber jetzt überall da, wo seine Gemeinde sich versammelte. Zion als Wohnplatz Gottes war nun nicht mehr ein geographischer Ort, sondern eine Gruppe von Menschen.

Unterstützt wurde diese Sichtweise durch ein prophetisches Wort in Jes 28,16, das bildlich den Messas als Stein bezeichnet, den Gott im Zion einbaut. Paulus zitiert es in Rö 9,33: „Ich lege hier in Zion einen Stein des Anstoßes, einen Fels des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird sich nicht schämen müssen.” Das gleiche zitiert auch Petrus in 1 Pe 2,6. Wo Jesus ist, ist der Zion.

Und Hebr 12,22-24 nennt den neuen Zion im Gegensatz zum alttestamentlichen Sinai: „Ihr seid vielmehr zum Zionsberg gekommen, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zur Festversammlung von Zehntausenden von Engeln, zur Gemeinde der Erstgeborenen, eingetragen in den Himmeln, zu Gott als Richter von allen, zu den Seelen der vollendeten Gerechten, zum Vermittler der neuen Bestimmung, Jesus, und zur Reinigung durch (sein) Blut, das stärker spricht als das von Abel.“

Wenn der Zion nun eine Bezeichnung der Gemeinde als Wohnplatz Gottes auf Erden ist, dann dürfen wir annehmen, dass auch die 144.000 auf dem Berg Zion in Offb 14 die irdische Gemeinde darstellen. Dafür gibt es noch weitere Indizien:

In der Parallelstelle in Offb 7 sind die Hundertvierundvierzigtausend eindeutig auf der Erde.

Das Geräusch der Musik kommt „aus dem Himmel“, und das ist im Bild ein Ort, der vom „Berg Zion“ offensichtlich verschieden ist.

In Vers 4 steht ein eindeutiges Präsens: „Es sind die, die dem Lamm folgen, wo immer es hingeht.“ Diese Aussage ist nur für die irdische Gemeinde sinnvoll; im Himmel gibt es in diesem Sinne keine Nachfolge mehr.

Im Textzusammenhang steht zuvor in Kap. 13 die Art von Menschen, die sich von dem Tier aus der Unterwelt und dem anderen Tier verführen lassen. Die Hundervierundvierzigtausend in Kap. 14 sind das Gegenbild dazu.

Danach kommen in Kap. 14 drei Engel, die vom bevorstehenden Ende berichten. Einer davon spricht vom Fall Babylons. Auch die Hure Babylon ist wiederum ein Gegenbild zur irdischen Gemeinde.

Und in Kap. 14 ab Vers 14 wird dann im Bild der Ernte tatsächlich die Entrückung beschrieben. Auch das spricht dafür, dass die Beschreibung der 144.000 auf dem Berg Zion davor auch in der zeitlichen Reihenfolge stimmt.

Konsequenzen für die Übersetzung

Wenn diese Beschreibung als irdische Gemeinde so richtig ist, dann muss man allerdings ein paar Verben, die im griechischen Aorist stehen, anders übersetzen. Wenn kein Rückblick auf eine Vergangenheit der Gemeinde gemeint ist, sondern eine Beschreibung ihrer Gegenwart auf der Erde, dann sind die Aussagen der Verben als Erfahrungtatsachen zu verstehen, die man im Deutschen mit Präsens übersetzt:

Vers 1: „Da steht das Lamm auf dem Berg Zion und mit ihm Hundertvierundvierzigtausend, …“

Vers 4: „Es sind die, die sich nicht mit Frauen beflecken, …“ (Gemeint ist Götzendienst.)

Vers 5: „In ihrem Mund findet man keine Lüge, …“

Überlegen kann man natürlich, warum die irdische Gemeinde dann ihren Gesang – begleitet von himmlischer Musik – vor dem Thron Gottes singt. Aber das ist kein Problem. Die Gebete der Heiligen steigen nach Offb 5,8 ja auch vor dem Thron Gottes auf.

Das ist die bekannte Doppelexistenz der Gemeinde Gottes: Als Zeugen Gottes und Ausländer auf der Erde, als Beter und Anbeter bereits im Himmel, ihrer wahren Heimat.

Schweigen

(Schweigen – eine Aussage von Sören Kierkegaard)

Ach, wenn man (wozu man vom christlichen Standpunkt aus gewiss berechtigt ist) im christlichen Sinne sagen müsste, indem man den jetzigen Zustand der Welt, das ganze Leben betrachtet: es ist eine Krankheit, – und wenn ich Arzt wäre, und mich jemand fragte: „was, glaubst du, soll man tun?“ – dann würde ich antworten: „Das erste, die unbedingte Bedingung dafür, dass man etwas tun kann, das erste also, was man tun muss, ist: schaffe Schweigen, führe Schweigsamkeit ein! Gottes Wort kann nicht gehört werden. Und will man es durch lärmende Mittel hinausschreien, damit es durch Getöse gehört werde, so wird es nicht Gottes Wort. Schaffe Schweigen!

O, alles lärmt. Und wie man von einem hitzigen Getränk sagt, es bringe das Blut in Aufruhr, so ist in unserer Zeit alles, selbst das unbedeutendste Unternehmen, jede, selbst die nichtssagendste Mitteilung, nur darauf berechnet, die Sinne zu erschüttern oder die Masse zu erregen, die Menge, das Publikum, den Lärm!

Und der Mensch, dieser kluge Kopf, ist gleichsam schlaflos geworden, um neue, immer neue Mittel zu erfinden, den Lärm zu vermehren, um möglichst schnell im größten Maßstabe das Getöse und das Nichtssagende auszubreiten.

Ja, die umgekehrte Ordnung ist bald erreicht. Der Wert der Mitteilung hat bald seinen größten Tiefstand. Und gleichzeitig haben die Mitteilungsmittel und die alles überschwemmende Ausbreitung etwa ihren Höhepunkt erreicht. Denn was wird schneller ausposaunt und was wird auf der anderen Seite weiter verbreitet als Klatsch! O schaffe Schweigen!

(Und das vor 200 Jahren …)

Die Zahl des Tieres

Die Zahl des Tieres wird in Offb 13 dreimal erwähnt: In Vers 17 als „Zahl seines Namens“ und in Vers 18 als „Zahl des Tieres“ und als „Zahl eines Menschen“. Da ist also ein Mensch, der hat einen Namen, und dieser Name hat eine Zahl. Und in Vers 18 steht dann auch noch, dass man diese Zahl des Tieres berechnen soll.

In Zeiten von Unterdrückung und Verfolgung geschieht manches im Verborgenen und Kommunikation wird verschlüsselt. So hat man damals Rom als „Babylon“ bezeichnet und damit den Namen des Hauptfeindes verschlüsselt. Die Zahl des Tieres 666 ist ein Code für den Namen eines Menschen. Also, fangen wir an zu berechnen:

Zur Entschlüsselung des Codes muss man wissen, dass es in der Antike keine Zahlzeichen gab. Man benutzte Buchstaben als Zahlzeichen. Das römische System mit den Buchstaben I, V, X, D, C und M ist ja bekannt. Im Griechischen und Hebräischen nahm man ebenfalls Buchstaben als Zahlzeichen, aber in der Reihenfolge des Alfabets. Der erste Buchstabe war 1, der zweite 2 usw.. Der elfte Buchstabe war dann 20, der zwölfte 30, der zwanzigste 100, der einundzwanzigste 200 und so weiter bis zum Ende des Alfabets.

Auf den Namen des Tieres kommen wir, wenn wir die hebräischen Buchstaben benutzen und als damaligen Hauptfeind der Christen den Kaiser Nero annehmen. Das Wort Kaiser ist übrigens ursprünglich der Name Caesar. Der kommt vom ersten römischen „Kaiser“, sozusagen dem Ur-Kaiser, nämlich von Gaius Julius Caesar.

Nach ihm hießen auch alle seine Nachfolger in Rom mit einem ihrer Namen Caesar, also dann auch Caesar Nero. Der Name wurde auf diese Weise mit der Zeit zum Titel. Mit griechischen Buchstaben schrieb man den Namen „Kaisar“. (Jetzt wissen wir auch, woher unser deutscher „Kaiser“ kommt.) Für den Namen „Nero“ brauchte man im Griechischen dann noch eine deklinierbare Endung, und so wurde er dort zu „Neron“. Der Caesar Nero hieß also auf Griechisch Kaisar Neron.

Die Verschlüsselung mit dem griechischen Alfabet wäre aber wohl zu einfach gewesen, und so brauchen wir das hebräische, um zur Zahl 666 zu kommen. Dabei ist zu beachten, dass man im Hebräischen keine Vokale, sondern nur die Konsonanten schreibt. Nur das „o“ wird mit einem „w“ zum Ausdruck gebracht. Aus dem griechischen „Kaisar Neron“ wird so in hebräischer Schrift der „Ksr Nrwn“.

Wenn wir nun die hebräischen Zahlenwerte für die Buchstaben einsetzen, dann erhalten wir k/100 + s/60 + r/200 + n/50 + r/200 + w/6 + n/50 = 666.

Sollte jemand diese Erklärung umständlich und etwas weit hergeholt finden, darf ich ihm versichern, dass es keine einfachere und naheliegendere gibt. Es gibt natürlich Versuche, die Zahl auf andere Kaiser zu deuten, die aber auch nicht einfacher sind, eher komplizierter. Und diese sind leider auch davon motiviert, dass man die Offenbarung gerne zeitlich ein gutes Stück weiter wegschieben würde vom Neuen Testament. Dann müsste man sie auch nicht mehr so ganz ernst nehmen.

Dass mit 666 der Kaiser Nero gemeint ist, dafür gibt es in den alten griechischen Handschriften noch einen eindrücklichen Beleg. In einigen der Handschriften steht nämlich gar nicht die Zahl 666, sondern 616 . Und wie kann man erklären, dass beim Abschreiben 666 zu 616 wird? Die Antwort ist einfach. Wenn man aus dem griechischen „Neron“ wieder den lateinischen Namen „Nero“ macht, fällt mit dem „n“ der Zahlwert 50 weg, also 666 – 50 = 616. Diese Differenz zwischen 666 und 616 in den Handchriften lässt sich nur mit den Namensvarianten Nero und Neron erklären, nicht anders.

Dass der Antichrist in der Offenbarung eine dämonische Macht ist und kein Mensch, ist deutlich erkennbar. Aber dass er sich in Menschen offenbart und durch Menschen sein Werk tut, ist ebenso deutlich. Und so war nach den vielen kleineren Antichristen, die laut dem 1. Johannesbrief zuvor schon aufgetreten sind, Nero der erste große Antichrist, der die Vernichtung der christlichen Gemeinde auf seiner Agenda hatte.

Der Kutscher des Königs

(Der Kutscher des Königs – eine Parabel von Sören Kierkegaard.)

Es war einst ein reicher Mann, der ließ im Ausland für teures Geld ein Paar tadellose, erstklassige Pferde kaufen, die er zum eigenen Vergnügen haben und die zu fahren er selbst das Vergnügen haben wollte. Ein oder zwei Jahre gingen ins Land. Sah ihn jetzt einer sie fahren, der früher die Pferde kannte, er hätte sie nicht wiedererkannt; das Auge matt und schläfrig, der Gang ohne Haltung und Straffheit. Nichts vertrugen sie mehr, nichts hielten sie aus, kaum liefen sie eine Meile. Er musste unterwegs einkehren; manchmal blieben sie stehen, wenn er gerade am besten saß und fuhr. Und dabei hatten sie allerlei Launen und Unarten angenommen. Und trotz des reichlichen Futters, das sie natürlich bekamen, wurden sie magerer von Tag zu Tag.

Da berief er des Königs Kutscher. Der fuhr sie einen Monat lang: Und in der ganzen Gegend gab es kein Paar Pferde, die den Kopf so stolz trugen, deren Blick so feurig, deren Haltung so schön war; kein Paar Pferde, die soviel durchhielten: wenn es sein musste, sieben Meilen in einem Zug, ohne Einkehr. Wie kam das? Es ist leicht zu sehen. Der Besitzer, ohne Kutscher zu sein, fuhr sie nach den Begriffen der Pferde vom Fahren. Der Kutscher des Königs fuhr sie nach den Begriffen des Kutschers vom Fahren.

So mit uns Menschen. Ach, wenn ich an mich selbst und an die Unzähligen denke, die ich kennen lernte, dann habe ich mir oft mit Wehmut gesagt: Hier sind Gaben genug, doch der Kutscher fehlt. Lange Zeit sind wir Menschen, ein Geschlecht ums andere, gefahren worden (um im Bilde zu bleiben) nach den Begriffen der Pferde vom Fahren; gelenkt, gebildet, erzogen nach dem Begriffe des Menschen vom Menschen. Sieh drum, was uns fehlt: Erhebung, und was weiter daraus folgt: dass wir so wenig aushalten, ungeduldig sofort die Mittel des Augenblicks brauchen und ungeduldig im Augenblick den Lohn sehen wollen für unsere Arbeit – die dann auch danach ist.

Einst war es anders. Einst gefiel es der Gottheit selbst, wenn ich so sagen darf, Kutscher zu sein. Und sie fuhr die Pferde nach den Begriffen des Kutschers vom Fahren. Ach, was vermochte ein Mensch damals.

Denke an den heutigen Text! Da sitzen zwölf Männer, alle aus der Klasse, die wir den gemeinen Mann nennen. Sie hatten ihn, den sie als Gott verehrten, ihren Herrn und Meister, am Kreuz gesehen. Sie hatten alles verloren, wie man es von keinem anderen auch nur entfernt je sagen kann. Gewiss, danach fuhr er siegreich gen Himmel – doch damit war er aber auch fort. Und nun sitzen sie da und warten, dass ihnen der Geist gegeben werde, um, verflucht von dem Völkchen, dem sie angehören, eine Lehre zu verkünden, die den Hass der Welt gegen sie erregen wird. Diese zwölf Männer sollen die Welt umschaffen -, und zwar in furchtbarstem Maße wider ihren Willen.

Hier steht der Verstand noch still, wenn man sich nach so langer Zeit einen schwachen Begriff davon machen will. Der Verstand steht still, wenn irgend man einen hat. Es ist als müsste man den Verstand verlieren, wenn irgend man einen zu verlieren hat.

Es ist das Christentum, das durchgezogen werden soll. Und diese zwölf Männer, die zogen es durch. Sie waren in gewissem Sinne Menschen wie wir, doch sie wurden gut gefahren! Wahrhaftig! Es ging ihnen wie dem Paar Pferde, als sie der Kutscher des Königs fuhr. Nie hat ein Mensch sein Haupt in Erhebung über die Welt so stolz gehoben, wie die ersten Christen in Demut vor Gott. Und wie das Paar Pferde, wenn es sein musste, sieben Meilen lief, ohne anzuhalten, ohne auszuschnaufen: so liefen sie. Sie liefen siebzig Jahre in einem Zug, ohne ausgespannt zu werden, ohne Einkehr irgendwo. Nein, stolz, wie sie waren, in Demut vor Gott, sagten sie: „Das ist nichts für uns mit dem Zögern unterwegs; wir halten erst – bei der Ewigkeit!“

O heiliger Geist, der du lebendig machst; es fehlt ja nicht an Gaben, an Bildung, an Klugheit. Eher ist dessen zuviel hier. Was aber fehlt, ist, dass du das von uns nimmst, was uns zum Verderben ist: die Macht. Dass du dann die Macht nimmst und das Leben gibst. Gewiss geht das bei einem Menschen nicht zu ohne ein Grauen wie das des Todes, wenn du die Macht von ihm nimmst, um die Macht in ihm zu werden. Allein, wenn selbst Tiere später verstehen, wie gut es für sie war, dass der königliche Kutscher die Zügel ergriff, was ihnen zuerst Furcht einflößte und wogegen sich ihr Sinn dennoch vergebens empörte, – sollte dann ein Mensch nicht bald verstehen können, welche Wohltat es für einen Menschen ist, dass du die Macht nimmst und das Leben gibst.

Das andere Tier

Das andere Tier, das in Offb 13,11-18 dem ersten Tier folgt, kommt aus der Erde herauf. Es kommt also genau wie das erste Tier „von unten“. Ob aus dem Meer oder der Erde, es ist die gleiche Herkunft aus der Unterwelt.

Dass es irgendwie im Schatten des ersten Tieres steht, ist Absicht. Seine Aufgabe ist es, das erste Tier zu verherrlichen. Der Messias Jesus hat den heiligen Geist, der nicht sich, sondern ihn verherrlicht. Und so hat auch der Anti-Christ einen unheiligen Geist, der ihn groß macht und verherrlicht.

Mit dem Drachen als Anti-Gott, dem ersten Tier als Anti-Christ und dem anderen Tier als Anti-Geist haben wir hier also die unheilige Dreieinigkeit beisammen. Und wie der Drache seine Macht dem ersten Tier gegeben hat, so übt auch das andere Tier die ganze Macht des ersten Tieres aus.

Die Nachahmung zeigt sich auch im Versuch einer Lammesgestalt mit „zwei Hörnern wie ein Lamm“. Aber wenn es den Mund aufmacht, dann redet es doch „wie ein Drache“. Auch in der Ausübung von Zeichen und Wundern soll natürlich die Kraft des Heiligen Geistes nachgeahmt werden, der zur Verherrlichung von Jesus seine Zeichen und Wunder tut.

Die Zeichen des unheiligen Geistes sprechen natürlich nicht gegen die Zeichen des Heiligen Geistes. Im Gegenteil, sie bestätigen sie, indem offensichtlich die Notwendigkeit besteht, sie nachzumachen. Man erkennt hier deutlich, wie nötig es ist, die Geister zu unterscheiden.

In einer Sache geht der böse Geist aber über den guten Geist hinaus. Er lässt zur Verehrung des Anti-Christen mit der Todeswunde ein Bild von ihm anfertigen, das alle Menschen anbeten sollen. Das geht natürlich gegen das göttliche Verbot der Bilderverehrung – eine Gotteslästerung.

Und nun stellen wir uns das Bild einmal vor: ein Messias mit einer Todeswunde. Ich hoffe, dass das dem einen oder anderen irgendwie bekannt vorkommt. Ich kann für dieses Bild keine andere historisch greifbare Erklärung finden als das Kruzifix. Das Bild eines getöteten Messias, das verehrt und angebetet wird. Darüber hinaus findet es dann ja auch als Schutz- und Segenszauber seine Verwendung.

Und wer nicht glaubt, dass dieses Bild auch sprechen kann, der schaue sich einmal Filme wie „Don Camillo und Peppone“ und „Pfarrer Braun“ an. Hier wird diese Sache zwar eher ins Lächerliche gezogen, aber damit doch im Grunde bestätigt. Und ganz sicher wurden schon viele „Ketzer“ getötet, weil sie die Anbetung dieses Bildes nicht mitmachen wollten.

Aus diesem Bild ergibt sich auch das Kennzeichen, das sich die Menschen auf ihre rechte Hand oder ihre Stirn machen sollen. Es ist das Kreuz. Auch für dieses Zeichen gibt es in der Historie keine andere Erklärungsmöglichkeit. (Wir gehen davon aus, dass die antichristlichen Mächte schon seit der ersten Christengeneration während der gesamten Endzeit am Werk sind.) Und Zeiten, in denen man ohne dieses Zeichen weder kaufen noch verkaufen konnte, hat es mit Sicherheit auch schon gegeben.

Sollte jemand diese Betrachtungsweise des Kruzifixes und des Kreuzes als Bild und Kennzeichen des Antichristen angesichts deren Verbreitung in „christlichen“ Kreisen als irgendwie unheimlich empfinden, so muss ich ihm unbedingt Recht geben. Es ist so unheimlich wie das ganze Kapitel Offenbarung 13.

Aber wer sich mit offenen Augen umschaut, wird es erkennen: Das Kreuz und das Kruzifix sind kein Bekenntnis zur eindeutigen Nachfolge von Jesus dem Messias, wohl aber Zeichen von Kirchlichkeit, Frömmelei und Aberglauben.