Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Schlagwort: Prophetie

Die Vollmacht der Zeugen

Die Vollmacht der Zeugen in Offb 11 ist auffällig. Wenn, wie wir annehmen, die Zeugen ein Bild der christlichen Gemeinde sind, müssen wir uns auf die biblische Spurensuche dazu begeben. Andere Parallelen zu den Zeugen sind uns in der Bibel schon aufgefallen. Dass sie prophetisch sprechen, ist eine davon. Die mit Heiligem Geist erfüllte Gemeinde des Neuen Testaments ist eine prophetische Gemeinde. Denn der Heilige Geist ist auch der Geist der Prophetie.

In Offb 19,10 sagt der Engel, der mit Johannes spricht: „Ich bin ein Mitsklave von dir und deinen Geschwistern, die das Zeugnis von Jesus haben, bete Gott an!“ Und dazu folgt die Erklärung: „Das Zeugnis von Jesus ist der Geist der Prophetie.“ Die Geschwister von Johannes sind die Gläubigen. Und diese haben das Zeugnis von Jesus in sich. Vielleicht erinnern wir uns an das Wort von Paulus – Röm 8,16: „Der Geist selbst bestätigt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“

Und wenn die Gemeinde den Geist der Prophetie hat, dann steht sie auch in der prophetischen Tradition der ganzen Bibel. Denn echte Prophetie kommt immer aus dem Heiligen Geist, und der ist zu allen Zeiten derselbe.

Damit sind wir auch bei der Vollmacht der Zeugen – Offb 11,6: „Diese (Zeugen) haben die Vollmacht, den Himmel zu verschließen, dass er es nicht regnen lässt während der in ihrer Prophetie (genannten) Zeit. Sie haben Macht über die Wasser, sie in Blut umzuwandeln, und die Erde mit jeder Plage zu schlagen, sooft sie wollen.“

Diese Art der Vollmacht mag beim ersten Lesen etwas krass erscheinen, aber unbekannt sind die Phänomene nicht. Der Prophet Elija hat es zu Zeiten des Königs Ahab und der Königin Isebel dreieinhalb Jahre nicht regnen lassen. Und Mose hat in Ägypten das Wasser in Blut verwandelt und das Land noch mit neun anderen Plagen geschlagen. Natürlich hat Gott selbst das alles getan, aber er hat seine Propheten als Werkzeuge und Zeugen dazu gebraucht.

Es ist immer dieselbe Kraft desselben Geistes. Dass es auch im Neuen Testament dieselbe ist, leuchtet im Brief von Jakobus auf – 5,16b-18: „Die Bitte eines Gerechten hat Kraft und wirkt sich aus. Elija war ein genauso sterblicher Mensch wie wir, und er betete ein Gebet zu Gott, es nicht mehr regnen zu lassen, und Gott ließ es nicht mehr regnen auf die Erde drei Jahre und sechs Monate. Und er betete wieder, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“

Für Jakobus ist das also keine ferne Vergangenheit, sondern ein aktuelles Beispiel zum Thema Gebet. Elija war ein Mensch wir, sagt er. Und wenn Gott so etwas durch Elija tun konnte, dann kann er es auch durch uns tun.

Die Zeugen der Offenbarung bzw. des Neuen Testaments stehen also nicht nur in der Nachfolge von Jesus. Sie stehen auch in der Nachfolge von Mose und Elija. Und in der Gemeinschaft mit Gott können auch sie die gewaltigsten Dinge tun. Dass es hier für die heutige christliche Gemeinde noch einiges zu entdecken gäbe, dürfte deutlich sein. Aber natürlich nur in der Spur der prophetischen Gemeinde des Neuen Testaments …

Prophetische Symbolsprache

Prophetische Symbolsprache taucht in der Bibel überall auf, wo von Realitäten aus der unsichtbaren Welt gesprochen wird. Denn diese übersteigen den Horizont menschlichen Verstehens und menschlicher Vorstellungskraft.

Man sieht es an der Lehre von Jesus selbst. Er hat – wie z. B in der Bergpredigt (Mt 5-7 / Lk 6) – ganz klar und verständlich gelehrt, wo es um menschliche Verhaltensweisen geht. Aber in seiner Lehre über das Reich Gottes spricht er ein ganzes Kapitel lang (Mt 13 / Mk 4 / Lk 8) nur in Vergleichen und Beispielen. „Gleichnisse“ hat man das traditionell genannt.

Ich nenne es auch prophetische Symbolsprache. Jesus hat als Prophet über Realitäten gesprochen, die den Menschen nur mit Vergleichen oder Beispielen aus der menschlichen Erfahrungswelt annähernd verständlich gemacht werden können. Da sind ein Sämann, ein Weizenfeld mit Unkraut, ein Senfkorn, ein Sauerteig, ein Schatz, eine Perle und ein Fischernetz. Und selbst diese Vergleiche sind manchen noch unverständlich geblieben.

Auch in den Schriften der Gesandten von Jesus taucht diese prophetische Symbolsprache auf. Ein Beispiel dafür ist die geistliche Waffenrüstung, die Paulus in Eph 6 beschreibt. Der Gürtel um die Hüfte, an dem die Waffen hängen, ist die Wahrheit. Der schützende Brustpanzer steht für die Gerechtigkeit. Die Schuhe, die man an den Füßen haben sollte, bedeuten die Bereitschaft zur Weitergabe der Botschaft. Der Glaube ist ein Schild, die Rettung ein Helm und das Wort Gottes ein Schwert.

Ein konkretes Bild kann offensichtlich besser zum Ausdruck bringen, was gemeint ist, als eine theoretische bzw. theologische Abhandlung. Vor allem auch für einfache Menschen, die Gott ja besonders am Herzen liegen.

Das Bild vom Schwert für das Wort Gottes verwendet dann auch der Autor des Hebräerbriefs – Kap. 4,12: „Lebendig ist ja das Wort Gottes, wirksam, schärfer als jedes zweischneidige Schwert, durchdringend bis zur Zerteilung von Seele und Geist, von Gelenken und Markknochen, und ein Beurteiler von Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“

Bei Paulus im Epheserbrief ist das Wort Gottes als Waffe zu verstehen, wie etwa bei Jesus, der mit dem Wort Gottes den Satan abgewiesen hat (Mt 4 / Lk 4). Im Hebräerbrief erscheint es eher wie das Instrument eines Schlachters oder gar Operateurs. Dabei spielt die Schärfe sicherlich in beiden Bildern die gleiche Rolle.

Und das Bild mit dem Schwert erscheint dann auch an einer eigenartigen Stelle in der Offenbarung. Gleich am Anfang in Kap. 1,12-16 hat Johannes die einleitende Vision von Jesus:

„Und als ich mich umgewandt hatte, sah ich sieben goldene Leuchter und in der Mitte der Leuchter einen wie ein Menschensohn, mit einem langen Gewand bekleidet und an der Brust mit einem goldenen Gürtel umgürtet. Sein Kopf und die Haare waren weiß leuchtend, wie weiße Wolle, wie Schnee, seine Augen wie feurige Glut, seine Füße wie glühendes Metall, wie im Ofen glühend, und seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser. In seiner rechten Hand hatte er sieben Sterne. Aus seinem Mund kam ein scharfes zweischneidiges Schwert. Und sein Gesicht war wie die Sonne, wenn sie leuchtet mit ihrer Kraft.“

Man könnte hier denken, dass Johannes Jesus sieht, wie er in seiner Herrlichkeit wirklich ist. Die Herrlichkeit in Form von „weiß“, „feurig“, „glühend“ und „leuchtend“ ist ja nicht zu übersehen. Und doch erscheinen symbolhafte Elemente, die so bei Jesus in seiner Herrlichleit real nicht vorstellbar sind. Die Leuchter um ihn herum und die sieben Sterne in seiner Hand sind ja real weder Sterne noch Leuchter, sondern sieben Gemeinden.

Und dann ist da auch das scharfe zweischneidige Schwert, das aus seinem Mund kommt. Das mag man sich bildlich und praktisch eigentlich gar nicht vorstellen. Aber von der Symbolik her ist es klar: Aus seinem Mund ergeht das Wort Gottes. So stellt sich Jesus vor: Was er jetzt an Johannes zu offenbaren hat, ist das Wort Gottes, das wirkt wie ein scharfes zweischneidiges Schwert.

Und wenn schon das Anfangskapitel der Offenbarung voller prophetischer Symbole steckt, werden wir uns nicht wundern, wenn sie uns dann durch das ganze Buch hindurch auf Schritt und Tritt begegnen. Und wir haben auch schon gesehen, dass es in den anderen Schriften der Bibel Parallelen dazu gibt. Auch diese werden uns beim Einordnen und Verstehen der Symbole hilfreich sein.

Prophetische Unschärfe

Prophetische Unschärfe nenne ich das Phänomen, dass zwei Propheten dieselbe göttliche Realität schauen, sie aber in Einzelheiten unterschiedlich beschreiben. Dabei liegt das Problem sicherlich nicht in der göttlichen Realität selbst, hier herrschen immer Eindeutigkeit und Wahrheit. Es kann nur an der Schnittstelle liegen, wo die göttliche Realität eintaucht in die irdische Dimension, um für Menschen sichtbar zu werden.

Hier begegnet die Vollkommenheit der Unvollkommenheit, hier muss Göttliches in menschliche Vorstellungskraft und menschliche Sprache übersetzt werden. Ich denke, dass uns hierbei auch die Erklärung von Paulus hilft, dass wir aus Bruchstücken erkennen und aus Bruchstücken prophetisch sprechen. Ich nenne zwei Beispiele:

Da sind zum einen die Cherubim, Als Thronengel Gottes werden sie an mehreren Stellen in der Bibel genannt. Die Frage, warum der Schöpfer des Universums sie überhaupt braucht, bleibt – wie vieles in der göttlichen Dimension – unbeantwortet. Näher beschrieben werden sie nur an zwei Stellen. Zum einen hat Hesekiel sie gesehen, zum anderen Johannes.

Hesekiel hat sie beschrieben (Hes 2,4-12) als Gestalten mit vier Gesichtern und vier Flügeln. Die vier Gesichter an ihren Köpfen sind vorne das Gesicht eines Menschen, rechts das eines Löwen, links das eines Stieres und hinten das eines Adlers.

Johannes hat sie beschrieben (Offb 4,6-8) als Wesen mit je einem Gesicht, sechs Flügeln und außen und innen voller Augen. Und die vier Gesichter der vier Wesen waren jeweils das eines Löwen, eines Stiers, eines Menschen und eines Adlers.

Gemeinsam sind aber die vier Parallelen zur geschaffenen Welt: Mensch, Löwe, Stier und Adler. Dass hier der Mensch als Beherrscher der Schöpfung, der Adler als Herrscher im Luftraum, der Löwe als König der wilden Tiere und der Stier als das mächtigste der Nutztiere eine Fülle von Kraft und Herrschaft symbolisieren, dürfte deutlich sein.

Aber wie gesagt, wir sehen hier eine Realität in zwei Versionen, eine prophetische Unschärfe. Und wir müssen das so stehen lassen und uns anbetend auf die dahinter verborgene Realität Gottes einlassen.

Etwas Ähnliches finden wir zum anderen bei den Ölbäumen und Leuchtern, die vor Gott stehen. Sacharia sieht sie in einer Vision (Sach 4,1-5) und bekommt eine Antwort zu ihrer Bedeutung (Sach 4,11-14). Sacharia sieht einen goldenen Leuchter und links und rechts davon zwei Olivenbäume (Ölbäume). Und als Antwort zu deren Bedeutung erfährt er, dass das die zwei Gesalbten sind, die vor dem Herrscher aller Lande stehen.

Johannes erhält in seiner Offenbarung über die zwei Zeugen (Offb 11,1-13) in Vers 4 die Erklärung: „Das sind die zwei Olivenbäume und die zwei Leuchter, die vor dem Herrn der Erde stehen.“ Bei Sacharia ist es ein Leuchter, bei Johannes sind es zwei. Aber es ist dieselbe Realität, es gibt in der Bibel keine andere Parallelstelle dazu.

Diese Realität vor Gott bestand offensichtlich schon zu Sacharias Zeiten und wird bei Johannes wieder als gegenwärtig beschrieben. Das bestärkt natürlich die Auffassung, dass es sich dabei nicht um menschliche Individuen handelt, auch wenn in Sach 4 der Statthalter und Davidsnachkomme Serubbabel eine große Zusage von Gott bekommt.

Das verbindende Thema zwischen den zwei Stellen in Sachaja und der Offenbarung ist – leider oft etwas unbeachtet – der Tempel Gottes. In Sach 4 geht es um den Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem nach der babylonischen Gefangenschaft. Er soll durch das Wirken des Heiligen Geistes gelingen, und Serubbabel soll die Fertigstellung des Tempels durchführen und auch noch erleben.

In Offb 11 geht es nach Vers 1 um den Tempel Gottes in neutestamentlicher Zeit und die wahren Anbeter darin. Der Tempel Gottes, der jetzt gebaut wird, ist die Gemeinde.

Das Gemeinsame am Tempel zu Sacharias Zeiten und am Tempel zu Johannes‘ Zeiten ist, dass der Tempel der Wohnplatz Gottes auf Erden ist. Hier besteht die Verbindung zu Gottes Thron. Wer hier auf der Erde vor Gott steht, steht auch im Himmel vor Gott. Insofern stehen die zwei Gesalbten – die zwei Olivenbäume und die zwei Leuchter – gleichzeitig vor Gottes Thron und auf der Erde. Und wir kommen der Antwort näher auf die Frage, wer damit gemeint ist.

Die zwei genannten Beispiele machen deutlich, welche Art von Unstimmigkeiten ich als prophetische Unschärfe bezeichne. Wir sollten daraus lernen, dass wir nicht alle Einzelheiten aus prophetischen Bildern oder Botschaften bis ins Letzte ausdeuten sollten. Zum einen ist es erst einmal wichtig, die zentrale Aussage des Bildes oder der Botschaft wahrzunehmen. Zum anderen helfen dann Parallelstellen und der inhaltliche Zusammenhang in der Bibel, um die Prophetie einzuordnen und möglichst vieles richtig zu verstehen.

Wann hat Johannes geschrieben?

Wann hat Johannes geschrieben? Diese Frage kann für die Offenbarung einerseits im Zeitablauf mit einer wahrscheinlichen Jahreszahl beantwortet werden. Die Antwort heißt dann: im Jahr 68. Andererseits können wir die Frage im zeitlichen Verhältnis zum Empfangen der Prophetie beantworten. Die Antwort heißt dann: sofort.

Wenn wir der Offenbarung glauben, dann ist sie im Wesentlichen eine Mitschrift dessen, was Johannes gesehen und gehört hat. Man überliest im Interesse an den sonstigen Inhalten vielleicht gerne die Belegstellen dafür. Aber bei genauem Hinsehen ist die Sache eindeutig.

Wir haben hier die klaren Befehle zum Schreiben: 1,11 – „Schreibe, was du siehst, in eine Schriftrolle und schick sie den sieben Gemeinden: …“ 1,19 – „Schreibe nun, was du siehst: Was ist, und was danach geschehen soll.“ Und dann kommen die Einleitungen zu den Briefen an die sieben Gemeinden: 2,1 – „Dem Boten Gottes – der Gemeinde – in Ephesus schreibe: …“ Und genauso auch bei jedem anderen Brief.

Wer vielleicht noch denkt, dass Johannes die Dinge auch aus dem Gedächtnis zu einem späteren Zeitpunkt geschrieben haben könnte, wird in Kap. 10,4 eines Besseren belehrt: „Als die sieben Donner gesprochen hatten, wollte ich schreiben. Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel: ‚Versiegle, was die sieben Donner gesprochen haben, schreibe es nicht!’” Johannes wollte an Ort und Stelle aufschreiben, was die sieben Donner gesprochen hatten, aber er durfte nicht.

Er saß also tatsächlich mit dem Schreibzeug da und schrieb. Daraus kann man natürlich auch schließen, dass er ein geübter Schreiber gewesen sein muss. Aber man darf auch annehmen, dass ihm die Offenbarungen in einem passenden Tempo gezeigt wurden. Er musste ja in aller Ruhe mitschreiben können. Wenn man die Offenbarung lesen will, wie Johannes sie gesehen hat, muss man sie also eher langsam lesen.

Und dann gibt es an einzelnen Stellen auch spezielle Aufforderungen, ganz bestimmte, wichtige Sätze unbedingt mitzuschreiben:

Kap. 14, 13 – Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel: „Schreibe: Glücklich sind die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! Ja, der Geist sagt, dass sie ruhen werden von ihren Mühen, denn ihre Taten folgen ihnen.”

Kap. 19,9 – Und er sagte mir: „Schreibe: Glücklich sind die, die zum Hochzeitsmahl des Lammes eingeladen sind!“

Kap. 21,5 – Er sagte: „Schreibe: Diese Worte sind verlässlich und wahr.“

Natürlich hat Johannes seine Aufschriebe hinterher ins Reine geschrieben. Und mit einer Einleitung, persönlichen Zwischenbemerkungen und einem Schlusswort hat er dann ein ganzes und abgerundetes Buch daraus gemacht. So ist dieses prophetische Buch über die Endzeit und die neue Schöpfung entstanden.

Und wenn wir nun Johannes als einen geübten Schreiber kennen gelernt haben, kann man vielleicht noch einen Rückschluss wagen. Wenn er das auch in jüngeren Jahren schon war, dann hat er wohl als Jünger auch schon bei Jesus gesessen und seine Reden mitgeschrieben, die wir im Johannesevangelium so eindrücklich berichtet finden …

Die neuen Sprachen

Die neuen Sprachen, in denen die am ersten Pfingstfest Versammelten redeten, sind ein bekannter Teil des Berichts über die erste Geistausgießung in Apg 2. Dass es sich dabei um reguläre Sprachen handelte und nicht um irgendein Stammeln oder Lallen, geht aus der Schilderung hervor.

In älteren Übersetzungen ist anstatt von „Sprachen“ noch von „Zungen“ die Rede. Das hat leider dazu beigetragen, dass man sich unter „Zungenrede“ manchmal recht eigenartige Dinge vorgestellt hat. Der Grund für den missverständlichen Ausdruck liegt darin, dass das griechische Wort „gloosa“ sowohl die Bedeutung „Zunge“ als auch „Sprache“ hat. Übrigens hatte „Zunge“ in früheren Zeiten auch im Deutschen noch die Bedeutung „Sprache“. Leute „deutscher Zunge“ waren Deutschsprechende.

Dass diese Sprachen auch die weiteren Geistausgießungen in der Apostelgeschichte begleiteten, ist bekannt. Genauso bekannt sind auch die Verwirrungen und Auseinandersetzungen um diese Gabe, die es in Korinth gab und die Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde dort klären musste.

Weniger bekannt ist, dass sie auch an zwei weiteren Stellen in den Briefen auftauchen, nur unter einem anderen Namen. Paulus hat die Sprachengabe in 1 Kor 14 auch als „Beten mit dem Geist“ bezeichnet, mit dem man sich selbst geistlich aufbauen kann. Als „Beten im Geist“ taucht es aber noch an zwei weiteren Stellen auf. Paulus empfiehlt es im Zusammenhang mit der geistlichen Waffenrüstung im Epheserbrief. Eph 6,18: „Bei allem Beten und Bitten betet bei jeder Gelegenheit im Geist, …“. Und auch im Judasbrief, Vers 20, wird es eindringlich ans Herz gelegt: „Ihr aber, Geliebte, baut euch auf in eurem heiligsten Glauben, indem ihr im Heiligen Geist betet!“

Das Beten im Geist bzw. in Sprachen war in der neutestamentlichen Gemeinde also wohl ein weiter verbreitetes und dauerhafteres Phänomen, als man gewöhnlich annimmt. Da in all diesen Briefstellen deutlich wird, dass dieses Reden in Sprachen in erster Linie eine Art des Gebets ist, habe ich in meiner Übersetzung des Neuen Testaments zur Unterscheidung von der normalen Sprache den Ausdruck „Gebetssprachen“ dafür eingeführt.

Erstaunlich ist allerdings, wenn man es sich genau überlegt, dass im Neuen Testament beim Auftreten dieser Gebetssprachen niemand darüber verwundert war – außer in Apg 2 darüber, dass man sie verstehen konnte. Auch hatte offensichtlich niemand das Bedürfnis, dieses Phänomen erklärt zu bekommen oder zu erklären. Ist das nicht merkwürdig?

Außer der Aussage, dass es eine Art des Gebets ist, finden wir nur in 1 Kor 14 nähere Angaben dazu. Ohne dieses Kapitel wüßten wir fast nichts darüber. Stellen wir einmal zusammen, was Paulus dort dazu gesagt hat:

14,2: „Wer in einer Gebetssprache spricht, spricht nicht für Menschen, sondern für Gott. Niemand hört ja zu; in (seinem) Geist sagt er geheimnisvolle Dinge.“

14,4: „Wer in einer Gebetssprache spricht, baut sich selber auf.“

14,5: „Ich will, dass ihr alle in Gebetssprachen sprecht, …“

14,14: „Wenn ich in einer Gebetssprache bete, betet ja mein Geist, mein Verstand ist aber unbeteiligt.“

14,15: „Ich will mit (meinem) Geist beten, ich will auch mit dem Verstand beten. Ich will mit (meinem) Geist singen, ich will auch mit dem Verstand singen.“

14,16: „Wenn du Gott preist mit (deinem) Geist, …“

14,17: „Du dankst zwar schön, …“

14,18: „Ich danke Gott, dass ich mehr als ihr alle in Gebetssprachen spreche.“

14,22: „Daher sind die Gebetssprachen als Zeichen nicht für die Glaubenden, sondern für die Ungläubigen, …“

14,28: „Für sich selbst soll er aber sprechen und für Gott.“

14,39: „… und hindert nicht das Sprechen in Gebetssprachen!“

Es ist also eine Art des Gebets, bei dem der Mensch in geheimnisvoller Weise mit seinem Geist zu Gott betet. Aber dies geschieht zugleich im heiligen Geist, der in ihm am Werk ist.

Ich hoffe, wir verstehen, dass Paulus diese Gabe sehr schätzt und auch in diesem Kapitel in keiner Weise abqualifiziert. Er legt nur dar, dass in der versammelten Gemeinde die Prophetie einen höheren Wert hat als die Gebetssprachen. Nur in dem Fall, dass jemand sie übersetzen kann – eine weitere Geistesgabe – haben sie einen Nutzen zum Aufbau der anderen.

Doch noch einmal zurück zu der Beobachtung, dass sich beim Auftreten der Gebetssprachen nirgends Verwunderung darüber gezeigt hat. Es schien auch keine Notwendigkeit einer Erklärung dieses Phänomens zu geben. War es etwa schon bekannt? War es womöglich schon lange ein Bestandteil des prophetischen Redens? Es gibt vier Hinweise darauf:

1) Das hebräische Wort für Prophet heißt „naví“. Es kommt von der Wortwurzel „navá“. Dazu gibt es zwei Formen des Verbums. In der Nif’al-Form heißt es einfach „Prophet sein“, „prophetisch sprechen“ oder „als Prophet handeln“. Prophetisches Spechen meint hier die Weitergabe der zuvor von Gott empfangenen Worte. Aber in der Hitpa’el-Form meint das Verb in der frühen Zeit von Mose bis Samuel ein prophetisches Reden, das keine Worte Gottes weitergibt, sondern eher eine Art „Vor-sich-hin-Reden“ ist. Der Geist kommt über die Propheten, über ihre Schüler und auch über den König Saul, und sie reden prophetisch und hören nicht mehr damit auf. Es ist ein Zeichen für die Anwesenheit des Geistes und dafür, dass sie Propheten sind. „Ist jetzt auch Saul unter den Propheten?“ fragen die Leute. In den späteren Zeiten haben diese beiden Verbformen ihren Unterschied in der Bedeutung aber leider verloren.

2) In Jes 28 spricht der Prophet Jesaja darüber, wie seine Gegner ihn verspotten, dass er ihnen nichts zu sagen habe. Und sie ihn zitieren mit „zawlazaw zawlazaw kawlakaw kawlakaw se’erscham se’erscham“. Das ist auf jeden Fall kein Hebräisch. Wenn Jesaja so gesprochen hat, ist die einfachste Erklärung dafür die Art des unverständlichen prophetischen Redens, das auch die früheren Propheten schon hatten. Man hat Jesaja so reden gehört und ihn damit verspottet.

3) Jesus selbst hat mehrfach das Kommen des Geistes angekündigt, besonders betont wird das im Johannesevangelium. Und in diesen Zusammenhang lässt sich auch sein Wort an die Samariterin einordnen – Joh 4,23-24: „Aber es kommt eine Zeit, und es ist jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit. Und der Vater sucht ja solche, die ihn so anbeten. Gott ist Geist; und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Wir wissen ja schon, dass Beten im Geist das Beten in einer Gebetssprache meint. Es kommt also eine Zeit, in der Gott im Geist angebetet wird. Ab Pfingsten war dies der Fall. Und „Beten im Geist und in der Wahrheit“, passt das nicht zur Formulierung von Paulus „Beten mit dem Geist und Beten mit dem Verstand?“

4) Und dann findet man bei genauem Hinschauen an jenem ersten Pfingsttag doch noch eine Erklärung für die fremden Sprachen. Petrus zitiert als Erklärung dort den Propheten Joel – Apg 2,17-20 / Joel 3,1-5a:

„Und nach diesen Dingen wird es sein, sagt Gott: Ich werde ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen, und eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden. Eure jungen Leute werden Visionen sehen, eure Älteren werden Träume träumen. Auch auf meine Sklaven und auf meine Sklavinnen werde ich zu jener Zeit ausgießen von meinem Geist.“ – Und sie werden prophetisch reden! – „Ich werde Wunder geben am Himmel oben und Zeichen auf der Erde unten: Blut, Feuer und Rauchwolken. Die Sonne wird sich verändern zu Finsternis und der Mond zu Blut, bevor der Tag des Herrn kommt, der große und Ehrfurcht gebietende. Und es wird (so) sein: Jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden.“

Petrus zitiert hier den Propheten Joel wörtlich. Aber er fügt am Ende von Vers 18 einen eigenen Satz ein. Nachdem er die Auswirkungen des Heiligen Geistes zitiert hat, wiederholt er – sicherlich betont – für seine Zuhörer diese eine Aussage noch einmal: „Und sie werden prophetisch reden!“. So bringt Petrus zum Ausdruck, dass diese Sprachen dem prophetischen Reden entsprechen, das Joel für das gesamte Volk angekündigt hat. Also ist es für Petrus und seine Zuhörer klar, dass dieses prophetische Reden gegenüber dem Alten Testament nichts Neues ist. Im Gegenteil, auch hier findet sich im Neuen Testament eine Erfüllung des im Alten Verspochenen.

Wir können also annehmen, dass diese Art des Betens in der Prophetie Israels schon lange bekannt war. Und so ergibt sich auch wieder ein einheitliches Bild von Heiligem Geist und Prophetie in der ganzen biblischen Geschichte. Das Neue im neutestamentlichen Volk Gottes ist dann nur, dass alle Propheten sind.

Die Ankündigung des Geistes

Als der Heilige Geist an jenem ersten Pfingstfest im Jahr 30 n. Chr. ausgegossen wurde, war das weder Überraschung noch Zufall. Die Ankündigung des Geistes ist ein zentrales biblisches Thema. Petrus hat damals ja auch gleich den Propheten Joel zitiert, um zu erklären, was gerade geschah.

Hören wir, was der Prophet Joel gesagt hat – Joel 3,1-2: „Ich werde ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen, und eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch sprechen. Eure Älteren werden Träume träumen, und eure jungen Leute werden Visionen sehen. Auch auf die Sklaven und auf die Sklavinnen werde ich zu jener Zeit ausgießen von meinem Geist.“

Joel spricht von einer zukünftigen, neuen Zeit. Im Unterschied zur alttestamentlichen Zeit Israels, in der immer nur einzelne Menschen den Geist Gottes empfingen, sollte in einer neuen Zeit das ganze Volk Gottes – „alle Menschen“ – den Geist empfangen. Dass auch alle Töchter und sogar Sklavinnen den Geist empfangen würden, war damals ein absolut revolutionärer Gedanke. Die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Frauen in der neutestamentlichen Gemeinde ist hier schon angesagt.

Die Ankündigung des Geistes hatte es auch schon bei Jesaja gegeben. Jes 44,3: „Ja, ich werde Wasser ausgießen auf Durstiges, Bäche auf Ausgetrocknetes, ich werde meinen Geist ausgießen auf deine Nachkommen, meinen Segen auf deine Abkömmlinge.“

Der Prophet Hesekiel war ein Zeitgenosse des Propheten Jeremia. Diese beiden Propheten mussten den Untergang des alten Königreichs Israel miterleben und im Auftrag Gottes erklären. Das alte System Israels war aufgrund von geistlichem und moralischem Bankrott dem Gericht Gottes verfallen. Aber beide Propheten schauten auch eine neue Zeit, die Gott für seine Leute heraufführen würde. Jeremia schaute eine neue Bestimmung Gottes, dass er seine Gesetze in ihr Herz geben würde. Auch von Hesekiel kommt eine Ankündigung des Geistes. Er sah dasselbe wie Jeremia und auch, wie Gott das tun würde:

Hes 11,19: „Ich will ihnen ein anderes Herz geben, einen neuen Geist will ich geben in ihnen. Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Fleisch und ihnen ein menschliches Herz geben.“

Um zu verdeutlichen, was für einen „neuen Geist“ Gott „in ihnen“ geben würde, hat er es auch wiederholt und verdeutlicht – Hes 36,26-27: „Ich will euch ein neues Herz geben, einen neuen Geist will ich in euch geben. Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus eurem Fleisch und euch ein menschliches Herz geben. Meinen Geist will ich in euch geben und machen, dass ihr in meinen Grundsätzen geht und meine Urteile einhaltet und ausführt.“

Der Heilige Geist Gottes würde es sein, der die Herzensveränderung der Menschen bewerkstelligen würde. Und Herzensveränderung ist dann ja auch das Thema des Neuen Testaments.

Johannes der Täufer war der letzte und wichtigste der alttestamentlichen Propheten. So hat Jesus es gesagt. Er hatte die unmittelbar bevorstehende neue Zeit anzusagen – Mt 3,2: „Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahegekommen.“

Diese Botschaft war die Vorbereitung auf etwas, das nach ihm kommen würde. Mt 3,11 / Mk 1,7-8: „Ich tauche euch unter in Wasser zu einer Sinnesänderung. Nach mir kommt aber der, der stärker ist als ich. Für den bin ich nicht genug, dass ich mich bücke, um die Riemen seiner Sandalen aufzubinden und sie wegzutragen. Ich habe euch untergetaucht im Wasser, er wird euch untertauchen in Heiligem Geist und Feuer.“

So, wie er die Leute ins Wasser tauchte, würde nach ihm der kommen, der Menschen in Heiligen Geist taucht. Und die Wirkung des Geistes erklärt er mit dem Bild des Feuers. Wasser bringt Abkühlung und Reinigung, Feuer bringt Wärme und Licht.

Jesus selbst empfing nach seiner Taufe bei Johannes am Jordan den Heiligen Geist als Salbung und Ausrüstung zu seinem Dienst. Für die anderen blieb aber auch er noch bei der Ankündigung des Geistes. Besonders das Johannesevangelium berichtet an einigen Stellen darüber.

Gegenüber Nikodemus – Joh 3,5-8: „Amen, Amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineingehen. Was aus dem Körper geboren wird, ist Körper, was aus dem Geist geboren wird, ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: ‚Ihr müsst von neuem geboren werden!‘. Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Geräusch. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“

Gegenüber der Samariterin am Jakobsbrunnen unter dem Bild des Wassers – Joh 4,14: „Wer von dem Wasser trinkt, von dem ich ihm geben will, wird bis in Ewigkeit keinen Durst mehr haben. Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird vielmehr in ihm eine Wasserquelle werden, sprudelnd in ewiges Leben.“

Gegenüber den Menschen in Jerusalem – Joh 7,37-39: „Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken! (Bei dem,) der an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, werden Ströme lebendigen Wassers aus seinem Leib fließen.“ Und Johannes verdeutlicht: „Das sagte er über den Geist, den die bekommen sollten, die an ihn glauben würden. Es war ja noch kein Geist da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“

Auch diese Aussage gehört sicherlich dazu: „Ich bin gekommen, ein Feuer auf die Erde zu bringen, und wie sehr wünsche ich, dass es schon entzündet wäre!“ (Lk 12,49)

Und dann die Aussagen gegenüber seinen Jüngern in der Abschiedsrede – Joh 14,16-17: „Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Helfer geben, damit er bis in Ewigkeit bei euch sei. (Das ist) der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht bekommen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“

„Der Helfer, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,16)

„Wenn der Helfer kommt, den ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird als Zeuge über mich aussagen.“ (Joh 15,26)

„Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch führen mit der reinen Wahrheit. Er wird nichts von sich aus sagen, sondern was er hören wird, wird er sagen, und das Kommende wird er euch berichten.“ (Joh 16,13)

Und auch das, was Jesus nach seiner Auferstehung gesagt hat, muss man noch als prophetische Ankündigung verstehen. Joh 20,22-23: Nachdem er das gesagt hatte, blies er sie an und sagte ihnen: „Ihr bekommt Heiligen Geist. Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben. Welchen ihr sie festhaltet, denen sind sie festgehalten.“

Und abschließend, kurz vor seinem Weggang in den Himmel – Lk 24,49: „Und ich sende auf euch, was mein Vater versprochen hat: Bleibt in der Stadt, bis ihr mit Kraft aus der Höhe bekleidet werdet!“

Auch die Apostelgeschichte beginnt dann noch einmal mit dieser Ankündigung des Geistes. Apg 1,4-5: „Er hielt sie zusammen und befahl ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern auf das vom Vater Versprochene zu warten: ‚(Es wird das sein,) was ihr von mir gehört habt: Johannes hat mit Wasser untergetaucht, ihr aber werdet im Heiligen Geist untergetaucht werden, nicht viele Tage nach diesem.’“

Wir sehen also, dass vom Alten Testament her nicht nur der Messias angekündigt war mit seinem Sühnetod am Kreuz und seiner Auferstehung. Auch der heilige Geist war angekündigt. Und beides hängt aufs engste zusammen. Erst braucht der Mensch Vergebung und Reinigung von der Sünde, dann kann er Heiligen Geist bekommen als Kraft eines neuen Lebens.

Und bis zum Schluss bleibt es dabei. Offb 22,17: „Und der Geist und die Braut sagen: ‚Komm!‘ Wer es hört, soll sagen: ‚Komm!‘ Und wer Durst hat, soll kommen. Wer will, soll Wasser des Lebens bekommen – geschenkt!“

Philippus der Botschafter

Philippus der Botschafter ist einer von zwei Männern mit Namen Philippus im Neuen Testament.

Einer der zwölf Jünger von Jesus hieß Philippus, aber innerhalb des Neuen Testaments hören wir nichts darüber, wie dessen persönlicher Weg und Dienst als Gesandter von Jesus weiterging. Aus späteren Quellen erfahren wir, dass er sein Missionsgebiet in den Regionen um die heutige Halbinsel Krim gehabt haben soll.

In der Apostelgeschichte taucht dann noch ein anderer Philippus auf, den wir hier näher betrachten wollen. Der Name heißt eigentlich „Phílippos“, das ist Griechisch und bedeutet „Pferdefreund“. Die Lateiner haben ihn zum „Philippus“ umbenannt, die Deutschen dann zum „Philipp“. In Apg. 6 erscheint er zum erstenmal in der Jerusalemer Urgemeinde. Er war einer der sieben Männer, die die unparteiische Versorgung der armen Witwen sicherstellen sollten. Das war ein bis zwei Jahre nach der Gründung der Gemeinde dort an Pfingsten im Jahr 30 n. Chr..

Als etwa ein Jahr später nach der Steinigung von Stephanus die erste Verfolgung ausbrach und ein Großteil der Gemeinde über das Land zerstreut wurde, war auch Philippus unterwegs. Jetzt entfaltete sich seine Gabe, die dazu führte, dass man ihn den „Evangelisten“ bzw. „Botschafter“ nannte.

Erst wurde er zum Urheber einer Erweckung unter den Samaritern in Samaria und Umgebung, dann wurde er von Gott auf die einsame Straße nach Süden geschickt, wo er dem Finanzminister von Äthiopien, einem Eunuchen, die Botschaft von Jesus erklärte. Er erklärte sie so, dass der Minister sich auch gleich im Wasser in den Namen Jesus eintauchen lassen wollte.

Die Geschichte endet auf sehr ungewöhnliche Art – Apg 8,39-40: „Als sie aus dem Wasser heraufkamen, holte der Geist des Herrn Philippus weg, und der Eunuch sah ihn nicht mehr. Er fuhr jedoch seinen Weg und freute sich. Philippus fand sich aber in Aschdod. Er ging durch alle Städte und brachte die gute Nachricht, bis er nach Cäsarea kam.“

Dass er nach Cäsarea kam, ist für lange Zeit das letzte, was wir von ihm hören. Erst im Jahr 57, also etwa 25 Jahre später, taucht sein Name wieder auf, als nämlich Paulus mit seinen Begleitern einschließlich Lukas bei der Rückkehr von der dritten Missionreise bei ihm einkehrte – Apg 21,8-9: „Am nächsten Tag gingen wir los und kamen nach Cäsarea. Wir gingen in das Haus von Philippus dem Botschafter, der einer von den Sieben war, und blieben bei ihm. Er hatte vier Töchter, Jungfrauen, die prophetisch sprachen.“

Der ursprünglich reisende Botschafter ist also nach 25 Jahren immer noch in Cäsarea. Was ist da passiert? Philippus ist offenbar in Cäsarea „hängengeblieben“, d. h. er hat eine Frau gefunden und eine Familie gegündet. Wenn er 25 Jahre später 4 Töchter hat, die Jungfrauen sind und prophetisch sprechen, dann sind das keine kleinen Kinder mehr. Sie führen ein sauberes Leben (Jungfrauen), sind mit Heiligem Geist erfüllt und dienen Gott und der Gemeinde mit ihren Gaben. Philippus hat offensichtlich auch als Vater vieles richtig gemacht. Und die aktive Beteiligung von Frauen in der Gemeinde hat hier in der Apostelgeschichte ganz nebenbei eine interessante Bestätigung.