Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Kategorie: Neues Testament (Seite 13 von 18)

Der Bund

Der Bund ist ein bekannter Begriff aus der theologischen Tradition. Leider hat man aber das hebräische Wort „berít“, genauso wie das entsprechende griechische „diathéke“, mit „Bund“ falsch übersetzt. Ernst Kutsch hat das in seinem Buch „Neues Testament – neuer Bund? – Eine Fehlübersetzung wird korrigiert“ überzeugend dargelegt. Ein „Bund“ suggeriert die Vorstellung, dass zwei Parteien im Sinne eines Bündnisses eine Art Vertrag miteinander schließen, den sie zuvor ausgehandelt haben, und so zu Bundesgenossen werden. So ist es mit dem „Bund“ Gottes nicht. Mit Gott kann der Mensch nichts aushandeln.

Das hebräische „berit“ und das griechische „diatheke“ bezeichnen vielmehr eine einseitige Festsetzung. In meiner Übersetzung habe ich dafür den Begriff „Bestimmung“ gewählt: Einer trifft eine Bestimmung, an die er sich selbst bindet, die einen anderen betrifft. Der andere nimmt diese Bestimmung für sich an, beugt sich darunter, oder lehnt ab.

Gott hatte schon für Abraham und für Israel solche Bestimmungen getroffen. „Ich will dich zu einem großes Volk machen“ ist seine Bestimmung für Abraham. „Ich will euer Gott sein, ihr sollt mein Volk sein“ ist seine Bestimmung für Israel. In der „neuen“ Bestimmung durch Jesus finden diese dann ihre letzte Erfüllung. Die Menschen nehmen sie an oder lehnen sie ab, mit ewiger Konsequenz, denn Gott nimmt seine Bestimmung nicht zurück.

Das griechische Wort „diathéke“ hat auch die Nebenbedeutung „Testament“. Auch das ist eine alleinige „Bestimmung“ eines Menschen, die mit seinem Tod in Kraft tritt. Überhaupt hat man zu alttestamentlicher Zeit wichtige Bestimmungen mit dem Tod bzw. dem vergossenen Blut von Opfertieren in Kraft gesetzt. Mit dem Vergießen des „Blutes der Bestimmung“ beim Tod von Jesus am Kreuz wurde die neue göttliche Bestimmung in Kraft gesetzt. Jesus war das Opferlamm und wurde dadurch gleichzeitig zum neuen Obersten Priester. Mit dieser Bestimmung hat Gott sich festgelegt, dass und wie er Sünden vergibt – genau so und nicht anders. Menschliche Eigenmächtigkeiten sind ausgeschlossen.

Bischof

Bischof ist ein Lehnwort aus dem Griechischen, es ist von dem Wort „epískopos“ abgeleitet. Dieses bezeichnet im Neuen Testament viermal Verantwortliche in den Gemeinden und in 1 Petr 2,25 einmal Jesus selbst. Die deutschen Übersetzungen des Wortes sind vielfältig.

Die Stellen Apg 20,28 und Tit 1,7 zeigen in ihrem Zusammenhang, dass es eine alternative Bezeichnung für „presbýteroi / Ältere“ ist. Und dazu passt, dass es immer mehrere in einer Gemeinde sind. Wie die Evangelien zeigen, ist ‚presbýteroi‘ der Begriff aus der jüdischen Tradition. „Epískopoi“ ist der entsprechende Begriff aus dem griechischen Kulturkreis.

Das Wort ist zusammengesetzt aus der Vorsilbe „epí – auf/über“ und „skópos – Sehender / Beobachter“. Es könnte also autoritär übersetzt werden als „Aufseher“ oder aber funktional als „jemand, der die Übersicht hat“.

In der nach-neutestamentlichen Zeit hat sich leider das autoritäre Verständnis durchgesetzt. Es entstand das Amt mit dem Titel „Bischof“, der als besonders geweihter Übergeordneter zunächst der unumschränkte Herr einer Ortsgemeinde war. Später weitete sich das aus, und der Bischof regierte dann einen Sprengel oder eine Diözese. Theologen und Historiker nennen das „monarchischer Episkopat“. Am Ende regierte der Bischof von Rom dann das gesamte Abendland. Von der gemeinschaftlichen Struktur der neutestamentlichen Gemeinde her ist das eine gravierende Fehlentwicklung. Diese Fehlentwicklung hat alles verfälscht und letztendlich die Gemeinde als solche zerstört.

Im neutestamentlichen Sinne sind die „epískopoi“ in der Gemeinde solche, die „die Übersicht haben“. Da es dafür im Deutschen leider nicht das passende Substantiv gibt, benutze ich als allgemeinste Übersetzung dafür den Begriff „Verantwortlicher“. Aber wohlgemerkt, das ist nicht der eine Verantwortliche in der Gemeinde – das ist Jesus selbst -, sondern einer der Verantwortlichen bzw. Älteren.

Kriterien zur Zulassung bzw. Einsetzung von Verantwortlichen in den Gemeinden hat Paulus in 1 Tim 3 und Tit 1 beschrieben:

„Wenn sich jemand nach Verantwortung ausstreckt, ist er auf eine gute Sache aus. Dem Verantwortlichen darf nichts vorzuwerfen sein: Er muss Mann einer Frau sein, mit klarem Kopf, klar denkend, ordentlich, gastfrei, lehrfähig, nicht vom Wein abhängig, nicht aggressiv, sondern entgegenkommend, friedliebend, nicht geldgierig. Um die, die zu seinem Haus gehören, muss er sich gut kümmern. Wenn er Kinder hat, dann in Unterordnung, mit aller Ernsthaftigkeit. Wenn jemand sich nicht um die zu kümmern weiß, die zu seinem Haus gehören, wie soll er dann für eine Gemeinde Gottes Sorge tragen? Er darf kein Neuling sein, damit er sich nichts einbildet und einer Bestrafung durch den Teufel verfällt. Er muss auch von denen draußen ein gutes Zeugnis haben, damit er unter keinen Vorwurf fällt, eine Falle des Teufels.“

„Deswegen habe ich dich in Kreta gelassen, damit du noch in Ordnung bringst, was fehlt, und in jeder Stadt Ältere einsetzt, wie ich (es) dir angeordnet habe: wenn es an einem nichts auszusetzen gibt, er Mann einer Frau ist und zuverlässige Kinder hat, die nicht der Zügellosigkeit beschuldigt werden oder respektlos sind. An einem (solchen) Verantwortlichen als einem Verwalter Gottes darf es nichts auszusetzen geben: Er darf nicht selbstgefällig sein, nicht jähzornig, nicht vom Wein abhängig, nicht aggressiv, nicht gewinnsüchtig, sondern muss gastfrei sein, das Gute lieben, klar denken, gerecht, heilig und zum Verzicht bereit (sein) und sich an das der Lehre entsprechende zuverlässige Wort halten, damit er fähig ist, mit der heilsamen Lehre zu helfen und die, die widersprechen, zu widerlegen.“

Bei diesen Kriterien handelt es sich auffallenderweise um Eigenschaften, die man eigentlich von jedem Christen erwarten müsste. Diese Tatsache bestätigt auch die sonstige Sichtweise im Neuen Testament. Es geht nicht um die Suche nach Führungspersönlichkeiten, Leitern oder gar einem „Bischof“, sondern um gereifte, zuverlässige und vorbildliche Christen. Sie können Verantwortung für den geistlichen Zustand der Gemeinde übernehmen, und alle, die noch nicht so weit sind, können sich an ihnen orientieren.

Wenn Paulus also schreibt: „Wenn sich jemand nach Verantwortung ausstreckt, ist er auf eine gute Sache aus“, dann meint er damit nicht das Streben nach einem verantwortungsvollen Posten oder einer gemeindlichen Führungsposition. Er meint vielmehr das Streben nach erwachsener Mündigkeit, nach echter geistlicher Verantwortlichkeit, die in der Gemeinschaft der Geschwister fruchtbar wird.

Apostel

„Apostel“ ist ein Lehnwort aus dem Griechischen. Das griechische Neue Testament bezeichnet Leute wie Petrus und Paulus tatsächlich als „apóstolos“, im Plural „apóstoloi“. Jesus selbst hat seinen zwölf Jüngern diese Bezeichnung gegeben. Aber wir müssen da erst einmal Ballast abwerfen. Im Laufe der Kirchengeschichte hat sich der Begriff „Apostel“ bzw. „apostolisch“ nämlich sehr verändert. Der entsprechende Begriff aus dem Lateinischen ist übrigens „Missionar“.

„Apóstolos“ kommt von „apostéllein“, was auf Deutsch jemanden „senden“ oder „schicken“ heißt. Er ist also ein „Gesandter“ oder ein „Bote“, ein Untergeordneter, der einen Auftrag erfüllt. Das Spektrum reicht von einem diplomatischen Gesandten des Kaisers bis hin zu einem Sklaven, der eine einfache Mitteilung überbringen muss. Auf jeden Fall ist es keine leitende, sondern eine dienende Stellung. Ein Gesandter von Jesus, dem Herrn, zu sein, ist im Reich Gottes eine grundlegende Aufgabe und steht bei den Aufzählungen der geistlichen Gaben in den Paulusbriefen immer an erster Stelle.

In der Gemeinde haben diese Gesandten im Neuen Testament immer eine führende Funktion. In der Urgemeinde in Jerusalem hatten die zwölf von Jesus eingesetzten Gesandten zunächst die Aufgabe von Verantwortlichen bzw. Älteren der Gemeinde und haben sich auch so verhalten. In den Berichten der Apostelgeschichte ist dann zu erkennen, dass neben sie mit der Zeit andere Ältere traten und in Jerusalem die Gesandten immer weniger wurden, weil sie sich ihrer Aufgabe entsprechend aussenden ließen, wohin immer der Herr sie durch den heiligen Geist sandte bzw. führte.

Als Musterbeispiel ist uns in der Apostelgeschichte und in seinen Briefen der „Apostel“ Paulus gegeben. Er war schon keiner der Zwölf mehr, er war einer der Propheten und Lehrer in der Gemeinde in Antiochia. Von hier aus wurde er ausgesandt, um seinen Sendungsauftrag von Gott zu erfüllen. In den Berichten wird deutlich, dass seine „sendende“ Gemeinde in Antiochia keinerlei Weisungsbefugnis über ihn hatte. Es gab keine irdische „Missionsleitung“, der er Rechenschaft schuldig war. Dennoch gab es eine Verbundenheit mit der Gemeinde, die ihn ausgesandt hatte. Bei Besuchen in Antiochia berichtete er, was der Herr in seinem Dienst getan hatte. Übrigens wurde er auch nicht von dort bezahlt, außer der anfänglichen Ausstattung zur Reise.

Das Prinzip der Gesandten von Jesus hat Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom deutlich ausgedrückt:

„So habe ich von Jerusalem und ringsum bis nach Illyrien die Botschaft des Messias vollendet. Aber so, dass ich Wert darauf lege, die Botschaft nicht (da) zu bringen, wo der Messias (schon) genannt worden ist, damit ich nicht auf fremdes Fundament baue, sondern wie es geschrieben steht: ‚Die, denen nichts über ihn berichtet wurde, werden sehen, und die, die von nichts hörten, werden begreifen!‘. Deshalb wurde ich auch vielfach aufgehalten, zu euch zu kommen. Jetzt habe ich aber keinen Platz mehr in diesen Gegenden. Und Sehnsucht, zu euch zu kommen, habe ich seit vielen Jahren. Und weil ich nach Spanien gehen (will), hoffe ich – wenn ich (bei euch) durchkomme und euch sehe – dass ich von euch dann dorthin zur Reise ausgestattet werde, wenn ich zuvor (als) euer (Gast) einigermaßen gesättigt bin.“ (Röm 15,19b-24).

Einige Prinzipien werden hier deutlich:

– Der Auftrag und Dienst eines Gesandten von Jesus dem Messias geht dahin, wo Jesus noch nicht bekannt ist. Er hat auch erkennbar keine ‚kirchenleitende‘ Funktion. Da, wo die Gemeinde gegründet und aufgebaut ist, hat der Gesandte keinen Platz mehr. Er muss weiter, dahin, wo Jesus noch unbekannt ist.

– Die entstandene und gewachsene Gemeinde überlässt der Gesandte sich selbst bzw. der Führung und Leitung des Herrn durch den heiligen Geist und der Begleitung durch örtliche Verantwortliche.

– Bestehenden Gemeinden, wie der in Rom, begegnet der Gesandte in brüderlicher bzw. partnerschaftlicher Haltung und bittet sie um die gewünschte Zusammenarbeit.

– Auch im genannten Beispiel spricht Paulus in Rom die Gesamtheit der Geschwister an, denen er begegnen und bei denen er sich mit seinem Brief einführen will. Von beiden Seiten ist keine Art von Kirchen- bzw. Gemeindeleitung im Spiel.

– Paulus sieht seinen Weg von Gott geführt und möchte, dass das auch in Rom so gesehen wird. Der Wille Gottes und die daraus folgende Leitung des heiligen Geistes sind das entscheidende Element.

Es gibt also keine „Apostel“ mit kirchenleitender Vollmacht. In der neutestamentlichen Gemeinde ist kein Platz für örtliche oder überörtliche hierarchisch-autoritäre Führungsstrukturen. Es herrscht eine Atmosphäre des Gehorsams gegen Gott und des gegenseitigen Respekts unter Geschwistern. Die überörtlichen Gesandten des Herrn arbeiten in dienender Haltung mit der Autorität der Vollmacht von Gott. Diese zeigt sich in der Überzeugungskraft ihres Dienstes, nicht in der Berufung auf Titel und Leitungspositionen.

Auch die „Apostel“ sind Brüder und Glieder am Leib des Herrn, der Gemeinde. Gleichwertig und gleichgestellt, mit einer besonderen Gabe und Aufgabe von Gott.

Als die Gemeinde in Korinth begann, sich aufzuspalten durch die Orientierung an menschlichen Führungspersönlichkeiten wie Paulus, Apollos oder Kephas (Petrus), rügte Paulus das scharf und rückte es zurecht: „Deshalb soll auch niemand auf Menschen stolz sein. Alles gehört doch euch: Sei es Paulus, sei es Apollos, sei es Kefas, sei es Welt, sei es Leben, sei es Tod, sei es Gegenwärtiges, sei es Kommendes, alles gehört euch, ihr aber (gehört) dem Messias, der Messias (gehört) Gott.“ (1 Kor 3, 21-23).

Orientieren muss man sich also am Messias und an Gott, nicht an Menschen, und mögen es noch so begnadete und vollmächtige göttliche Gesandte sein. Orientierung an Menschen bringt Spaltung, Orientierung an Jesus bringt Einheit.

Älteste oder Ältere

Älteste oder Ältere – das ist eine wichtige Frage in der Übersetzung. Denn genau genommen gibt es gar keine Ältesten im Neuen Testament. Die korrekte Übersetzung dieses traditionell verwendeten Begriffs ist nämlich „Ältere“. Im Griechischen haben wir es dabei mit dem Wort „presbýteros“ zu tun. Eingedeutscht taucht es in den Lehnwörtern „Presbyter“ und „Priester“ auf. „Presbýteros“ ist grammatikalisch tatsächlich nicht der Superlativ von ‚presbýs‘ (alt), was „ältester“ hieße, sondern der Komparativ. Und der ist korrekt mit „älter“ oder „Älterer“ zu übersetzen. Das Wort „Ältester“ wäre die Übersetzung des griechischen „presbýtatos“. „Presbýteros“ mit „Ältester“ zu übersetzen ist demnach einfach falsch.

Zur Zeit von Jesus galten bei den Juden zum einen theologische Autoritäten von früher als die „Älteren“. Und nach deren „Tradition der Älteren“ sollte man sein Leben ausrichten. Auch hier hatte sich um die heiligen Schriften herum eine maßgebliche theologische Tradition etabliert, was Jesus heftig kritisierte.

Zum anderen war „Ältere“ in Israel eine Bezeichnung für die Vertreter der weltlichen Führungsschicht des Volkes. Neben Priestern und Theologen waren sie die dritte Kraft, die im Obersten Rat vertreten und auch beim Prozess gegen Jesus maßgeblich beteiligt war. Diese drei Gruppen werden in den Evangelien zusammengefasst auch die „Oberen“ genannt.

In der christlichen Gemeinde gibt es keine „Ältesten“, weder vom Sinne
des Wortes noch von der Lehre her. Älteste, die einen absoluten Status im
Sinne eines leitenden Amtes innehaben, sind in der neutestamentlichen Gemeindestruktur unbekannt. „Älteste oder Ältere“ ist daher eine entscheidende Frage. Es gibt im Sinne des Wortes nur „Ältere“, die im geistlichen Wachstums- und Reifeprozess relativ weiter vorangekommen sind als die anderen. In diesem Sinne werden sie dann als „Ältere“ anerkannt und haben die Aufgabe, die ganze Gemeinde in einer gesunden Entwicklung zu unterstützen, wie es vielleicht ältere Geschwister gegenüber jüngeren in einer Familie tun können. Der parallel dazu gebrauchte Begriff aus dem griechischen Kulturkreis ist „epískopos„, das ich mit „Verantwortlicher“ übersetze.

Über die Aufgabe der Älteren hat Petrus geschrieben – 1 Petr 5,1-3: „Die Älteren unter euch fordere ich nun auf als Mit-Älterer, Zeuge der Leiden des Messias und Teilhaber der Herrlichkeit, die enthüllt werden wird: Hütet die Herde Gottes bei euch und achtet auf sie, nicht mit Druck, sondern Gott entsprechend in Freiwilligkeit, nicht gewinnsüchtig, sondern bereitwillig, nicht als Beherrscher der Teile, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid!“

(Wenn sich die christliche Gemeinde in einer Stadt in mehrere oder viele Hausgemeinden gruppiert, dann sind wohl auch die Älteren diesen „Teilen“ der Stadtgemeinde zugeordnet, aber, wie Petrus sagt, nicht als Beherrscher, sondern als Vorbilder.)

Die 24 „Älteren“ in der Offenbarung auf den Thronen rings um den Thron Gottes sind oberste Engel. Man sollte sich von der Zahl 24 nicht verleiten lassen, sie auf das irdische Gottesvolk mit den 12 Stammvätern und den 12 „Aposteln“ zu deuten. Denn in der Offenbarung sind sie schon im Himmel, bevor Jesus als Lamm dort ankommt. Und dann natürlich auch lange vor der Entrückung der Gemeinde.

Sprachen im Neuen Testament

Sprachen im Neuen Testament, also die, die man zur Zeit von Jesus im Land Israel verwendete, sind Hebräisch, Aramäisch, Griechisch und Lateinisch. (Etwas anderes sind die prophetischen Gebetssprachen.)

Hebräisch ist die ursprüngliche Sprache Israels, die älteste der Sprachen im Neuen Testament. In ihr sind die Bücher des Alten Testaments geschrieben mit Ausnahme von ein paar aramäischen Kapiteln im Buch Daniel. Hebräisch als gesprochene Sprache gab es zur Zeit von Jesus nur noch in Jerusalem und Umgebung. Da Paulus hier aufgewachsen war und studiert hatte, konnte er nach seiner Verhaftung in Jerusalem die Menge damit erstaunen, dass er eine Rede in Hebräisch an sie richtete. Ansonsten lernte aber jeder jüdische Junge in der Synagogenschule so viel Hebräisch, dass er die Texte des Alten Testaments wenigstens lesen und einigermaßen verstehen konnte. So las auch Jesus in der Synagoge in Nazaret den Text aus Jesaja problemlos auf Hebräisch vor. Und er sagte dann dazu: „Heute sind diese Worte erfüllt vor euren Ohren.“

Aramäisch ist eine dem Hebräischen verwandte semitische Sprache, die ursprünglich in Syrien gesprochen wurde. Das Land heißt semitisch „Aram“ und griechisch „Syrien“. Deswegen ist in der Antike Aramäisch und Syrisch dasselbe, genau wie Aramäer und Syrer. Durch viele Jahrhunderte von politischer und ethnischer Überfremdung war im nördlichen Teil Israels (Galiläa) Hebräisch als gesprochene Sprache ausgestorben und das Aramäische heimisch geworden. Das betrifft auch Jesus und seine galiläischen Jünger, deren Muttersprache Aramäisch war.

Dass er mit den Jüngern aramäisch sprach, klingt an der Stelle durch, an der er Petrus als „Simon bar Jona“ anspricht, d. h. „Simon, Sohn von Jona“. „Bar“ ist Aramäisch und heißt „Sohn“. Auf Hebräisch würde es „Ben“ heißen. Auch in seiner Todesstunde am Kreuz hat Jesus aramäisch gesprochen, als er sagte: „Eloi, eloi, lema sabachtani“. Das ist zwar der Anfang von Psalm 22, aber auf Aramäisch. Und Petrus war im Hof des Obersten Priesters an seiner Sprache als Galiläer erkannt worden.

Griechisch war die internationale Verkehrssprache des römischen Reichs. Es ist in unserer Zeit gut mit dem Englischen vergleichbar, das ja auch jeder mehr oder weniger kann und in internationalen Beziehungen Standard ist. Alle, die um den See Genezaret mit den Handelsstraßen und der römischen Besatzung aufwuchsen, konnten neben Aramäisch auch Griechisch. So hat auch Jesus am Ende mit Pilatus ganz sicher Griechisch gespochen. Und der ehemalige Steuereinnehmer Matthäus aus Kafarnaum konnte in dieser Sprache ein ganzes Evangelium verfassen.

Lateinisch ist am unbedeutendsten im Neuen Testament. Es taucht als römische Amtssprache nur an einer Stelle auf, nämlich bei der Urteilsbegründung, die Pilatus über dem am Kreuz hängenden Jesus anbringen ließ. Diese war ausdrücklich für alle lesbar in Hebräisch, Griechisch und Lateinisch geschrieben. Daneben gibt es aber noch viele Personen mit lateinischen Namen: Cornelius, Gaius, Julius, Markus, Paulus, Pilatus, Quartus, Silvanus, Tertius, Titus etc.

Als die Botschaft von Jesus über Israel hinaus zu den Nichtjuden ging, war automatisch Griechisch die entscheidende Sprache. Sie wurde von allen Völkerschaften im östlichen und teilweise auch im westlichen römischen Reich verstanden. Deshalb sind sämtliche Schriften des Neuen Testaments ursprünglich in Griechisch verfasst. Nur von Matthäus schrieb später Papias, ein führender Mann der Gemeinde in Hierapolis, er habe die Reden von Jesus zuerst in Aramäisch aufgeschrieben. In der Tat finden wir im Matthäusevangelium mindestens fünf längere Reden von Jesus, die auf eine solche Redensammlung zurückgehen könnten. Aber auch Matthäus hat sein ausgearbeitetes Evangelium auf Griechisch herausgegeben.

Natürlich wurden die griechischen Texte im Zuge der Mission auch schon früh in andere Sprachen übersetzt. Dazu gehören Aramäisch/Syrisch, Lateinisch, Armenisch und äthiopische Sprachen. Auf der Suche nach dem ursprünglichen Text landet man aber immer beim Griechischen.

Im Geist

Im Geist – das ist ein Ausdruck im Neuen Testament, den ich oft gesehen, aber auch irgendwie überlesen habe. Vermutlich, weil ich mir nicht so viel darunter vorstellen konnte. Am Anfang der Offenbarung z. B. schreibt Johannes: „Am Tag des Herrn war ich im Geist.“ Und dieser Ausdruck taucht bei genauem Hinsehen sehr oft im Neuen Testament auf.

Dieses Phänomen des geistlichen Lebens war offenbar allgemein bekannt. Denn es wird zwar genannt, aber niemand fand es für nötig, es zu erklären. Und dann muss es mit der Zeit im Zuge der Verkirchlichung aus dem christlichen Bewusstsein verschwunden sein. Ich erinnere mich auch nicht, je eine Auslegung oder Erklärung darüber gehört oder gelesen zu haben. Andererseits scheint es im Neuen Testament eine zentrale Bedeutung zu haben. Und wir sollten alles daransetzen, es wieder für uns zu gewinnen.

Ich will jetzt auch nicht irgendwelche eigenen Gedanken dazu schreiben. Ich will vielmehr erst einmal als Grundlegung in chronologischer Reihenfolge die Stellen aufführen, an denen es im Neuen Testament vorkommt. Dabei ist deutlich, dass es sich dabei nicht um eine Aussage über den menschlichen Geist handelt. Denn an einigen Stellen heißt es ausdrücklich „im Heiligen Geist“ oder „im Geist Gottes“. Und hier die Bibelstellen:

Simeon: „Im Geist kam er auf das Tempelgelände, als auch die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um das vom Gesetz her Gewohnte mit ihm zu tun. Und er nahm es in die Arme und pries Gott …“ (Lk 2,7)

Jesus: „Jesus, erfüllt von Heiligem Geist, wandte sich ab vom Jordan und ließ sich im Geist führen in der Wüste …“ (Lk 4,1)

„Aber es kommt eine Zeit, und es ist jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit. Und der Vater sucht ja solche, die ihn so anbeten. Gott ist Geist; und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,23-24)

Jesus: „Zu dieser Zeit jubelte Jesus im Heiligen Geist: ‚Ich lobe dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du das alles vor Weisen und Einsichtigen verbirgst und Unmündigen enthüllst! Ja, Vater, so war es beschlossen bei dir.'“ (Lk 10,21)

Jesus: „Wenn ich aber im Geist Gottes die dämonischen Geister hinauswerfe, ist offenbar das Reich Gottes zu euch gekommen.“ (Mt 12,28)

David: „Er selbst, David, hat im Heiligen Geist gesagt: ‚Der Herr hat meinem Herrn gesagt: Sitz an meiner rechten Seite, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße!'“ (Mk 12,36)

Paulus und seine Mitarbeiter: „Wir wissen, von Gott geliebte Geschwister, wie es war, als ihr ausgewählt wurdet, dass unsere Botschaft nicht nur in Worten zu euch kam, sondern auch in Kraft, im Heiligen Geist und in großer Überzeugung.“ (1 Thess 1,4-5)

Apollos: „Der unterrichtete den Weg des Herrn, sprach sprudelnd im Geist und lehrte die Dinge über Jesus genau, kannte aber nur die Taufe des Johannes.“ (Apg 18,25)

Paulus: „Nachdem diese Dinge ausgeführt waren, stellte Paulus im Geist (den Plan) auf, durch Mazedonien und Achaia zu gehen, und danach nach Jerusalem zu fahren. Und er sagte: „Wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen!“ (Apg 19,21)

„Niemand, der im Geist Gottes spricht, sagt: ‚Verflucht ist Jesus!‘. Und niemand kann sagen ‚Herr ist Jesus!‘, außer im Heiligen Geist.“ (1 Kor 12,3)

„Wenn du Gott preist im Geist, wie soll der, der den Platz des Unwissenden ausfüllt, das Amen sagen auf deinen Dank, nachdem er nicht weiß, was du sprichst?“ (1 Kor 14,16)

Paulus: „Wir geben niemandem mit nichts einen Anstoß, damit der Dienst nicht in Verruf kommt. In allem beweisen wir uns vielmehr als Gottes Diener: in großer Ausdauer, in Bedrängnissen, in Zwangslagen, in Notlagen, in Schlägen, in Inhaftierungen, in Unruhen, in Mühen, in Schlaflosigkeit, in Fasten, in Reinheit, in Erkenntnis, in Geduld, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, …“ (2 Kor 6,3-6)

„Nicht der ist nämlich ein Jude, der es im Sichtbaren ist, und nicht das am Körper Sichtbare ist Beschneidung. Vielmehr ist der ein Jude, der es im Verborgenen ist. Und Beschneidung des Herzens (geschieht) im Geist, nicht mit Buchstaben. Das Lob eines solchen (Menschen) kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“ (Röm 2,28-29)

„Die nach der menschlichen Natur leben, können Gott nicht gefallen. Ihr aber lebt nicht nach der menschlichen Natur, sondern im Geist, wenn denn Geist Gottes in euch wohnt.“ (Röm 8,8-9)

Paulus: „Wahrheit sage ich im Messias, ich lüge nicht, mein Gewissen bestätigt es mir im Heiligen Geist, dass ich große Trauer und unablässigen Schmerz in meinem Herzen habe. …“ (Röm 9,1-2)

Im Geist – seid sprudelnd!“ (Röm 12,11)

„Das Reich Gottes ist doch nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ (Röm 14,17)

„… ein Diener des Messias, Jesus, für die Nichtjuden zu sein, indem ich Priesterdienst tue mit der Botschaft Gottes, damit die Nichtjuden als Opfergabe willkommen sind, heilig geworden im Heiligen Geist.“ (Röm 15,16)

„In ihm wird das ganze Bauwerk zusammengefügt und wächst zu einem heiligen Tempelhaus im Herrn. In ihm werdet auch ihr mit eingebaut in eine Wohnung Gottes im Geist.“ (Eph 2,21-22)

„Dieses wurde den Menschenkindern in anderen Generationen so nicht bekannt gemacht, wie es jetzt seinen heiligen Gesandten und Propheten enthüllt wurde im Geist: …“ (Eph 3,5)

„Betrinkt euch auch nicht mit Wein, darin ist Zügellosigkeit, lasst euch vielmehr füllen im Geist: …“ (Eph 5,18)

„Bei allem Beten und Bitten betet bei jeder Gelegenheit im Geist! Wacht dazu über alle Heiligen mit Ausdauer und Bitten!“ (Eph 6,18)

„Ihr aber, Geliebte, baut euch auf in eurem heiligsten Glauben, indem ihr im Heiligen Geist betet!“ (Jud 1,20)

„… durch die, die euch die Botschaft brachten im Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt wurde.“ (1 Petr 1,12)

Johannes: „Am Tag des Herrn war ich im Geist. Und ich hörte hinter mir eine gewaltige Stimme wie ein Hornsignal: …“ (Offb 1,10)

„Sogleich war ich im Geist.“ (Offb 4,2)

„Und im Geist brachte er mich weg in eine Wüste.“ (Offb 17,3)

Im Geist brachte er mich weg auf einen großen und hohen Berg. Und er zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, die von Gott aus dem Himmel herabkam: …“ (Offb 21,10)

Der Antichrist

Der Antichrist – der Autor im Neuen Testament, der diesen Ausdruck geprägt und gebraucht hat, ist Johannes. Ich zitiere hier einen zentralen Vers dazu aus dem ersten Johannesbrief – 1 Joh 2,18: „Kinderchen, es ist die letzte Zeit. Und wie ihr gehört habt, dass ein Antichrist kommt, so sind jetzt auch viele Antichristen entstanden. Daran erkennen wir, dass es die letzte Zeit ist.“

Drei grundlegende Aussagen kann man in diesem Vers erkennen:

– Die „letzte Zeit“ hatte damals begonnen, wir leben seither in der letzten Zeit.

– Der kommende Antichrist war in der ersten Generation der Christen schon für die allernächste Zukunft angekündigt.

– Johannes schreibt, er ist „jetzt“ da, und es sind „viele Antichristen“ entstanden.

Die Diskrepanz zwischen dem einen und den vielen Antichristen lässt sich auflösen, wenn man mit der Offenbarung (Kap. 13) den Antichristen als eine dämonische Macht begreift, die sich mit einem Heer von Dämonen vieler kleinerer und größerer menschlicher Antichristen als Werkzeuge bedient.

In ihrer Grundstruktur zeigt die Offenbarung in letzter Tiefe das satanische Gegenprogramm gegen Gott:

Der Satan, der Drache, die alte Schlange ist das Gegenbild zu Gott.

Das wilde Tier aus der Unterwelt, der Antichrist, ist das Gegenbild zu Jesus dem Messias, dem Lamm.

Das zweite Tier, der falsche Prophet, der macht, das alle Welt das erste Tier anbetet, ist das Gegenbild zum Heiligen Geist, dem Geist der Prophetie.

Die große Hure Babylon ist das Gegenbild zur Gemeinde, der Braut des Lammes.

Der Ausdruck „Antichrist“ passt sehr gut, denn griechisch „anti“ heißt auf Deutsch „gegen“ oder „anstelle“. Einer, der sich gegen den Christus bzw. Messias Gottes an dessen Stelle setzen will, das ist dieser dämonische tierische Geist. Und nicht zu vergessen, er ist laut biblischer Aussage schon lange da. Es gilt also nicht, sich davor zu fürchten, dass der Antichrist irgendwann einmal kommt. Es gilt vielmehr zu erkennen, dass er da ist und am Werk ist. Und wenn man sich vor etwas fürchten will, dann bitte davor, dass man irgendwie mit ihm verwickelt sein könnte.

Die Sicht von Johannes hat auch Paulus, wenn er in 2 Thess 2,3-8 schreibt:

„Dass euch ja niemand auf irgend eine Art etwas vortäuscht! Denn (der Tag des Herrn kommt nicht), ohne dass zuerst der Abfall kommt und der Mensch des Unrechts enthüllt wird, der Sohn des Verderbens, der Gegner, der sich über alles erhebt, was ‚Gott‘ oder ‚Heiligtum‘ heißt, so dass er sich ins Tempelhaus Gottes setzt und sich vorzeigt: Er sei Gott. Erinnert ihr euch nicht, dass ich euch das sagte, als ich noch bei euch war? Ihr wisst, was ihn jetzt niederhält, bis er zu seiner Zeit enthüllt wird. Das Geheimnis des Unrechts ist allerdings schon am Werk. Nur der, der es bis jetzt niederhält, muss aus der Mitte getan werden, und dann wird der Verbrecher enthüllt werden. Ihn wird der Herr, Jesus, mit dem Hauch seines Mundes beseitigen, zunichtemachen bei seiner sichtbaren Ankunft.“

Den zweiten Thessalonicherbrief hat Paulus auf seiner zweiten Missionsreise geschrieben, das ist etwa 15 Jahre früher als der erste Johannesbrief. Und Paulus schrieb damals schon, das Geheimnis des Unrechts sei bereits am Werk. Und der, der es niederhält, hatte 15 Jahre später schon nachgelassen, als Johannes schreibt, sie sind jetzt da. Für den, „der es bis jetzt niederhält“, bleibt dann eigentlich nur eine Erklärung. Es muss die erste Generation der Apostel, der Gesandten von Jesus sein, die zu ihrer Wirkungszeit diesen Gegner noch aufgehalten hat.

Es ist erstaunlich, dass Paulus auch solche Inhalte in der ersten Unterweisung einer jungen Gemeinde schon drin hatte. Es muss für den Aufbau der Gemeinde sehr wichtig gewesen sein, dieses Geheimnis zu kennen. Die Schlüsselaussage über diesen Gegner ist bei ihm: Er setzt sich ins Tempelhaus Gottes und zeigt sich vor: Er sei Gott.

Nun müssen wir natürlich klarstellen, was im Neuen Testament das Tempelhaus Gottes ist: Es ist die Gemeinde. In 1 Petr 2,5 wird das vielleicht am schönsten beschrieben: „Lasst euch selbst als lebendige Steine aufbauen, als geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott willkommen sind durch Jesus den Messias.“

Seit beim Sühnetod von Jesus am Kreuz der Vorhang im Tempel zerrissen war, war der steinerne Tempel in Jerusalem als Wohnort Gottes auf Erden abgelöst. Nun wohnt er seit dem ersten Pfingsten im Geist in seiner Gemeinde, wie auch Paulus es ausgedrückt hat in Eph 2,21-22: „In ihm (Jesus) wird das ganze Bauwerk zusammengefügt und wächst zu einem heiligen Tempelhaus im Herrn, in dem auch ihr mit aufgebaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist.“

In diesem Haus Gottes den Platz des Messias einzunehmen und dieses Werk zu zerstören, ist also der Auftrag der antichristlichen Macht. Unsere Brüder und Schwestern in früheren Jahrhunderten hatten eine klare Sicht vom Abfall im Christentum in der frühen Zeit. Der Abfall war die Entwicklung von menschlichen Machtpositionen in der Gemeinde, verbunden mit Verweltlichung der Umgangsformen, der Ersatz des Geistlichen durch das Menschliche. Man könnte auch sagen: der Ersatz des Geistlichen durch dieGeistlichen„.

Ein großer Schritt auf diesem Weg war um 300 n. Chr. die Anerkennung des Christentums als offizielle Religion durch Kaiser Konstantin. Sie war unter anderem verbunden mit staatlichen Gehältern für Bischöfe und Finanzierung kirchlicher Prachtbauten. Den Höhepunkt der Entwicklung sehen wir im Papsttum, als Papst Innozenz III. um 1000 n. Chr. auch über den Kaiser und die Könige in Europa regierte. Kein Wunder, dass schon in der Offenbarung die große Stadt Rom als Hauptsitz der großen Hure gesehen wird.

Für Martin Luther war es völlig klar, dass der Papst in Rom der Antichrist ist, der im Tempel Gottes sitzt als Gott bzw. Abgott. Leider hat Luther den Antichristen nur in der einen Person und Position gesehen und nicht im gesamten Prinzip der menschlichen Herrschaft in der Gemeinde. Sonst hätte er sich nicht dazu verleiten lassen, sich auf protestantischer Seite selbst zu einer Art Papst zu entwickeln und anstatt biblischer Gemeinde eine neue Art von Kirche aufzubauen nach dem alten System der Theologen- und Pfarrerherrschaft.

Und so kennen wir das Prinzip der „Päpstlichkeit“ bis heute in Kirchen, Freikirchen, noch freieren Kirchen, bis hin zu Hauskirchen. Und die Gemeinde als „Wohnung Gottes im Geist“ bleibt auf der Strecke.

Es hat sich erfüllt, was Johannes geschaut hat. Offb 13,7: „Und ihm (dem Tier) wurde gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu besiegen.“ Für mich ist das einer der erschütterndsten Sätze im Neuen Testament. Denn er besagt, dass auch das zu Gottes Plan gehört. Und es ist ja wahr, wir sind besiegt. Wo ist die neutestamentliche Gemeinde geblieben?

Für Johannes war das allerdings schon damals kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Offb 13,10: „Hier ist die Ausdauer und der Glaube der Heiligen!“

Der Hebräerbrief

Ich möchte hier die Frage erörtern, wer wohl den Hebräerbrief geschrieben hat. Der Hebräerbrief selbst gibt nichts darüber an, er hat keinen Absender. Es gab viele Vermutungen über die Verfasserschaft, eine recht alte ist die, er sei von Paulus geschrieben worden. Das beruht wohl darauf, dass er in seiner Sprache und Ausdrucksweise manche Ähnlichkeiten mit Paulus hat. Und in den abschließenden Bemerkungen am Schluss des Briefs taucht auch Timotheus auf, der ein Mitarbeiter von Paulus war. Martin Luther hat seinerzeit Apollos als Verfasser vermutet. Ich selbst war lange Zeit der Meinung, man könne es eben nicht wissen, wer ihn geschrieben hat.

Die Entdeckung kam, als ich John A.T. Robinsons Buch las „Wann entstand das Neue Testament?“. Er schreibt, dass der altkirchliche Autor Tertullian berichtet, dass Barnabas den Brief geschrieben hat. Wer sich näher dafür interessiert, wer Tertullian war, dem empfehle ich die Beschreibungen bei Wikipedia (anspruchsvoller) oder dem Ökumenischen Heiligenlexikon (einfacher). Tertullian (um 200 n.Chr.) hatte noch Zugriff auf zuverlässige Überlieferungen. Um die Zeit seiner Geburt war der Hebräerbrief ja erst etwa 100 Jahre alt.

Zu Barnabas als Autor passt einiges am Hebräerbrief:

Barnabas stammt aus Cypern, und das heißt, er war griechischer Muttersprachler. Dazu passt dann auch das anspruchsvolle Griechisch im Hebräerbrief. Er hat im Neuen Testament die komplizierteste und schwierigste Ausdrucksweise.

Von der Abstammung her war Barnabas ein Levit. Und das heißt, dass er natürlich sehr vertraut war mit dem Alten Testament und dem jüdischen Opferwesen. Und dieses spielt im Hebräerbrief eine entscheidende Rolle.

Er war zeitweise ein enger Mitarbeiter und Gefährte von Paulus. Das kann manche Ähnlichkeiten mit Ausdrucksweisen von Paulus und auch die Bekanntschaft mit Timotheus gut erklären.

Barnabas hieß ursprünglich Josef. Er hatte aber schon in den Anfängen der Jerusalemer Gemeinde den Beinamen Barnabas „Sohn des Helfens“ bzw. „Sohn des Trostes“ bekommen. Und ein seelsorgerlicher Helfer war auch der Schreiber des Hebräerbriefs.

Der Brief blickt zurück auf eine erste Welle der Verfolgung, die unter dem Kaiser Nero ausgebrochen war, die auch Petrus und Paulus das Leben gekostet hatte, was in Heb 13,7 mitgemeint sein könnte: „Erinnert euch an eure Führenden, die euch das Wort Gottes gesagt haben, schaut den Ausgang ihres Lebenswandels an und macht es ihrem Glauben nach!“

Der Brief richtet sich an Christen jüdischer Abstammung, die in der andauernden Verfolgungssituation in der Gefahr standen, sich zurückzuziehen ins Judentum. Dieses war damals eine offiziell anerkannte Religion, und der Satz „Ich bin Jude!“ hätte einen vor der Verfolgung geschützt. Der Hebräerbrief stellt dann dar, welchen geistlichen Preis man bezahlt, wenn man sich auf diese Weise von den nichtjüdischen Geschwistern distanziert und sich der Gemeinschaft mit ihnen entzieht, um die eigene Haut zu retten. Es wäre Verrat am Glauben, Verrat an Jesus.

Der Hebräerbrief ist das seelsorgerliche Wort, das in dieser Situation Klarheit schafft, wie ein zweischneidiges Schwert – Hebr 4,12: „Lebendig ist ja das Wort Gottes, wirksam, schärfer als jedes zweischneidige Schwert, durchdringend bis zur Zerteilung von Seele und Geist, von Gelenken und Markknochen, und ein Beurteiler von Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“

Ich denke, manche heutige „Seelsorge“ könnte sich eine Scheibe davon abschneiden …

Petrusbriefe und Judasbrief

Was die zwei Petrusbriefe und den Judasbrief betrifft, habe ich in dem Buch von John A.T. Robinson „Wann entstand das Neue Testament?“ eine einleuchtende Erklärung entdeckt:

Die Petrusbriefe und der Judasbrief stehen in einer eigenartigen Dreiecksbeziehung zueinander. Der erste und der zweite Petrusbrief nennen mit Petrus zwar denselben Absender, sind in Stil und Inhalt aber sehr verschieden. Der zweite Petrusbrief und der Judasbrief haben dagegen verschiedene Absender, sind in Stil und Inhalt aber sehr ähnlich. Sie scheinen irgendwie verwandt zu sein. Die Lösung dieses Rätsels, die Robinson vorschlägt, beruht darauf, dass erster und zweiter Petrus in unterschiedliche Situationen hineinsprechen und unterschiedliche Schreiber haben.

Von Paulus her wissen wir schon, dass er seine Briefe in Zusammenarbeit mit Schreibern geschrieben hat. Und auch der Schreiber des ersten Petrusbriefs ist bekannt – 1 Petr 5,12: „Durch Silvanus, den treuen Bruder, wofür ich ihn halte, habe ich euch in wenigen Worten geschrieben, um zu helfen und zu bezeugen, dass dies die wahre Gnade Gottes ist, in der ihr steht.“

Silvanus kennen wir aus dem ersten und zweiten Thessalonicherbrief und aus dem zweiten Korintherbrief. Er ist der Mitarbeiter von Paulus, der in der Apostelgeschichte „Silas“ heißt. Auch wieder ein Mann mit einem hebräischen und einem lateinischen Namen, vermutlich Jude und zugleich römischer Bürger wie Paulus.

Der erste Petrusbrief ging in eine Situation, in der ein negativer Stimmungsumschwung unter den Heiden gegen die Christen eingetreten war. Es kam nun Druck von außen auch in der Heidenwelt. Dieser zunehmende Druck war wohl ein Vorbote der Verfolgung, die im Jahr 65 unter Kaiser Nero ausbrach.

Der zweite Petrusbrief geht wie der Judasbrief in eine andere Situation. In ihr wird die Gemeinde durch sich ausbreitende falsche Lehrer von innen her zunehmend bedroht. Genauso wird es auf eine andere Art auch in den Johannesbriefen dargestellt. Diese Situation lag aber zeitlich vor der aufkommenden Verfolgung, und so ist der zweite Petrusbrief eigentlich der erste. Dazu muss man wissen, dass im Neuen Testament die Briefe der jeweiligen Verfasser nicht in zeitlicher Reihenfolge sortiert sind, sondern der Länge nach. Weder die Paulus- noch die Petrus- noch die Johannesbriefe sind in zeitlicher Reichenfolge geordnet.

Wenn Petrus nun im „ersten“ seiner Briefe einen Schreiber hatte, warum dann nicht auch im „zweiten“, dem zeitlich ersten? Und wenn dieser „zweite“ mit dem Judasbrief eng verwandt ist, warum könnte dann nicht Judas sein Schreiber sein? Judas hätte dann aufgrund der Dringlichkeit schon einmal unter eigenem Namen ein Schreiben hinausgehen lassen – Vers 3: „Geliebte, in aller Eile tue ich es und schreibe euch über unsere gemeinsame Rettung, weil ich die Notwendigkeit habe, euch mit Schreiben aufzufordern, dass ihr kämpft für den Glauben, der den Heiligen ein- für allemal übergebenen worden ist.“

Unter der Anleitung und dem Namen von Petrus hätte er dann als dessen Schreiber eine überarbeitete und erweiterte Fassung seines eigenen Briefs erstellt. Damit würde dann auch auf diese Aussage ein anderes Licht fallen – 2 Petr 3,1-2: „Geliebte, ich schreibe euch schon diesen zweiten meiner Briefe, in denen ich durch Erinnern euer reines Bestreben aufwecke, dass ihr an die Worte denkt, die von den heiligen Propheten zuvor gesagt worden sind, und an das Gebot eurer Gesandten, das des Herrn und Retters!“ Der erste Brief vor diesem „zweiten“ wäre in diesem Fall der Judasbrief gewesen.

Natürlich muss man diese Theorie nicht glauben. Aber sie ist die einleuchtendste, wenn es darum geht, das Verhältnis dieser drei Briefe zueinander zu erklären.

Titus 2: ältere und jüngere Frauen

Titus 2: ältere und jüngere Frauen – die Bedeutung der richtigen Satztrennung und Zeichensetzung hat an dieser Stelle gravierende Folgen. Die Idee dazu habe ich durch einen Vortrag bei einer Tagung der Studiengemeinschaft Wort und Wissen bekommen. Tit 2,1-5 ist der Satz, um den es sich handelt. Hier schreibt Paulus an Titus, wie er mit älteren Männern, älteren Frauen und jüngeren Frauen jeweils umgehen soll.

Ich zitiere den Satz zunächst einmal, wie er in der Elberfelder Bibel steht:

„Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt:

dass die alten Männer nüchtern seien, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren;

ebenso die alten Frauen in der Haltung, wie es der Heiligkeit geziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig (zu sein), den eigenen Männern sich unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“

Mit anderer Satztrennung und Zeichensetzung übersetze ich diese Verse so:

„Du aber musst sagen, was der heilsamen Lehre angemessen ist:

Ältere Männer sollen einen klaren Kopf behalten, ernsthaft sein, klar denkend, gesund im Glauben, in der Liebe und in der Ausdauer.

Ältere Frauen sollen genauso in der Haltung priesterlich sein, nicht gehässig, nicht an viel Wein versklavt, und Gutes lehren, um klares Denken zu vermitteln.

Die jungen Frauen sollen Freunde ihrer Männer sein, Freunde der Kinder, klar denken, rein (sein), sich gut um das ganze Haus kümmern und sich ihren Männern unterordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert wird.“

Dafür, dass ich die zweite Version richtig finde gegenüber der ersten (traditionellen), nenne ich zwei Gründe. Zum einen spricht Paulus hier die jüngeren Frauen als eine eigene Gruppe an. Genauso spricht er ja die älteren Frauen, die älteren Männer und im darauf folgenden Satz auch die jüngeren Männer an. Zum anderen beschränkt er die älteren Frauen nicht auf das Lehren der jüngeren Frauen. Sie sollen vielmehr allgemein Gutes lehren, um klares Denken zu vermitteln.

Ich denke, dass wir auch hier – Titus 2: ältere und jüngere Frauen – wieder eine Textstelle berichtigen konnten, die man gerne zur Zurücksetzung der Frauen benutzt hat. Also, ihr älteren Frauen und ihr jüngeren Frauen, ihr seid genauso angesprochen und wichtig wie die Männer in der Gemeinde. Im Messias gibt es ja, wie Paulus sagt, nicht mehr „Mann“ oder „Frau“, sie sind alle eins in ihm … (Gal 3,26).

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