Wer bei Jesus ein Theologe ist, ist eine wichtige Frage. Denn er hat immer die entscheidende richtige Sichtweise. Die zu seiner Zeit bekannten „Schriftgelehrten“ sind zwar die offiziellen Theologen ihrer Zeit. – Deshalb gebe ich das Wort in meiner Übersetzung auch als „Theologen“ wieder. – Jesus hat diese Leute aber scharf kritisiert.

Wer bei Jesus ein Theologe ist, kommt bei ihm an einer Stelle deutlich zum Ausdruck. Für viele meiner Entdeckungen habe ich Hilfe aus entsprechender Literatur bekommen. Deshalb füge ich hier an, dass mich in dieser Sache die Erklärung von Adolf Schlatter überzeugt hat.

Es geht um die Stelle Matthäus 13,52. In der herkömmlichen Tradition wird der Vers sinngemäß so übersetzt:

„Jeder Theologe, der ein Jünger des Königreichs der Himmel geworden ist, ist deshalb einem Menschen gleich, einem Hausherrn, der aus seinem Vorrat Neues und Altes austeilt.“

So habe auch ich den Vers früher gelesen und hatte ihn zunächst so übersetzt. Aber dann kam die Entdeckung, dass man dieselben Worte auch so lesen kann:

„Deshalb ist jeder, der ein Jünger des Königreichs der Himmel geworden ist, ein Theologe. Er ist einem Menschen gleich, einem Hausherrn, der austeilt aus seinem Vorrat, Neues und Altes.“

Nun gibt es also zwei Möglichkeiten, den Vers zu verstehen. Und als Übersetzer muss man entscheiden, welche davon wohl richtig ist. Die Entscheidung ist in diesem Fall aber nicht schwer: Denn zum einen spielt die Bekehrung von offiziellen Theologen in der neutestamentlichen Jüngergemeinde erkennbar nirgends eine Rolle. Und zum anderen kennen in der Gemeinde alle Gott, sind von Gott gelehrt und werden vom Heiligen Geist in alle Wahrheit geleitet. So passt es also wunderbar, dass Jesus an dieser Stelle alle seine Jünger als „Theologen“ bezeichnet.

Wer bei Jesus ein Theologe ist, ist also klar: Es sind die, die angenommen haben, was das Reich Gottes von ihnen fordert und ihnen schenkt. Sie haben verstanden, worum es geht. Sie können darüber reden, darin wachsen und davon weitergeben. Aus ihrem Vorrat können sie Neues und Altes hervorholen und austeilen, wie man es braucht.

Wenn sich also jemand einen „Theologen“ nennt und damit zum Ausdruck bringt, dass er mehr ist als ein gewöhnlicher Christ, ein Jünger des Herrn oder gar ein „Laie“, sondert er sich von der Jesus-Gemeinde ab. Er stellt sich damit tatsächlich auf die Seite jener Leute, die Jesus so scharf kritisiert hat.

Andererseits sollten die Christen endlich anfangen, sich nach dem Wort von Jesus auch selbst für Theologen zu halten. Sie haben ihre persönliche Beziehung zu Gott und nehmen beständig zu in der Kenntnis des Wortes Gottes. Auf jeden Fall haben sie keinen Grund mehr, an einem „Theologen“ hinaufzuschauen und ihn für etwas Besonderes zu halten. Die biblischen Maßstäbe sind nicht Gelehrtheit, Gelehrsamkeit und Wissen, sondern Glaube, Erkenntnis, Weisheit und Heiligkeit.