Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Paulus (Seite 1 von 2)

Apostel

„Apostel“ ist ein Lehnwort aus dem Griechischen. Hier bezeichnet man Leute wie Petrus und Paulus tatsächlich als „apóstolos“ (Plural „apóstoloi“). Dabei müssen wir natürlich erst einmal Ballast abwerfen. Im Laufe der Kirchengeschichte hat sich der Begriff „Apostel“ bzw. „apostolisch“ sehr verändert. Der entsprechende Begriff aus dem Lateinischen ist übrigens „Missionar“.

„Apóstolos“ kommt von „apostéllein“, was auf Deutsch jemanden „senden“ oder „schicken“ heißt. Es ist also ein „Gesandter“ oder ein „Bote“, ein Untergeordneter, der einen Auftrag erfüllt. Das Spektrum reicht von einem diplomatischen Gesandten des Kaisers bis hin zu einem Sklaven, der eine einfache Mitteilung überbringen muss. Ein Gesandter des Herrn, Jesus, zu sein, ist im Reich Gottes eine grundlegende Aufgabe und steht bei den Aufzählungen der geistlichen Gaben in den Paulusbriefen immer an erster Stelle.

In der Gemeinde haben diese Gesandten im Neuen Testament immer eine führende Funktion. In der Urgemeinde in Jerusalem hatten die zwölf von Jesus eingesetzten Gesandten zunächst die Aufgabe von Verantwortlichen bzw. Älteren der Gemeinde und haben sich auch so verhalten. In den Berichten der Apostelgeschichte ist dann zu erkennen, dass daneben mit der Zeit andere Ältere traten und in Jerusalem die Gesandten immer weniger wurden, weil sie sich ihrer Aufgabe entsprechend aussenden ließen, wohin immer der Herr sie durch den heiligen Geist schickte bzw. führte.

Paulus als „Apostel“

Als Musterbeispiel ist uns in der Apostelgeschichte und in seinen Briefen der „Apostel“ Paulus gegeben. Er war schon keiner von den Zwölf mehr, aber ein Lehrer in der Gemeinde in Atiochia. Von hier aus wurde er ausgesandt, um seinen Sendungsauftrag zu erfüllen. Es wird in den Berichten deutlich, dass seine „sendende“ Gemeinde in Antiochia keinerlei Weisungsbefugnis über ihn hatte. Es gab keine irdische „Missionsleitung“, der er Rechenschaft schuldig war. Dennoch gab es eine Verbundenheit mit der Gemeinde, die ihn ausgesandt hatte. Bei Besuchen in Antiochia berichtete er, was der Herr in seinem Dienst getan hatte. Übrigens wurde er auch nicht von dort bezahlt, außer der anfänglichen Ausstattung zur Reise.

Das Prinzip der Gesandten von Jesus hat Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom deutlich so ausgedrückt:

„So habe ich von Jerusalem und ringsum bis nach Illyrien die Botschaft des Messias vollendet. Aber so, dass ich Wert darauf lege, die Botschaft nicht (da) zu bringen, wo der Messias (schon) genannt worden ist, damit ich nicht auf fremdes Fundament baue, sondern wie es geschrieben steht: ‚Die, denen nichts über ihn berichtet wurde, werden sehen, und die, die von nichts hörten, werden begreifen!‘ (Jes. 52,15). Deshalb wurde ich auch vielfach aufgehalten, zu euch zu kommen. Jetzt habe ich aber keinen Platz mehr in diesen Gegenden, und Sehnsucht, zu euch zu kommen, habe ich seit vielen Jahren, weil ich nach Spanien gehen (will). Ich hoffe nämlich, (bei euch) durchzukommen, euch zu sehen und von euch dorthin zur Reise ausgestattet zu werden, wenn ich von euch vorher einigermaßen gesättigt sein werde.“ (Römer 15,19b-24).

Einige Prinzipien werden hier deutlich erkennbar:

– Der Auftrag und Dienst eines Gesandten von Jesus dem Messias geht dahin, wo Jesus noch nicht bekannt ist. Er hat erkennbar keine ‚kirchenleitende‘ Funktion. Da, wo die Gemeinde gegründet und aufgebaut ist, hat der Gesandte keinen Platz mehr. Er muss vielmehr weiter, dahin, wo Jesus noch unbekannt ist.

– Die entstandene und gewachsene Gemeinde wird sich selbst, bzw. der Führung und Leitung des Herrn, Jesus, durch den heiligen Geist und der Begleitung durch die örtlichen Verantwortlichen überlassen.

– Bestehenden Gemeinden, wie der in Rom, begegnet der Gesandte in brüderlicher bzw. partnerschaftlicher Haltung und bittet sie um die gewünschte Zusammenarbeit.

– Auch im genannten Beispiel spricht Paulus in Rom die Gesamtheit der Geschwister an, denen er begegnen und bei denen er sich mit seinem Brief einführen will. Von beiden Seiten ist keine Art von ‚Kirchenleitung‘ im Spiel.

– Paulus sieht seinen Weg von Gott geführt und möchte, dass das auch in Rom so gesehen wird. Der Wille Gottes und die daraus folgende Leitung des heiligen Geistes sind das entscheidende Element.

nicht an Menschen orientieren

Es gibt also keine „Apostel“ mit kirchenleitender Vollmacht. In der neutestamentlichen Gemeinde ist kein Platz für örtliche oder überörtliche autoritäre Führungsstrukturen. Es herrscht eine Atmosphäre des Gehorsams gegen Gott und des gegenseitigen Respekts unter Geschwistern. Die überörtlichen Gesandten des Herrn arbeiten in dienender Haltung mit der Autorität der Vollmacht von Gott. Diese zeigt sich in der Überzeugungskraft ihres Dienstes, nicht in der Berufung auf Titel und Leitungspositionen.

Auch die „Apostel“ sind Brüder und Glieder am Leib des Herrn, der Gemeinde. Gleichwertig und gleichgestellt, mit einer besonderen Gabe und Aufgabe von Gott.

Als die Gemeinde in Korinth begann, sich aufzuspalten durch die Orientierung an menschlichen Führungspersonen wie Paulus, Apollos oder Kephas (Petrus), rügte Paulus das scharf und rückte es zurecht: „Deshalb soll auch niemand auf Menschen stolz sein. Alles gehört doch euch: Sei es Paulus, sei es Apollos, sei es Kefas, sei es Welt, sei es Leben, sei es Tod, sei es Gegenwärtiges, sei es Kommendes, alles gehört euch, ihr aber (gehört) dem Messias, der Messias (gehört) Gott.“ (1. Korinther 3, 21-23).

Orientieren muss man sich also am Messias und an Gott, nicht an Menschen, und mögen es noch so begnadete und vollmächtige göttliche Gesandte sein. Orientierung an Menschen bringt Spaltung, Orientierung an Jesus bringt Einheit.

Titus 2: ältere und jüngere Frauen

Die Bedeutung der richtigen Satztrennung und Zeichensetzung hat auch an einer Stelle im Titusbrief gravierende Folgen. Die Idee dazu habe ich durch einen Vortrag einer Tagung der Studiengemeinschaft Wort und Wissen bekommen. Es handelt sich um den Satz in Titus 2,1-5. Hier schreibt Paulus an Titus, wie er mit älteren Männern, älteren Frauen und jüngeren Frauen jeweils umgehen soll.

alte Version

Ich zitiere den Satz zunächst einmal, wie er in der Elberfelder Bibel steht:

„Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt:

dass die alten Männer nüchtern seien, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren;

ebenso die alten Frauen in der Haltung, wie es der Heiligkeit geziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig (zu sein), den eigenen Männern sich unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“

neue Version

Mit anderer Satztrennung und Zeichensetzung übersetze ich diese Verse so:

„Du aber musst sagen, was der heilsamen Lehre angemessen ist:

Ältere Männer sollen einen klaren Kopf behalten, ernsthaft sein, klar denkend, gesund im Glauben, in der Liebe und in der Ausdauer.

Ältere Frauen sollen genauso in der Haltung priesterlich sein, nicht gehässig, nicht an viel Wein versklavt, und Gutes lehren, um klares Denken zu vermitteln.

Die jungen Frauen sollen Freunde ihrer Männer sein, Freunde der Kinder, klar denken, rein (sein), sich gut um das ganze Haus kümmern und sich ihren Männern unterordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert wird.“

Dafür, dass ich die zweite Version richtig finde gegenüber der ersten (traditionellen), nenne ich zwei Gründe. Zum einen spricht Paulus hier die jüngeren Frauen als eine eigene Gruppe an. Genauso spricht er ja die älteren Frauen, die älteren Männer und im folgenden Satz die jüngeren Männer an. Zum anderen beschränkt er die älteren Frauen nicht auf das Lehren der jüngeren Frauen. Sie sollen vielmehr allgemein Gutes lehren, damit klar gedacht wird.

Ich denke, dass wir auch hier wieder eine Textstelle berichtigen konnten, die man gerne zur Zurücksetzung der Frauen benutzt hat. Also, ihr älteren Frauen und ihr jüngeren Frauen, ihr seid genauso angesprochen und wichtig wie die Männer in der Gemeinde. Im Messias gibt es ja, wie Paulus sagt, nicht mehr „männlich“ oder „weiblich“, sie sind alles eins in ihm …

Gefangenschaftsbriefe

Gefangenschaftsbriefe sind die Briefe an die Epheser, Philipper, Kolosser, 2.Timotheus und Philemon. In ihnen bezeichnet sich Paulus als Gefangener. Von irgendwann her hatte ich früher in Erinnerung, dass Paulus am Ende der Apostelgeschichte zwei Jahre in Rom gefangen war, und dass er dort die Gefangenschaftsbriefe geschrieben habe.

Eine echte Überraschung war es für mich, als ich das Buch von John A.T. Robinson „Wann entstand das Neue Testament?“ las, dass er dort dafür argumentiert, dass Paulus ja zuvor auch zwei Jahre in Cäsarea gefangen war und die Gefangenschaftsbriefe wahrscheinlich dort geschrieben hat. Und die Darstellung von Robinson, wie die Briefe in die damalige Situation passen, hat mich doch sehr überzeugt. Der Ablauf der Ereignisse war dann so:

Ende Mai des Jahres 57 wurde Paulus in Jerusalem verhaftet und kurz danach in die Haft des römischen Regenten Felix nach Cäsarea am Meer überstellt. Im Frühjahr 58 schrieb er dort den Philipperbrief und schickte ihn durch Epaphroditos nach Philippi. Im Sommer 58 schickte er Timotheos nach Philippi und Markus nach Kolossä und schrieb in Cäsarea inzwischen die Briefe an die Kolosser und an Philemon. Er verfasste im Spätsommer 58 dazu noch den Epheserbrief. Dieser war nicht speziell an die Gemeinde in Ephesus gerichtet, sondern eine Art Rundschreiben an die Gemeinden der Provinz Asia, deren Hauptstadt Ephesus war. In einigen alten Handschriften fehlt bei der Adresse sogar die Bezeichnung „in Ephesus“. Nach Fertigstellung des Briefs schickte er ihn zusammen mit dem Kolosser- und dem Philemonbrief durch Tychikus an ihre Adressaten. Im Herbst 58 folgte dann noch der 2.Timotheosbrief, der an Timotheos nach Philippi ging.

Damit hat Paulus dann dieses Jahr 58, in dem er von Felix im Gefängnis in Cäsarea hingehalten wurde, sinnvoll ausgenutzt. Es passt ja gut, nachdem er für seinen zukünftigen Dienst Rom und davon ausgehend Spanien im Blick hatte, dass er in seinem bisherigen Missionsgebiet jetzt noch einmal einige Dinge ordnete und klarstellte.

Ein Gefangener des Messias

Eine auch geistlich interessante Formulierung ist die, dass Paulus sich hierbei an mehreren Stellen als „Gefangener des Messias Jesus“ bezeichnet. Juristisch wäre „Gefangener des Regenten Felix“ richtig gewesen. Aber Paulus wusste, dass ihn ohne den Willen seines Herrn Jesus kein Mensch gefangen nehmen oder festhalten könnte. Und so ist die einzig logische Erklärung, dass Jesus selbst diese Gefangenschaft für gut und richtig hielt, und so war Paulus ein Gefangener des Herrn.

Ich denke, das kann man auf manche Lebenssituationen übertragen, in denen uns menschlich etwas nicht passen mag, wir aber nicht herauskönnen. Es war ja auch Paulus, der das Wort geschrieben hat – Röm. 8,28: „Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt …“ Und so wird im Neuen Testament nichts, was einem Christen passiert, als ein „Unglück“ gesehen, höchstens als Bewährungsprobe. Und bewährte Christen, die wollen wir ja haben im Reich Gottes.

Wer sind die Geistlichen?

Beschäftigen wir uns einmal mit der Frage, wer eigentlich die „Geistlichen“ sind. Im christlichen Sprachgebrauch ist das schon lange ein Terminus für die ordinierten bzw. geweihten Amtspersonen der Kirchen. Im weltlichen Sprachgebrauch ist der Begriff noch weitergewandert. Man kann heutzutage auch von jüdischen oder islamischen „Geistlichen“ hören oder lesen.

Im Neuen Testament kommt diese Art von „Geistlichen“ nirgends vor. Der Ausdruck an sich wird aber von Paulus in zwei seiner Schriften gebraucht. In meiner Übersetzung schreibe ich dafür zum besseren Verständnis nicht „Geistliche“, sondern „geistliche Menschen“:

1.Kor. 2,12-3,1: „Und wir haben nicht den Geist der Welt bekommen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen sollen, was uns von Gott geschenkt ist. Wir sprechen darüber, aber nicht mit Worten, die gelehrt sind von menschlicher Weisheit, sondern mit (Worten), die gelehrt sind vom Geist, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Ein seelischer Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes nicht an. Sie sind ja ‚dummes Zeug‘ für ihn, er kann sie nicht verstehen, weil man sie nur geistlich ergründen kann. Der geistliche Mensch ergründet sie alle, ihn selbst aber kann niemand ergründen. ‚Wer hat denn den Verstand des Herrn nachgeprüft und sollte ihm Rat erteilen?‘ Wir aber haben die Gesinnung des Messias. Und ich, Geschwister, konnte nicht mit euch sprechen wie mit geistlichen Menschen, sondern (musste sprechen) wie mit menschlich denkenden, wie mit kleinen Kindern im Messias.“

Gal. 6,1: „Wenn ein Mensch mit irgendeinem Fehltritt überrascht wird, Geschwister, dann müsst ihr, die geistlichen Menschen, denjenigen wiederherstellen mit sanftem Geist! Und achte auf dich selbst, dass auch du nicht versucht wirst!“

Ich denke, der Unterschied zwischen den Geistlichen des Neuen Testaments und den „Geistlichen“ der Welt ist allein durch diese Aussagen von Paulus sehr deutlich geworden. Wenn wir geistliche Christen werden, dann können wir auf die anderen „Geistlichen“ gut verzichten …

Gerettet sein und gerettet werden

Bei der Frage nach „gerettet sein“ und „gerettet werden“ schauen wir auf den Gebrauch des griechischen Wortes für „retten“, „soozein“. Es wird im Neuen Testament in dreifacher Weise benutzt.

Zum einen in der Bedeutung, in der es auch im Alltag normalerweise gebraucht wird, nämlich bei der Rettung aus Lebensgefahr. Ich nenne zwei zufällig ausgewählte Beispiele:

Als Petrus im See versank – Mt. 14,30: „Als er aber den gewaltigen Wind sah, bekam er Angst. Er fing an zu versinken und rief laut: ‚Herr, rette mich!'“

Das Schiff mit dem Gefangenen Paulus im Sturm – Apg. 27,20: „Nachdem über mehrere Tage aber weder Sonne noch Sterne erschienen (ohne Sonne und Sterne waren sie orientierungslos) und wir vom Wintersturm nicht wenig bedrängt waren, wurde im Weiteren jede Hoffnung ganz genommen, dass wir gerettet werden könnten.“

Zum anderen bei „Rettung“ aus schwerer Krankheit. Da wir hier im Deutschen normalerweise nicht „retten“ sagen, habe ich es an diesen Stellen mit der Bedeutung „gesund machen“ übersetzt. Zu einigen Geheilten sagte Jesus: „Dein Glaube hat dich gesund gemacht (gerettet).“

Drittens wird das Wort natürlich sehr oft gebraucht für die Rettung aus Sünde und Verlorenheit durch den Glauben an Jesus bzw. die Wiedergeburt. Ich nenne zwei Beispiele, in denen gesagt wird, dass wir in diesem Zustand „gerettet“ sind:

Eph. 2,8+9: „Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Geschenk ist es, nicht aus Werken, damit ja niemand stolz sein soll!“

Kol. 1,13+14: „Er hat uns aus der Macht der Finsternis gerettet und in das Königreich seines geliebten Sohnes versetzt, in dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.“

Allerdings wird im Neuen Testament sehr viel häufiger als von „gerettet sein“ von „gerettet werden“ gesprochen. Paulus spricht sogar im aktuellen Zustand der Gläubigen als von denen, die „gerettet werden“ – 1.Kor. 1,18: „Das Wort vom Kreuzestod ist ja für die, die verloren gehen, zwar ‚dummes Zeug‘, für die, die gerettet werden, für uns, ist es aber Gottes Kraft.“ So auch in der Diskussion um die Notwendigkeit der Beschneidung – Apg. 15,11: „Wir glauben vielmehr, dass wir durch die Gnade des Herrn, Jesus, gerettet werden, genau wie auch sie!“

Dazu passen die Aussagen über ein zukünftiges Gerettetwerden am Ende. In Römer 5,9+10 macht Paulus einen Unterschied zwischen einem früheren und einem späteren Geschehen: „Um wie viel mehr werden wir, die wir jetzt gerecht geworden sind durch sein Blut, durch ihn (dann auch) gerettet werden vor dem Zorn. Wenn wir nämlich, als wir (noch seine) Feinde waren, versöhnt worden sind mit Gott durch den Tod seines Sohnes, um wie viel mehr werden wir als Versöhnte gerettet werden infolge seines Lebens.“

Jesus selbst hat von der Rettung am Ende gesprochen – Mt.10,22: „Wer aber durchhält bis zum Ende, der wird gerettet werden.“ Dieses Wort ist mehrfach in den Evangelien zu finden. Auch von einer Gefährdung dieser Rettung am Ende hat er gesprochen – Mt. 24,22: „Und wenn jene Tage nicht verkürzt worden wären, würde kein Mensch gerettet. Wegen der Auserwählten werden jene Tage aber verkürzt sein.“

Vollendet wird die Rettung also mit der Entrückung bzw. der Auferstehung, wenn wir im Himmel in der unzählbaren Menge vor dem Thron stehen und die Hochzeit des Lammes gefeiert wird. Mir hilft dabei der Vergleich mit der Arche in der Sintflut: Wann waren Noah und die Seinen „gerettet“, als sie in die Arche einstiegen, oder als sie sie nach der Flut wieder verließen?

Deshalb gibt es im Neuen Testament auch die Lehre vom „Durchhalten“:

Lk. 21,19: „Mit eurem Durchhalten werdet ihr euer Leben erwerben.“

Jak. 5,10+11: „Nehmt als Vorbild für Leidensbereitschaft und Geduld, Geschwister, die Propheten, die im Namen des Herrn gesprochen haben. Seht, wir gratulieren denen, die durchgehalten haben! Ihr habt von Hiobs Durchhalten gehört und das Ende vom Herrn her gesehen.“

Röm. 2,7: „Den einen, die mit Durchhalten im Tun des Guten nach Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit streben, (vergilt er es) mit ewigem Leben.“

2.Tim. 2,12: „Wenn wir durchhalten, werden wir auch mit regieren.“

Offb. 1,9: „Ich, Johannes, euer Bruder, der ich mit euch teilhabe an der Bedrängnis, am Königreich und am Durchhalten in Jesus, war auf der Insel Patmos wegen des Wortes Gottes und der Zeugenaussage über Jesus.“

Offb. 3,10: „Weil du mein Wort vom Durchhalten bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Prüfung, die über die ganze Welt kommen soll, um alle Bewohner der Erde zu prüfen.“

Gerettet durch Kindergebären?

Auf den Gedanken, eine eigene Übersetzung des Neuen Testaments zu machen, bin ich einst gekommen, weil ich mit bestehenden Übersetzungen im Vergleich zum griechischen Urtext nicht zufrieden war. Ein Abschnitt, der das beispielhaft zeigt, ist 1.Timotheus 2,8-15, wo angeblich gesagt wird, dass Frauen gerettet werden durch Kindergebären.

Bitte lies ihn einmal in einer üblichen Bibel durch, egal ob Luther, Elberfelder oder Neue-Welt-Übersetzung, er bleibt überall teilweise rätselhaft. Er wird dort zwar wörtlich übersetzt, aber ohne alternative Wortbedeutungen zu berücksichtigen, die im Zusammenhang der neutestamentlichen Botschaft wichtig wären.

Wichtiger Grundsatz: Die Schrift legt die Schrift aus. Die entscheidende Hilfe, den Text besser zu verstehen, war mir das Buch von Thomas Schirrmacher: „Paulus im Kampf gegen den Schleier“. Ich zitiere im Folgenden meine eigene Übersetzung und erläutere anschließend ein paar Punkte dazu:

8 „Ich will nun, dass die Männer beten an jedem Ort

und Hände erheben ohne Zorn und Zweifel.

9 Genauso (sollen) auch Frauen (beten) in ordentlicher Haltung

und sich mit Achtung und klarem Denken schmücken,

nicht mit künstlerischen Frisuren, Gold, Perlen oder kostbarer Kleidung,

10 sondern, wie es angemessen ist für Frauen,

die versprochen haben Gott zu ehren, durch gute Taten.

11 Eine Frau soll in Zufriedenheit lernen mit aller Unterordnung.

12 Einer Frau erlaube ich nicht zu lehren,

wenn sie sich über jemanden stellt,

sie soll sich vielmehr in Zufriedenheit befinden.

13 Adam wurde nämlich als Erster geformt, danach Eva.

14 Und Adam wurde nicht getäuscht,

die Frau ließ sich aber etwas vortäuschen und geriet in Übertretung.

15 Gerettet soll sie werden durch die Kindergeburt (des Messias),

– wenn sie im Glauben bleiben, in der Liebe und in der Heiligung

mit klarem Denken.“

Und hier meine „Abweichungen“ gegenüber anderen Übersetzungen:

1) In Vers 9 fehlt im Griechischen in der ersten Zeile ein Zeitwort (Verbum), so dass sich das „genauso“ und die „ordentliche Haltung“ auf etwas in Vers 8 beziehen müssen, und da bleibt nur das „beten“. Paulus sagt also: Ich will, dass die Männer beten und dass genauso auch Frauen beten. In der nächsten Zeile geht er von der Aussage über das Beten dann weiter zu Detailaussagen über die „ordentliche Haltung“ der Frauen.

2) Dass nach dem Willen des Paulus betende Frauen nicht gleichzeitig „still“ sein können, dürfte einleuchten. Die „Stille“, in der Frauen in Vers 11 und 12 sein sollen, wird einleuchtend, wenn sie mit einer anderen Bedeutung des Wortes als innere Stille, nämlich als „Zufriedenheit“ verstanden und übersetzt wird.

3) In Vers 12 wird ein guter Teil der „Mann-Frau-Problematik“ entschärft, wenn ich das griechische Wort „anér“ nicht mit „Mann“ übersetze, wie es üblicherweise geschieht, sondern mit einer anderen Bedeutung des Wortes als „jemand“, was genausogut möglich ist.

4) Dazu erhebt sich in Vers 12 die Frage, ob Paulus hier zwei Verbote oder nur ein Verbot ausspricht. Entweder soll sie a) nicht lehren und b) sich nicht über jemanden stellen, oder sie soll (als ein Gebot) sich nicht über jemanden stellen und so auch noch lehren. Da lehrende Frauen im Neuen Testament aber genannt werden, kann hier nur die zweite Möglichkeit gemeint sein: sich nicht über andere zu stellen und so auch zu lehren. Und so verlangt Paulus hier von den Frauen etwas, das allgemein für alle gilt: sich nicht über Geschwister zu erheben.

5) Vermutlich hat Paulus hier eine gewisse Art frommer Frauen im Blick, die in einer speziellen Gefahr stehen: Nachdem sie durch Jesus aus ihrer sklavenartigen Stellung in der Antike befreit worden sind zur Gleichwertigkeit der Söhne und Töchter Gottes, fallen sie sozusagen auf der anderen Seite vom Pferd, bilden sich etwas ein und überheben sich.

Diese Art der Überheblichkeit könnte mit der religiösen Richtung der sogenannten „Gnosis“, d.h. „Erkenntnis“ zusammenhängen, in der es wichtig war, wie z.B. auch im Hinduismus oder in der Anthroposophie, dass der Mensch seine eigene „Göttlichkeit“ „erkennt“. Für „göttliche“ Frauen, die aus dieser Richtung kamen, war dann wohl auch Sexualität etwas „Schmutziges“ und Kindergebären etwas „Grässliches“.

Dass Frauen durch Kindergebären gerettet werden, ist neutestamentlich gesehen natürlich Unsinn. Paulus schreibt hier, dass sie durch eine „Kindergeburt“ gerettet werden, und da kann nur eine gemeint sein, die von Jesus, dem Retter. Also durch so etwas „Grässliches“ ist die Rettung gekommen, darunter müssen sich die gläubigen Frauen beugen. In der nächsten Zeile wird dann auch gesagt, wodurch sie wirklich gerettet werden, durch das Bleiben im Glaube, in der Liebe und in der Heiligung.

Nebenbei bemerkt wird hier auch die Realität der natürlichen Geburt von Jesus bekräftigt und die in katholischen Kreisen weit verbreitete Irrlehre widerlegt, Jesus sei durch einen übernatürlichen Vorgang aus Marias Bauch gekommen und sie sei lebenslang Jungfrau geblieben.

Bei genauem Hinschauen sehen wir in diesem Abschnitt also wieder ganz „normale“ neutestamentliche Themen: Beten, Zufriedenheit, Ordentlichkeit, gute Taten, sich nicht überheben, sich nicht verführen lassen, Glaube, Liebe, Heiligung und klares Denken, angewandt in einer spezifischen Situation auf gewisse Frauen in der Gemeinde. Und so haben wir diesen Abschnitt aus seiner Seltsamkeit herausgeholt, indem wir ihn im neutestamentlichen Zusammenhang gesehen und dann richtig übersetzt haben …

Verschleierung der Frauen?

Neben der liberalen Richtung gab es in Korinth auf der anderen Seite des Spektrums auch eine gesetzliche Richtung mit jüdischem Hintergrund, die unter anderem die Verschleierung der Frauen in der Gemeinde forderte. Auch mit ihr setzte sich Paulus intensiv auseinander. Das Buch von Thomas Schirrmacher „Paulus im Kampf gegen den Schleier“ war mir eine große Hilfe, diese Seite deutlich zu erkennen. Die Sicht dieser Leute kommt in zwei Zitaten zum Ausdruck in 1.Kor. 11 und 1.Kor. 14, die in der christlichen Gemeinde schon sehr viel Not bereitet haben, weil man sie nicht als Zitate erkannte. Erkennen kann man sie letztlich an dem Gegensatz, der zwischen den Zitaten und den darauf folgenden Antworten von Paulus besteht. Ich habe sie mit Erklärungen in Klammern zum besseren Verständnis aufbereitet wie folgt:

1.Kor. 11,3-16:

Ich will aber, dass ihr wisst: (Einige bei euch vertreten folgende Lehre:) „Das Haupt jedes Mannes ist der Messias, Haupt einer Frau der Mann, Haupt des Messias Gott. Jeder Mann, der betet oder prophetisch spricht und etwas über den Kopf herab hat, beschämt seinen Kopf. Jede Frau, die betet oder prophetisch spricht mit unverhülltem Kopf, beschämt ihren Kopf. Es ist ein und dasselbe (wie) bei einer, (der der Kopf) rasiert wurde. Wenn eine Frau sich nicht verhüllt, soll sie auch geschoren werden! Wenn es für eine Frau aber schändlich ist, geschoren oder rasiert zu werden, soll sie sich verhüllen! (Kurzgeschorene Haare oder ein rasierter Kopf waren Kennzeichen von Sklavinnen, die im Unterschied zu ihren Herrinnen keine schönen Frisuren haben durften.) Ein Mann muss sich freilich nicht den Kopf verhüllen, denn er ist Bild und Herrlichkeit Gottes, die Frau ist Herrlichkeit eines Mannes. Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann, und der Mann wurde ja nicht wegen der Frau geschaffen, sondern die Frau wegen des Mannes.”

(Dazu sage ich:) Deswegen muss die Frau Macht über ihren Kopf haben: wegen der Engel! (Laut Kapitel 6,3 wird sie mit über Engel richten, dann wird sie ja wohl auch über ihren eigenen Kopf bestimmen dürfen!) Abgesehen davon gibt es beim Herrn keine Frau ohne einen Mann und keinen Mann ohne eine Frau, denn wie die Frau aus dem Mann (gekommen) ist, so (kommt) auch der Mann durch die Frau, und das alles von Gott. Urteilt bei euch selbst: Es ist angemessen, dass eine Frau unverhüllt zu Gott betet! Auch die Natur selbst lehrt euch nicht, dass es für einen Mann, wenn er sich die Haare wachsen lässt, eine Entehrung sei, für eine Frau aber, wenn sie sich die Haare wachsen lässt, eine Ehre sei. Die Haare sind doch (allen von Gott) als Kleidung gegeben. Wenn aber jemand meint, streitlustig sein zu müssen: Wir haben einen solchen Brauch (einer Verschleierung) nicht, auch die Gemeinden Gottes nicht!

1.Kor. 14,34-36:

(Einige bei euch sagen:) „Die Frauen sollen in den Versammlungen schweigen, es ist ihnen nämlich nicht erlaubt zu sprechen, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es sagt. Wenn sie etwas lernen wollen, sollen sie zu Hause ihre Männer fragen, es ist doch schändlich, wenn eine Frau in der Gemeinde spricht.“ (Interessanterweise sagt das Gesetz im Sinne des Alten Testaments das gar nicht, wohl aber einige jüdische Schriftgelehrte aus der damaligen Zeit. Auch das spricht dafür, dass Paulus hier eine Meinung aus Korinth zitiert.)

(Ich sage dazu: Nein!) Ist das Wort Gottes etwa von euch ausgegangen? Oder ist es allein zu euch gekommen? Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, dann soll er klar erkennen, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. Wenn jemand es aber nicht erkennt, soll man ihn nicht kennen!

Für manche Leser mag diese Sicht neu sein, wie sie auch für mich einmal neu war, als ich Schirrmachers Buch gelesen habe, aber sie war sehr befreiend …

Zitate im griechischen Text

Das Erkennen von Zitaten im griechischen Text des Neuen Testaments ist oft nicht einfach. Das hängt mit der Kunst des Schreibens und Lesens zusammen. Die antike Schreibkunst hatte das Kulturgut der Satzzeichen noch nicht erfunden, also auch keine Doppelpunkte und Anführungszeichen, um Zitate kenntlich zu machen. Es ist also der Kunst des Lesers überlassen, ein Zitat im Text zu erkennen.

Einfach ist es, wenn ein Zitat angekündigt wird, wie z.B. in 1.Kor. 1,19 (ohne Satzzeichen): „Es steht doch geschrieben Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Einsicht der Einsichtigen verschwinden lassen.“ Einfacher ist es dann aber doch mit den Lesehilfen: „Es steht doch geschrieben: ‚Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Einsicht der Einsichtigen verschwinden lassen.’“ (Jes. 29,14)

Schwieriger wird es in einem Fall wie 1.Kor. 5,13 (ohne Satzzeichen): „Über die draußen spricht Gott das Urteil Ihr müsst den Bösen entfernen aus eurer Mitte“. Dass hier ein Zitat drinsteckt, sieht nur der, der es aus dem Alten Testament kennt. Leichter hat man es, wenn man es so lesen kann: Über die draußen spricht Gott das Urteil. Ihr müsst „den Bösen entfernen aus eurer Mitte“! (5.Mo. 17,7) – und auch gleich mit der Quellenangabe, wo es steht.

Der erste Korintherbrief ist durch eine sehr intensive Auseinandersetzung mit Vorgängen in der dortigen Gemeinde gekennzeichnet, und Paulus zitiert Meinungen aus der Gemeinde, mit denen er sich in seinem Brief auseinandersetzt. Diese als andere Meinung zu erkennen und nicht als Aussage von Paulus selbst misszuverstehen, ist für das Verständnis des Briefs sehr wichtig.

Als Beispiel nehme ich einmal 1.Kor. 6, 12+13 (zunächst einmal ohne Satzzeichen): „Alles ist mir erlaubt Aber nicht alles ist gut Alles ist mir erlaubt Aber nichts soll Macht über mich haben Die Speise für den Bauch und der Bauch für die Speisen Gott wird diese und jenen aber zunichte machen Der Leib nicht für die Unzucht sondern für den Herrn und der Herr für den Leib“.

Mit den erkannten Zitaten, Satzzeichen und Erklärungshilfen in Klammern heißt es dann in meiner Übersetzung: (Wenn einige bei euch sagen:) „Alles ist mir erlaubt!“ (dann sage ich dazu:) Aber nicht alles ist gut. (Wenn sie sagen:) „Alles ist mir erlaubt!“ (dann sage ich:) Aber nichts soll Macht über mich haben. (Wenn sie sagen:) „Die Speise für den Bauch, und der Bauch für die Speisen!“ (sage ich dazu:) Gott wird diese (Speisen) und jenen (Bauch) aber zunichte machen. Der Leib aber nicht für die Unzucht, sondern für den Herrn, und der Herr für den Leib!

Ich denke, so wird es doch deutlicher, welche Auseinandersetzung Paulus an dieser Stelle führt und wie er mit der liberalen Fraktion in Korinth argumentiert, die ihre christliche Freiheit offensichtlich für ungute Dinge in Anspruch nahm. Das Schlagwort dieser liberalen Fraktion mit ihrem „Alles ist mir erlaubt!“ haben wir eben kennen gelernt. Dieses Schlagwort zitiert Paulus in 1.Kor. 10,23 noch zweimal. Beim leichtfertigen Essen von Götzenopferfleisch werden sicherlich diese Leute angesprochen sein, die wohl auch kein Problem damit hatten, zu einer Hure zu gehen oder zu tolerieren, dass einer eine Frau seines Vaters hat.

Wer hat die Briefe geschrieben?

Für die Frage, wer die Briefe in Neuen Testament geschrieben hat, gibt es bei genauem Hinsehen differenziertere Antworten. Tertius z.B. hat den Römerbrief aufgeschrieben. Röm. 16,22: „Ich grüße euch – ich, Tertius, der den Brief geschrieben hat – im Herrn!“ Ob der moderne Ausdruck „Sekretär“ dafür das Richtige ist, halte ich eher für fraglich.

Ich stelle mir vor, dass Paulus in Korinth einfach diesen Tertius mit in der Gemeinde hatte, der die Kunst des Schreibens beherrschte und den er mit seiner Gabe in Dienst nahm, um ihm seinen Brief nach Rom zu diktieren. Dem Namen nach war Tertius selbst ein Römer. Offensichtlich war es für Paulus, der natürlich auch selbst schreiben konnte, doch einfacher, seine Gedanken diktieren zu können, als sie selbst nebenher (mühsam?) zu Papier zu bringen.

Auch den ersten Petrusbrief hat nicht Petrus selbst geschrieben, sondern Silvanus, und den zweiten Petrusbrief vermutlich Judas.

Wenn wir nun beachten, dass Paulus im 1. Korintherbriefauch Sosthenes, den Bruder, als Mitabsender nennt, wie er auch in andern Briefen Mitabsender angibt, dann ahnen wir vielleicht, das das Abfassen etlicher Schriften im NT viel mehr Teamarbeit war, als wir uns gemeinhin vorstellen.

Wer ist Rufus?

Wer ist Rufus? Er taucht in der Grußliste des Römerbriefs auf. Der Brief an die Gemeinde in Rom hat unter den Briefen von Paulus die Ausnahmestellung, dass er der einzige ist, den Paulus an eine Gemeinde schreibt, die er nicht persönlich kennt und der er erst einen zukünftigen Besuch ankündigt. In Kapitel 16 lässt er aber an über dreißig Leute Grüße ausrichten, die er alle schon gekannt haben muss. Das heißt, irgendwo auf seinen Reisen und Diensten zwischen Jerusalem und Illyrien sind sie irgendwann einmal mit ihm zusammengewesen.

Das ist ein eindrückliches Beispiel für die damalige Mobilität (zumindest der städtischen Bevölkerung) im römischen Reich. Und es ist auch ein Beispiel für die internationale Zusammensetzung der christlichen Gemeinde aus verschiedenen Volksgruppen.

Das bekannteste Beispiel dafür sind Aquila und Priscilla: Sie waren als Juden aus Rom vertrieben worden, sind mit Paulus in Korinth zusammengekommen, dann mit ihm nach Ephesus gereist und eine Weile dort geblieben und werden nun in Rom wieder von ihm gegrüßt, wohin sie zurückgekehrt sind, womöglich um den Besuch von Paulus dort mit vorzubereiten.

Die Verbindung zu Markus

Durch ein altes Buch von Theodor Zahn bin ich noch auf eine Verbindung gestoßen, die mir bis dahin nicht aufgefallen war. In Markus 15,21 lesen wir: „Einen der vorbeiging, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater von Alexandros und Rufus, zwangen sie, seinen Kreuzesbalken zu tragen.“ Allein Markus hat an dieser Stelle Simons Söhne erwähnt, Alexandros und Rufus. Deren Erwähnung ist aber nur sinnvoll, wenn Leser des Evangeliums mit der Nennung der Beiden etwas anfangen können.

Wenn man nun bedenkt, dass Markus seinen Bericht über Jesus infolge seiner Tätigkeit als Übersetzer von Petrus in Rom geschrieben hat, dann passt es zusammen mit Röm. 16,13: „Grüßt Rufus, den Auserwählten im Herrn, und seine Mutter – und meine!“ Wenn Rufus in Rom war, dann ist es kein Wunder, wenn Markus ihn im Evangelium erwähnt. Dann war er dort bekannt.

Markus und Rufus in Jerusalem

Aber Markus kannte ihn schon vorher. Man beachte auch hier die Mobilität: Simon stammte von Kyrene, das liegt in Nordafrika westlich von Ägypten. Zur Zeit von Jesus war er mit seiner Familie in Jerusalem ansässig. Hier zwangen ihn die römischen Soldaten bei einem Gang aufs Feld, den Kreuzesbalken von Jesus zu tragen. Wenn Simon und seine Familie damals schon gläubig waren oder es wurden, waren sie in der Jerusalemer Gemeinde. Und zu der gehörte auch Johannes Markus.

Wo und wann Rufus und seine Mutter dann mit Paulus zusammen waren, wissen wir nicht. Aber es muss intensiv gewesen sein, wenn Paulus sie auch als seine Mutter bezeichnet. Dann ist Markus in Rom wieder mit Rufus zusammengekommen, und auch Paulus lässt ihn dort grüßen mit seiner Mutter. Diese war inzwischen wohl verwitwet, da man von ihrem Mann Simon nichts mehr hört.

Soweit die kleinen Einblicke in die Geschichte von unserem Bruder Rufus. In der Ewigkeit wird er uns sicherlich mehr darüber erzählen können …

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