Das Wort, das in katholischen Bibelübersetzungen an einigen Stellen als „Kirche“, in anderen Bibeln meist als „Gemeinde“ auftaucht, heißt auf Griechisch „ekklesía“. Als „ecclesia“ ist es ins Lateinische gekommen, als Fachausdruck dann auch ins Deutsche.

Ekklesía“ ist im Griechischen eigentlich kein religiöser Begriff, sondern gehört in den politischen Raum. Er bezeichnet die „Volksversammlung“ in der griechischen Stadt-Demokratie, die Versammlung der freien und stimmberechtigten Bürger eines Stadt-Staates (nach damaligen Verständnis ohne Frauen und Sklaven). In diesem säkularen Sinn kommt das Wort auch im Neuen Testament in Apg 19 dreimal vor: „ … die Volksversammlung war völlig durcheinander gekommen, … wird es in der gesetzmäßigen Volksversammlung aufgeklärt werden, … als er dies gesagt hatte, entließ er die Volksversammlung.“

Der Hintergrundbegriff des Alten Testamentes ist das Hebräische „qahál“, das ebenfalls für die Volksversammlung – in diesem Fall Israels – steht.

Die Bezeichnung ist im Neuen Testament bewusst gewählt, um zu zeigen, dass hier ein neues Volk Gottes aus freien, gleichberechtigten und mündigen Bürgern entsteht. Das Wesen dieser neuen Volksversammlung hat nichts gemein mit allem, was wir uns üblicherweise unter dem Namen „Kirche“ vorstellen. Nichts mit Großorganisation, Pfarrer, Kirchengebäude oder „Gottesdienst„.

Bei meiner Übersetzung habe ich mich nach einigem Überlegen dazu entschieden, für „ekklesía“ ebenfalls den geläufigen Begriff „Gemeinde“ zu verwenden. Eine Alternative wäre „Gemeinschaft“ gewesen. Aber dafür gibt es im Griechischen auch ein eigenes Wort (koinonía), und in christlichen Kreisen hat auch „Gemeinschaft“ schon wieder einen kirchlichen Klang.

Für die Übersetzung „Gemeinde“ spricht, dass der Begriff im Deutschen auch in der säkularen Sprache geläufig ist. Abgesehen vom kommunalen Verständnis bezeichnet er hier die Gesamtheit oder Versammlung einer bestimmten Anhängerschaft oder Gruppierung (z. B. eine Fan-Gemeinde, eine Trauergemeinde, die türkische Gemeinde etc.). Damit kommt man dem Verständnis der „christlichen Gemeinde“ am ehesten nahe.

Eine Schwierigkeit besteht aber darin, dass man sich in christlichen Kreisen unter „Gemeinde“ leider auch wieder etwas anderes vorstellt. Etwas, das wiederum stark in Richtung „Kirche“ geht. Der „Pastor“ hält in der „Gemeinde“ einen „Gottesdienst“. Nicht umsonst spricht man da von der Frei-„Kirche“. Und wenn sich eine Freikirche einfach „Ekklesia“ nennt oder „Gemeinde für Urchristentum“, ist damit natürlich nichts gewonnen. Man hat dann nur wieder neue Plaketten im konfessionellen Etikettenschwindel erfunden.

Vom Neuen Testament her müsste man radikal umdenken, aber das eingespielte System will bzw. kann dann doch niemand ändern.

Hilfreich ist es, anhand einer Konkordanz oder eines Suchprogramms im Neuen Testament die Stellen zu erforschen, wo von der Gemeinde die Rede ist. Man wird dort die Dinge nicht finden, die einem sofort einfallen, wenn man an Kirche oder Gemeinde denkt. Es gibt keine Pfarrer oder Pastoren. Es gibt keine Kirchengebäude oder Gemeindezentren. Und es gibt keine Gottesdienste im Sinne von rituell ablaufenden und gesteuerten Veranstaltungen. Die neutestamentliche Gemeinde ist wesensmäßig völlig anders. Sie ist von Glaube, Gemeinschaft und Gleichwertigkeit bestimmt. Sie wird nicht von Menschen geleitet, sondern vom Heiligen Geist.

Die „Kirche“, wie wir sie kennen, ist allerdings auch dem Neuen Testament nicht unbekannt. In der Offenbarung wird sie prophetisch im Bild der Hure Babylon dargestellt.

Die ausführliche Darlegung der neutestamentlichen Sicht auf „Kirche“ und „Gemeinde“ habe ich in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias“ veröffentlicht.