Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Kategorie: Heiliger Geist (Seite 2 von 2)

Was ist Geist

Was ist Geist, diese Frage müssen wir uns stellen, wenn wir die Bibel verstehen wollen. Denn hier begegnet uns Geist auf Schritt und Tritt und betrifft uns persönlich. Dabei fällt auf, dass die Bibel selbst nirgends erklärt oder darüber lehrt, was Geist ist. Offensichtlich ist das von Anfang an allen bekannt. Es scheint erst ein Problem der modernen materialistischen Zeit zu sein, nicht mehr zu wissen, was Geist ist. Es hat also eine Verdummung eingesetzt. Entweder erklärt man, dass es Geist einfach nicht gibt, dass es also eine antiquierte menschliche Einbildung ist. Oder man gesteht zu, dass es einen menschlichen Geist gibt, aber erklärt ihn dann materialistisch mit Funktionen des menschlichen Gehirns.

Ich versuche aus meiner Kenntnis der biblischen Sicht eine Erklärung. Der erste Versuch einer Definition lautet: Geist ist die nicht-materielle Existenzform. Wir leben in dieser materiellen Welt und daher ist das materiell existierende zunächst das uns Naheliegende und Vertraute. Alles, was über den materiellen Rahmen hinaus existiert, ist Geist.

Als Versuch einer weitergehenden Definition nenne ich für das, was uns in der Bibel als Geist begegnet, drei Eigenschaften: Realität, Persönlichkeit und Fähigkeit. Diese Eigenschaften lese ich ab an den drei Arten von Geistwesen, die uns in der Bibel begegnen.

Das erste und grundlegende, was uns hier begegnet, ist Gott selbst. Jesus hat diese Aussage gemacht: Gott ist Geist. Natürlich überschreitet es unser Vorstellungsvermögen, uns Gott als Geist vorzustellen. Gott hat nicht umsonst verboten, sich ein Bild von ihm zu machen. Aber die drei Kennzeichen sind deutlich: Er ist real, er ist personal, und er ist fähig. Allerdings ist klar, was Gott betrifft, dass es über ihn keine menschliche Erklärung geben darf, die ihn in irgendeiner Weise begrenzt oder einschränkt.

Von Gott abgeleitet, bzw. von ihm erschaffen, begegnen uns zwei Arten von Geistwesen: Engel und Menschen. Die Engel hat Gott schon vor der uns bekannten Schöpfung erschaffen, denn sie haben gejauchzt und Gott gepriesen über dieser Schöpfung, die er geschaffen hat (Hiob 38,7). Aus den Reihen der Engel ist dann aber auch der Fall des Oberstens Engels geschehen, der zum Satan, zum Gegner, wurde und einen Teil der Engel mit sich gezogen hat, aus denen die Welt der Dämonen geworden ist. Das neue Testament nennt sie auch „unreine Geister“.

Im Gegensatz zu Engeln und Dämonen in ihrer geistigen Existenz sind die Menschen Geistwesen, die in der materiellen Welt in einem materiellen Körper leben. Gott hat auch diesen Körper geschaffen und geformt, wobei es unklar ist, was der Sündenfall mit dem Einbruch der Sterblichkeit an Veränderung gebracht hat. Die Bibel sagt ja deutlich, dass dieser Vorgang die ganze Schöpfung in Mitleidenschaft gezogen hat ist. So bleibt die Frage offen, aus welcher göttlichen Späre die Schöpfung durch Sünde und Tod in die jetzige Existenzform gefallen ist.

Im Unterschied zu den Engeln hat der Mensch allerdings die Fähigkeit, sich zu vermehren. Gott hat Mann und Frau erschaffen und entsprechend gesegnet: Seid fruchtbar und vermehrt euch! Und so erschaffen zwei menschliche Geistwesen durch Zeugung und Befruchtung ein neues menschliches Geistwesen. So gesehen ist es tatsächlich ein Schöpfungsakt, der hier stattfindet. Wir finden in der Bibel deshalb auch keinerlei Ansatz der Reinkarnationslehre. In einem gezeugten Menschen beginnt kein schon zuvor vorhandenes Geistwesen noch einmal ein neues Leben.

Allerdings existiert der Geist des Menschen nach dem Tod weiter. Es gibt für ihn dann die auf Hebräisch „sche’ol“ und Griechisch „hades“ genannte Totenwelt. Aus ihr konnte König Saul den Geist des verstorbenen Propheten Samuel heraufrufen lassen (1 Sam 28). Und Jesus erzählt das Beispiel, in dem der reiche Mann nach seinem Tod im Hades war, wo er von ferne den armen Lazarus an der Seite Abrahams sehen konnte (Lk 16,19-30).

(Nicht aus der Bibel selbst, aber aus der Erfahrung ist noch eine andere – allerdings dazu passende – Möglichkeit bekannt: Geister von verstorbenen gehen nach dem Tod nicht hinüber in die Totenwelt, sondern bleiben in der Menschenwelt, weil sie sich hier an etwas gebunden haben. Sie hängen an ihrem Lieblingsplatz, ihrer Wohnung, ihrem Haus o. ä., was sich für die dort Lebenden dann in irgendeiner Weise als belastend oder bedrückend auswirkt. Im Namen von Jesus kann man sie aber von dort auch wieder lösen und in die Totenwelt entlassen.)

Eine Ausnahme zu all dem bilden die Jünger von Jesus, die Gemeinde der aus Gott Geborenen. Von ihnen hat Jesus gesagt, dass die Tore der Totenwelt sie nicht bezwingen werden (Mt 16,18). Sie „sterben“ nicht, wenn sie den Körper verlassen, sondern sie gehen heim zu ihrem Herrn in den Himmel. Hier dürfen sie ruhen bis zur Auferstehung, in der sie dann einen neuen Körper bekommen. Dieser besteht dann aber aus Geist, genau wie der Auferstehungsleib von Jesus (1 Ko 15,44-46). Und wenn Jesus der Erstling der neuen Schöpfung ist und die auferstandene Gemeinde die Vorhut der neuen Welt, dann liegt doch der Gedanke nahe, dass der neue Himmel und die neue Erde vielleicht ebenfalls aus „Geist“ bestehen werden …

Im Geist

Im Geist – das ist ein Ausdruck im Neuen Testament, den ich oft gesehen, aber auch irgendwie überlesen habe. Vermutlich, weil ich mir nicht so viel darunter vorstellen konnte. Am Anfang der Offenbarung z. B. schreibt Johannes: „Am Tag des Herrn war ich im Geist.“ Und dieser Ausdruck taucht bei genauem Hinsehen sehr oft im Neuen Testament auf.

Dieses Phänomen des geistlichen Lebens war offenbar allgemein bekannt. Denn es wird zwar genannt, aber niemand fand es für nötig, es zu erklären. Und dann muss es mit der Zeit im Zuge der Verkirchlichung aus dem christlichen Bewusstsein verschwunden sein. Ich erinnere mich auch nicht, je eine Auslegung oder Erklärung darüber gehört oder gelesen zu haben. Andererseits scheint es im Neuen Testament eine zentrale Bedeutung zu haben. Und wir sollten alles daransetzen, es wieder für uns zu gewinnen.

Ich will jetzt auch nicht irgendwelche eigenen Gedanken dazu schreiben. Ich will vielmehr erst einmal als Grundlegung in chronologischer Reihenfolge die Stellen aufführen, an denen es im Neuen Testament vorkommt. Dabei ist deutlich, dass es sich dabei nicht um eine Aussage über den menschlichen Geist handelt. Denn an einigen Stellen heißt es ausdrücklich „im Heiligen Geist“ oder „im Geist Gottes“. Und hier die Bibelstellen:

Simeon: „Im Geist kam er auf das Tempelgelände, als auch die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um das vom Gesetz her Gewohnte mit ihm zu tun. Und er nahm es in die Arme und pries Gott …“ (Lk 2,7)

Jesus: „Jesus, erfüllt von Heiligem Geist, wandte sich ab vom Jordan und ließ sich im Geist führen in der Wüste …“ (Lk 4,1)

„Aber es kommt eine Zeit, und es ist jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit. Und der Vater sucht ja solche, die ihn so anbeten. Gott ist Geist; und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,23-24)

Jesus: „Zu dieser Zeit jubelte Jesus im Heiligen Geist: ‚Ich lobe dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du das alles vor Weisen und Einsichtigen verbirgst und Unmündigen enthüllst! Ja, Vater, so war es beschlossen bei dir.'“ (Lk 10,21)

Jesus: „Wenn ich aber im Geist Gottes die dämonischen Geister hinauswerfe, ist offenbar das Reich Gottes zu euch gekommen.“ (Mt 12,28)

David: „Er selbst, David, hat im Heiligen Geist gesagt: ‚Der Herr hat meinem Herrn gesagt: Sitz an meiner rechten Seite, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße!'“ (Mk 12,36)

Paulus und seine Mitarbeiter: „Wir wissen, von Gott geliebte Geschwister, wie es war, als ihr ausgewählt wurdet, dass unsere Botschaft nicht nur in Worten zu euch kam, sondern auch in Kraft, im Heiligen Geist und in großer Überzeugung.“ (1 Thess 1,4-5)

Apollos: „Der unterrichtete den Weg des Herrn, sprach sprudelnd im Geist und lehrte die Dinge über Jesus genau, kannte aber nur die Taufe des Johannes.“ (Apg 18,25)

Paulus: „Nachdem diese Dinge ausgeführt waren, stellte Paulus im Geist (den Plan) auf, durch Mazedonien und Achaia zu gehen, und danach nach Jerusalem zu fahren. Und er sagte: „Wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen!“ (Apg 19,21)

„Niemand, der im Geist Gottes spricht, sagt: ‚Verflucht ist Jesus!‘. Und niemand kann sagen ‚Herr ist Jesus!‘, außer im Heiligen Geist.“ (1 Kor 12,3)

„Wenn du Gott preist im Geist, wie soll der, der den Platz des Unwissenden ausfüllt, das Amen sagen auf deinen Dank, nachdem er nicht weiß, was du sprichst?“ (1 Kor 14,16)

Paulus: „Wir geben niemandem mit nichts einen Anstoß, damit der Dienst nicht in Verruf kommt. In allem beweisen wir uns vielmehr als Gottes Diener: in großer Ausdauer, in Bedrängnissen, in Zwangslagen, in Notlagen, in Schlägen, in Inhaftierungen, in Unruhen, in Mühen, in Schlaflosigkeit, in Fasten, in Reinheit, in Erkenntnis, in Geduld, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, …“ (2 Kor 6,3-6)

„Nicht der ist nämlich ein Jude, der es im Sichtbaren ist, und nicht das am Körper Sichtbare ist Beschneidung. Vielmehr ist der ein Jude, der es im Verborgenen ist. Und Beschneidung des Herzens (geschieht) im Geist, nicht mit Buchstaben. Das Lob eines solchen (Menschen) kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“ (Röm 2,28-29)

„Die nach der menschlichen Natur leben, können Gott nicht gefallen. Ihr aber lebt nicht nach der menschlichen Natur, sondern im Geist, wenn denn Geist Gottes in euch wohnt.“ (Röm 8,8-9)

Paulus: „Wahrheit sage ich im Messias, ich lüge nicht, mein Gewissen bestätigt es mir im Heiligen Geist, dass ich große Trauer und unablässigen Schmerz in meinem Herzen habe. …“ (Röm 9,1-2)

Im Geist – seid sprudelnd!“ (Röm 12,11)

„Das Reich Gottes ist doch nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ (Röm 14,17)

„… ein Diener des Messias, Jesus, für die Nichtjuden zu sein, indem ich Priesterdienst tue mit der Botschaft Gottes, damit die Nichtjuden als Opfergabe willkommen sind, heilig geworden im Heiligen Geist.“ (Röm 15,16)

„In ihm wird das ganze Bauwerk zusammengefügt und wächst zu einem heiligen Tempelhaus im Herrn. In ihm werdet auch ihr mit eingebaut in eine Wohnung Gottes im Geist.“ (Eph 2,21-22)

„Dieses wurde den Menschenkindern in anderen Generationen so nicht bekannt gemacht, wie es jetzt seinen heiligen Gesandten und Propheten enthüllt wurde im Geist: …“ (Eph 3,5)

„Betrinkt euch auch nicht mit Wein, darin ist Zügellosigkeit, lasst euch vielmehr füllen im Geist: …“ (Eph 5,18)

„Bei allem Beten und Bitten betet bei jeder Gelegenheit im Geist! Wacht dazu über alle Heiligen mit Ausdauer und Bitten!“ (Eph 6,18)

„Ihr aber, Geliebte, baut euch auf in eurem heiligsten Glauben, indem ihr im Heiligen Geist betet!“ (Jud 1,20)

„… durch die, die euch die Botschaft brachten im Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt wurde.“ (1 Petr 1,12)

Johannes: „Am Tag des Herrn war ich im Geist. Und ich hörte hinter mir eine gewaltige Stimme wie ein Hornsignal: …“ (Offb 1,10)

„Sogleich war ich im Geist.“ (Offb 4,2)

„Und im Geist brachte er mich weg in eine Wüste.“ (Offb 17,3)

Im Geist brachte er mich weg auf einen großen und hohen Berg. Und er zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, die von Gott aus dem Himmel herabkam: …“ (Offb 21,10)

Geistliche

Geistliche – beschäftigen wir uns einmal mit der Frage, was eigentlich „Geistliche“ sind. Im üblichen Sprachgebrauch ist das schon lange ein Terminus für die ordinierten bzw. geweihten Amtspersonen der Kirchen. In heutiger Zeit ist der Begriff sogar noch weitergewandert. Man kann in den Medien auch immer wieder von jüdischen oder islamischen „Geistlichen“ hören oder lesen.

Jesus hat diese Art von Geistlichen unter seinen Jüngern eindeutig verboten (Mt 23,8-12). Daher kommen sie in der Gemeinde des Neuen Testaments natürlich auch nirgends vor. In der gemeinschaftlichen Struktur des Zusammenlebens wären sie sowieso völlig fehl am Platz. Hier geht es ja um das geistliche Erwachsenwerden aller Christen.

Der Ausdruck „Geistliche“ an sich wird aber von Paulus in zwei seiner Schriften verwendet. Auf Griechisch heißen sie „pneumatikói“. Das kommt von „pneuma“ (Geist). In meiner Übersetzung schreibe ich dafür zum besseren Verständnis nicht „Geistliche“, sondern „geistliche Menschen“:

1 Kor 2,12-3,1: „Und wir haben nicht den Geist der Welt bekommen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen sollen, was uns von Gott geschenkt ist. Wir sprechen darüber, aber nicht mit Worten, die von menschlicher Weisheit gelehrt sind. (Wir sprechen) vielmehr mit (Worten), die vom Geist gelehrt sind, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Ein seelischer Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes nicht an. Sie sind ja ‚dummes Zeug‘ für ihn, er kann sie nicht verstehen, weil man sie nur geistlich ergründen kann. Der geistliche Mensch ergründet sie alle, ihn selbst kann aber niemand ergründen. ‚Wer hat denn den Verstand des Herrn nachgeprüft und sollte ihm Rat erteilen?‘ Wir aber haben die Denkweise des Messias. Und ich, Geschwister, konnte nicht mit euch sprechen wie mit geistlichen Menschen, sondern (musste sprechen) wie mit menschlich denkenden, wie mit kleinen Kindern im Messias.“

1 Kor 14,37: „Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder ein geistlicher Mensch, dann soll er klar erkennen, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist.“

Gal 6,1: „Wenn ein Mensch mit irgendeinem Fehltritt überrascht wird, Geschwister, dann müsst ihr, die geistlichen Menschen, denjenigen wiederherstellen mit sanftem Geist! Und achte auf dich selbst, dass auch du nicht versucht wirst!“

Der Unterschied zwischen den Geistlichen des Neuen Testaments und den „Geistlichen“ der Welt dürfte durch diese Aussagen deutlich geworden sein.

Und wenn wir geistliche Christen sind oder werden, dann können wir auf die anderen „Geistlichen“ gut verzichten …

Die Frucht des Geistes

Die Frucht des Geistes beschreibt Paulus in Gal 5,22-23. Ich zitiere den Satz zunächst einmal aus der Lutherübersetzung. Ich lasse aber die Satzzeichen weg, die es ursprünglich nicht gab: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe Freude Friede Geduld Freundlichkeit Güte Treue Sanftmut Keuschheit“.

Aufgrund dieser Stelle hat es schon mancherlei Lehren über die neun Früchte des Geistes gegeben. Mit einer alternativen Zeichensetzung gibt es aber eine andere und stimmigere Sichtweise dieses Satzes. Ausgangspunkt dazu ist die Tatsache, dass im Griechischen nicht von „Früchten“ in der Mehrzahl, sondern von „Frucht“ in der Einzahl die Rede ist. Es geht um eine Frucht, nicht um mehrere. Der Satz heißt dann am Anfang zunächst: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe“. Das passt schon gleich zum neuen Gebot, dem Liebesgebot, von Jesus (Joh 13,34). Und es passt zur Aussage von Paulus, dass die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist durch heiligen Geist (Röm 5,5).

Was ist dann der Rest der Aufzählung? Das können nur verschiedene Ausgestaltungen dieser einen Frucht „Liebe“ sein. Der Vers aus der Lutherübersetzung heißt mit entsprechenden Satzzeichen dann so: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.“ Das alles gehört zur Liebe. Es geht also nicht um neun Früchte des Geistes, sondern um Liebe als Frucht des Geistes in acht Konkretionen.

Die letzte dieser acht Ausgestaltungen der Liebe, die Luther mit „Keuschheit“ wiedergegeben hat, war mancherlei Übersetzungsversuchen ausgesetzt. Man liest da in den Bibelversionen auch „Enthaltsamkeit“, „Besonnenheit“ oder vielleicht sogar „Disziplin“. Das griechische Wort, das hier steht, ist „enkráteia“. Dieses meint in seiner Grundbedeutung etwas wie „sich zusammennehmen“.

Es gibt eine aufschlussreiche Parallelstelle, in der Paulus dieses Wort in Verbform benutzt hat. Von ihr her bin ich auf einen anderen Begriff gekommen, den ich nun benutze – 1 Kor 9,25: „Jeder, der kämpft, verzichtet aber auf alles; jene, damit sie dann einen vergänglichen Siegeskranz bekommen, wir aber einen unvergänglichen.“

Dieses Enthalten von unnötigen Dingen nennen wir im Deutschen doch wohl am ehesten „Verzicht“. Der Satz im Galaterbrief heißt dann in meiner Übersetzung: „Die Frucht des Geistes ist aber Liebe: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftheit, Verzicht.“

Mit diesen Konkretionen der Liebe darf man sich gerne auch prüfen, wie es bei einem selbst damit steht. Und wenn der Satan wieder einmal etwas anbietet, um uns vom Wesentlichen abzulenken oder zu verführen, dann gibt es eine wunderbare Möglichkeit, darauf zu reagieren: Wir verzichten einfach.

Das Thema „Verzicht“ taucht auch an einer eher unerwarteten Stelle auf, nämlich in einer evangelistischen Verkündigung – Apg 24,24-25: „Nach einigen Tagen kam Felix mit Drusilla, seiner Frau, die Jüdin war, ließ Paulus holen und hörte ihn an über den Glauben an den Messias Jesus. Als (Paulus) aber über Gerechtigkeit, Verzicht und das kommende Gericht sprach, wurde Felix voller Furcht und antwortete: ‚Für jetzt geh! Wenn ich eine Gelegenheit bekomme, will ich dich zu mir rufen lassen‘.“

Felix, ein heidnischer Römer, hört Paulus an, der über den Glauben an Jesus den Messias spricht. In diesem Zusammenhang thematisiert Paulus dann auch die Themen „Gerechtigkeit“, „Verzicht“ und „das kommende Gericht“. Das ist für unsere modernen Ohren durchaus ungewohnt in einer evangelistischen Verkündigung. Aber Paulus war offensichtlich darauf aus, einem Interessierten das ganze Christenleben mit all seinen Aspekten zu erklären. Der sollte ja schließlich wissen, was auf ihn zu käme, wenn er Christ würde. Und unter anderem erklärte Paulus ihm, dass er in diesem Fall sicherlich auf einiges würde verzichten müssen …

Heiligen Geist haben

Heiligen Geist haben, das ist nach dem Neuen Testament eine Grundfrage bzw. ein Grundprinzip im Christenleben.

Röm 5,5: „Und die Hoffnung enttäuscht nicht. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Als ich einmal die Übersetzung dieses Verses bearbeitete, fiel mir eine alte Diskussionen wieder ein, in die ich vor vielen Jahren verwickelt war. Es ging darum, ob Christen den Heiligen Geist haben oder ob es nicht hochmütig sei, zu sagen, man „habe“ ihn. Das würde wie ein Besitz klingen, und das sei unangemessen.

Paulus sagt: „Heiliger Geist ist uns gegeben.“ Das angesprochene Problem kann man lösen, wenn man Folgendes beachtet: Im Griechischen des Neuen Testaments gibt es zwei Arten, davon zu sprechen. Diese Unterscheidung wird in deutschen Bibelübersetzungen in der Regel nicht beachtet. Die neutestamentlichen Autoren schreiben zum einen „der Heilige Geist“, also mit Artikel, zum anderen „Heiliger Geist“ ohne Artikel. „Der Heilige Geist“ heißt es immer dann, wenn es sich um die göttliche Person handelt. Die göttliche Person ist die Gesamtheit des Geistes, das handelnde oder redende Subjekt. „Heiliger Geist“ ist im Unterschied dazu das, was wir von Gott bekommen. Wir bekommen einen Anteil am Geist, eine Anzahlung oder Erste Frucht vom Heiligen Geist.

In diesem Sinne haben wir also nicht „den Heiligen Geist“, den können wir nicht haben oder besitzen. Er kann höchstens uns haben oder besitzen, was im Christenleben ja der Normalzustand sein sollte. In diesem Zustand haben wir dann aber „Heiligen Geist“. Wir haben ein Geschenk Gottes, uns gegeben, durch das auch Jesus und der Vater in uns wohnen und wir „in Christus“ bzw. „im Messias“ sind.

Von dieser Redeweise her erhellt sich auch der Sinn jener eigentümlichen Geschichte, die uns in Apg 19,1-2 berichtet wird: Während Apollos in Korinth war, geschah es, dass Paulus durch die höher gelegene Gegend ging, hinunter nach Ephesus kam und (dort) einige Jünger traf. Er sagte zu ihnen: „Habt ihr Heiligen Geist bekommen, als ihr zum Glauben gekommen seid?“ Sie zu ihm: „Aber wir haben nicht einmal davon gehört, dass es Heiligen Geist (für uns) gibt!“

Für Paulus ist es offensichtlich eine sehr wichtige Frage, dass Menschen Heiligen Geist bekommen, wenn sie zum Glauben kommen. Die Antwort jener Jünger ist dann nicht, dass sie noch nie etwas von ihm gehört haben. Das geht ja von der ganzen biblischen Botschaft her gar nicht. Sie haben vielmehr als Johannesjünger noch nicht gehört, dass jetzt die Zeit da ist, in der es Heiligen Geist gibt. Gemeint in dem Sinne, dass man ihn bekommen kann, wenn man im Glauben an Jesus sein Leben auf Gott ausrichtet.

Ich weiß noch, wie hilfreich ich es empfunden habe, als ich diesen Unterschied in der Redeweise entdeckt und verstanden habe. Ich denke, es war David Pawson, durch den ich in einem seiner Bücher darauf aufmerksam geworden bin.

Neuere Beiträge »