Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Schlagwort: Paulus (Seite 2 von 3)

Titus 2: ältere und jüngere Frauen

Titus 2: ältere und jüngere Frauen – die Bedeutung der richtigen Satztrennung und Zeichensetzung hat an dieser Stelle gravierende Folgen. Die Idee dazu habe ich durch einen Vortrag bei einer Tagung der Studiengemeinschaft Wort und Wissen bekommen. Tit 2,1-5 ist der Satz, um den es sich handelt. Hier schreibt Paulus an Titus, wie er mit älteren Männern, älteren Frauen und jüngeren Frauen jeweils umgehen soll.

Ich zitiere den Satz zunächst einmal, wie er in der Elberfelder Bibel steht:

„Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt:

dass die alten Männer nüchtern seien, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren;

ebenso die alten Frauen in der Haltung, wie es der Heiligkeit geziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig (zu sein), den eigenen Männern sich unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“

Mit anderer Satztrennung und Zeichensetzung übersetze ich diese Verse so:

„Du aber musst sagen, was der heilsamen Lehre angemessen ist:

Ältere Männer sollen einen klaren Kopf behalten, ernsthaft sein, klar denkend, gesund im Glauben, in der Liebe und in der Ausdauer.

Ältere Frauen sollen genauso in der Haltung priesterlich sein, nicht gehässig, nicht an viel Wein versklavt, und Gutes lehren, um klares Denken zu vermitteln.

Die jungen Frauen sollen Freunde ihrer Männer sein, Freunde der Kinder, klar denken, rein (sein), sich gut um das ganze Haus kümmern und sich ihren Männern unterordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert wird.“

Dafür, dass ich die zweite Version richtig finde gegenüber der ersten (traditionellen), nenne ich zwei Gründe. Zum einen spricht Paulus hier die jüngeren Frauen als eine eigene Gruppe an. Genauso spricht er ja die älteren Frauen, die älteren Männer und im darauf folgenden Satz auch die jüngeren Männer an. Zum anderen beschränkt er die älteren Frauen nicht auf das Lehren der jüngeren Frauen. Sie sollen vielmehr allgemein Gutes lehren, um klares Denken zu vermitteln.

Ich denke, dass wir auch hier – Titus 2: ältere und jüngere Frauen – wieder eine Textstelle berichtigen konnten, die man gerne zur Zurücksetzung der Frauen benutzt hat. Also, ihr älteren Frauen und ihr jüngeren Frauen, ihr seid genauso angesprochen und wichtig wie die Männer in der Gemeinde. Im Messias gibt es ja, wie Paulus sagt, nicht mehr „Mann“ oder „Frau“, sie sind alle eins in ihm … (Gal 3,26).

Gefangenschaftsbriefe

Gefangenschaftsbriefe sind die Briefe an die Epheser, Philipper, Kolosser, der zweite an Timotheus und der an Philemon. In ihnen allen bezeichnet sich Paulus als Gefangenen. Von irgendwann her hatte ich früher in Erinnerung, dass Paulus am Ende der Apostelgeschichte zwei Jahre in Rom gefangen war, und dass er dort wohl auch die Gefangenschaftsbriefe geschrieben habe.

Eine echte Überraschung war es für mich, als ich dann das Buch von John A. T. Robinson las: „Wann entstand das Neue Testament?“. Dort argumentiert Robinson dafür, dass Paulus zuvor ja auch zwei Jahre in Cäsarea gefangen war und es sehr viel besser passt, wenn er die Gefangenschaftsbriefe dort geschrieben hat. Und die Darstellung von Robinson hat mich sehr überzeugt. Der Ablauf der Ereignisse war dann so:

Ende Mai des Jahres 57 wurde Paulus in Jerusalem verhaftet und kurz danach in die Haft des römischen Regenten Felix nach Cäsarea am Meer überstellt. Im Frühjahr 58 schrieb er dort den Philipperbrief und schickte ihn durch Epaphroditos nach Philippi. Im Sommer 58 schickte er Timotheos nach Philippi und Markus nach Kolossä. In Cäsarea schrieb er inzwischen die Briefe an die Kolosser und an Philemon. Er verfasste im Spätsommer 58 dazu noch den Epheserbrief. Dieser war nicht speziell an die Gemeinde in Ephesus gerichtet. Er war vielmehr eine Art Rundschreiben an die Gemeinden in der Provinz Asia, deren Hauptstadt Ephesus war. In einigen alten Handschriften fehlt bei der Adresse sogar die Bezeichnung „in Ephesus“. Nach Fertigstellung des Briefs schickte er ihn zusammen mit dem Kolosser- und dem Philemonbrief durch Tychikus an ihre Adressaten. Im Herbst 58 folgte dann noch der zweite Timotheusbrief, der an Timotheus nach Philippi ging.

Damit hat Paulus dieses Jahr 58, in dem er von Felix im Gefängnis in Cäsarea hingehalten wurde, sinnvoll ausgenutzt. Nachdem er für seinen zukünftigen Dienst Rom und davon ausgehend Spanien im Blick hatte, ist es ja naheliegend, dass er in seinem bisherigen Missionsgebiet jetzt noch einmal einige Dinge ordnete und klarstellte.

Eine geistlich interessante Formulierung ist die, dass Paulus sich hierbei an mehreren Stellen als „Gefangener des Messias Jesus“ bezeichnet. Juristisch wäre „Gefangener des Regenten Felix“ richtig gewesen. Aber Paulus wusste, dass ihn ohne den Willen seines Herrn Jesus kein Mensch gefangen nehmen oder festhalten konnte. Und so ist die einzig logische Erklärung, dass Jesus selbst diese Gefangenschaft für gut und richtig hielt. Und so war Paulus ein Gefangener des Herrn.

Ich denke, das kann man auf manche Lebenssituationen übertragen, in denen uns menschlich etwas nicht passen mag, wir aber nicht herauskönnen. Es war ja auch Paulus, der das Wort geschrieben hat – Röm 8,28: „Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben, alles zum Guten zusammenwirkt …“. Und so sieht man im Neuen Testament nichts, was einem Christen passiert, als „Unglück“ an, sondern vielmehr als Bewährungsprobe. Und bewährte Christen, die will Gott ja haben in seinem Reich.

Geistliche

Geistliche – beschäftigen wir uns einmal mit der Frage, was eigentlich „Geistliche“ sind. Im üblichen Sprachgebrauch ist das schon lange ein Terminus für die ordinierten bzw. geweihten Amtspersonen der Kirchen. In heutiger Zeit ist der Begriff sogar noch weitergewandert. Man kann in den Medien auch immer wieder von jüdischen oder islamischen „Geistlichen“ hören oder lesen.

Jesus hat diese Art von Geistlichen unter seinen Jüngern eindeutig verboten (Mt 23,8-12). Daher kommen sie in der Gemeinde des Neuen Testaments natürlich auch nirgends vor. In der gemeinschaftlichen Struktur des Zusammenlebens wären sie sowieso völlig fehl am Platz. Hier geht es ja um das geistliche Erwachsenwerden aller Christen.

Der Ausdruck „Geistliche“ an sich wird aber von Paulus in zwei seiner Schriften verwendet. Auf Griechisch heißen sie „pneumatikói“. Das kommt von „pneuma“ (Geist). In meiner Übersetzung schreibe ich dafür zum besseren Verständnis nicht „Geistliche“, sondern „geistliche Menschen“:

1 Kor 2,12-3,1: „Und wir haben nicht den Geist der Welt bekommen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen sollen, was uns von Gott geschenkt ist. Wir sprechen darüber, aber nicht mit Worten, die von menschlicher Weisheit gelehrt sind. (Wir sprechen) vielmehr mit (Worten), die vom Geist gelehrt sind, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Ein seelischer Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes nicht an. Sie sind ja ‚dummes Zeug‘ für ihn, er kann sie nicht verstehen, weil man sie nur geistlich ergründen kann. Der geistliche Mensch ergründet sie alle, ihn selbst kann aber niemand ergründen. ‚Wer hat denn den Verstand des Herrn nachgeprüft und sollte ihm Rat erteilen?‘ Wir aber haben die Denkweise des Messias. Und ich, Geschwister, konnte nicht mit euch sprechen wie mit geistlichen Menschen, sondern (musste sprechen) wie mit menschlich denkenden, wie mit kleinen Kindern im Messias.“

1 Kor 14,37: „Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder ein geistlicher Mensch, dann soll er klar erkennen, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist.“

Gal 6,1: „Wenn ein Mensch mit irgendeinem Fehltritt überrascht wird, Geschwister, dann müsst ihr, die geistlichen Menschen, denjenigen wiederherstellen mit sanftem Geist! Und achte auf dich selbst, dass auch du nicht versucht wirst!“

Der Unterschied zwischen den Geistlichen des Neuen Testaments und den „Geistlichen“ der Welt dürfte durch diese Aussagen deutlich geworden sein.

Und wenn wir geistliche Christen sind oder werden, dann können wir auf die anderen „Geistlichen“ gut verzichten …

Die Frucht des Geistes

Die Frucht des Geistes beschreibt Paulus in Gal 5,22-23. Ich zitiere den Satz zunächst einmal aus der Lutherübersetzung. Ich lasse aber die Satzzeichen weg, die es ursprünglich nicht gab: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe Freude Friede Geduld Freundlichkeit Güte Treue Sanftmut Keuschheit“.

Aufgrund dieser Stelle hat es schon mancherlei Lehren über die neun Früchte des Geistes gegeben. Mit einer alternativen Zeichensetzung gibt es aber eine andere und stimmigere Sichtweise dieses Satzes. Ausgangspunkt dazu ist die Tatsache, dass im Griechischen nicht von „Früchten“ in der Mehrzahl, sondern von „Frucht“ in der Einzahl die Rede ist. Es geht um eine Frucht, nicht um mehrere. Der Satz heißt dann am Anfang zunächst: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe“. Das passt schon gleich zum neuen Gebot, dem Liebesgebot, von Jesus (Joh 13,34). Und es passt zur Aussage von Paulus, dass die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist durch heiligen Geist (Röm 5,5).

Was ist dann der Rest der Aufzählung? Das können nur verschiedene Ausgestaltungen dieser einen Frucht „Liebe“ sein. Der Vers aus der Lutherübersetzung heißt mit entsprechenden Satzzeichen dann so: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.“ Das alles gehört zur Liebe. Es geht also nicht um neun Früchte des Geistes, sondern um Liebe als Frucht des Geistes in acht Konkretionen.

Die letzte dieser acht Ausgestaltungen der Liebe, die Luther mit „Keuschheit“ wiedergegeben hat, war mancherlei Übersetzungsversuchen ausgesetzt. Man liest da in den Bibelversionen auch „Enthaltsamkeit“, „Besonnenheit“ oder vielleicht sogar „Disziplin“. Das griechische Wort, das hier steht, ist „enkráteia“. Dieses meint in seiner Grundbedeutung etwas wie „sich zusammennehmen“.

Es gibt eine aufschlussreiche Parallelstelle, in der Paulus dieses Wort in Verbform benutzt hat. Von ihr her bin ich auf einen anderen Begriff gekommen, den ich nun benutze – 1 Kor 9,25: „Jeder, der kämpft, verzichtet aber auf alles; jene, damit sie dann einen vergänglichen Siegeskranz bekommen, wir aber einen unvergänglichen.“

Dieses Enthalten von unnötigen Dingen nennen wir im Deutschen doch wohl am ehesten „Verzicht“. Der Satz im Galaterbrief heißt dann in meiner Übersetzung: „Die Frucht des Geistes ist aber Liebe: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftheit, Verzicht.“

Mit diesen Konkretionen der Liebe darf man sich gerne auch prüfen, wie es bei einem selbst damit steht. Und wenn der Satan wieder einmal etwas anbietet, um uns vom Wesentlichen abzulenken oder zu verführen, dann gibt es eine wunderbare Möglichkeit, darauf zu reagieren: Wir verzichten einfach.

Das Thema „Verzicht“ taucht auch an einer eher unerwarteten Stelle auf, nämlich in einer evangelistischen Verkündigung – Apg 24,24-25: „Nach einigen Tagen kam Felix mit Drusilla, seiner Frau, die Jüdin war, ließ Paulus holen und hörte ihn an über den Glauben an den Messias Jesus. Als (Paulus) aber über Gerechtigkeit, Verzicht und das kommende Gericht sprach, wurde Felix voller Furcht und antwortete: ‚Für jetzt geh! Wenn ich eine Gelegenheit bekomme, will ich dich zu mir rufen lassen‘.“

Felix, ein heidnischer Römer, hört Paulus an, der über den Glauben an Jesus den Messias spricht. In diesem Zusammenhang thematisiert Paulus dann auch die Themen „Gerechtigkeit“, „Verzicht“ und „das kommende Gericht“. Das ist für unsere modernen Ohren durchaus ungewohnt in einer evangelistischen Verkündigung. Aber Paulus war offensichtlich darauf aus, einem Interessierten das ganze Christenleben mit all seinen Aspekten zu erklären. Der sollte ja schließlich wissen, was auf ihn zu käme, wenn er Christ würde. Und unter anderem erklärte Paulus ihm, dass er in diesem Fall sicherlich auf einiges würde verzichten müssen …

Gerettet sein – gerettet werden

Bei der Frage nach „gerettet sein“ und „gerettet werden“ schauen wir auf den Gebrauch des griechischen Wortes für „retten“, „soozein“. Der Sprachgebrauch im Neuen Testament benutzt es in dreifacher Weise.

Zum einen in der Bedeutung, in der man es auch im Alltag normalerweise gebraucht, nämlich bei der Rettung aus Lebensgefahr. Ich nenne zwei zufällig ausgewählte Beispiele:

Als Petrus im See versank – Mt 14,30: „Als er aber den gewaltigen Wind sah, bekam er Angst. Er fing an zu versinken und rief laut: ‚Herr, rette mich!'“

Das Schiff mit dem Gefangenen Paulus im Sturm – Apg 27,20: „Nachdem über mehrere Tage aber weder Sonne noch Sterne erschienen (ohne Sonne und Sterne waren sie orientierungslos) und wir vom Wintersturm nicht wenig bedrängt waren, wurde im Weiteren jede Hoffnung ganz genommen, dass wir gerettet werden könnten.“

Zum anderen bei „Rettung“ aus schwerer Krankheit. Da wir hier im Deutschen normalerweise nicht „retten“ sagen, habe ich es an diesen Stellen mit „gesund machen“ übersetzt. Zu einigen Geheilten sagte Jesus: „Dein Glaube hat dich gesund gemacht (gerettet).“

Drittens bezeichnet das Wort natürlich sehr oft die Rettung aus Sünde und Verlorenheit durch den Glauben an Jesus. Ich nenne zwei Beispiele, in denen es heißt, dass wir in diesem Zustand „gerettet“ sind:

Eph 2,8-9: „Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Geschenk ist es, nicht aus Werken, damit ja niemand stolz sein soll!“

Kol 1,13-14: „Er hat uns aus der Macht der Finsternis gerettet und in das Königreich seines geliebten Sohnes versetzt, in dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.“

Allerdings spricht das Neue Testament sehr viel häufiger von „gerettet werden“. Paulus spricht sogar im aktuellen Zustand der Gläubigen als von denen, die „gerettet werden“. 1 Kor 1,18: „Das Wort vom Kreuzestod ist ja für die, die verloren gehen, zwar ‚dummes Zeug‘, für die, die gerettet werden, für uns, ist es aber Gottes Kraft.“ So sagt er es auch in der Diskussion um die Notwendigkeit der Beschneidung. Apg 15,11: „Wir glauben vielmehr, dass wir durch die Gnade des Herrn, Jesus, gerettet werden, genau wie auch sie!“

Dazu passen die Aussagen über ein zukünftiges Gerettetwerden am Ende. In Röm 5,9-10 macht Paulus einen Unterschied zwischen einem früheren und einem späteren Geschehen. „Um wie viel mehr werden wir, die wir jetzt gerecht geworden sind durch sein Blut, durch ihn (dann auch) gerettet werden vor dem Zorn. Wenn wir nämlich, als wir (noch seine) Feinde waren, versöhnt worden sind mit Gott durch den Tod seines Sohnes, um wie viel mehr werden wir als Versöhnte gerettet werden infolge seines Lebens.“

Jesus selbst hat von der Rettung am Ende gesprochen. Mt 10,22: „Wer aber durchhält bis zum Ende, der wird gerettet werden.“ Diese Aussage ist mehrfach in den Evangelien zu finden. Auch von einer Gefährdung dieser Rettung am Ende hat er gesprochen. Mt 24,22: „Und wenn jene Tage nicht verkürzt worden wären, würde kein Mensch gerettet. Wegen der Auserwählten werden jene Tage aber verkürzt sein.“

Die letzte Rettung geschieht also erst am Ende mit der Entrückung bzw. der Auferstehung der Gläubigen. Vollendet ist sie, wenn wir im Himmel in der unzählbaren Menge vor dem Thron stehen und die Hochzeit des Lammes stattfindet. Bis dahin müssen wir im Glaubensgehorsam durchhalten. Und deshalb gibt es im Neuen Testament ja auch die Lehre vom „Durchhalten“:

Lk 21,19: „Mit eurem Durchhalten werdet ihr euer Leben erwerben.“

Jak 5,10-11: „Nehmt als Vorbild für Leidensbereitschaft und Geduld, Geschwister, die Propheten, die im Namen des Herrn gesprochen haben. Seht, wir gratulieren denen, die durchgehalten haben! Ihr habt von Hiobs Durchhalten gehört und das Ende vom Herrn her gesehen.“

Röm 2,7: „Den einen, die mit Durchhalten im Tun des Guten nach Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit streben, (vergilt er es) mit ewigem Leben.“

2 Tim 2,12: „Wenn wir durchhalten, werden wir auch mit regieren.“

Offb 1,9: „Ich, Johannes, euer Bruder, der ich mit euch teilhabe an der Bedrängnis, am Königreich und am Durchhalten in Jesus, war auf der Insel Patmos wegen des Wortes Gottes und der Zeugenaussage über Jesus.“

Offb 3,10: „Weil du mein Wort vom Durchhalten bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Prüfung, die über die ganze Welt kommen soll, um alle Bewohner der Erde zu prüfen.“

Gerettet durch Kindergebären?

Auf den Gedanken, eine eigene Übersetzung des Neuen Testaments zu machen, bin ich ursprünglich gekommen, weil ich mit den bestehenden Übersetzungen im Vergleich zum griechischen Urtext nicht zufrieden war. So auch in 1 Tim 2,8-15, einem Abschnitt, der das beispielhaft zeigt. Im schlimsten Fall sagt er, Frauen würden gerettet durch Kindergebären.

Man lese ihn einmal in einer üblichen Bibel durch, egal ob Luther, Elberfelder oder Neue-Welt-Übersetzung, er bleibt überall teilweise rätselhaft. Er wird dort zwar wörtlich übersetzt, aber ohne alternative Wortbedeutungen zu berücksichtigen, die im Zusammenhang der neutestamentlichen Botschaft wichtig wären.

Wichtiger Grundsatz: Die Schrift legt die Schrift aus. Die entscheidende Hilfe, den Text besser zu verstehen, war mir das Buch von Thomas Schirrmacher: „Paulus im Kampf gegen den Schleier“. Ich zitiere im Folgenden meine eigene Übersetzung und erläutere anschließend ein paar Punkte dazu:

8 „Ich will nun, dass die Männer beten an jedem Ort

und Hände erheben ohne Zorn und Zweifel,

9 dass genauso auch Frauen (beten) in ordentlicher Haltung,

dass sie sich mit Achtung und klarem Denken schmücken,

nicht mit künstlerischen Frisuren, Gold, Perlen oder kostbarer Kleidung,

10 sondern durch gute Taten –

wie es sich für Frauen gehört, die versprochen haben Gott zu ehren.

11 Eine Frau soll in Zufriedenheit lernen mit aller Unterordnung.

12 Einer Frau erlaube ich nicht zu lehren, wenn sie sich über jemanden stellt,

sie soll sich vielmehr zufrieden sein.

13 Adam wurde nämlich als Erster geformt, danach Eva.

14 Und Adam wurde nicht getäuscht,

die Frau ließ sich aber etwas vortäuschen und geriet in Übertretung.

15 Gerettet soll sie werden durch die Geburt eines Kindes (des Retters) –

wenn sie im Glauben bleibt, in der Liebe und in der Heiligung

mit klarem Denken.“

Und hier meine „Abweichungen“ gegenüber anderen Übersetzungen:

1) In Vers 9 fehlt im Griechischen in der ersten Zeile ein Zeitwort (Verbum), so dass sich das „genauso“ und die „ordentliche Haltung“ auf etwas in Vers 8 beziehen müssen, und da bleibt nur das „beten“. Paulus sagt also: Ich will, dass die Männer beten und dass genauso auch Frauen beten. Und wenn die Männer hörbar beten, dann natürlich auch die Frauen. In der nächsten Zeile geht er von der Aussage über das Beten dann weiter zu Detailaussagen über die genannte „ordentliche Haltung“ der Frauen.

2) Dass nach dem Willen des Paulus Frauen, die beten, nicht gleichzeitig „still“ sein können, dürfte einleuchten. Die „Stille“, in der Frauen in Vers 11 und 12 sein sollen, wird verständlich, wenn man sie mit einer anderen Bedeutung des Wortes als „innere Stille“, nämlich als „Zufriedenheit“ versteht und übersetzt.

3) In Vers 12 kann man einen guten Teil der „Mann-Frau-Problematik“ entschärfen, wenn man das griechische Wort „anér“ nicht mit „Mann“ übersetzt, wie es üblicherweise geschieht, sondern mit einer anderen Bedeutung des Wortes als „jemand“, was genausogut möglich ist. (Siehe dazu „Langenscheidts Großwörterbuch Griechisch Deutsch“ von Hermann Menge.)

4) Dazu erhebt sich in Vers 12 die Frage, ob Paulus hier zwei Verbote oder nur ein Verbot ausspricht. Entweder soll sie a) nicht lehren und b) sich nicht über jemanden stellen, oder sie soll (als ein Gebot) sich nicht über jemanden stellen und so auch noch lehren. Da lehrende Frauen im Neuen Testament anderweitig vorkommen, kann hier nur die zweite Möglichkeit gemeint sein: sich nicht über andere zu stellen und so auch zu lehren. Und so verlangt Paulus hier von den Frauen etwas, das allgemein für alle gilt: sich nicht über Geschwister zu erheben.

5) Vermutlich hat Paulus hier eine gewisse Art frommer Frauen im Blick, die in einer speziellen Gefahr stehen. Nachdem sie durch Jesus aus ihrer sklavenartigen Stellung in der Antike befreit sind zur Gleichwertigkeit der Söhne und Töchter Gottes, fallen sie sozusagen auf der anderen Seite vom Pferd, bilden sich etwas ein und überheben sich.

Diese Art der Überheblichkeit könnte auch mit der religiösen Richtung der sogenannten „Gnosis“, d.h. „Erkenntnis“ zusammenhängen, in der es wichtig war, wie z.B. auch im Hinduismus oder in der Anthroposophie, dass der Mensch seine eigene „Göttlichkeit“ „erkennt“. Für „göttliche“ Frauen, die aus dieser Richtung kamen, war dann wohl auch Sexualität etwas „Schmutziges“ und Kindergebären etwas „Grässliches“.

Gerettet durch Kindergebären, das ist neutestamentlich gesehen natürlich Unsinn. Paulus schreibt hier wörtlich, dass sie durch die „Geburt eines Kindes“ gerettet werden. Und da kann ja nur eine gemeint sein, die von Jesus, dem Retter. Also durch so etwas „Grässliches“ ist die Rettung gekommen, darunter müssen sich auch diese frommen Frauen beugen. Die nächste Zeile sagt dann auch, wodurch sie wirklich gerettet werden: durch das Bleiben im Glauben, in der Liebe und in der Heiligung mit klarem Denken.

Nebenbei bemerkt, bekräftigt dieser Text hier auch die Realität der natürlichen Geburt von Jesus und widerlegt die in katholischen Kreisen weit verbreitete Legende, Jesus sei durch einen übernatürlichen Vorgang aus Marias Bauch gekommen und sie sei in Ewigkeit Jungfrau geblieben.

Bei genauem Hinsehen sehen wir in diesem Abschnitt also wieder ganz „normale“ neutestamentliche Themen. Beten, Zufriedenheit, Ordentlichkeit, gute Taten, sich nicht überheben, sich nicht verführen lassen, Glaube, Liebe, Heiligung und klares Denken. In einer spezifischen Situation betreffen sie gewisse Frauen in der Gemeinde, die eigens damit angesprochen werden.

Und so ist dieser Abschnitt aus seiner Seltsamkeit befreit. Er passt in den neutestamentlichen Zusammenhang und ist in diesem Sinne nun auch richtig übersetzt.

Verschleierung der Frauen?

Verschleierung der Frauen, diese Forderung in 1 Kor 11 hat schon viel Unruhe gestiftet und Not bereitet. Im griechischen Text ist es mehr als die Forderung nach einem Kopftuch als Kopfbedeckung. Da wird eine Verhüllung (peribállaion / Umhüllung) verlangt, wie etwa heute noch in konservativen bis extremen islamischen Kreisen. Das Problem löst sich aber, wenn man erkennt, dass es sich bei dieser Forderung um eine unrichtige Meinung aus Kreisen der Korinther Gemeinde handelt.

Neben einer liberalen Richtung gab es in Korinth auf der anderen Seite des Spektrums auch eine gesetzliche Richtung. Diese kam vom jüdischen Hintergrund her und forderte die Verschleierung der Frauen in der Gemeinde, teilweise auch ihr komplettes Schweigen. Auch mit dieser Richtung setzte sich Paulus intensiv auseinander. Das Buch von Thomas Schirrmacher „Paulus im Kampf gegen den Schleier“ hat diesen Sachverhalt sehr überzeugend aufgedeckt und dargestellt. Die Sichtweise dieser jüdischen Richtung kommt in zwei Texten zum Ausdruck, in 1 Kor 11 und 1 Kor 14, wo Paulus sie erst zitiert und anschließend widerlegt. Ich habe die Abschnitte wie folgt übersetzt und aufbereitet (mit Erklärungen in Klammern zum besseren Verständnis):

1 Kor 11,3-16 – die Verschleierung der Frauen:

„Ich will aber, dass ihr wisst: (Einige bei euch vertreten folgende Lehre:) „Das Haupt jedes Mannes ist der Messias, Haupt einer Frau der Mann, Haupt des Messias Gott. Jeder Mann, der betet oder prophetisch spricht und etwas auf dem Kopf hat, beschämt seinen Kopf. Jede Frau, die betet oder prophetisch spricht mit unverhülltem Kopf, beschämt ihren Kopf. Es ist ein und dasselbe (wie) bei einer, (der der Kopf) rasiert wurde. Wenn eine Frau sich nicht verhüllt, soll sie auch geschoren werden! Wenn es für eine Frau aber schändlich ist, geschoren oder rasiert zu werden, soll sie sich verhüllen! Ein Mann muss sich freilich nicht den Kopf verhüllen, denn er ist Bild und Herrlichkeit Gottes, die Frau ist Herrlichkeit eines Mannes. Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann, und der Mann wurde ja nicht wegen der Frau geschaffen, sondern die Frau wegen des Mannes.

(Dazu sage ich:) Deswegen muss die Frau Macht über ihren Kopf haben: wegen der Engel! Abgesehen davon gibt es beim Herrn keine Frau ohne einen Mann und keinen Mann ohne eine Frau, denn wie die Frau aus dem Mann (gekommen) ist, so (kommt) auch der Mann durch die Frau, und das alles von Gott. Urteilt bei euch selbst: Es ist angemessen, dass eine Frau unverhüllt zu Gott betet! Selbst die Natur lehrt euch nicht, dass es für einen Mann, wenn er sich die Haare wachsen lässt, eine Entehrung ist, für eine Frau aber, wenn sie sich die Haare wachsen lässt, eine Ehre ist. Die Haare sind doch (allen von Gott) als Kleidung gegeben. Wenn aber jemand meint, streitlustig sein zu müssen: Wir haben einen solchen Brauch (einer Verschleierung) nicht, auch die Gemeinden Gottes nicht!“

(Anmerkung zu den Engeln in Vers 10: Laut 1 Kor 6,3 wird die Frau mit über Engel richten. Dann wird sie ja wohl auch über ihren eigenen Kopf bestimmen dürfen!)

Dafür, dass die Verse 3-9 eine Meinung aus Korinth darstellen, sprechen im Wesentlichen drei Argumente. 1) Der Abschnitt steht inhaltlich im Gegensatz zu den Versen 10-16. Paulus würde sich selbst widersprechen. 2) Die Aussage des Abschnitts findet sich in keiner anderen damaligen christlichen Schrift, wohl aber bei jüdischen Theologen. 3) Sie widerspricht generell der neutestamentlichen Sicht der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Frauen in der Gemeinde. Siehe dazu die ausführliche Argumentation im oben genannten Buch von Schirrmacher.

1 Kor. 14,34-36 – das Schweigen der Frauen:

„(Einige bei euch sagen auch:) Die Frauen sollen schweigen in den Gemeinden, es ist ihnen nicht erlaubt zu sprechen. Sie sollen sich vielmehr unterordnen, wie auch das Gesetz es sagt. Wenn sie etwas lernen wollen, sollen sie zu Hause ihre Männer fragen. Es ist doch schändlich, wenn eine Frau in der Gemeinde spricht.

(Ich sage dazu Nein:) Ist denn das Wort Gottes von euch ausgegangen? Ist es denn allein zu euch gekommen? Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, dann soll er klar erkennen, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. Wenn jemand es aber nicht erkennt, soll man (auch) ihn nicht kennen!“

Anmerkung dazu: Das Gesetz im Sinne des Alten Testaments sagt zum Schweigen der Frauen überhaupt nichts. Aber einige jüdische Theologen aus der damaligen Zeit fordern es. Auch das spricht dafür, dass Paulus hier noch einmal eine Meinung aus Korinth zitiert.

Für manche Leser mag diese Sicht neu sein, wie sie für mich neu war, als ich Schirrmachers Buch zum erstenmal las. Aber sie war sehr befreiend. Mir ist bewusst, dass diese Darstellung in anderen Bibelübersetzungen nicht zum Tragen kommt. Für viele Leser ist sie neu, vielleicht auch wieder etwas verwirrend. Aber ich gebe zu bedenken, dass ohne das Verständnis von 1 Kor 11 und 14 als Zitate aus Korinth mit Antworten von Paulus im Prinzip nur zwei Möglichkeiten bleiben:

1) Wir müssen entweder klare Anweisungen von Paulus ganz einfach befolgen und folglich die Frauen in der Gemeinde verschleiern und zum Schweigen bringen.

2) Oder wir müssen klare Anweisungen von Paulus missachten und in diesen Dingen einfach tun, was uns gefällt.

Keine der beiden Möglichkeiten erscheint annehmbar, die zweite wäre geistlich gesehen noch gefährlicher. Denn wo fängt es an, dass wir von Lehre und Praxis der neutestamentlichen Gemeinde abweichen, weil uns irgendetwas daran nicht passt?

Soweit ich sehe, ist das Verständnis als Zitate die einzige Möglichkeit, die Texte an sich vollkommen ernst zu nehmen. Denn das Verschleiern oder gar Schweigen der Frauen ist angesichts ihrer Mit-Sohnschaft und ihrer Mit-Brüderlichkeit im Neuen Testament generell nicht denkbar.

Zitate im griechischen Text

Zitate im griechischen Text des Neuen Testaments sind oft nicht einfach zu erkennen. Das hängt mit der damaligen Kunst des Schreibens und Lesens zusammen. Die antike Schreibkunst hatte das Kulturgut der Satzzeichen noch nicht erfunden. Es gab also auch keine Doppelpunkte und Anführungszeichen, um Zitate kenntlich zu machen. Es blieb dann der Kunst des Lesers überlassen, ein Zitat im Text zu erkennen.

Einfach ist es, wenn Zitate im griechischen Text angekündigt werden. Z. B. in 1 Kor 1,19 (ohne Satzzeichen): „Es steht doch geschrieben Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Einsicht der Einsichtigen verschwinden lassen.“ Einfacher ist es dann aber doch mit den Lesehilfen: „Es steht doch geschrieben: ‚Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Einsicht der Einsichtigen verschwinden lassen.’“ (Jes 29,14)

Schwieriger wird es in einem Fall wie 1 Kor 5,13 (ohne Satzzeichen): „Über die draußen spricht Gott das Urteil Ihr aber müsst den Bösen entfernen aus eurer Mitte“. Dass hier ein Zitat drinsteckt, sieht nur der, der es aus dem Alten Testament kennt. Leichter hat man es, wenn man es so lesen kann: „Über die draußen spricht Gott das Urteil. Ihr aber müsst ‚den Bösen entfernen aus eurer Mitte!'“ (5 Mo 17,7). Und mit dabei auch noch die Quellenangabe, wo es steht.

Der erste Korintherbrief ist durch eine sehr intensive Auseinandersetzung mit Vorgängen in der dortigen Gemeinde gekennzeichnet. Paulus zitiert auch Meinungen aus der Gemeinde, mit denen er sich in seinem Brief auseinandersetzt. Diese sollte man dann aber auch als andere Meinung erkennen und nicht als Aussage von Paulus missverstehen. Das ist wichtig für das Verständnis des Briefs.

Als Beispiel nehme ich einmal 1 Kor 6,12-13 (zunächst ohne Satzzeichen): „Alles ist mir erlaubt Aber nicht alles ist gut Alles ist mir erlaubt Aber nichts soll Macht über mich haben Die Speise für den Bauch und der Bauch für die Speisen Gott wird diese und jenen aber zunichte machen Der Leib ist aber nicht für die Unzucht da sondern für den Herrn und der Herr ist auch für den Leib da“.

Mit erkannten Zitaten, Satzzeichen und Erklärungshilfen in Klammern heißt es dann in meiner Übersetzung: (Wenn einige bei euch sagen:) „Alles ist mir erlaubt!“ (dann sage ich dazu:) Aber nicht alles ist gut. (Wenn sie sagen:) „Alles ist mir erlaubt!“ (dann sage ich:) Aber nichts soll Macht über mich haben. (Wenn sie sagen:) „Die Speise für den Bauch, und der Bauch für die Speisen!“ (sage ich dazu:) Gott wird diese (Speisen) und jenen (Bauch) aber zunichte machen. Der Leib ist aber nicht für die Unzucht da, sondern für den Herrn – und der Herr ist auch für den Leib da!

Ich denke, so wird es deutlich, welche Auseinandersetzung Paulus an dieser Stelle führt. Er argumentiert mit einer liberalen Fraktion in Korinth, die ihre christliche Freiheit offensichtlich für ungute Dinge in Anspruch nahm. Das Schlagwort dieser Liberalen mit ihrem „Alles ist mir erlaubt!“ haben wir eben kennen gelernt. Dieses Schlagwort zitiert Paulus in 1 Kor 10,23 noch zweimal. Beim leichtfertigen Essen von Götzenopferfleisch werden sicherlich diese Leute angesprochen sein. Es waren wohl auch sie, die kein Problem damit hatten, zu einer Hure zu gehen. Und sie waren offensichtlich auch bereit zu tolerieren, dass einer eine Frau seines Vaters hat.

Wer hat die Briefe geschrieben?

Wer hat die Briefe geschrieben? Auf diese Frage gibt es im Neuen Testament bei genauem Hinsehen differenziertere Antworten. Tertius z. B. hat den Römerbrief aufgeschrieben. Röm 16,22: „Ich grüße euch – ich, Tertius, der den Brief geschrieben hat – im Herrn!“ Ob der moderne Ausdruck „Sekretär“ dafür das Richtige ist, halte ich eher für fraglich.

Ich stelle mir vor, dass Paulus in Korinth einfach diesen Tertius mit in der Gemeinde hatte. Und dieser beherrschte die Kunst des Schreibens. Und so nahm Paulus ihn mit seiner Gabe in Dienst, um ihm seinen Brief nach Rom zu diktieren. Dem Namen nach war Tertius selbst ein Römer. Natürlich konnte Paulus auch selbst schreiben. Aber offensichtlich war es doch einfacher, seine Gedanken diktieren zu können, als sie selbst nebenher (mühsam?) zu Papier zu bringen.

Auch den ersten Petrusbrief hat nicht Petrus selbst geschrieben, sondern Silvanus, und den zweiten Petrusbrief vermutlich Judas.

Wenn wir nun beachten, dass Paulus im ersten Korintherbrief auch Sosthenes, den Bruder, als Mitabsender nennt, wie er auch in andern Briefen Mitabsender angibt, dann ahnen wir vielleicht, das das Abfassen etlicher Schriften im NT viel mehr Teamarbeit war, als wir uns gemeinhin vorstellen.

Einen Sonderfall dazu finden wir im Buch der Offenbarung. Hier werden sieben Briefe an sieben Gemeinden geschrieben. Aber auch hier passt das Schema. Der auferstandene Jesus persönlich ist der Autor der sieben Briefe. Aber er diktiert sie einem Schreiber, in diesem Fall Johannes.

Wer hat die Briefe geschrieben? Es gibt auf diese Frage aber noch eine etwas tiefergehende Antwort. Unter der Inspiration des heiligen Geistes wurden die Briefe diktiert und geschrieben. Und so sind sie zu einem Teil des Wortes Gottes geworden.

Wer ist Rufus?

Wer ist Rufus? Er taucht in der Grußliste des Römerbriefs auf. Der Brief an die Gemeinde in Rom hat unter den Briefen von Paulus die Ausnahmestellung, dass er der einzige ist, den Paulus an eine Gemeinde schreibt, die er nicht persönlich kennt und der er erst einen zukünftigen Besuch ankündigt. In Kapitel 16 lässt er aber an über dreißig Leute Grüße ausrichten, die er alle schon gekannt haben muss. Das heißt, irgendwo auf seinen Reisen und Diensten zwischen Jerusalem und Illyrien sind sie irgendwann einmal mit ihm zusammengewesen.

Das ist ein eindrückliches Beispiel für die damalige Mobilität (zumindest der städtischen Bevölkerung) im römischen Reich. Und es ist auch ein Beispiel für die internationale Zusammensetzung der christlichen Gemeinde aus verschiedenen Volksgruppen.

Das bekannteste Beispiel dafür sind Aquila und Priscilla: Sie waren als Juden aus Rom vertrieben worden, sind mit Paulus in Korinth zusammengekommen, dann mit ihm nach Ephesus gereist und eine Weile dort geblieben und werden nun in Rom wieder von ihm gegrüßt, wohin sie zurückgekehrt sind, womöglich um den Besuch von Paulus dort mit vorzubereiten.

Durch ein altes Buch von Theodor Zahn bin ich noch auf eine Verbindung gestoßen, die mir bis dahin nicht aufgefallen war. In Mk 15,21 lesen wir: „Einen der vorbeiging, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater von Alexandros und Rufus, zwangen sie, seinen Kreuzesbalken zu tragen.“ Allein Markus hat an dieser Stelle Simons Söhne erwähnt, Alexandros und Rufus. Deren Erwähnung ist aber nur sinnvoll, wenn Leser des Evangeliums mit den Namen der beiden etwas anfangen können.

Wenn man nun bedenkt, dass Markus seinen Bericht über Jesus infolge seiner Tätigkeit als Übersetzer von Petrus in Rom geschrieben hat, dann passt es zusammen mit Röm 16,13: „Grüßt Rufus, den Auserwählten im Herrn, und seine Mutter – und meine!“ Wenn Rufus in Rom war, dann ist es kein Wunder, wenn Markus ihn im Evangelium erwähnt. Dann war er dort bekannt.

Aber Markus kannte ihn schon vorher. Man beachte auch hier die Mobilität: Simon stammte von Kyrene, das liegt in Nordafrika westlich von Ägypten. Zur Zeit von Jesus war er aber mit seiner Familie in Jerusalem ansässig. Hier zwangen ihn die römischen Soldaten bei einem Gang aufs Feld, den Kreuzesbalken von Jesus zu tragen. Wenn Simon und seine Familie damals schon gläubig waren oder es wurden, waren sie in der Jerusalemer Gemeinde. Und zu der gehörte auch Johannes Markus.

Wo und wann Rufus und seine Mutter dann mit Paulus zusammen waren, wissen wir nicht. Aber es muss intensiv gewesen sein, wenn sie auch für Paulus wie eine Mutter war. Dann ist Markus in Rom wieder mit Rufus zusammengekommen, und auch Paulus lässt ihn dort grüßen mit seiner Mutter. Diese war inzwischen wohl verwitwet, da man von ihrem Mann Simon nichts mehr hört.

Soweit die Einblicke in die Geschichte von unserem Bruder Rufus. In der Ewigkeit wird er uns sicherlich mehr darüber erzählen können …

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