Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Autor: Uli Wößner (Seite 15 von 24)

siehe Beitrag "Über mich"

Erbauung oder Aufbau

Erbauung oder Aufbau, das ist die Frage. Die traditionelle Übersetzung „Erbauung“ für das griechische „oikodomé“ hat im frommen Verständnis leider die Tendenz zur „Erbaulichkeit“ entwickelt. Vielleicht fallen uns jene „Erbauungs“-Stunden ein, in denen man „erbauliche“ Verkündigung pflegt. Mit ihr lassen sich fromme Christen in ihren frommen Ansichten bestätigen und fühlen sich „erbaut“. Aber geistlich bewegt sich nichts in ihrem Leben.

Die Botschaft Gottes ist aber nicht dazu da, Menschen zu bestätigen, sondern in Frage zu stellen. Sie will Christen zur – geistlich verstandenen – vollkommenen Hingabe und Heiligkeit führen. Die erwähnte „Erbaulichkeit“ ist ein Hindernis auf diesem Weg. Erbauung oder Aufbau, das ist also eine Grundfrage des Christen- und Gemeindelebens.

Deshalb wird im Neuen Testament und also auch in meiner Übersetzung die christliche Gemeinde nicht „erbaut“, sondern „aufgebaut“. So entspricht es auch dem griechischen Wort „oikodomé“, das im eigentlichen Sinne den Bau von Häusern bedeutet. Hier soll alles nicht der „Erbauung“ dienen, sondern dem Aufbau. Jeder Einzelne erhält Aufbau, um teilzunehmen am Aufbau der Gemeinde, der Wohnung Gottes im Geist. In ihr geht es nicht „erbaulich“ zu, sondern geistlich.

1 Kor 3,10-15: „Entsprechend der mir von Gott gegebenen Gnadengabe habe ich als weiser Architekt ein Fundament gelegt, ein anderer baut darauf auf. Jeder soll sehen, wie er aufbaut. Ein anderes Fundament kann freilich niemand legen neben dem gelegten: Das ist Jesus der Messias. Ob auf das Fundament aber jemand Gold, Silber, Edelsteine, (oder) Holz, Gras, Schilf aufbaut – das Werk eines jeden wird sichtbar werden. Der Gerichtstag wird es klar erkennbar machen, weil mit Feuer aufgedeckt wird. Und wie auch immer das Werk eines jeden ist, das Feuer wird es prüfen. Wenn jemandes Werk bleibt, das er aufgebaut hat, wird er Lohn bekommen. Wenn jemandes Werk verbrennt, wird er Schaden nehmen.“

1 Kor 14,3-4: „Wer prophetisch spricht, spricht für Menschen: Aufbau, Ermutigung und Trost. Wer in einer Gebetssprache redet, baut sich selber auf. Wer prophetisch spricht, baut Gemeinde auf.“

Röm 14,19: „Also wollen wir nun hinter allem her sein, was dem Frieden und dem gegenseitigen Aufbau (dient)!“

Röm 15,2: „Jeder von uns soll dem anderen gefallen, auf das Gute hin, zum Aufbau.“

Eph 2,21-22: „In ihm wird das ganze Bauwerk zusammengefügt und wächst zu einem heiligen Tempelhaus im Herrn, in dem auch ihr mit aufgebaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist.“

Eph 4,11-12: „Und er hat (als Gaben) gegeben: die Gesandten, die Propheten, die Botschafter und die Hirten und Lehrer, damit sie die Heiligen ausbilden zum Tun des Dienstes, zum Aufbau des Leibes des Messias, …“

Eph 4,16: „Aus ihm heraus wird der ganze Leib zusammengefügt und zusammengehalten durch jede unterstützende Sehne nach dem Maß der Mitwirkung jedes einzelnen Teils, und so wird das Wachstum des Leibes vollbracht zu seinem Aufbau in Liebe.“

Eph 4,29: „Kein untaugliches Wort darf aus eurem Mund kommen, sondern wenn, dann ein gutes – zum nötigen Aufbau, damit es denen, die es hören, Gnade gibt.“

1 Pe 2,4-5: „Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein – zwar von Menschen verworfen, bei Gott aber auserwählt und kostbar – und lasst euch selbst als lebendige Steine aufbauen, als geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott willkommen sind durch Jesus den Messias.“

Nicht aus „Blut“ geboren

In Joh 1,12 werden die Kinder Gottes gekennzeichnet als solche, die „aus Gott geboren“ sind. Davor stehen drei negative Bestimmungen: Sie sind nicht aus „Blut“ geboren, nicht aus körperlichem Verlangen und nicht aus menschlichem Willen.

Nicht aus menschlichem Willen, das heißt auch, nicht aus menschlicher Planung. Also haben nicht Menschen beschlossen, dieses Kind zu wollen und zu bekommen.

Nicht aus körperlichem Verlangen, das heißt, nicht aus dem triebhaftigen Verlangen des Körpers nach Sex, wobei in Kauf genommen wird, mehr oder weniger gewollt ein Kind zu erzeugen. Also hat auch das körperliche sexuelle Verlangen dieses Kind nicht hervorgebracht.

Aber was heißt: Nicht aus „Blut“ geboren“? Aus Blut entstehen keine Kinder. Nun wusste der antike Mensch natürlich, was Blut ist. Aber die differenzierte Kenntnis der Körperflüssigkeiten, wie die moderne Wissenschaft sie erforscht hat, hatte er noch nicht. Und so dachte ich zunächst, „Blut“ könnte hier ein allgemeinerer Begriff für Körperflüssigkeiten oder Körpersäfte sein. Über die gab es in den früheren Zeiten ja spezifische medizinische Lehren. Und so könnte man vielleicht auch Sperma und Eizellen mit unter „Blut“ verstehen. Aber an der Übersetzung bin ich dann doch gescheitert. Kinder Gottes, die „nicht aus Körpersäften“ oder „nicht aus Körperflüssigkeiten“ geboren sind?

Eigenartigerweise hilft einem dann doch noch einmal ein einfacher Blick ins Lexikon. Wörter haben oft mehrere Bedeutungen. Und so fand ich unter „haíma“, dem griechischen Begriff für „Blut“, auch die Bedeutung „Blutsverwandtschaft“ im Sinne der menschlichen Abstammung von den Vorfahren. Die blutsverwandten Vorfahren eines Menschen sind im Griechischen also auch sein „Blut“. Und so wird es klar: Die Abstammungsreihe lebt ja davon, dass immer wieder neue Nachkommen hervorgebracht werden. Aber so entstehen keine Kinder Gottes. Kinder Gottes sind „nicht aus der menschlichen Abstammung geboren“. Also sind sie nicht das Produkt einer menschlichen Vorfahrenreihe.

So umschreibt Johannes hier die neue Geburt. Aus der menschlichen Abstammung, aus dem körperlichen Verlangen und aus der menschlichen Familienplanung entsteht der natürliche Mensch. Der natürliche Mensch ist aber der alte Mensch, der sündige Mensch, von dem gilt, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht sehen werden (1 Ko 15,50). Und so haben die genannten menschlichen Zusammenhänge im Reich Gottes auch keinerlei Bedeutung.

Aus Gott geboren, das ist der neue Mensch, der geistliche Mensch, der nach der Aussage des ersten Johannesbriefs nicht mehr sündigt, ja nicht mehr sündigen kann. Johannes sagt, das sind die, „die an seinen Namen glauben“.

Vielleicht müssen wir in diesem Zusammenhang ja auch noch einmal überlegen, was „glauben“ wirklich heißt …

Lehrer

Das ist die Übersetzung des griechischen Wortes „didáskalos“. Dieses Wort war in Israel zur Zeit von Jesus Titel und Anrede der Schriftgelehrten bzw. Theologen. Sie waren als Gesetzeskundige die Lehrer des Volkes. Jesus hat z. B. auch Nikodemos so genannt (Johannes 3,10). Man gebrauchte die Bezeichnung als Anrede parallel zum hebräischen „Rabbi“. Johannes hat es auch ausdrücklich als dessen griechische Übersetzung bezeichnet – Joh 1,38: „Rabbi – was übersetzt Lehrer heißt“.

Auffallend ist, dass man auch Jesus damit angesprochen hat, obwohl er kein offizieller, d. h. ordinierter Theologe war. Er hat aber offensichtlich einen solchen Eindruck gemacht, dass nicht nur seine Jünger so zu ihm sagten. Auch Leute aus dem Volk und sogar Pharisäer und Theologen, die ihm durchaus nicht freundlich gesinnt waren, sprachen ihn so an.

Im Gegensatz dazu hat Jesus seinen Jüngern und damit seiner Gemeinde das Führen dieses Titels verboten, als er sagte (Matthäus 23,8): „Ihr aber sollt euch nicht ‚Rabbi‘ nennen lassen! Einer ist nämlich euer Lehrer, ihr alle seid Geschwister.“ (Gerade auch dieser Satz zeigt noch einmal die Parallelität zum „Rabbi“.)

In diesem Sinne kam der Titel in der neutestamentlichen Gemeinde dann auch nicht vor. Aber als eine funktionelle Bezeichnung für Ältere bzw. Verantwortliche in der Gemeinde taucht das Wort auf. In Eph 4,11 sind unter den Gaben an die Gemeinde die „Hirten und Lehrer“. In Antiochia waren „Propheten und Lehrer“ in der Gemeinde (Apg 13,1).

Laut Jak 3,1 soll die Gemeinde nicht so viele Geschwister Lehrer werden lassen, weil der Umgang mit dem Reden eine anspruchsvolle menschliche und geistliche Aufgabe ist. In 1 Kor 12,26 zählt Paulus sie unter den geistlichen Gaben auf.

Im Hebräerbrief (5,12) werden die Geschwister getadelt: „Obwohl ihr von der Zeit her doch Lehrer sein müsstet, habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, …“. Hier wird eine interessante Perspektive sichtbar: Jeder sollte oder könnte ein Lehrer werden, wenn er sich geistlich und in der Erkenntnis entsprechend entwickelt. Paulus bezeichnet sich auch selbst so. Und mehrfach wird dann ja auch vor falschen Lehrern gewarnt.

Aber noch einmal: Im Sinne einer Funktion oder Gabe gibt es „Lehrer“ in der neutestamentlichen Gemeinde. Als Anrede, Titel oder Amt gibt es sie nicht, weil Jesus es aus Gründen der Gleichheit in der Gemeinde verboten hat. Die Einrichtung der ordinierten „Lehrer“ bzw. „Rabbis“ wie im Judentum ist der christlichen Gemeinde fremd.

Sören Kierkegaard (1813 – 1855)

Sören Kierkegaard war ein Mann, der mit einer Klarheit wie kein anderer die Verkehrtheit des kirchlichen Systems aufdeckte. Er war Däne, und so sollte sein Name auch dänisch ausgesprochen werden: Kjérkegoor mit offenem „o“. Hoher Intellekt verband sich bei ihm mit großer Liebe zur Wahrheit. Er studierte Theologie und Philosophie, nahm aber aus Scheu vor der Bindung kein akademisches oder kirchliches Amt an. Und so betätigte er sich als freier Schriftsteller, was in der damaligen Zeit aber finanziell noch nichts einbrachte. In seiner Heimatstadt Kopenhagen lebte er davon, dass er das von seinem Vater ererbte Vermögen allmählich aufzehrte. Zuerst setzte er sich mit philosophischen Fragen seiner Zeit auseinander; dann begann er, auch christliche Themen zu bearbeiten.

Sören Kierkegaard schrieb über den Menschen als existenzielles Wesen. Dessen Aufgabe ist es, sich über seine Existenz vor sich selbst und vor Gott bewusst zu werden. Von daher wurde er später als „Begründer der Existenzphilosophie“ bezeichnet. Aus seiner existenziellen Sicht des Menschen entwickelte er auch eine existenzielle Sicht des persönlichen Glaubens. Und so begann er, auch christliche Schriften herauszugeben. Sie sollten zu tieferem Nachdenken führen, was wahres Christentum und wahrer Glaube sei. Und es ging ihm nicht nur ums Nachdenken, sondern um klare Entscheidung. „Entweder – Oder“ war ein ganz fundamentaler Grundsatz bei ihm. Man verspottete ihn sogar auf der Straße damit: „Seht, da kommt der ‚Entweder-Oder‘!“

Als Kind seiner Zeit war er auch Kind der damaligen lutherischen Staatskirche in Dänemark gewesen. Nachdem er seine gesellschaftliche und kirchliche Umgebung endlich durchschaut hatte, kam er zu dem Schluss: Aus Sicht des Neuen Testaments ist das Christentum gar nicht da. Die vorhandene Christenheit ist ein ungeheurer Betrug. Und seine Aufgabe ist die eines Kriminalisten, der diesen Betrug aufzudecken hat. Mit vollem Einsatz führte er seinen massiven Angriff auf die Kirche aus. Er brachte dazu auf eigene Kosten eine Zeitschrift heraus, der er den Namen „Der Augenblick“ gab. In seinen Augen war von Gott her „der Augenblick“ gekommen, den Betrug aufzudecken.

Es folgen hier ein paar Zitate aus dem „Augenblick“, der mir in der deutschen Übersetzung von Christoph Schrempf aus dem Jahr 1909 vorliegt. Sprachlich habe ich sie zum besseren Verständnis an einigen Stellen leicht modernisiert:

„Ich, der ‚Entweder-Oder‘, kann keinem mit einem ‚Sowohl – Als auch‘ dienen. Ich bin im Besitz eines Buchs, das freilich hierzulande so gut wie unbekannt ist, dessen Titel ich daher genau anführen will: ‚Das Neue Testament unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi‘. Wiewohl ich ein ganz freies Verhältnis zu diesem Buch habe und z. B. durch keinen Eid darauf verpflichtet bin (wie die Pfarrer), so übt es doch eine große Macht über mich aus und flößt mir einen unbeschreiblichen Abscheu vor der Halbheit ein, vor jedem „Sowohl – Als auch“.

„Wahrer Gottesdienst besteht ganz einfach darin, dass man Gottes Willen tut. Allein, diese Art Gottesdienst war noch nie nach dem Sinn der Menschen. Was vielmehr den Menschen zu allen Zeiten beschäftigt, ist dies: Sich einen Gottesdienst zurechtzumachen, der darin besteht, dass der Mensch tut, was er will, aber so, dass er dabei Gottes Namen im Munde führt, Gott anruft. Damit glaubt sich der Mensch dann vor der Anklage auf Gottlosigkeit geschützt. – Aber genau dieses Bestreben ist, ach, gerade die qualifizierte Gottlosigkeit.“

„Was ich hier bespreche, ist: 1. eine christliche Kriminalsache, 2. ein bloßes Christentum-Spielen, 3. ein Versuch, Gott für Narren zu halten. Jede Stunde, in der dieser Zustand besteht, wird das Verbrechen fortgesetzt. Jeden Sonntag, an dem auf diese Weise Gottesdienst gehalten wird, wird Christentum gespielt und Gott für Narren gehalten. Jeder, der teilnimmt, nimmt daran teil, Christentum zu spielen und Gott für Narren zu halten. Und er ist in die christliche Kriminalsache verwickelt.“

„Man kann nicht von nichts leben. Das hört man so oft, besonders von Pfarrern. Und gerade die Pfarrer bringen das Kunststück fertig: Das Christentum ist gar nicht da – und doch leben sie davon.“

„Der Unterschied zwischen Theater und Kirche ist wesentlich der, dass sich das Theater ehrlich und redlich für das ausgibt, was es ist. Die Kirche dagegen ist ein Theater, das, unredlich, auf alle Weise zu verdecken sucht, was es eigentlich ist.“

„Glaube mir, oder sieh nur einen Augenblick unbefangen ins Neue Testament, so wirst du sehen: Das Christentum ist nicht in die Welt hereingekommen, um dem Geistlichen ein blühendes und angenehmes Geschäft zu sichern und dich in deinem natürlichen Zustand zu beruhigen. Sondern es ist unter Verzicht auf alles in die Welt hereingekommen, um dich durch die Schrecknisse der Ewigkeit aus deiner natürlichen Ruhe herauszureißen.“

Nachdem Sören Kierkegaard so viele Hefte seiner Zeitschrift herausgegeben und verbreitet hatte, dass aus seiner Sicht alles gesagt war, war er gesundheitlich, kräftemäßig und finanziell am Ende. Und Gott, für dessen Ehre er gestritten hatte, holte ihn im Alter von 42 Jahren heim.

Um das Maß voll zu machen, ließ es sich der damalige Kopenhagener Bischof Martensen nicht nehmen, ihn offiziell kirchlich zu beerdigen. Dagegen gab es allerdings auf dem Friedhof am Grab doch offenen Protest von einigen aufrichtigen Männern.

Ich denke, man kann von Sören Kierkegaard und seiner Einschätzung der damaligen lutherischen Kirche auch noch sehr viel auf kirchliche Strukturen der heutigen Zeit übertragen. Sein Maßstab ist auch der unsere, das Neue Testament. Von hier aus muss alles betrachtet, hinterfragt und beurteilt werden. Und von hier aus sieht’s düster aus mit der „Christenheit“.

(Dieser Beitrag über Kierkegaard ist neben anderen historischen Rückblicken in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias“ enthalten.)

Das Gebot des Königs

Das Gebot des Königs – ein Vergleich von Sören Kierkegaard

(Diesen Vergleich habe in seinem Buch „Zur Selbstprüfung der Gegenwart anbefohlen“ gefunden. Es steht unter der Überschrift „Was erforderlich ist, um sich mit wahrem Segen im Spiegel des Wortes zu betrachten“.)

Denke dir ein Land. Es ergeht im Namen des Königs ein Gebot an alle Beamten und Untertanen, kurz an die ganze Bevölkerung.

Was geschieht? Mit allen geht eine merkwürdige Veränderung vor: Alles verwandelt sich in Erklärer. Die Beamten werden Schriftsteller. Jeder Tag bringt eine neue Erklärung, die immer gelehrter, scharfsinniger, geschmackvoller, tiefsinniger, geistvoller, wunderbarer, lieblicher und wunderbar lieblicher ist als die vorige. Die kritische Umschau kann diese ungeheure Literatur kaum bewältigen. Ja die Kritik selbst wird eine so weitläufige Literatur, dass man auch sie nicht übersehen kann. Aber niemand las das Gebot des Königs so, dass er danach getan hätte.

Und nicht genug damit, dass alles Erklärung wurde. Nein, man verrückte zugleich den Gesichtspunkt für das, was Ernst ist. Und man machte die Beschäftigung mit der Erklärung zum eigentlichen Gegenstand des Ernstes.

Denke dir, dieser König sei nicht ein menschlicher König. Auch ein solcher würde ja gewiss verstehen, dass man ihn mit dieser Verkehrung der Sache eigentlich zum Narren habe. Aber ein menschlicher König ist abhängig, besonders von der Gesamtheit seiner Beamten und Untertanen. Und so müsste er wohl gute Miene zum bösen Spiel machen, tun, als wäre das in seiner Ordnung, den geschmackvollsten Erklärer zur Belohnung in den Adelsstand erheben und den tiefsinnigsten durch einen Orden auszeichnen usw.

Aber denke dir also, dieser König sein ein allmächtiger. Ihn brächte es nicht in Verlegenheit, auch wenn sämtliche Beamten und Untertanen so ein falsches Spiel mit ihm trieben. Was meinst du, würde dieser allmächtige König dazu denken? Gewiss würde er sagen: Dass sie dem Gebot nicht nachkommen, könnte ich noch verzeihen. Dass sie mich in einer Bittschrift um Nachsicht oder vielleicht um völlige Verschonung mit diesem für sie zu schweren Gebot angingen, könnte ich ihnen auch noch verzeihen. Nicht verzeihen kann ich aber, dass man sogar den Gesichtspunkt für das, was Ernst ist, verrückt.

Und nun Gottes Wort! „Mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt eine Mördergrube daraus gemacht.“ Und Gottes Wort, was ist dies nach seiner Bestimmung, und was haben wir daraus gemacht? All dies Erklären und Erklären, diese Wissenschaft und neue Wissenschaft betreibt man unter dem feierlichen, ernsthaften Schein, dass man durch sie Gottes Wort recht verstehen wolle. Siehst du jedoch näher zu, so findest du, dass man sich damit nur gegen Gottes Wort wehren will. …

Es ist menschlich, dass einer Gott um Geduld bittet, wenn er nicht sofort kann, was er soll, dass er aber doch einen ehrlichen Versuch verspricht. Es ist menschlich, dass einer Gott um Mitleid bittet, weil ihm die Forderung zu hoch ist. Will das sonst niemand von sich gestehen, gestehe ich es von mir.

Aber es ist doch nicht menschlich, dass man der Sache eine ganz andere Wendung gibt. Dass ich listig Erklärung und Wissenschaft und wieder Wissenschaft, eine Schicht auf die andere einschiebe. (Wie etwa ein Knabe sich ein Polster unter seine Hosen macht, wenn Prügel auf ihn warten.) Dass ich das alles zwischen das Wort und mich einschiebe und dann diese Erklärung und Wissenschaftlichkeit Ernst und Wahrheitseifer nenne. Und dass ich diese Beschäftigung zu einer solchen Weitläufigkeit aufbausche, dass ich nie einen Eindruck von Gottes Wort gewonnen habe, mich nie selbst im Spiegel betrachte.

Es sieht aus, als brächte all dieses Forschen und Sinnen, Suchen und Ergründen mir Gottes Wort ganz nahe. Die Wahrheit ist aber, dass ich eben dadurch auf die listigste Weise Gottes Wort mir möglichst ferne rücke. Unendlich ferner, als es dem ist, der es nie sah. Unendlich ferner, als es dem ist, der es aus Angst und Scheu davor soweit als möglich von sich warf.

Dass man jahraus jahrein, Tag für Tag ruhig dasitzen und – den Spiegel betrachten kann: Das bedeutet einen noch größeren Abstand von der Forderung, sich im Spiegel zu betrachten, als dass man nie den Spiegel sieht.

(Inhaltliche Parallelen zu diesem Vergleich bieten auch die zwei Parabeln im Beitrag Matthias Caudius.)

Alles eine Frage der Auslegung

Alles eine Frage der Auslegung – diese Aussage hört man öfter, wenn sich jemand auf eine klare biblische Aussage nicht einlassen will. Seit Jahrhunderten erzählt man den Menschen, sie bräuchten „Auslegung“, um die Bibel wirklich zu verstehen. Die Theologen sprechen dabei gerne von „Exegese“, weil sie es lieben, mit Fremdwörtern ihre wissenschaftliche Kompetenz und geistige Überlegenheit zum Ausdruck zu bringen. Der „Laie“ möge hören und staunen.

Ich stelle hier die Gegenfrage: Als Jesus seine Botschaft verkündete und seine Jünger unterwies, dachte er dabei, dass jemand diese seine Worte irgendwann „auslegen“ müsse? Als Matthäus, Markus, Lukas und Johannes ihre Berichte über Jesus und seine Botschaft schrieben, hatten sie dabei den Gedanken, irgend jemand müsse ihre Berichte noch „auslegen“? Als Paulus, Barnabas, Jakobus, Petrus, Johannes und Judas ihre Briefe an die Gemeinden schrieben, dachten sie, dass man dort eine „Auslegung“ bräuchte, um sie zu verstehen? Ich denke, die Antwort ist klar.

In der frühesten Zeit des Christentums wurden die neutestamentlichen Schriften gelesen, verstanden und befolgt. Als sich dann die kirchliche Hierarchie entwickelte, begann auch die Geschichte der „Auslegung„. Die Diskrepanz zwischen biblischer und kirchlicher Realität musste vertuscht werden. Die biblischen Aussagen mussten an die menschlichen und kirchlichen Bedürfnisse angepasst werden. Und alle, die beim neutestamentlichen Verständnis blieben und sich widersetzten, konnte man dann mit der kirchlichen Lehrautorität als „Ketzer“ verdammen und verfolgen.

Gottes Wort, das laut der Aussage des Hebräerbriefs „schärfer als jedes zweischneidige Schwert“ ist (Heb 4,12), steckte man in eine Scheide. So war die Schärfe genommen. Ich denke, das Grundprinzip ist deutlich: Zwischen das geschriebene (vom Heiligen Geist inspirierte) Wort Gottes und den Leser hat sich eine menschliche Instanz geschoben. Diese hat den Anspruch, das Wort Gottes „richtig“ auszulegen und weiterzugeben. Und dem Hörer bzw. Leser wird suggeriert, dass er das Wort Gottes alleine nicht wirklich verstehen kann. So wird er zum „Laien“, der nun einfach glauben soll, was „Ausleger“ ihm sagen. Leute, die die Bibel selbst lesen und verstehen könnten, werden stattdessen dauerhaft angepredigt.

Es ist aber natürlich auch für den Einzelnen bequem, wenn man sagen kann „Alles eine Frage der Auslegung“. Man kann damit wunderbar unbequemen Aussagen aus dem Weg gehen. Es ist einfach, sich damit auf einen Standpunkt der Unverbindlichkeit und Unzuständigkeit zurückziehen. Man kann bleiben, wie man ist, wenn Gott etwas an einem ändern möchte. Man kann Gehorsam und Nachfolge verweigern, denn es ist ja „alles eine Frage der Auslegung“.

Wenn Jesus sagt „Wer meine Worte hört und sie tut“, gibt es da aber keinen Raum für Auslegungen. Dann sollst du als Christ und Nachfolger von Jesus ganz einfach „hören“ und „tun“. Du bist in einem unmittelbaren Verhältnis zum Wort, weil du in einem unmittelbaren Verhältnis zu Jesus bzw. zu Gott stehst. Wenn es im Verhältnis zwischen Gott und dir noch so etwas wie einen Theologen gibt, dann bist du selbst es. Du kennst Gott, du hörst und befolgst sein Wort, und du kannst anderen davon erzählen. Mit andern Worten: Du bist der Theologe.

Es gilt also, die Bibel direkt zu hören und zu verstehen (und natürlich zu befolgen). Alles, was dazu dient, ist herzlich willkommen: Die biblischen Sprachen sind gut erforscht. Die alten Handschriften mit den biblischen Texten hat man mit großem Aufwand gesammelt und ausgewertet, damit man den wahrscheinlichsten Urtext rekonstruieren kann. Aus der Geschichte und der Archäologie hat man Kenntnisse über die politischen, religiösen und kulturellen Hintergründe der Zeit gewonnen. Mit Tages- und Jahreszeiten kann man den Lebensrhythmus der Menschen in ihrer Abhängigkeit von der Natur besser einordnen.

All diese Dinge sind hilfreich zum Verstehen und natürlich auch in meine Übersetzung des Neuen Testaments mit ihren Erklärungen eingeflossen. Aber deswegen bin ich noch lange kein „Ausleger“, nur Übersetzer. Ich versuche nur, möglichst genau das zum Ausdruck zu bringen, was die Autoren der neutestamentlichen Schriften selbst mitgeteilt haben.

Und dann bleibt noch die Aufgabe, die Missverständmisse und Verdrehungen zu beseitigen, die fast 2000 Jahre an „Auslegung“ in unseren Köpfen hinterlassen haben. Ich habe damit im Glossar (Wörterverzeichnis) im Anhang meiner Übersetzung des Neuen Testaments einen Anfang gemacht. Und dann ist dazu auch mein Buch über „Die Gemeinde des Messias“ erschienen.

Aber ich kann dem Leser seine eigene Aufgabe nicht abnehmen: Sich durch eigenständige Aneignung der biblischen Aussagen von „Auslegungen“ zu befreien, die er im Laufe seines Lebens durch Hören und Lesen von „Auslegern“ angesammelt hat. Die Bibel ist das wichtigste Buch deines Lebens. Und das wichtigste Buch, das dir dabei hilft, sie zu erforschen, ist die Konkordanz bzw. die Suchfunktion einer digitalen Bibelausgabe.

Es ist also alles gut, was zur Klärung der biblischen Aussage beiträgt. Und es ist alles schlecht, was zu Verdrehung und Verwirrung beiträgt. Wenn du eine Erklärung hörst, die dir im Verständnis ein Licht aufsteckt, und du denkst: „Warum bin ich da eigentlich nicht selbst drauf gekommen?“, dann wird sie vermutlich richtig sein. Wenn du aber eine „Auslegung“ hörst, bei der du das Gefühl hast: „Nie im Leben wäre ich da drauf gekommen!“, dann versucht vermutlich jemand, dir etwas unterzujubeln, was mit der biblischen Aussage nichts zu tun hat. Merke: Von Auslegern hört man immer nur die Meinung des Auslegers und nicht die des Bibeltextes.

Du kommst als eigenständiger, verantwortlicher Christ um diese Sache nicht herum. Abgesehen von der persönlichen Beziehung zu Gott ist es deine wichtigste Aufgabe, dir deine eigene fundierte Bibelkenntnis zu erarbeiten. Natürlich wird dir der Heilige Geist gerne behilflich sein. Auch der Austausch mit Glaubensgeschwistern wird nützlich sein. Du wirst dich dabei auch immer wieder einmal korrigieren müssen. Aber von Leuten, die von dir verlangen, nur ihrer Lehre zu folgen, solltest du dich ganz befreien, wenn du weiterkommen willst.

Auf einem Fundament von „Auslegungen“ kann man als Christ nicht stehen. Nur persönliche Überzeugung aus eigener biblischer Erkenntnis gibt dir die Standfestigkeit, um auch in schwierigen Zeiten zu bestehen. Die Aussage „Bruder XY hat einmal gesagt …“ kann den Satan nicht beeindrucken. Gegen ihn hilft nur, was auch Jesus gesagt hat: „Es steht geschrieben …“.

(Dieser Beitrag findet sich in ähnlicher Form auch in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.)

Johannes

Bei der Zusammenstellung meiner Evangelienharmonie war es eine Entdeckung für mich: Das Johannesevangelium ist ein Bericht, der die drei anderen Evangelien ergänzt. Die Zusammenstellung zeigte deutlich, dass Johannes die Überlieferung der anderen drei Evangelien gekannt haben muss. Und dazu hat er aus seinem persönlichen Wissen als Augenzeuge einen Bericht mit lauter ergänzenden Informationen zusammengestellt. Besonders fällt das gerade auch dann auf, wenn er etwas berichtet, was auch die anderen berichten. Das ist bei der Speisung der 5000, der Leidensgeschichte und den Auferstehungsberichten der Fall. Immer bringt er etwas, was die anderen nicht haben, wobei er die Informationen der anderen voraussetzt.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das Johannesevangelium in meinen Augen ein wahres Meisterwerk: Es ist ein vollständiger und für sich allein sinnvoller und logischer Bericht, der gleichzeitig er aus lauter ergänzenden Informationen besteht. Ich hatte diese Sichtweise nirgendwo anders gehört oder gelesen, als sie mir selbst deutlich wurde. Durch Zufall fand ich aber das Buch des Bibelwissenschaftlers Theodor Zahn (1883-1933): „Grundriss der Geschichte des neutestamentlichen Kanons“. Und in dem stieß ich auf einen Satz, der die gleiche Sichtweise zum Ausdruck bringt. Ich war also doch nicht der erste, der es entdeckt hatte. Die Aussage Zahns in einem etwas altertümlichem Deutsch gebe ich hier leicht modernisiert wieder: „Das vierte Evangelium setzt bei seinen Lesern nicht nur die Art der Berichte als bekannt voraus, wie sie uns in den drei anderen Evangelien vorliegen, sondern es berücksichtigt auch den Wortlaut von Markus und Lukas.“

Dass eine solche Ergänzung nötig war, zeigt z.B. die Aussage von Jesus, die in Lk 13,34 und Mt 23,37 berichtet wird: „Jerusalem, Jerusalem, die die Propheten tötet und die zu ihr Gesandten steinigt: Wie oft wollte ich deine Kinder zusammenbringen wie ein Vogel seine Jungen unter den Flügeln, und ihr habt nicht gewollt!“

Matthäus und Lukas haben aber gar nicht berichtet, dass Jesus „oft“ in Jerusalem gewesen war. (Außer bei Lukas als Baby und im Alter von 12 Jahren). Trotzdem hatte Jesus gesagt, „wie oft wollte ich deine Kinder zusammenbringen …“ Genau hier hilft uns Johannes weiter. In seinem Bericht dreht sich im Wesentlichen alles um die Auseinandersetzung von Jesus mit Jerusalem. Er berichtet uns fünf Begegnungen mit Jerusalem. Diese geschahen immer im Zusammenhang mit jüdischen Festen, an denen auch viele Leute aus dem Land dort waren:

1) Der erste Besuch gleich am Anfang seiner Tätigkeit mit einer ersten Tempelreinigung an Pesach im Jahr 28, anschließend das Gespräch mit Nikodemus.

2) Der zweite Besuch auf dem Laubhüttenfest im Herbst 28 mit der Heilung des Gelähmten am Teich Betesda.

3) Der dritte Besuch am Laubhüttenfest im Herbst 29 mit der Heilung des Blindgeborenen.

4) Der vierte Besuch am Tempelweihefest (Chanukka) im Dezember 29.

5) Der letzte Besuch, den auch die anderen Evangelien berichten, zu Pesach im Frühjahr 30. Bei diesem wurde er verhaftet und hingerichtet.

Die drei anderen Evangelien berichten in der Reihenfolge nach der Grundlinie des Dienstes von Jesus: „Von Galiläa nach Jerusalem“. So haben es sogar auch die Feinde von Jesus beschrieben – Lk 23,5: „Er wiegelt das Volk auf, indem er in ganz Judäa lehrt. Von Galiläa aus hat er angefangen bis hierher!“ Johannes ergänzt dazu die zwischendurch stattgefundenen Besuche in Jerusalem, das ja das eigentliche Ziel des Messias sein musste.

Dass Johannes die Berichte der anderen voraussetzt, zeigt sich auch an einer Bemerkung wie Joh 6,2: „Und eine große Menge folgte ihm, weil sie die Zeichen gesehen hatten, die er an Kranken getan hatte.“ Johannes selbst berichtet die Zeichen an Kranken in Galiläa gar nicht. Er setzt die Kenntnis derselben voraus. Er spricht ja auch an anderen Stellen von „vielen“ Zeichen, die Jesus getan hat. Johannes selbst berichtet aber insgesamt nur von sechs „Zeichen“ (davon wiederum fünf, die die anderen nicht berichten):

1) Die Verwandlung von Wasser zu Wein bei der Hochzeit in Kana.

2) Die Heilung des Sohnes des Königlichen aus Kafarnaum.

3) Die Heilung des Gelähmten am Teich Betesda.

4) Die Speisung der 5000 an Pesach im Jahr 29.

5) Die Heilung des Blindgeborenen in Jerusalem.

6) Die Auferweckung von Lazarus.

Man könnte nun denken, dass die Zahl von sechs Zeichen etwas unvollständig aussieht. Die Zahl der Vollkommenheit wäre ja sieben. Aber bei Johannes darf man zum Abschluss seines Berichts natürlich die Auferstehung von Jesus als das siebte und größte Wunderzeichen betrachten.

Die neue Geburt

Die neue Geburt aus Wasser und Geist hat Jesus gegenüber Nikodemos als Bedingung für den Eintritt ins Reich Gottes genannt. „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Joh 3,3). „Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineinkommen.“ (Joh 3,5). Weitere neutestamentliche Begriffe dafür habe ich in dem Artikel „Aus Gott geboren“ zusammengestellt.

Es hilft uns, mehr davon zu verstehen, wenn wir den Vorgang des Christwerdens im ganzen Neuen Testament betrachten. Das grundlegende Verständnis für das, was ich hier darüber schreibe, habe ich David Pawson zu verdanken. Ausführlich dargelegt hat er das alles in seinem Buch: „Wiedergeburt – Start in ein gesundes Leben als Christ„.

Insbesondere in der Apostelgeschichte finden wir viele Beispiele dafür, wie Menschen Christen werden. Dabei spielen durchgehend vier Elemente eine wichtige Rolle. An manchen Stellen wird nur eine davon genannt, an anderen zwei oder drei oder auch alle vier. Zusammengenommen ergeben sie ein klares Bild davon, was zum Christwerden bzw. zur neuen Geburt gehört. Es sind: der Glaube an Jesus, die Bereitschaft sich zu ändern (traditionell „Buße“ genannt), die Taufe im Wasser und die Erfüllung mit Heiligen Geist.

Beginnen tut es damit, dass die Menschen die Botschaft von Jesus hören und glauben. Der zentrale Inhalt der Botschaft ist, dass Jesus der Messias ist. Die Botschaft beinhaltet allerdings das komplette Leben und die komplette Lehre von Jesus. Also alles, was uns unsere vier Evangelien berichten, ist die Botschaft von Jesus. So war das Überbringen der Botschaft eine längerfristige Angelegenheit, die in den Gemeinden weiterging, auch nachdem sie Christen geworden waren.

Die Initialzündung war aber: Jesus ist der Messias! Diese Botschaft ist keine Information, die man zur Kenntnis nehmen könnte im Sinne eines bloßen Kopfglaubens. Wenn Jesus der Messias ist, dann begegne ich in ihm dem lebendigen Gott persönlich. Dann hat dieser Glaube Auswirkungen und Konsequenzen für mein ganzes Leben.

Wenn ich im Messias dem lebendigen und heiligen Gott begegne, dann wird als erstes deutlich, dass mein bisheriges Leben nicht zu ihm passt. Das Problem der Sünde taucht auf. Ob ich zuvor ein eher anständiger Sünder war oder ein eher unanständiger, ist unerheblich. Im Neuen Testament war dieses Thema von Anfang an da, schon bei Johannes dem Täufer. Die Leute gestanden ihre Sünden, bevor sie sich von ihm untertauchen ließen (Mt 3,6).

Das griechische Wort „metanoeín“, das Luther mit „Buße tun“ übersetzt hat, heißt wörtlich übersetzt „umdenken“. Dabei ist vorausgesetzt, dass, wenn ein Mensch sein Denken ändert, sich auch sein ganzes Leben ändert. Wenn er seine Sünde erkannt hat, will er sich ändern. Natürlich gehört dazu der Inhalt der Botschaft, dass der Messias am Kreuz für seine Sünden gestorben ist. Das Versprechen, die Sünden zu vergeben, erleichtert das Eingestehen der Sünden erheblich.

Das Gericht Gottes über die Sünde ist am Kreuz vollzogen worden. Das ist die Grundlage der damit möglich gewordenen Vergebung. Gott vergibt nicht einfach so. Gott richtet die Sünde. Der Mensch wird entweder von Gott wegen seiner Sünde gerichtet, oder er nimmt Zuflucht zum am Kreuz hingerichteten Messias, an dem das Gericht über die Sünde bereits vollzogen ist.

Mit dem Geständnis seiner Sünde und der Bereitschaft sich zu ändern für ein neues Leben in der Gemeinschaft mit Gott kann er sich nun untertauchen lassen.

Das Untertauchen im Namen Jesus hat eine so umfassende Bedeutung, dass das Neue Testament es nur mit mehreren Gesichtspunkten und Bildern erklären kann. Zum einen ist das Eintauchen in den Namen Jesus eine Besitzübergabe. Mit „Jesus“ wird er Name des neuen Besitzers und Herrn über dem Menschen ausgesprochen. Wenn wir in der Bibel eine „Lebensübergabe“ finden wollen, dann hier an dieser Stelle.

Das Untertauchen ist zum anderen auch ein „Bad“, mit dem die Sünden abgewaschen werden. Damit verbunden ist die Gabe eines guten Gewissens: Die Sünden sind vergeben, sie sind abgewaschen, sie sind weg. Der Mensch ist kein Sünder mehr und lebt mit einem guten Gewissen.

Zum Untertauchen gehört dann auch die Sichtweise des Sterbens des alten Menschen. Er wird für die Sünde getötet, mit am Kreuz hingerichtet und begraben im Tod von Jesus dem Messias am Kreuz. Und wenn er aus der Taufe wieder heraufkommt, bedeutet das eine Auferstehung mit Jesus in ein neues Leben hinein. Die Kraft dieses neuen Lebens ist der Heilige Geist.

Nun ist es Zeit, den Heiligen Geist zu empfangen. In meinem Beitrag „Heiligen Geist bekommen“ habe ich einen Überblick über die neutestamentlichen Stellen dazu gegeben. Der gereinigte, Jesus übereignete neue Mensch wird jetzt zur Wohnstätte des heiligen Geistes. Die Leere im Herzen des Menschen, die sich weltlich mit nichts füllen ließ, wird nun von Gott gefüllt. Denn im Geist sind auch Jesus der Sohn und Gott der Vater im Menschen anwesend. Der Mensch hat seine Bestimmung gefunden, Partner und Ebenbild Gottes zu sein.

Dass der Geist mit Gebet und Handauflegung auf Menschen kommt, scheint in der missionarischen Praxis in der Apostelgeschichte die Regel zu sein. Es gibt aber auch Fälle, in denen er ohne menschliches Zutun direkt fällt. Auf jeden Fall ist es aber deutlich erkennbar. Man weiß, ob ein Mensch den heiligen Geist empfangen hat oder nicht. Wirkungen und Gaben des Geistes sind deutlich zu sehen und zu hören. Diese Anwesenheit des Geistes und sein Wirken sind das bestimmende Element für das Leben der Gemeinde und für die Mission.

So deutlich und klar sind die Angaben über den Inhalt und den Zusammenhang dieser vier Elemente im Neuen Testament. Ich habe dazu keine Bibelstellen zitiert, weil viele auch bekannt sind. Und ich lade ein, die Dinge im Neuen Testament selbst zu erforschen. Ich weiß nur, dass so alles zusammenpasst.

Ich weiß auch, dass es im Christen- und Gemeindeleben des Neuen Testaments noch nachträgliche Probleme gab. Sünde tauchte noch auf und man musste sie bereinigen. Verhaltensweisen des alten Menschen musste man erkennen und abgelegen. An das Leben im Geist musste man sich gewöhnen und ihn nicht immer wieder dämpfen. Wachstum in der Erkenntnis und in der Heiligung war erforderlich, genauso wie Bewährung in Schwierigkeiten und Bedrängnis. Dennoch war für all diese Dinge in den Grundelementen der Wiedergeburt ein klares Fundament gelegt und die richtige Richtung vorgegeben.

Dass diese Dinge unter Christen heutzutage nicht so deutlich und klar sind, liegt an den Verwirrungen und Verdrehungen, die die biblische Botschaft in fast 2000 Jahren Kirchengeschichte erfahren hat. Diese zu durchschauen, sich daraus zu lösen und sich auf den Weg zu neutestamentlichem Christsein zu machen, ist heutzutage wohl die einzig sinnvolle Perspektive für Christen, die es mit Jesus ernst meinen. (Und wenn sie es mit Jesus nicht ernst meinen, sind sie ja auch gar keine Christen …)

Heiligen Geist bekommen

In meinem letzten Beitrag habe ich die Ankündigung des Geistes im Alten und Neuen Testament dargestellt. In einem früheren Beitrag hatte ich besprochen, warum wir nicht „den“ Heiligen Geist haben, sondern „nur“ Heiligen Geist haben. Auch über die Frage, was es heißt, Im Geist zu sein, hatte ich schon viele Bibelstellen zusammengestellt. Dazwischen fehlt jetzt noch das Thema: „Heiligen Geist bekommen“.

Auch hier gilt in der griechischen Ausdrucksweise wieder die Differenzierung, dass der einzelne Christ nicht „den Heiligen Geist“ bekommt. Er bekommt „Heiligen Geist“ als Anteil am Heiligen Geist. Zunächst ist die Apostelgeschichte dafür das maßgebende Buch. Hier schildert Lukas nämlich in etlichen Fällen, wann und wie Menschen Heiligen Geist bekommen.

Der Start ist bekanntermaßen das Kommen des Geistes auf die damalige Gemeinde an jenem denkwürdigen Pfingstfest, wie in Apg 2 berichtet. Achten wir auch gleich auf die unterschiedlichen Formulierungen: Der Geist „kam“ und „erfüllte“ das Haus. Und dann erschien etwas wie Feuerzungen und „setzte sich“ auf jeden von ihnen, und sie wurden von Heiligem Geist „erfüllt“.

Erst Petrus nennt das Geschehen in seiner erklärenden Rede an die Zusammengelaufenen dann ein „Ausgießen“, und zwar anhand der Prophetie von Joel. Allerdings spricht er aber erst über Jesus, dass er der Messias ist. Und als sie – tief getroffen – bereit sind, sich zu bekehren, fordert er sie zunächst zur Taufe im Wasser auf. Daran anschließend sagt er, dann würden sie auch „das Geschenk des Heiligen Geistes bekommen“.

Lukas erzählt uns an dieser Stelle nicht weiter, wie die damaligen Zuhörenden dieses Geschenk konkret bekommen haben. Aber in späteren Fällen gibt er wieder Schilderungen davon.

In Kapitel 5 kommen durch Philippus viele Leute in Samaria zum Glauben, also hauptsächlich Samariter. Davon hören die Gesandten in Jerusalem und schicken Petrus und Johannes dorthin. Lukas erzählt: „Als die zu ihnen hinabkamen, beteten sie für sie, dass sie Heiligen Geist bekämen. Der war nämlich noch auf niemanden von ihnen gefallen. Sie waren nur untergetaucht worden in den Namen von Jesus, dem Herrn. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie bekamen Heiligen Geist.“ Wir haben also auch hier die Ausdrücke „fallen auf“ und „bekommen“. In der Auseinandersetzung mit dem Magier Simon heißt es dann auch noch, dass der Geist „gegeben wird“. Und Petrus spricht wieder vom „Geschenk Gottes“.

In Apg 9 erzählt uns Lukas die Bekehrung von Paulus. In Damaskus kommt der Jünger Hananias im Auftrag des Herrn zu dem erblindeten und fastenden Paulus. Und er sagt zu ihm: „Saul, Bruder! Der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf dem Weg, den du gekommen bist, damit du wieder sehen kannst und von Heiligem Geist erfüllt wirst.“ Auch hier schildert uns Lukas nicht, wie dieses „Erfülltwerden“ dann ausgesehen hat.

In Apg 10, während Petrus dem Römer Cornelius und seiner Hausgemeinde in Cäsarea die Botschaft verkündete, da „fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen von den Beschnittenen, die mit Petrus gekommen waren, waren fassungslos, weil auch auf die Nichtjuden das Geschenk des Heiligen Geistes ausgegossen war. Denn sie hörten, dass sie in Gebetssprachen sprachen und Gott rühmten. Daraufhin sprach Petrus laut aus: „Kann denn jemand das Wasser verwehren, dass diese nicht untergetaucht werden, die den Heiligen Geist empfangen haben genau wie wir?“ In wenigen Zeilen haben wir hier die drei Ausdrücke „fiel auf“, „ausgegossen“ und „empfangen“.

In Apg 11 musste sich Petrus in Jerusalem dann noch dafür rechtfertigen, dass er Nichtjuden getauft hatte. Dabei sagte er: „Und als ich begonnen hatte zu sprechen, fiel der Heilige Geist auf sie, wie am Anfang auch auf uns. Ich wurde an das Wort des Herrn erinnert: ‚Johannes hat untergetaucht mit Wasser, ihr aber werdet untergetaucht werden in Heiligem Geist.‘ Wenn Gott ihnen dasselbe Geschenk gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn, Jesus den Messias, glauben, hätte jemand wie ich dann vielleicht Gott davon abhalten sollen?“ Petrus sagt, der heilige Geist „fiel auf sie“, und Gott hat ihnen dasselbe „Geschenk gegeben“.

Und er begründete es auch mit der Erinnerung an das Wort von Jesus, sie würden „untergetaucht werden in Heiligem Geist“. Er bestätigt hier also, das das hier geschehene Empfangen des Geistes die Erfüllung der angekündigten Geisttaufe ist. Und die Verbindung zur ersten Geistausgießung an Pfingsten stellt er her mit der zweimaligen Formulierung „wie auf uns“. Es ist hier also geschehen, was Jesus angekündigt hat und die Jerusalemer an Pfingsten als Erste erlebt haben.

Und dann das denkwürdige Ereignis in Ephesus als Paulus dort einige Jünger traf – Apg 19:

Er sagte zu ihnen: „Habt ihr Heiligen Geist bekommen, als ihr zum Glauben gekommen seid?“ Sie (antworteten) ihm: „Aber wir haben nicht einmal davon gehört, dass es Heiligen Geist (für uns) gibt!“ Er sagte: „In was seid ihr denn untergetaucht worden?“ Sie sagten: „In die Taufe des Johannes.“ Paulus sagte: „Johannes hat untergetaucht mit einer Taufe der Sinnesänderung und dem Volk gesagt, dass sie an den glauben sollten, der nach ihm kommt, das heißt, an Jesus.“ Als sie das hörten, ließen sie sich untertauchen in den Namen von Jesus, dem Herrn. Und als Paulus ihnen die Hände auflegte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Gebetssprachen und sprachen prophetisch.“

Von hier an wendet sich Lukas in der Apostelgeschichte anderen Ereignissen zu, und das Thema „Heiligen Geist bekommen“ taucht nicht mehr auf. Wir dürfen annehmen, dass er es, nachdem er es ein paar Mal beschrieben hat, einfach auch als bekannt voraussetzt.

Aber wir sind damit noch nicht fertig. In den Briefen des Neuen Testaments gibt es nämlich im Rückblick noch etliche Erwähnungen dazu. Die Geschwister haben alle Heiligen Geist bekommen, und man erfährt auch, was es bedeutet.

Etwas indirekt in 1 Thess 1,6: „Ihr … habt das Wort angenommen unter viel Bedrängnis mit Freude des Heiligen Geistes.“ Die Freude des Heiligen Geistes setzt voraus, dass sie Heiligen Geist bekommen haben.

1 Kor 2,12: „Und wir haben nicht den Geist der Welt bekommen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen sollen, was uns von Gott geschenkt ist.“

1 Kor 12,13: „Denn in einem Geist sind auch wir alle in einen Leib getaucht worden, seien wir Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie. Alle sind wir mit einem Geist getränkt worden.“

Man beachte hier die Ausdrücke „tauchen“ und „tränken“. Mit dem Eintauchen im Geist geschieht gleichzeitig das Eintauchen in den Leib. Der Leib des Messias ist die Gemeinde. Und im Eintauchen wird man mit Geist „getränkt“ – das geht durch und durch.

2 Kor 1,21: „Es ist Gott, der uns samt euch festigt auf den Messias hin, der uns gesalbt hat, der uns versiegelt hat, der als Anzahlung den Geist gegeben hat, der in unseren Herzen ist.“

Hier sind drei Ausdrücke für dieselbe Sache. Mit Heiligem Geist „salben“, das ist der alttestamentliche Ausdruck, der vom Bild des Öls herkommt. Daher ist ja auch Jesus der „Gesalbte“ – der Messias – nicht mit Öl, sondern mit Heiligem Geist. „Versiegeln“ mit Heiligem Geist, das kommt vom Bild des Siegels. Mit einem Siegel wird offiziell das Besitz- bzw. Zugriffsrecht an einer Sache geklärt. Niemand anderer hat Zugriff darauf. Und schließlich sagt Paulus, dass der Geist „als Anzahlung gegeben“ wird, also als Vorausgabe für etwas noch viel Größeres.

Gal 3,2+3: „Nur das will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist durch das Tun des Gesetzes bekommen oder durch die Nachricht vom Glauben? Seid ihr so unverständig, dass ihr, die ihr mit Geist angefangen habt, es jetzt mit menschlichem Tun ‚vollendet‘?“

Gal 4,6: „Weil ihr Söhne und Töchter seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der laut ruft: ‚Papa! Vater!'“

Röm 8,15: „Ihr habt ja keinen Geist der Versklavung bekommen, wieder auf Angst hin, ihr habt vielmehr einen Geist der Kindschaft bekommen, in dem wir rufen: ‚Papa! Vater!’“

Eph 1,13+14: „In ihm wurdet ihr auch, als ihr zum Glauben kamt, versiegelt mit dem versprochenen Heiligen Geist, der eine Anzahlung unseres Erbes ist auf die erworbene Erlösung hin, zum Lob seiner Herrlichkeit.“

2 Tim 1,7: „Gott hat uns doch keinen Geist von Furchtsamkeit gegeben, sondern von Kraft und Liebe und klarem Denken.“

1 Joh 3,24: „Wer seine Gebote hält, bleibt in ihm und er in ihm. Und daran erkennen wir, dass er in uns bleibt: an dem Geist, von dem er uns gegeben hat.“ Und 1 Joh 4,13: „Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns: dass er uns von seinem Geist gegeben hat.“

Hebr 6,4: „… die das Geschenk des Himmels geschmeckt haben, die Teilhaber am Heiligen Geist geworden sind, …“

Wir sehen also, dass „Heiligen Geist bekommen“ für das Christsein konstituiv ist. Das ganze Leben im Geist als Einzelner und als Gemeinde beruht darauf.

An der Vielgestaltigkeit der Ereignisse und der Begriffe zeigt sich auch deutlich, dass „Heiligen Geist bekommen“ im Neuen Testament nichts mit einem festgelegten Ritual zu tun hat, schon gar nichts mit einem Sakrament der „Firmung“. Es ist offensichtlich: Der Heilige Geist im Leben des Christen und der Gemeinde ist lebendige Realität.

Wenn nicht, muss man sich fragen …

Die Ankündigung des Geistes

Als der Heilige Geist an jenem ersten Pfingstfest im Jahr 30 n. Chr. ausgegossen wurde, war das weder Überraschung noch Zufall. Die Ankündigung des Geistes ist ein zentrales biblisches Thema. Petrus hat damals ja auch gleich den Propheten Joel zitiert, um zu erklären, was gerade geschah.

Hören wir, was der Prophet Joel gesagt hat – Joel 3,1-2: „Ich werde ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen, und eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch sprechen. Eure Älteren werden Träume träumen, und eure jungen Leute werden Visionen sehen. Auch auf die Sklaven und auf die Sklavinnen werde ich zu jener Zeit ausgießen von meinem Geist.“

Joel spricht von einer zukünftigen, neuen Zeit. Im Unterschied zur alttestamentlichen Zeit Israels, in der immer nur einzelne Menschen den Geist Gottes empfingen, sollte in einer neuen Zeit das ganze Volk Gottes – „alle Menschen“ – den Geist empfangen. Dass auch alle Töchter und sogar Sklavinnen den Geist empfangen würden, war damals ein absolut revolutionärer Gedanke. Die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Frauen in der neutestamentlichen Gemeinde ist hier schon angesagt.

Die Ankündigung des Geistes hatte es auch schon bei Jesaja gegeben. Jes 44,3: „Ja, ich werde Wasser ausgießen auf Durstiges, Bäche auf Ausgetrocknetes, ich werde meinen Geist ausgießen auf deine Nachkommen, meinen Segen auf deine Abkömmlinge.“

Der Prophet Hesekiel war ein Zeitgenosse des Propheten Jeremia. Diese beiden Propheten mussten den Untergang des alten Königreichs Israel miterleben und im Auftrag Gottes erklären. Das alte System Israels war aufgrund von geistlichem und moralischem Bankrott dem Gericht Gottes verfallen. Aber beide Propheten schauten auch eine neue Zeit, die Gott für seine Leute heraufführen würde. Jeremia schaute eine neue Bestimmung Gottes, dass er seine Gesetze in ihr Herz geben würde. Auch von Hesekiel kommt eine Ankündigung des Geistes. Er sah dasselbe wie Jeremia und auch, wie Gott das tun würde:

Hes 11,19: „Ich will ihnen ein anderes Herz geben, einen neuen Geist will ich geben in ihnen. Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Fleisch und ihnen ein menschliches Herz geben.“

Um zu verdeutlichen, was für einen „neuen Geist“ Gott „in ihnen“ geben würde, hat er es auch wiederholt und verdeutlicht – Hes 36,26-27: „Ich will euch ein neues Herz geben, einen neuen Geist will ich in euch geben. Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus eurem Fleisch und euch ein menschliches Herz geben. Meinen Geist will ich in euch geben und machen, dass ihr in meinen Grundsätzen geht und meine Urteile einhaltet und ausführt.“

Der Heilige Geist Gottes würde es sein, der die Herzensveränderung der Menschen bewerkstelligen würde. Und Herzensveränderung ist dann ja auch das Thema des Neuen Testaments.

Johannes der Täufer war der letzte und wichtigste der alttestamentlichen Propheten. So hat Jesus es gesagt. Er hatte die unmittelbar bevorstehende neue Zeit anzusagen – Mt 3,2: „Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahegekommen.“

Diese Botschaft war die Vorbereitung auf etwas, das nach ihm kommen würde. Mt 3,11 / Mk 1,7-8: „Ich tauche euch unter in Wasser zu einer Sinnesänderung. Nach mir kommt aber der, der stärker ist als ich. Für den bin ich nicht genug, dass ich mich bücke, um die Riemen seiner Sandalen aufzubinden und sie wegzutragen. Ich habe euch untergetaucht im Wasser, er wird euch untertauchen in Heiligem Geist und Feuer.“

So, wie er die Leute ins Wasser tauchte, würde nach ihm der kommen, der Menschen in Heiligen Geist taucht. Und die Wirkung des Geistes erklärt er mit dem Bild des Feuers. Wasser bringt Abkühlung und Reinigung, Feuer bringt Wärme und Licht.

Jesus selbst empfing nach seiner Taufe bei Johannes am Jordan den Heiligen Geist als Salbung und Ausrüstung zu seinem Dienst. Für die anderen blieb aber auch er noch bei der Ankündigung des Geistes. Besonders das Johannesevangelium berichtet an einigen Stellen darüber.

Gegenüber Nikodemus – Joh 3,5-8: „Amen, Amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineingehen. Was aus dem Körper geboren wird, ist Körper, was aus dem Geist geboren wird, ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: ‚Ihr müsst von neuem geboren werden!‘. Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Geräusch. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“

Gegenüber der Samariterin am Jakobsbrunnen unter dem Bild des Wassers – Joh 4,14: „Wer von dem Wasser trinkt, von dem ich ihm geben will, wird bis in Ewigkeit keinen Durst mehr haben. Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird vielmehr in ihm eine Wasserquelle werden, sprudelnd in ewiges Leben.“

Gegenüber den Menschen in Jerusalem – Joh 7,37-39: „Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken! (Bei dem,) der an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, werden Ströme lebendigen Wassers aus seinem Leib fließen.“ Und Johannes verdeutlicht: „Das sagte er über den Geist, den die bekommen sollten, die an ihn glauben würden. Es war ja noch kein Geist da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“

Auch diese Aussage gehört sicherlich dazu: „Ich bin gekommen, ein Feuer auf die Erde zu bringen, und wie sehr wünsche ich, dass es schon entzündet wäre!“ (Lk 12,49)

Und dann die Aussagen gegenüber seinen Jüngern in der Abschiedsrede – Joh 14,16-17: „Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Helfer geben, damit er bis in Ewigkeit bei euch sei. (Das ist) der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht bekommen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“

„Der Helfer, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,16)

„Wenn der Helfer kommt, den ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird als Zeuge über mich aussagen.“ (Joh 15,26)

„Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch führen mit der reinen Wahrheit. Er wird nichts von sich aus sagen, sondern was er hören wird, wird er sagen, und das Kommende wird er euch berichten.“ (Joh 16,13)

Und auch das, was Jesus nach seiner Auferstehung gesagt hat, muss man noch als prophetische Ankündigung verstehen. Joh 20,22-23: Nachdem er das gesagt hatte, blies er sie an und sagte ihnen: „Ihr bekommt Heiligen Geist. Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben. Welchen ihr sie festhaltet, denen sind sie festgehalten.“

Und abschließend, kurz vor seinem Weggang in den Himmel – Lk 24,49: „Und ich sende auf euch, was mein Vater versprochen hat: Bleibt in der Stadt, bis ihr mit Kraft aus der Höhe bekleidet werdet!“

Auch die Apostelgeschichte beginnt dann noch einmal mit dieser Ankündigung des Geistes. Apg 1,4-5: „Er hielt sie zusammen und befahl ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern auf das vom Vater Versprochene zu warten: ‚(Es wird das sein,) was ihr von mir gehört habt: Johannes hat mit Wasser untergetaucht, ihr aber werdet im Heiligen Geist untergetaucht werden, nicht viele Tage nach diesem.’“

Wir sehen also, dass vom Alten Testament her nicht nur der Messias angekündigt war mit seinem Sühnetod am Kreuz und seiner Auferstehung. Auch der heilige Geist war angekündigt. Und beides hängt aufs engste zusammen. Erst braucht der Mensch Vergebung und Reinigung von der Sünde, dann kann er Heiligen Geist bekommen als Kraft eines neuen Lebens.

Und bis zum Schluss bleibt es dabei. Offb 22,17: „Und der Geist und die Braut sagen: ‚Komm!‘ Wer es hört, soll sagen: ‚Komm!‘ Und wer Durst hat, soll kommen. Wer will, soll Wasser des Lebens bekommen – geschenkt!“

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