Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Schlagwort: Babylon

Die Hochzeit des Lammes

Die Hochzeit des Lammes ist das Ereignis, in dem die Geschichte der christlichen Gemeinde ihr Ziel und ihren Höhepunkt hat. Natürlich sind sowohl das „Lamm“ als auch die „Hochzeit“ Bilder der prophetischen Symbolsprache. Dazu kommt noch das Bild der „Braut“ bzw. der „Frau“ des Lammes. Das Lamm ist der auferstandene Jesus, der seine Gemeinde, die Braut, zu sich holt. Und die ewige Vereinigung dieser beiden, Braut und Bräutigam, wird im Bild einer Hochzeit dargestellt.

Der Abschnitt Offb 19,5-10 schildert dieses Ereignis recht kurz und knapp. Davor taucht aber wie in einem Vorspann im Abschnitt der Verse 1-4 erst noch einmal die große Hure Babylon auf. Sie ist ja das Gegenbild zu der reinen Braut.

In beiden Abschnitten hört man das gewaltige Rufen einer großen Menge im Himmel. Diese Menge spricht im zweiten Abschnitt über die Braut, ist also nicht selbst die Braut. Daher liegen wir sicher richtig, wenn wir sie als das himmlische Engelheer betrachten. Dieses haben wir in der Offenbarung ja auch schon anderweitig gehört.

Im ersten Abschnitt preist die himmlische Menge Gott für sein gerechtes Gericht, das er an der Hure Babylon vollzogen hat. Im zweiten Abschnitt preist dieselbe Menge dann Gott dafür, dass jetzt die Hochzeit des Lammes gekommen ist.

Dabei beobachten wir auch hier wieder eine prophetische Unschärfe. Denn in Vers 7-8 erscheint die Gemeinde im Bild der Frau des Lammes. Daneben in Vers 9 erscheint sie aber im Bild der zum Hochzeitsmahl geladenen Gäste. Die Gäste sind also gleichzeitig auch die Braut – zwei prophetische Bilder für dieselbe Sache.

Das Bild vom Mahl hat Jesus auch zu seinen irdischen Zeiten oft für dieses Zukunftsereignis gebraucht. Nachdem er den Glauben des römischen Offiziers gelobt hatte, sagte er – Mt 8,11: „Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und sich zu Tisch legen mit Abraham und Isaak und Jakob im Königreich der Himmel.“ Nebenbei sagt er hier, dass bei diesem Mahl die gesamte Gemeinde der alt- und neutestamentlichen Zeit zusammensein wird.

Jesus hat auch den Vergleich mit einem König gebraucht, der für seinen Sohn die Hochzeit ausrichtet (Mt 22,1-14). Dabei kommt es darauf an, welche Gäste sich zum Hochzeitsmahl einladen lassen und am Ende dabei sind und welche sich nicht einladen lassen und dann nicht dabei sind.

Beim Vergleich mit den zehn Brautjungfern (Mt 25,1-13) geht es ebenfalls darum, wer am Ende dabei ist und wer nicht. Nur sind es in dieser Geschichte aber weder die Braut noch die Gäste, um die es geht, sondern die Brautjungfern. Wir sehen also, in welch verschiedenen Facetten dieses entscheidende Mahl prophetisch dargestellt und beleuchtet wird.

Auch beim letzten Mahl mit seinen Jüngern, bei der Einsetzung des Abendmahls, sprach Jesus davon. Lk 22,18: „Ja, ich sage euch: Ich trinke von jetzt an nicht mehr von der Frucht des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt“. Und Mt 26,19 / Mk 14,25: „Amen, ich sage euch: Ich trinke von jetzt an nicht mehr von dieser Frucht des Weinstocks bis zu jenem Tag, an dem ich von neuem mit euch davon trinke im Reich Gottes, meines Vaters.“

Paulus erklärt dieses Ereignis wiederum ohne ein „Mahl“ oder eine „Hochzeit“ in der bekannten Stelle 1 Thess 4,16-17 einfach als eine „Begegnung“ mit dem Herrn. Und diese hat die Folge, dass „wir“ dann immer mit ihm zusammen sind. „Denn er selbst, der Herr, wird beim Befehl (Gottes), beim lauten Ruf des obersten Engels und beim Hornsignal Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten im Messias werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen in Wolken weggeholt werden in den Luftraum zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir für immer mit dem Herrn zusammen sein.“

Wir sehen auch bei diesem Thema wieder, dass in verschiedenen Begriffen und Bildern prophetisch geschildert wird, was unser menschliches Vorstellungsvermögen in seiner irdischen Begrenztheit übersteigt. Und doch können wir uns mit Hilfe der Bilder und Beschreibungen etwas darunter vorstellen. Etwas, das an Bedeutung, Attraktivität und Herrlichkeit alles Irdische weit überragt.

In Offb 19 ab Vers 11 sehen wir dann – offensichtlich nach der Hochzeit des Lammes – die sichtbare Ankunft des Messias auf der Erde. Diese bringt in der Schlacht bei Har Mageddon recht abrupt die Entscheidung mit der völligen Vernichtung des Völkerheeres. Wir können daraus entnehmen, dass die Hochzeit im Himmel stattfindet, während auf die Erde die sieben Schalen der Wut Gottes ausgegossen werden. Nach der Entrückung der Gemeinde haben die Schalen-Gerichte begonnen, mit der sichtbaren Ankunft des Messias nehmen sie ihr Ende. Und dann beginnen die tausend Jahre

Gefallen ist Babylon

Gefallen ist Babylon – mit dieser Botschaft taucht das Thema „Babylon“ schon bei seiner ersten Erwähnung in der Offenbarung auf. „Gefallen, gefallen ist Babylon, die große, die vom Wein ihrer wütenden Unzucht alle Völker getränkt hat!“ So sagt es der Engel in Offb 14,8 im Blick auf das kommende Ende.

Auch die zweite Erwähnung – noch vor ihrer ausführlichen Darstellung in Kap. 17 – geht direkt auf ihr Ende. Am Schluss der Ausgießung der sieben Schalen der Wut Gottes, die mit dem großen Erdbeben endet, heißt es – Offb 16,19: „Die große Stadt wurde zu drei Bruchstücken, und die Städte der Völker fielen ein. – An Babylon die Große war vor Gott gedacht worden, ihr den Weinbecher der Wut seines Zornes zu geben. -„

Gott ist also wütend auf Babylon, und ihr Ende ist beschlossen und vorprogrammiert. Ausführlich schildert dieses dann Kap. 18. Und hier werden auch noch einmal ihre Sünden genannt:

Zum einen geht es um die Verwirrung und Verführung der ganzen Welt – 18,3: „Denn vom Wein ihrer wütenden Unzucht sind alle Völker betrunken, die Könige der Erde haben Unzucht mit ihr getrieben, und die Großhändler der Erde sind reich geworden aus den Möglichkeiten ihres Luxus.“

Zum anderen geht es um die Unterdrückung und Verfolgung der Leute Gottes und auch vieler anderer – 18,24: „Und in ihr wurde Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen Getöteten auf der Erde.“

Dazwischen kommt noch ein deutlicher Aufruf – 18,4: „Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel: ‚Geht hinaus aus ihr, mein Volk, damit ihr euch nicht beteiligt an ihren Sünden, und hinaus aus ihren Plagen, damit ihr sie nicht bekommt!'“ Mit diesem Babylon kann es für Christen offenbar keine Gemeinschaft und keine Kompromisse geben. Wenn doch, wird sich das bitter rächen.

Mit dem Ende von Babylon hat es aber eine eigenartige Bewandtnis. Einerseits zerfällt die große Stadt beim letzten großen Erdbeben in drei Teile – ihr totales Ende.

Andererseits steht in Kap. 17 eine eigenartige Aussage auch schon aus der Zeit davor – Vers 16: „Die zehn Hörner, die du gesehen hast, und das Tier, die werden die Hure hassen und sie verwüstet machen und nackt und werden ihre Fleischstücke fressen und sie im Feuer verbrennen.“ Auch die große Klage der der Könige, der Großhändler und der Seeleute in Kap. 18 ist ja nur denkbar, solange diese selbst noch nicht unter das Gericht gefallen sind.

Wir stehen hier vor dem Phänomen eines Bruchs in der antichristlichen Welt. Die zehn Könige und das Tier im Sinne der weltlichen antichristlichen Macht, auf der die Hure Babylon sitzt und sich tragen lässt, wenden sich plötzlich gegen sie, um sie zu zerreißen. Hier ist einerseits ein Ende Babylons beschrieben, obwohl andererseits offensichtlich auch etwas von ihr weiterexistiert bis zu den großen Gerichten am Ende.

Auch hier kann man im Rückblick in die Geschichte einen Erklärungsversuch machen. Der Beginn war ja das Kaisertum im alten Rom. Mit dieser Staatsmacht arrangierte sich das päpstliche Christentum. Mit dem Ende des weströmischen Kaisertums übernahm der Papst den Kaisertitel „Pontifex Maximus“, übernahm auch provisorisch die Regierung Roms und richtete von dort aus den Kirchenstaat ein, den Vatikanstaat.

An Weihnachten 800 ergriff er die Gelegenheit und krönte den fränkischen König Karl den Großen zum römischen Kaiser. Und so war das römische Kaisertum wieder da. Und auch weiterhin mussten alle nachfolgenden Kaiser wieder vom Papst gekrönt werden. Daraus leitete sich dann der päpstliche Anspruch der Oberhoheit über Kaiser und Könige in der „Christenheit“ ab, die 1000 Jahre lang bestand.

Unter dieser Herrschaft geschah im Übrigen auch die jahrhundertelange größte Christenverfolgung aller Zeiten. Unter dem Zeichen des Kreuzes (!) versuchte die Kirche mit Hilfe der weltlichen Macht, jeden Ansatz von biblischem Christentum mit brutaler Gewalt auszurotten. Auch Andersgläubige bekamen diese Gewalt zu spüren: Heiden, Juden und Muslime. „In ihr wurde Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen Getöteten auf der Erde.“

Einen ersten Bruch dieser Herrschaft gab es in der Reformationszeit, als lutherische, reformierte und anglikanische Länder von Rom abfielen. Über den Rest regierte der Papst aber weiterhin mit eiserner Hand und ließ auch nichts unversucht, verlorenes Gebiet zurückzugewinnen.

Erst im Zuge der französischen Revolution wurde der Bann gebrochen. Die französischen Revolutionäre identifizierten die Kirche richtigerweise als integralen Bestandteil des adeligen Unterdrückungsystems, das sie beseitigten. Und so marschierte ein französisches Revolutionsheer bis nach Rom, holte den Papst aus seiner Burg und führte ihn ins Exil.

Damit war dieser Teil der Geschichte beendet. Gefallen ist Babylon. Weltliche Mächte hatten tatsächlich dieses Joch zerbrochen. Seither gibt es zwar noch den Kirchenstaat mit seinen diplomatischen Kanälen, aber die einstige Macht ist dahin.

Etwas ist also am Ende, und etwas existiert weiter. Die politischen Heilsbringer und die kirchlichen Würdenträger marschieren jetzt auf getrennten Wegen. Und sie lassen sich weiterhin von ihren Gefolgsleuten und Anhängern bewundern und feiern und führen sie ins Verderben.

Aber auch darüber ist bei Gott das Ende beschlossen …

Babylon die Große

Babylon die Große ist ein Thema, das in der Offenbarung zwei ganze Kapitel einnimmt, ihre Beschreibung steht in Kap. 17, ihr Ende in Kap. 18.

Doch das Stichwort „Babylon“ taucht schon im ersten Petrusbrief auf. Petrus richtet dort am Ende (5,13) auch Grüße von der Mitauserwählten (Gemeinde) in Babylon aus. Die damalige Christenverfolgung hatte ja ihre Wurzel in Rom. Und daraus kann man schließen, dass Babylon in dieser Situation zum Codenamen für Rom geworden war. Petrus war tatsächlich dort, wo er dann auch zum Märtyrer wurde. So hat es u. a. Tertullian bezeugt, der in solchen historischen Ausagen sehr zuverlässig ist.

Die Deutung auf Rom bestätigt sich dann in Offb 17,9: „Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt“. Dass Rom die Stadt auf den sieben Hügeln ist, ist sprichwörtlich. Und auch in Offb 17,18: „Die Frau, die du gesehen hast, ist die große Stadt, die ein Königreich hat über die Könige der Erde.” Diese Beschreibung passt zu den damaligen Zeiten exakt zur Hauptstadt des römischen Imperiums.

Dass Babylon einerseits als Stadt und andererseits als Frau beschrieben wird, passt gut zusammen. In der Antike wurden Städte gerne weiblich gesehen, z. B. auch als „Töchter“ ihres jeweiligen Landes. Jerusalem war ja auch die „Tochter“ Zion. Und Rom heißt auf lateinisch bzw. italienisch bis heute „Roma“, das ist eine weibliche Form.

„Roma“ war in der heidnischen Zeit allerdings auch der Name der Stadtgöttin, Patronin und Schutzheiligen von Rom. Unterworfene Völker mussten zum Zeichen ihrer Untertänigkeit in ihren Hauptstädten entsprechende Tempel errichten. In diesen mussten die Statuen des göttlichen Kaisers und der göttlichen Roma verehrt werden. Dieser Kult war den damaligen Christen natürlich vor Augen. Sie kannten sich aus mit dem Geheimnis von Offb 17,5: „Auf ihrer Stirn (war) ein Name geschrieben, ein Geheimnis: ‚Babylon die Große, die Mutter der Hurer und der Gräuel der Erde‘.“

Zum Verständnis hilft uns auch die Gegenüberstellung mit dem Gegenstück zur Babylon, der Gemeinde. Sie erscheint in den folgenden Kapiteln 19-22. Auch hier sehen wir eine Frau, die eine Stadt ist:

„Die Hochzeit des Lammes ist gekommen, seine Frau hat sich vorbereitet.“ (19,7)

„Ich sah die heilige Stadt, ein neues Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, vorbereitet wie eine Braut, geschmückt für ihren Mann.“ (21,2)

„Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen gehabt hatten, die voll gewesen waren mit den letzten sieben Plagen, und sprach mit mir: ‚Komm, ich zeige dir die Braut, die Frau des Lammes!‘ Und im Geist brachte er mich weg auf einen großen und hohen Berg, und er zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, die von Gott aus dem Himmel herabkam.“ (21,9-10)

Gegenüber dem irdischen Babylon bzw. Roma steht das himmlische Jerusalem, gegenüber der Hure die Braut, die durch die Hochzeit zur Ehefrau des Lammes wird. Die Gemeinde des Herrn, diejenigen, die dem Lamm gefolgt sind, wo immer es hingeht, sind seine Frau, seine Stadt.

Da wir es hier abseits vom prophetischen Bild real mit einer Gruppe von Menschen zu tun haben, dürfen wir annehmen, dass es auch bei Babylon so ist. Wenn das Tier, auf dem die Hure sitzt, einerseits eine dämonische Macht ist, dann ist die Hure die in Menschen sichtbare Ausprägung dieser Macht. Und wenn das Tier andererseits in Gestalt des Kaisers Nero das Antichristentum im politischen Bereich darstellt, dann haben wir es bei der Hure mit dem Antichristentum im religiösen Bereich zu tun. Götzendienst war ja auch schon im Alten Testament belegt mit dem Urteil der Hurerei.

Nun müssen wir noch eine etwas eigenartige Rechnung aufdröseln, das Tier betreffend – 17,9-11: „Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt, und es sind sieben Könige: Fünf sind gefallen, einer ist da, ein anderer noch nicht gekommen. Wenn er kommt, muss er ein wenig bleiben. Das Tier, das war und nicht ist, ist auch selbst der achte und einer von den sieben und geht ins Verderben.“ Das ist eine noch ausführlichere Version von Vers 8: „Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen und ist nicht da und wird aus der Unterwelt heraufkommen und geht ins Verderben.“

Die Liste der römischen Kaiser, wie sie in Wikipedia dargestellt ist, beginnt mit dem Kaiser Augustus. Der fünfte ist dann Nero. Wenn fünf gefallen sind, dann ist jetzt auch Nero gestorben. Wir befinden uns im sogenannten Vierkaiserjahr 68-69 n. Chr.. Nach Nero kamen politische Wirren mit vier Kaisern in einem Jahr. Auf Nero folgten Galba, Otho und Vitellius, bis der Kaiser Vespasian die Stabilität im Reich wieder herstellte.

Nach Nero (dem fünften) ist jetzt also einer da (der sechste) und ein anderer noch nicht gekommen (der siebte). Das Tier, das war und nicht ist, ist sicherlich Nero. Den haben wir ja als erste Ausprägung des Antichristen identifiziert. Er ist einer von den sieben (der fünfte) und soll dann als achter wiederkommen und ein wenig bleiben.

Es gab damals wohl tatsächlich Gerüchte, Nero sei nicht tot, sondern in den Osten zu den Parthern geflohen. Von dort solle er mit einem großen Heer zurückkommen um sich die Herrschaft wieder zurückzuholen. Aber die Offenbarung spekuliert ja nicht mit menschlichen Gerüchten, sondern gibt prophetische Information.

Betrachten wir die Sache aus unserer heutigen Sicht von hinten her. Der achte Kaiser, der „ein wenig“ bleiben soll, ist dann das Kaisertum an sich. Es kehrt nach den Wirren im Jahr 68/69 zurück und bleibt. Wenn das Tier am Ende „ins Verderben“ geht, kann „ein wenig bleiben“ nur die gesamte Endzeit meinen, bis zum Ende.

Nach der Verlegung der römischen Hauptstadt als Ost-Rom nach Konstantinopel, dem späteren Byzanz und heutigen Istanbul, regierten dort noch 1000 Jahre lang christliche Kaiser mit einem kirchlichen Patriarchen an ihrer Seite. Nachdem die muslimischen Türken im 15. Jahrhundert die Stadt erobert hatten, wanderte der Kaisertitel als „Zar“ weiter nach Moskau. Und auch heute noch regiert dort so etwas wie ein Zar mit einem Patriarchen an seiner Seite.

Nach dem Untergang des weströmischen Reichs durch die germanischen Eroberungen im 5. Jahrhundert übernahm in Rom der Papst den heidnischen Kaisertitel „Pontifex maximus“. Und mit der Krönung von Karl dem Großen zum Kaiser des heiligen römischen Reiches an Weihnachten 800 fing es an, dass der Papst im westlichen Europa und später bis in dessen überseeische Kolonien 1000 Jahre lang über Kaiser und Könige regierte. Und auch heute noch sitzt dort ein Papst, der als Staatsoberhaupt des Vatikanstaats mit seinen diplomatischen Kanälen den Regierungen der Welt gerne sagen möchte, was sie tun sollen. Nur klappt es nicht mehr so ganz.

Wenn das Kaisertum (die weltliche Macht) das Tier ist, auf der die Hure sitzt, dann ist Babylon (als religiöse Macht) das dazugehörige abgefallene Christentum. Dieses stützt sich auf die staatliche Macht, und begleitet, infiltriert und – wenn möglich – regiert diese auch. Diese weltlich und dämonisch pervertierte Form des Christentums ist natürlich dazu da, Menschen vom wahren Christentum abzuhalten. Sie sollen abgehalten werden von der wahren Beziehung zu Gott durch Jesus den Messias. Die beste Bezeichnung für diese Perversion ist bis heute immer noch „Kirche„.

Die gravierenden Unterschiede zwischen der Brautgemeinde des Herrn und der Hure Babylon beschreibe ich in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.

Kirche

Das Wort, das in katholischen Bibelübersetzungen an einigen Stellen als „Kirche“, in anderen Bibeln meist als „Gemeinde“ auftaucht, heißt auf Griechisch „ekklesía“. Als „ecclesia“ ist es ins Lateinische gekommen, als Fachausdruck dann auch ins Deutsche.

Ekklesía“ ist im Griechischen eigentlich kein religiöser Begriff, sondern gehört in den politischen Raum. Er bezeichnet die „Volksversammlung“ in der griechischen Stadt-Demokratie, die Versammlung der freien und stimmberechtigten Bürger eines Stadt-Staates (nach damaligen Verständnis ohne Frauen und Sklaven). In diesem säkularen Sinn kommt das Wort auch im Neuen Testament in Apg 19 dreimal vor: „ … die Volksversammlung war völlig durcheinander gekommen, … wird es in der gesetzmäßigen Volksversammlung aufgeklärt werden, … als er dies gesagt hatte, entließ er die Volksversammlung.“

Der Hintergrundbegriff des Alten Testamentes ist das Hebräische „qahál“, das ebenfalls für die Volksversammlung – in diesem Fall Israels – steht.

Die Bezeichnung ist im Neuen Testament bewusst gewählt, um zu zeigen, dass hier ein neues Volk Gottes aus freien, gleichberechtigten und mündigen Bürgern entsteht. Das Wesen dieser neuen Volksversammlung hat nichts gemein mit allem, was wir uns üblicherweise unter dem Namen „Kirche“ vorstellen. Nichts mit Großorganisation, Pfarrer, Kirchengebäude oder „Gottesdienst„.

Bei meiner Übersetzung habe ich mich nach einigem Überlegen dazu entschieden, für „ekklesía“ ebenfalls den geläufigen Begriff „Gemeinde“ zu verwenden. Eine Alternative wäre „Gemeinschaft“ gewesen. Aber dafür gibt es im Griechischen auch ein eigenes Wort (koinonía), und in christlichen Kreisen hat auch „Gemeinschaft“ schon wieder einen kirchlichen Klang.

Für die Übersetzung „Gemeinde“ spricht, dass der Begriff im Deutschen auch in der säkularen Sprache geläufig ist. Abgesehen vom kommunalen Verständnis bezeichnet er hier die Gesamtheit oder Versammlung einer bestimmten Anhängerschaft oder Gruppierung (z. B. eine Fan-Gemeinde, eine Trauergemeinde, die türkische Gemeinde etc.). Damit kommt man dem Verständnis der „christlichen Gemeinde“ am ehesten nahe.

Eine Schwierigkeit besteht aber darin, dass man sich in christlichen Kreisen unter „Gemeinde“ leider auch wieder etwas anderes vorstellt. Etwas, das wiederum stark in Richtung „Kirche“ geht. Der „Pastor“ hält in der „Gemeinde“ einen „Gottesdienst“. Nicht umsonst spricht man da von der Frei-„Kirche“. Und wenn sich eine Freikirche einfach „Ekklesia“ nennt oder „Gemeinde für Urchristentum“, ist damit natürlich nichts gewonnen. Man hat dann nur wieder neue Plaketten im konfessionellen Etikettenschwindel erfunden.

Vom Neuen Testament her müsste man radikal umdenken, aber das eingespielte System will bzw. kann dann doch niemand ändern.

Hilfreich ist es, anhand einer Konkordanz oder eines Suchprogramms im Neuen Testament die Stellen zu erforschen, wo von der Gemeinde die Rede ist. Man wird dort die Dinge nicht finden, die einem sofort einfallen, wenn man an Kirche oder Gemeinde denkt. Es gibt keine Pfarrer oder Pastoren. Es gibt keine Kirchengebäude oder Gemeindezentren. Und es gibt keine Gottesdienste im Sinne von rituell ablaufenden und gesteuerten Veranstaltungen. Die neutestamentliche Gemeinde ist wesensmäßig völlig anders. Sie ist von Glaube, Gemeinschaft und Gleichwertigkeit bestimmt. Sie wird nicht von Menschen geleitet, sondern vom Heiligen Geist.

Die „Kirche“, wie wir sie kennen, ist allerdings auch dem Neuen Testament nicht unbekannt. In der Offenbarung wird sie prophetisch im Bild der Hure Babylon dargestellt.

Die ausführliche Darlegung der neutestamentlichen Sicht auf „Kirche“ und „Gemeinde“ habe ich in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias“ veröffentlicht.

Gemeinde und Welt

Es gibt in christlichen Kreisen eine Unklarheit, die in vielen Bereichen ständig für Verwirrung sorgt. Ich meine die fehlende Unterscheidung zwischen der Gemeinde des Herrn und der Welt. Mal meint man mit „wir“ die Christen, mal meint man mit „wir“ die Gesellschaft. Hier sollte man deutlich unterscheiden lernen, um nicht ständig Politik und Reich Gottes durcheinanderzuwerfen.

Im Neuen Testament ist sehr klar, dass „Gemeinde“ und „Welt“ zwei einander gegenüber stehende Größen sind. Die Gemeinde besteht aus allen, die aus Gott geboren sind und lernen, sich vom Geist Gottes leiten lassen. Die Welt besteht aus allen, die natürlich geboren sind und sich von den Gegebenheiten der menschlichen Natur leiten und verleiten lassen. Jesus hat gerade auch in seinen Abschiedsreden sehr deutlich gemacht, dass die Seinen zwar „in der Welt“ sind, aber nicht „von der Welt“. In seiner Gemeinde zählt nicht die natürliche Geburt, sondern die geistliche Geburt. Und so gibt es das im Neuen Testament geläufige „drinnen“ und „draußen“.

Ich zitiere die deutliche Erklärung von Paulus – 2 Kor 5,9-13: „Im (vorigen) Brief hatte ich euch geschrieben, dass ihr keinen Umgang mit Unzüchtigen haben sollt. (Ich meinte da) ganz und gar nicht die Unzüchtigen dieser Welt oder die Habgierigen und Räuber oder Götterverehrer. Da müsstet ihr ja aus der Welt hinausgehen. Jetzt schreibe ich euch aber, dass ihr keinen Umgang haben sollt mit jemandem, der sich „Bruder“ nennen lässt und (dabei) ein Unzüchtiger ist oder ein Habgieriger, ein Götterverehrer, ein Verleumder, ein Trinker, ein Räuber. Mit einem solchen dürft ihr auch nicht essen! Was liegt mir denn daran, über die draußen zu urteilen? Müsst ihr nicht über die bei euch drinnen urteilen? Über die draußen spricht Gott das Urteil. Ihr aber müsst ‚den Bösen entfernen aus eurer Mitte‘!“

Ein interessanter Ansatz: Unsere Aufgabe in der Gemeinde ist neben dem geistlichen Aufbau auch notfalls das Entfernen von hartnäckigen Sündern, um die Gemeinde in Reinheit vor Gott zu erhalten. Die Welt dürfen wir sich selbst bzw. dem Urteil Gottes überlassen. In der Welt sind wir Licht, Salz und Zeugnis. In der Gemeinde stehen wir gemeinsam vor dem heiligen Gott, wo kein Platz für Sünde ist. Nur wer bereit ist, sich zu reinigen bzw. sich kraft des Blutes von Jesus reinigen zu lassen, kann aufgenommen werden in die Gemeinde und seinen Platz dort behalten.

Die wesensmäßige Barriere zwischen Gemeinde und Welt wurde leider schon in den ersten Jahrhunderten des Christentums aufgehoben. Das war ein wichtiger Baustein für den Sieg des Antichristentums. „Welt“ und „Gemeinde“ wurden zusammengeführt, es entstand eine „christliche“ Welt bzw. eine weltliche „Christenheit“. Aus der Braut des Lammes wurde die Hure Babylon, am besten beschrieben mit dem Wort „Kirche„. Und die wirkliche Gemeinde des Herrn wurde von ihr verfolgt.

Nur wenn wir in unserem Denken diese Unterscheidung von Gemeinde und Welt wieder benennen und beachten, können wir geistliche Gemeinde bauen. Die Gemeinde wird dabei ihren Platz „in der Welt“ haben, aber die Welt darf keinen Platz in der Gemeinde haben. Sie darf keinen Platz haben in den Köpfen, in den Herzen, in den Strukturen. Das bedeutet völlige Reinigung von allen überkommenen weltlichen Denkweisen, Verhaltensmustern und Strukturen. Wie könnte die Gemeinde sonst die Vorhut der neuen Welt Gottes sein?