Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Konkordanz

Der Sack

Der Sack ist in der Bibel ursprünglich das, was er bei uns auch ist. Er ist ein Behälter aus grobem Tuch zur Aufnahme von trockenen, schüttbaren Inhalten. Als Getreidesack spielte er in der Josefsgeschichte eine Rolle. Jakobs Söhne zogen nach Ägypten, um das lebensnotwendige Getreide zu kaufen und es in Säcken nach Hause zu transportieren.

Der Sack heißt übrigens auch im Hebräischen „saq“, und das griechische „sákkos“ hat nur eine griechische Endung drangehängt.

Der „saq“ in der Bibel meint aber auch das Material, aus dem der Sack hergestellt wird, das „Sacktuch“. Und das grobe, meist aus Ziegen- oder Kamelhaaren hergestellte Sacktuch hatte auch eine spezielle Bedeutung. In extremen Situationen der Trauer und der Not wurde es zum Zeichen der Ernsthaftigkeit als Gewand auf der Haut getragen.

Das Tragen des Sacktuchs gehörte so auch in den Zusammenhang des Fastens. Öfters streuten sich die Leute dabei auch Erde auf den Kopf und/oder setzten sich in Asche oder Staub. Am besten sieht man sich einmal mit der Konkordanz die ganzen Bibelstellen an, wo der Sack oder das Sacktuch vorkommen. Es sind sehr interessante Geschichten dabei zu entdecken.

Das Tragen des Sacktuchs drückt Trauer, Verzweiflung, Demütigung vor Gott und die dringende Bitte um Hilfe oder Gnade aus. Gott gegenüber gehört aber auch die Bereitschaft zur Umkehr und Sinnesänderung dazu. Damit sind wir dann auch bei einem Grundelement der neutestamentlichen Botschaft – Mt 3,2 / Mk 1,15: „Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahegekommen.“

Sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus selbst haben das als Voraussetzung zum Eintritt in das Reich Gottes verkündet. Dazu gehört das Eingestehen der Sünden, die Beugung vor Gott, das Eintauchen ins Wasser zur Reinigung von den Sünden und die Bereitschaft zur Beendigung des sündigen Lebens mit einer völligen und bedingungslosen Übergabe an Gott.

Das Entscheidende dabei geht im Inneren des Menschen vor. Und dabei wird kein äußerliches Anlegen eines Sacktuchs verlangt. Aber das Gewand aus Kamelhaaren, das Johannes der Täufer trug, zeigt in diese Richtung. Glanz, Pomp und Bequemlichkeit der menschlichen Äußerlichkeiten sind ausgeblendet, wenn es um die Begegnung mit dem lebendigen Gott geht.

In diesem Zusammenhang hat auch Jesus an einer Stelle den Sack erwähnt. Beim Rückblick auf seine Tätigkeit in Galiläa heißt es – Mt 10,20-22 / Lk 10,13-4: „Dann fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Kraftwirkungen geschehen waren, denn sie waren nicht bereit, sich zu ändern: ‚Wehe dir, Chorazin, weh dir, Betsaida! Denn wenn in Tyros und Sidon die Kraftwirkungen geschehen wären, die bei euch geschehen sind, hätten sie sich längst in Sack und Asche sitzend geändert. Jedenfalls sage ich euch: Für Tyros und Sidon wird es am Tag des Gerichts erträglicher sein als für euch.'“

Bei der Erwähnung dieser zwei heidnischen Städte dachte Jesus vielleicht auch an das Vorbild der heidnische Stadt Ninive. Zu ihr hatte Gott den Propheten Jona gesandt. Er hatte zu verkünden, Gott würde die Stadt Ninive in vierzig Tagen zerstören. Und die Leute in Ninive glaubten ihm, riefen ein Fasten aus und kleideten sich in Sacktuch. Auch der König kleidete sich in Sacktuch und setzte sich in den Staub. Und er ließ verkünden, alle sollten zu Gott rufen und jeder solle umkehren und sich von jeglichem Bösen abwenden, damit Gott vielleicht noch einmal Gnade walten lasse und das Gericht abwende. Nachzulesen im Buch Jona.

Und nun verstehen wir auch, warum in Offb 11 die zwei Zeugen in der Endzeit in Sacktuch gekleidet sind. Zum einen ist es ihre geistliche Existenz, dass sie in der andauernden und emsthaften Umkehr und Hinkehr zu Gott leben. Zum anderen ist es natürlich auch der Inhalt ihrer Botschaft: In ihr ist sicherlich deutlich der Ruf Gottes zu vernehmen: „Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahegekommen.“

Dass die zwei Zeugen, die hier im Bild für die Gemeinde von Jesus stehen, mit dieser Botschaft die Bewohner der Erde quälen, dürfte verständlich sein.

Und dass in dieser Gemeinde alles echt und ernsthaft auf Gott ausgerichtet ist, ohne fromme Leichtfertigkeit und Überheblichkeit, ist auch klar.

Alles eine Frage der Auslegung

Alles eine Frage der Auslegung – diese Aussage hört man öfter, wenn sich jemand auf eine klare biblische Aussage nicht einlassen will. Seit Jahrhunderten erzählt man den Menschen, sie bräuchten „Auslegung“, um die Bibel wirklich zu verstehen. Die Theologen sprechen dabei gerne von „Exegese“, weil sie es lieben, mit Fremdwörtern ihre wissenschaftliche Kompetenz und geistige Überlegenheit zum Ausdruck zu bringen. Der „Laie“ möge hören und staunen …

Ich stelle hier die Gegenfrage: Als Jesus seine Botschaft verkündete und seine Jünger unterwies, dachte er dabei, dass jemand diese seine Worte irgendwann „auslegen“ müsse? Als Matthäus, Markus, Lukas und Johannes ihre Berichte über Jesus und seine Botschaft schrieben, hatten sie dabei den Gedanken, irgend jemand müsse ihre Berichte noch „auslegen“? Als Paulus, Barnabas, Jakobus, Petrus, Johannes und Judas ihre Briefe an die Gemeinden schrieben, dachten sie, dass man dort eine „Auslegung“ bräuchte, um sie zu verstehen? Ich denke, die Antwort ist klar.

In der frühesten Zeit des Christentums wurden die neutestamentlichen Schriften gelesen, verstanden und befolgt. Als sich dann die kirchliche Hierarchie entwickelte, begann auch die Geschichte der „Auslegung„. Die Diskrepanz zwischen biblischer und kirchlicher Realität musste vertuscht werden. Die biblischen Aussagen mussten an die menschlichen und kirchlichen Bedürfnisse angepasst werden. Und die, die beim neutestamentlichen Verständnis blieben und sich widersetzten, konnte man dann mit der kirchlichen Lehrautorität als „Ketzer“ verdammen und verfolgen.

Das Wort Gottes, das laut der Aussage des Hebräerbriefs ein zweischneidiges, scharfes Schwert ist, steckte man in eine Scheide. So war die Schärfe genommen. Ich denke, das Grundprinzip ist deutlich: Zwischen das geschriebene (vom Heiligen Geist inspirierte) Wort Gottes und den Leser hat sich eine menschliche Instanz geschoben. Diese hat den Anspruch, das Wort Gottes „richtig“ auszulegen und weiterzugeben. Und dem Hörer bzw. Leser wird suggeriert, dass er das Wort Gottes alleine nicht wirklich und richtig verstehen kann. So wird er zum „Laien“, der einfach glauben soll, was „Ausleger“ ihm sagen. Leute, die die Bibel auch selbst lesen und verstehen könnten, werden stattdessen dauerhaft angepredigt.

Es ist aber natürlich auch bequem, wenn man sagen kann „Alles eine Frage der Auslegung“. Man kann damit wunderbar unbequemen biblischen Aussagen aus dem Weg gehen. Es ist einfach, sich damit auf einen Standpunkt der Unverbindlichkeit und Unzuständigkeit zurückziehen. Man kann damit bleiben, wie man ist, wenn Gott gerne etwas an einem verändern möchte. Man kann Gehorsam und Nachfolge verweigern, denn es ist ja „alles eine Frage der Auslegung“.

Wenn Jesus sagt „Wer meine Worte hört und sie tut“, dann gibt es da aber keinen Raum für Ausleger. Dann sollst du als Christ und Nachfolger von Jesus ganz einfach „hören“ und „tun“. Du bist in einem unmittelbaren Verhältnis zum Wort, weil du in einem unmittelbaren Verhältnis zu Jesus bzw. zu Gott stehst. Wenn es im Verhältnis zwischen Gott und dir noch so etwas wie einen Theologen gibt, dann bist du selbst es. Du kennst Gott, du hörst und befolgst sein Wort, und du kannst anderen davon erzählen. Mit andern Worten: Du bist der Theologe.

Es gilt also, die Bibel direkt zu hören und zu verstehen (und natürlich zu befolgen). Alles, was dazu dient, ist herzlich willkommen: Die biblischen Sprachen sind gut erforscht. Die alten Handschriften mit den biblischen Texten hat man mit großem Aufwand gesammelt und ausgewertet, damit man den wahrscheinlichsten Urtext rekonstruieren kann. Aus der Geschichte und der Archäologie hat man Kenntnisse über die politischen, religiösen und kulturellen Hintergründe der Zeit gewonnen. Mit Tages- und Jahreszeiten kann man den Lebensrhythmus der Menschen in ihrer Abhängigkeit von der Natur besser einordnen. All diese Dinge sind hilfreich zum Verstehen und natürlich auch in meine Übersetzung des Neuen Testaments mit ihren Erklärungen eingeflossen. Aber deswegen bin ich kein „Ausleger“, nur ein Übersetzer.

Ich bringe möglichst genau das zum Ausdruck, was die Autoren der neutestamentlichen Schriften mitteilen wollten. Dann bleibt noch die Aufgabe, die Missverständmisse und Verdrehungen zu beseitigen, die 2000 Jahre an „Auslegung“ in unseren Köpfen hinterlassen haben. Ich habe damit im Glossar (Wörterverzeichnis) im Anhang meiner Übersetzung des Neuen Testaments einen Anfang gemacht. Und dann ist dazu auch mein Buch über „Die Gemeinde des Messias“ erschienen.

Aber ich kann dem Leser selbst seine eigene Aufgabe nicht abnehmen: Sich durch eigenständige Aneignung der biblischen Aussagen von „Auslegungen“ zu befreien, die er im Laufe seines Lebens durch Hören und Lesen von „Auslegern“ angesammelt hat. Die Bibel ist das wichtigste Buch deines Lebens. Und das wichtigste Buch, das dir dabei hilft, sie zu erforschen, ist die Konkordanz bzw. die Suchfunktion einer digitalen Bibelausgabe.

Es ist also alles gut, was zur Klärung der biblischen Aussage beiträgt. Und es ist alles schlecht, was zu Verdrehung und Verwirrung beiträgt. Wenn du also eine Erklärung hörst, die dir im Verständnis ein Licht aufsteckt, und du denkst: „Warum bin ich da eigentlich nicht von selbst darauf gekommen?“, dann wird sie vermutlich richtig sein. Wenn du aber eine „Auslegung“ hörst, bei der du eher das Gefühl hast: „Nie im Leben wäre ich da drauf gekommen!“, dann versucht vermutlich jemand, dir etwas unterzujubeln, was der biblischen Botschaft nicht entspricht. Merke: Von Auslegern hört du immer die Meinung des Auslegers und nicht die des Bibeltextes.

Du kommst als eigenständiger, verantwortlicher Christ um eine Sache nicht herum. Du hast – abgesehen von deiner direkten Beziehung zu Gott – als wichtigste Aufgabe, dir deine eigene fundierte Bibelkenntnis zu erarbeiten. Natürlich wird dir der Heilige Geist gerne dabei behilflich sein. Du wirst dich vermutlich dabei auch immer wieder einmal korrigieren lassen müssen. Und von Leuten, die von dir verlangen, nur ihrer Lehrmeinung zu folgen, solltest du dich sowieso befreien, wenn du weiterkommen willst.

Auf einem Fundament von „Auslegungen“ kann man als Christ nicht stehen. Nur die persönliche Überzeugung aus eigener biblischer Erkenntnis gibt dir die Standhaftigkeit, auch in schwierigen Zeiten im Glauben zu bestehen. Die Aussage „Bruder XY hat einmal gesagt …“ kann den Satan nicht beeindrucken. Gegen ihn hilft nur, was auch Jesus gesagt hat: „Es steht geschrieben …“.

(Dieser Beitrag findet sich in ähnlicher Form auch in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.)

Kirche

Das Wort, das in katholischen Bibelübersetzungen als „Kirche“ und in anderen Bibeln meist als „Gemeinde“ auftaucht, heißt auf Griechisch „ekklesía“. Als „ecclesia“ ist es ins Lateinische gekommen, als Fachausdruck dann auch ins Deutsche.

Ekklesía“ ist im Griechischen eigentlich kein religiöser Begriff, sondern gehört in den politischen Raum. Er bezeichnet die „Volksversammlung“ in der griechischen Stadt-Demokratie, die Versammlung der freien und stimmberechtigten Bürger (nach damaligen Verständnis ohne Frauen und Sklaven). In diesem Sinne wird das Wort in dem Bericht Apg 19 dreimal gebraucht: „ … die Volksversammlung war völlig durcheinander gekommen, … wird es in der gesetzmäßigen Volksversammlung aufgeklärt werden, … als er dies gesagt hatte, entließ er die Volksversammlung.“

Der Hintergrundbegriff des Alten Testamentes ist hebräisch „qahál“, das ebenfalls für die Volksversammlung – in diesem Fall Israels – steht.

Die Bezeichnung ist im Neuen Testament bewusst gewählt, um zu zeigen, dass hier ein neues Volk Gottes aus freien, gleichberechtigten und mündigen Bürgern entsteht. Das Wesen dieser neuen Volksversammlung hat nichts gemein mit irgend etwas, das wir uns unter dem Namen „Kirche“ vorstellen. Nichts mit Großorganisation, Pfarrer, Kirchengebäude oder „Gottesdienst„.

Bei meiner Übersetzung habe ich mich nach einigem Überlegen entschieden, für „ekklesía“ den geläufigen Begriff „Gemeinde“ zu verwenden. Er ist im Deutschen auch in der säkularen Sprache geläufig und bezeichnet die Gesamtheit oder Versammlung einer bestimmten Anhängerschaft oder Gruppierung (z. B. Fan-Gemeinde, Trauergemeinde, türkische Gemeinde).

Die Schwierigkeit besteht dabei aber, dass man sich in den christlichen Kreisen auch unter „Gemeinde“ normalerweise leider etwas anderes vorstellt. Etwas, das wiederum stark in Richtung „Kirche“ geht. Nicht umsonst spricht man ja auch von der „Frei-Kirche“. Und sich einfach den Namen „Ekklesia“ zu geben, nützt da auch nichts. Hier muss vom Neuen Testament her umgedacht werden.

Hilfreich ist es, anhand einer Konkordanz oder eines Suchprogramms im Neuen Testament die Stellen zu erforschen, wo von der Gemeinde die Rede ist. Man wird dort bezeichnenderweise einige Dinge nicht finden, die uns sofort einfallen, wenn wir an Kirche oder Gemeinde denken. Es gibt keine Pfarrer oder Pastoren, es gibt keine Kirchengebäude oder Gemeindezentren, und es gibt keine Gottesdienste im Sinne von rituell ablaufenden und gesteuerten Veranstaltungen. Die neutestamentliche Gemeinde ist wesensmäßig etwas völlig anderes. Sie ist von Glaube, Gemeinschaft und Gleichwertigkeit bestimmt.

Die „Kirche“, wie wir sie kennen, ist allerdings auch dem Neuen Testament nicht unbekannt. Sie wird in der Offenbarung prophetisch im Bild der Hure Babylon dargestellt.

Beten im Namen von Jesus

Beten im Namen von Jesus ist eine neue Art des Betens, die unter vielem anderen im Neuen Testament auftaucht. Und wir wollen hier einmal versuchen zu verstehen, was es eigentlich heißt, „im Namen von Jesus“ zu beten. In der Tat ist es eine Formulierung, die fromm und eindrücklich klingt. Aber inhaltlich ist sie doch für manche auch irgendwie unklar und schwammig.

Was bei solchen Nachforschungen immer hilft, ist die Konkordanz (natürlich auch das Suchprogramm bei Onlinebibeln). Nach der Bibel selbst ist sie das zweitwichtigste Buch. Mit ihr kann man Bibelstellen finden, vergleichen und Zusammenhänge erkennen. Und so kann man auch andere Dinge entdecken, die „im Namen von Jesus“ oder „im Namen des Herrn“ getan werden. Ein paar Beispiele dafür (die Auswahl ist unvollständig):

Apg. 9,27 – Paulus: „… wie er in Damaskus ganz offen im Namen von Jesus gesprochen hatte.“

Apg. 10,48 – Petrus: „Und er ordnete an, sie im Namen von Jesus dem Messias unterzutauchen.“

Apg. 16,18: „Als Paulus aber verärgert war, wandte er sich um und sagte zu dem Geist: ‚Ich befehle dir im Namen von Jesus dem Messias, von ihr hinauszugehen!’“

1.Kor. 5,3-5: „Mit dem Leib bin ich freilich abwesend, mit dem Geist aber anwesend. Und ich habe wie ein Anwesender über den, der das verübt, bereits das Urteil gefällt im Namen von Jesus, unserem Herrn: Wenn ihr versammelt seid und mein Geist bei euch ist mit der Kraft unseres Herrn Jesus, wollen wir ihn dem Satan übergeben zum Verderben des Körpers, damit am Tag des Herrn der Geist gerettet wird.“

2.Kor. 5,20: „Wir sind also Gesandte für den Messias, sodass Gott durch uns bittet. Wir bitten im Namen des Messias: Lasst euch versöhnen mit Gott!“

Kol. 3,17: „Und alles, was ihr auch tut mit Wort oder mit Tat, (tut es) im Namen von Jesus, dem Herrn, und dankt Gott, dem Vater durch ihn!“

Ich denke, man kann an diesen Beispielen ablesen, dass „im Namen von Jesus“ soviel bedeutet wie „im Auftrag von Jesus“ oder „anstelle von Jesus“. Leicht macht es uns da die Tatsache, dass wir diesen Sprachgebrauch auch im Deutschen haben. Wenn z.B. ein städtischer Mitarbeiter „im Namen des Bürgermeisters“ einem 80-Jährigen zum Geburtstag gratuliert, dann tut er es im Auftrag bzw. anstelle des Bürgermeisters. Der Bürgermeister hat ihn beauftragt und bevollmächtigt, an seiner Stelle diese Gratulation auszusprechen. Wenn man in diesem Sinne die oben genannten Beispiele nochmal anschaut, merkt man sicher recht schnell, welch einen treffenden Sinn dieses Verständnis ergibt.

Nun aber die Frage: Wie kann man „im Namen von Jesus“ beten? Ich denke, dass es dazu eine Schlüsselstelle gibt, die uns Johannes berichtet hat. Es handelt sich um den letzten Abend, den Abschied von seinen Jüngern, an dem Jesus ihnen unter vielem anderen sagte – Joh 16, 23-27:

„Amen, Amen, ich sage euch: Was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, wird er euch geben. Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollendet ist! Das habe ich euch mit Vergleichen gesagt. Es kommt eine Zeit, da werde ich nicht mehr in Vergleichen mit euch sprechen, sondern werde euch ganz offen über den Vater berichten. Zu jener Zeit werdet ihr in meinem Namen bitten. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde. Denn der Vater selbst ist euer Freund, weil ihr meine Freunde geworden seid und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“

Mit dem „Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem Namen“ setzt Jesus einen Zeitpunkt, an dem sich etwas gravierend ändert. Das Beten in seinem Namen ist Zeichen einer neuen Zeit. Jesus geht von der Erde weg und geht zu seinem Vater. Der Platz, den er bisher hier ausgefüllt hat, erscheint zunächst leer. Aber er bleibt nicht leer, denn seine Jünger werden ja als seine Gesandten seinen Auftrag und Dienst in der Welt weiterführen, in seinem Namen.

Nun können wir uns vorstellen, was es heißt, in seinem Namen zu beten. Es heißt, in seinem Auftrag, an seiner Stelle hier auf der Erde zum Vater oder zu ihm beten. Also nicht nur den Menschen gegenüber, sondern auch Gott gegenüber die priesterliche Mittlerposition einnehmen, die auch Jesus auf Erden hatte. Wenn wir also im Sinne von Jesus bei Gott eintreten für Dinge, die Jesus wichtig sind, beten wir in seinem Namen.

Ich hoffe, wir merken, dass das eine anspruchsvolle Aufgabe und Tätigkeit ist. Man ist mit Jesus eins, kennt seine Gedanken und Anliegen und bringt sie an seiner Stelle beim Vater vor. Dass uns dabei der heilige Geist unterstützt und bei Gott für uns eintritt, gehört sicherlich dazu.

Um sich deutlich zu machen, was man dabei tut, kann es vielleicht hilfreich sein, es manchmal auch auszusprechen: „Vater, im Namen von Jesus bitte ich dich …“. Das wird aber nichts daran ändern, ob das Gebet wirklich im Namen von Jesus geschieht oder nicht. Man sollte die Formulierung nicht als Floskel gebrauchen, um ein Gebet frommer oder wirksamer erscheinen zu lassen. Man sollte es schon garnicht gewohnheitsmäßig oder gedankenlos tun. Das wäre ganz im Widerspruch zu dem, was Jesus gesagt und gemeint hat.