Wer ist Rufus? Er taucht in der Grußliste des Römerbriefs auf. Der Brief an die Gemeinde in Rom hat unter den Briefen von Paulus die Ausnahmestellung, dass er der einzige ist, den Paulus an eine Gemeinde schreibt, die er nicht persönlich kennt und der er erst einen zukünftigen Besuch ankündigt. In Kapitel 16 lässt er aber an über dreißig Leute Grüße ausrichten, die er alle schon gekannt haben muss. Das heißt, irgendwo auf seinen Reisen und Diensten zwischen Jerusalem und Illyrien sind sie irgendwann einmal mit ihm zusammengewesen.

Das ist ein eindrückliches Beispiel für die damalige Mobilität (zumindest der städtischen Bevölkerung) im römischen Reich. Und es ist auch ein Beispiel für die internationale Zusammensetzung der christlichen Gemeinde aus verschiedenen Volksgruppen.

Das bekannteste Beispiel dafür sind Aquila und Priscilla: Sie waren als Juden aus Rom vertrieben worden, sind mit Paulus in Korinth zusammengekommen, dann mit ihm nach Ephesus gereist und eine Weile dort geblieben und werden nun in Rom wieder von ihm gegrüßt, wohin sie zurückgekehrt sind, womöglich um den Besuch von Paulus dort mit vorzubereiten.

Durch ein altes Buch von Theodor Zahn bin ich noch auf eine Verbindung gestoßen, die mir bis dahin nicht aufgefallen war. In Mk 15,21 lesen wir: „Einen der vorbeiging, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater von Alexandros und Rufus, zwangen sie, seinen Kreuzesbalken zu tragen.“ Allein Markus hat an dieser Stelle Simons Söhne erwähnt, Alexandros und Rufus. Deren Erwähnung ist aber nur sinnvoll, wenn Leser des Evangeliums mit den Namen der beiden etwas anfangen können.

Wenn man nun bedenkt, dass Markus seinen Bericht über Jesus infolge seiner Tätigkeit als Übersetzer von Petrus in Rom geschrieben hat, dann passt es zusammen mit Rö 16,13: „Grüßt Rufus, den Auserwählten im Herrn, und seine Mutter – und meine!“ Wenn Rufus in Rom war, dann ist es kein Wunder, wenn Markus ihn im Evangelium erwähnt. Dann war er dort bekannt.

Aber Markus kannte ihn schon vorher. Man beachte auch hier die Mobilität: Simon stammte von Kyrene, das liegt in Nordafrika westlich von Ägypten. Zur Zeit von Jesus war er aber mit seiner Familie in Jerusalem ansässig. Hier zwangen ihn die römischen Soldaten bei einem Gang aufs Feld, den Kreuzesbalken von Jesus zu tragen. Wenn Simon und seine Familie damals schon gläubig waren oder es wurden, waren sie in der Jerusalemer Gemeinde. Und zu der gehörte auch Johannes Markus.

Wo und wann Rufus und seine Mutter dann mit Paulus zusammen waren, wissen wir nicht. Aber es muss intensiv gewesen sein, wenn sie auch für Paulus wie eine Mutter war. Dann ist Markus in Rom wieder mit Rufus zusammengekommen, und auch Paulus lässt ihn dort grüßen mit seiner Mutter. Diese war inzwischen wohl verwitwet, da man von ihrem Mann Simon nichts mehr hört.

Soweit die Einblicke in die Geschichte von unserem Bruder Rufus. In der Ewigkeit wird er uns sicherlich mehr darüber erzählen können …