Ein Bibelübersetzer entdeckt ...

Schlagwort: Gesalbter

Der Olivenbaum

(Der Olivenbaum – ein Abschnitt des Kapitels „Land und Feld“ aus dem Buch „Kennst du das Land?“ von Ludwig Schneller)

Eine große Rolle spielt im Leben der Palästinenser der Olivenbaum. Er liebt die Gesellschaft. Nur selten steht er einzeln auf einsamer Höhe und dient den Wanderern als Richtzeichen. Aber meist hält sich derselbe gleich den Haustieren in der nächsten Nachbarschaft der Menschen. Fast überall, wo man sich einem Dorf naht, sieht man von weitem einen dunklen Kranz von Olivenbäumen um dasselbe stehen. Schon Mose sagt ja zu Israel: „Du wirst Ölbäume haben in allen deinen Grenzen.“ (5 Mo 28,40).

Oft sieht man uralte Exemplare, welche wohl ein Jahrtausend an ihrem Platz treue Wacht gehalten haben mögen. Solch ein alter knorriger Geselle mag das Licht der Welt an einem sonnigen Frühlingstag zu den Zeiten Karls des Großen und Harun al Raschids erblickt haben. Und er sieht in der Tat ehrwürdig und verwittert genug aus. Dass die Stürme der Jahrhunderte nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind, sieht man auf den ersten Blick. Das Mark des Lebens scheinen sie ihm aus dem Leib genagt zu haben. Der ganz ausgehöhlte Stamm sieht nur noch wie dicke ausgebrannte Rinde aus. Aber lass nur den Herbst kommen. Und du wird sehen, dass in der Rinde noch frisches Leben quillt und noch manches Tröpflein köstlichen Olivenöls durch die Adern rinnt.

So nützlich der Olivenbaum ist, so anspruchslos ist er auch. Pflanze ihn mitten unter die starren Felsen, und er wird dich bei einiger Pflege mit reicher Frucht belohnen. Der Grund des Olivenwaldes um Beit-Djala war früher eine große Felsenwildnis, wie alle Nachbarberge. Jetzt fließen mitten aus dem Felsen Jahr für Jahr ganze Ströme von Öl. Daher heißt es auch 5 Mo 32,13: „Er gibt Öl aus den harten Steinen.“

… Wie schön sieht der Olivenbaum aus, wenn nach dem Regen seine Blätter glänzen wie eine silberne Krone, wenn der Frühlingswind seine mit reizenden Blüten bedeckten Zweige leise bewegt. Nimm einen solchen langen, schlanken, blühenden Zweig und biege ihn zum Kranz. Und du wirst dich nicht mehr wundern, warum der olympische Siegerkranz aus einem solchen Zweig bestand, den ein Knabe mit goldenem Messer von dem heiligen Olivenbaum schnitt, und welcher das höchste Ziel des Ehrgeizes für die hellenische Jugend war. Wie tief und vornehm ist seine Farbe. Wie edel geformt und zugleich unverwüstlich sind seine Blätter. Schon in der Geschichte der Taube des Noah wurden sie vor allen anderen Blättern zum Symbol des Friedensgrußes geadelt.

Aber der Olivenbaum ist nicht nur schön. Wegen seines großen Nutzens ist er seit alters auch einer der besten Freunde und Ernährer der Landleute Palästinas. Kanaanitern, Israeliten, Muhammedanern, Kreuzfahrern und Arabern hat er mit gleicher Treue und Freigebigkeit gedient und das Leben angenehm gemacht. Seine ganze Kraft verwendet er darauf, das köstliche Olivenöl der scheinbar dürren Erde zu entlocken. Und auch in seinen eingesalzenen Fruchtbeeren bietet er Arm und Reich eine ebenso schmackhafte wie nahrhafte und gesunde Zukost.

Wie bei jedem ernsten und schönen Werk für das gemeine Beste, geht auch hier die Hauptsache ganz in der Stille und Verborgenheit, in der Tiefe der Erde vor sich. Dort entfaltet der Olivenbaum eine rastlose, weitverzweigte Tätigkeit. Es ist ganz erstaunlich, welche Menge von Wurzeln er aussendet, um wie mit tausen Händen in der Tiefe zu suchen und zu sammeln und das köstliche Mark der Erde durch viele tausend Kanäle durch den mächtigen Wurzelstock, den Stamm und die Zweige hinauf zu dirigieren in die Tausende von Olivenbeeren, welche droben im Sonnenlicht an den Zweigen hängen.

Schau einmal die merkwürdige, ebenso feine wie großartige Maschinerie eines Olivenbaumes an, wenn in einem Tal Palästinas soeben ein starker Winterregen hindurchgestürmt ist und die Erde neben dem Ölbaum vielleicht mannshoch bloß gelegt hat, wie sich die großen Wurzeln strecken nach allen Richtungen, wie ein Gewebe von zahllosen kleinen Saugwurzeln den ganzen Erdboden wie mit einem Netzwerk förmlich durchflochten hat. Dann wirst du dich nicht mehr wundern, warum in der Schrift stets „Weinstock und Feigenbaum“, niemals aber Weinstock und Ölbaum zusammengestellt sind. Denn zwei so fleißige, selbständige und gründliche Arbeiter, wie diese beiden, haben ebenso wenig nebeneinander Platz, wie zwei bedeutende selbständige Charaktere, welche ein und dasselbe Gebiet beherrschen sollen. Aus diesem Grund finden sich in den Weinbergen zwar sehr oft Feigenbäume, niemals aber, wenn man wenigstens nicht Reben und Bäumen die Kraft rauben will, Olivenbäume.

Daher war der Olivenbaum in Israel stets hochgeachtet und ein Sinnbild der angenehmsten Dinge. Seiner fröhlichen Hoffnung gibt der Psalmsänger Ausdruck, wenn er sagt: „Ich aber werde bleiben wie ein grüner Ölbaum im Haus Gottes!“ (Ps 52,10). Auch der Friede häuslichen Glücks erinnert ihn an die Ölzweige, welche sich wie kleine Stämmchen üppig um den großen Wurzelstock des einen Stammes drängen: „Deine Kinder sind wie Ölzweige um deinen Tisch her“ (Ps 128,3).

Aber auch die Palästinenser wissen diesen treuen Baum wohl zu schätzen. Das Öl, welches er ihnen liefert, ist ihr Labsal in guten und bösen Tagen. Dem Gesunden macht es sein täglich Brot schmackhaft, indem er dasselbe, wie einst die Witwe zu Zarpat, in Öl eintaucht. Und in langen Winternächten erhellt es seine dunkle Hütte, wie schon in der Wüste den Israeliten ihre Stiftshütte. (2 Mo 27,20). Dem Kranken aber dient es als Arznei in allerlei Leibesnot. Schon den Gesunden soll es ja die Gesundheit stärken. Manchen begegnet man, die ein fettglänzendes Gesicht haben. Die Araber salben sich auch heute noch gern, wie in biblischer Zeit. Sie reiben sich von Kopf bis Fuß mit Öl ein und behaupten, davon sehr stark und kräftig zu werden. So, sagt der Herr, sollen diejenigen tun, welche fasten, damit sie nicht vor den Leuten scheinen: „Wenn du fastest, so salbe dein Angesicht.“ (Mt 6,17).

Und wie der barmherzige Samariter jenem Unglücklichen zwischen Jerusalem und Jericho seine Wunden mit Öl und Wein linderte, so gebrauchen auch heute noch die Fellachen das Olivenöl fast bei allen inneren und äußeren Krankheiten als Heilmittel. (Lk 10,34). Die Jünger, welche der Herr ausgesandt hatte, Kranke zu heilen, sprachen nicht nur Machtworte. Sie wandten auch die landesübliche Arznei, das Olivenöl, an. (Mk 6,13). Auch Jakobus ermahnt, diese Arznei zu gebrauchen. „Ist jemand krank, der rufe die Ältesten von der Gemeinde und lasse sie über sich beten und salben mit Öl in dem Namen des Herrn.“ (Jak 5,15). Das will natürlich nicht sagen, dass man nun etwa auch im fernen Abendland mit Öl kurieren soll. Es will vielmehr so viel sagen, als: Lasst die Ältesten über euch beten, nehmt Arznei, so gut ihr sie haben könnt, und gebraucht sie im Namen des Herrn.

Im Altertum wurde das Olivenöl bei Gastmählern dem Gast aufs Haupt gegossen. Darum sagt der Herr zu seinem Gastgeber Simon: „Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt!“ (Lk 7,46). So sagt auch der Sänger des 23. Psalms dankbar zum Herrn: „Du salbst mein Haupt mit Öl“ (wie man einem besonders lieben und besonders geehrten Gast in zuvorkommender Höflichkeit tut), nachdem du mir „einen Tisch bereitet hast im Angesicht meiner Feinde“, so dass sie, anstatt mich zu verfolgen und zu ängstigen, zusehen müssen, wie ich als dein hochgeehrter Gast an deiner Tafel sitze.

Alle diese Gebräuche gehen auf eine der frühesten Sitten der Morgenländer zurück. Weil sie den Ölbaum so sehr liebten, der ihnen in so mancher Lebenslage Erquickung und Hilfe brachte, glaubten sie diejenigen Dinge, welche sie liebten und verehrten, nicht besser vor allen anderen auszeichnen zu können, als wenn sie dieselben mit dem Öl dieses treuen Freundes begossen und glänzend machten. So sehen wir, dass Jakob in dem glücklichen, ahnungsreichen Gefühl, dass bei dem Stein, auf dem sein Haupt bei jenem seligen Traum in Betel geruht, nichts anderes sei, als Gottes Haus und die Pforte des Himmels, seine Ölflasche hervorzog und den Stein salbte. (1 Mo 28,18). Auch die Stiftshütte samt Bundeslade, Altären und allen köstlichen Geräten wurde in Übereinstimmung mit dieser Volkssitte mit Öl gesalbt, damit sie also „geweiht das Allerheiligste seien.“ (2 Mo 30,25+29).

Ja, auch auf Menschen, welche vor anderen ausgezeichnet werden sollten, übertrug sich dieser Gebrauch. Aaron und seine Söhne, die Priester, wurden mit Öl gesalbt. (2.Mo 30,30). Samuel der Seher hatte bei der ersten Königssalbung sein Ölglas genommen und auf Sauls Haupt ausgegossen. Dann küsste den jungen Fürsten tiegbewegt. Und er sprach: „Siehst du, dass dich der Herr zum Fürsten über sein Erbteil gesalbt hat?“ (1 Sa 10,1). Später wurden nicht mehr blos die Priester und Fürsten gesalbt. Auch der Privatmann salbte nach derselben Sitte den Gast, der er ehren und auszeichnen wollte. Und entsprechend der Bedeutung jener Salbungen im alten Bund wurde schließlich diese Salbung zum sinnbildlichen Ausdruck für die Auszeichnung der Kinder Gottes durch die Gabe des heiligen Geistes. Auch unser Herr selbst hat von dieser Sitte jenen ewig gesegneten Namen erhalten. Täglich nennen wir ihn in unseren Gebeten mit anbetender Ehrfurcht: Christus, der Gesalbte.

Von den Olivenbäumen hat auch der Ölberg seinen Namen erhalten, jedem Christen ein Ort heiliger Erinnerungen. Einst ging David, Christi Vorfahr, weinend den Ölberg hinabging, weil die Seinen ihn verstießen (2 sa 15,30). Und so ritt auch Jesus selbst an einem leuchtenden Frühlingsmorgen weinend den Ölberg herab, weil ihn die Seinen nicht aufnahmen. Und drüben am Ölberg lag Getsemane, die Ölkelter. (Mt 26,36). Als den Herrn alle Getreuen verließen und schliefen, da rauschten, vom blassen Mondlicht der Frühlingsnacht beschienen, vom Nachtwind bewegt, die silbernen Zweige und Kronen der treuen Ölbäume leise über dem einsam ringenden Beter, als ob wenigstens sie mit ihm wachen und beten wollten.

Christus oder Messias

Christus oder Messias, das ist eine Übersetzungsfrage. „Christós“ ist die griechische Übersetzung des hebräischen Wortes „maschíach“. Von christós ist über die lateinische Kirchensprache das Wort „Christus“ ins Deutsche gekommen. Von maschíach stammt aber ebenfalls ein Begriff im Deutschen, nämlich „Messias“. Beides heißt übersetzt auf Deutsch „gesalbter“. Sinngemäß ist dazu das Wort „König“ zu ergänzen: „gesalbter König“.

Durch eine Salbung mit Olivenöl wurde in Israel der König eingesetzt, und so wurde das Wort auch zur Bezeichnung des von Gott versprochenen endgültigen Retters und Königs.

Das in den üblichen Bibelübersetzungen Gewohnte ist zunächst einmal „Christus“. Aber daran hatte ich schon lange meine Zweifel. In meinem Werdegang komme ich aus dem kirchlichen Heidenchristentum, das neutestamentlich gesehen überhaupt kein Christentum ist. Von dort her ist mir die Bezeichnung „Christus“ im Grunde unmöglich geworden. Sie ist zu einem nichtssagenden Beinamen geworden, zu einer Floskel, die im Munde geführt wird, ohne die eigentliche Bedeutung zu bedenken oder gar zu kennen. Wenn z. B. einer der Kirchenfunktionäre von „Jesus Christus“ spricht, dann hat niemand den Eindruck, dass er vom Herrn der Welt spricht, von Gottes gesalbtem König, dem er unbedingten Gehorsam schuldig wäre. Eine ähnliche Entwicklung hat übrigens auch der Begriff „Evangelium“ genommen.

Die Frage, ob ich Christus oder Messias übersetze, ist damit beantwortet. Für Israel und die Welt bekennt das Neue Testament: „Jesus ist der Messias!“ – Einen anderen gibt es nicht. Diese Bezeichnung ist nicht nur gegenüber Juden ein Zeugnis, sie ist auch im weltlichen Sprachgebrauch präsent. Und es ist mir ja wichtig, in meiner Übersetzung möglichst Begriffe zu verwenden, die auch in der säkularen Sprache verständlich sind.

Und hier hat „Messias“ eine interessante Bedeutung. Als zum Beispiel Obama damals in den USA zum Präsidenten gewählt wurde, hieß es in den Medien angesichts der großen Begeisterung, er würde aber doch wohl auch kein Messias sein. Oder umgekehrt, als Bolsonaro in Brasilien die Wahl zum Präsidenten gewann, haben ihn manche („christliche“!) Kreise zum Messias ernannt, was ihm selber auch sehr gut gefallen hat. So weit ich sehe, kann sich die Welt also unter „Messias“ irgendwie etwas Richtiges vorstellen, eine Art Heilsbringer. Das ist weit mehr, als sie sich unter dem Beinamen „Christus“ vorstellt.

Und Jesus ist in der Tat nicht nur der Messias Israels, sondern der ganzen Welt. Das ist ja das grundlegende Ärgernis für die Juden, dass unser Messias Jesus eigentlich ihr Messias sein soll. Und umgekehrt ist es das Ärgernis für die Welt, dass Gott von ihr verlangt, Jesus, den jüdischen Messias, als ihren Messias anzuerkennen. Doch die Zumutungen, die Gott selbst den Menschen macht, darf man auf keinen Fall abschwächen.

Deshalb habe ich also „Messias“ übersetzt. In diesem Begriff habe ich die verständlichste und prägnanteste Möglichkeit der Übersetzung gefunden. So prägnant, dass ich es auch zum Titel meiner Übersetzung des Neuen Testaments gemacht habe: „Jesus der Messias„. Im ganzen Buch geht es nur um ihn.

(Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung der früheren Beiträge „Christus“ und „Warum ich Messias übersetze“.)

Die Frau und der Drache

Die Frau und der Drache sind die Hauptfiguren der großen Vision in Kapitel 12 der Offenbarung. Zuvor war die Eigenart der Endzeit schon jeweils beim Öffnen der sieben Siegel und dann beim Ertönen der sieben Hornsignale überblicksartig dargestellt worden.

Nun enthüllen sich ab Kapitel 12 zuvor schon erwähnte Details in großer Ausführlichkeit, und das dämonische Gegenprogramm gegen Gottes Werk wird deutlich sichtbar: Der Satan als Anti-Gott, das Tier aus dem Meer als Anti-Messias bzw. Antichrist, der falsche Prophet als Anti-Geist und die Hure als Anti-Braut bzw. Anti-Gemeinde.

Hintergrund für die große Vision „die Frau und der Drache“ am Himmel könnten Sternbilder sein, die Werner Papke identifiziert und in seinem Buch „Das Zeichen des Messias“ dargestellt hat. Die Frau und der Drache sind, wenn man sie kennt, auch heute noch dort zu sehen. Besonders die Schlangenform des Drachen ist gut zu erkennen.

Aber nun hat Johannes dort keine stehenden Bilder gesehen, sondern dramatische Ereignisse. Die Frau ist am Gebären, mit Wehen geplagt. Mit der Frage, wer sie ist, werden wir uns nachher noch befassen. Von den anderen Figuren können wir eindeutig sagen, wer sie sind:

Der Sohn, der Männliche, den sie gebiert, soll alle Völker hüten mit einem eisernen Stab. Der eiserne Stab kommt aus Psalm 2 und kennzeichnet ihn als den Messias. Er wird nach seiner Geburt fast vom Drachen aufgefressen, wird dann aber entrückt zu Gott und seinem Thron.

Hier haben wir eine sehr kurze Fassung des Lebens von Jesus. Nach seiner Geburt wurde er erwachsen und präsentierte dem Volk Israel als von Gott mit Heiligem Geist gesalbter Messias das Reich Gottes. Während dieser Zeit wurden laufend Pläne gegen ihn geschmiedet, um ihn umzubringen. Und als er dann am Kreuz hing, meinte der Teufel vielleicht, das Ziel seiner Vernichtung („Auffressen“) erreicht zu haben. Aber mit der Auferstehung, der Himmelfahrt („entrückt zu Gott“) und der Einsetzung zur Rechten Gottes wurde ihm ein gewaltiger Strich durch die Rechnung gemacht.

Auch der Drache ist eindeutig, in Vers 9 auch als Schlange, Teufel und Satan bezeichnet. Und seine königlichen Stirnbänder zeigen seine Intention. Manche haben schon einmal gehört, der Satan habe bei seinem Fall ein Drittel der Engel mit in den Abfall gezogen. Diese Interpretation basiert auf der Aussage hier in Vers 4, dass er mit seinem Schwanz ein Drittel der Sterne vom Himmel gefegt und auf die Erde geworfen hat.

Als er nach seinem Hinauswurf aus dem Himmel dann die Frau verfolgen will und merkt, dass sie seinem Zugriff entzogen ist, wendet er sich gegen ihre „weiteren Nachkommen“. Das sind die, „die Gottes Gebote halten und das Zeugnis von Jesus haben“. Auch diese Personengruppe ist eindeutig. Es sind die Nachfolger von Jesus, es ist die Gemeinde. Durch ihre pure Existenz zieht sie sich den Hass des wütenden Satans zu.

Nun kommen wir zurück zu der Frage: Wer ist die Frau? Aus der katholischen Tradition kennen wohl manche die Sichtweise, es sei Maria, die hier mit den zwölf Sternen auf ihrem Haupt als „Himmelskönigin“ dargestellt sei. Aber die „Himmelskönigin“ ist eine aus dem Alten Testament wohlbekannte heidnische Gottheit. Und es gibt noch ein anderes Argument gegen diese Sichtweise:

Die Frau hat hier nicht nur den einen Sohn geboren, es gibt danach auch die „weiteren Nachkommen“ von ihr. Und die Christen als Nachkommen Marias zu bezeichnen, wäre zu den neutestamentlichen Zeiten ja keinem eingefallen. Eher darf man daran denken, dass sie dort als die legitimen Nachkommen Abrahams gesehen werden.

Und Abraham ist der Stammvater Israels. Und wenn wir uns daran erinnern, dass das Volk Israel im Alten Testament auch im Bild der Ehefrau Gottes dargestellt wird, nähern wir uns dem richtigen Verständnis. Der Messias entstammt dem alttestamentlichen gläubigen Teil Israels, der treu auf das Kommen des Messias wartete.

Dieses Israel hat es bis zum Beginn der neutestamentlichen Geschichte tatsächlich gegeben. Es begegnet uns in Gestalten wie Zacharias und Elisabet, Maria und Josef, den Hirten auf dem Feld, dem Propheten Simeon, der Prophetin Hanna und Johannes dem Täufer. Aus diesem Israel ist unter Wehen der Messias geboren.

Und dieses Israel war dann auch nicht mehr da, als der Teufel aus dem Himmel geworfen war. Der Platz in der Wüste, an dem es nicht mehr für ihn erreichbar ist, liegt sicherlich jenseits dieser Welt, wo Gott diesen verstorbenen Heiligen einen Platz bereitet hat. Und ihre „weiteren Nachkommen“, die kennen wir ja …

Der Messias

Der Messias ist der von Gott eingesetzte König und Herrscher. Das hebräische Wort heißt „Maschíach“. Wenn der Grieche das auszusprechen oder zu schreiben versucht, wird es zu „Messias“. Ins Griechische übersetzt heißt es „christós“, was die Lateiner dann mit „Christus“ als Fremdwort übernommen haben. Auf Deutsch heißt es „Gesalbter“. Es ist eigentlich ein Adjektiv, zu dem man sinngemäß das Substantiv „König“ ergänzen muss: „gesalbter König“.

Wir erinnern uns, wie schon der Prophet Samuel zuerst Saul und später David zum König salbte. Diese Salbung geschah mit Öl, wobei „Öl“ in der Bibel immer Olivenöl ist. „Salbung“ ist eigentlich eine verharmlosende Übersetzung, denn man schüttete das Öl auf den Kopf, und es lief überall runter.

Das Öl hat die symbolische Bedeutung des Heiligen Geistes. Die Salbung bedeutet die Verleihung des Heiligen Geistes, den der im Auftrag Gottes Gesalbte zur Ausübung seiner Aufgabe braucht. Die Salbung war das Zentrum des Rituals bei der Einsetzung des Königs in Israel. Und der König war der (von Gott) „Gesalbte“ bzw. der „Messias“.

Wir lesen es in Psalm 2, Vers 2: „Die Könige der Erde haben sich aufgestellt, die Obersten haben sich versammelt gegen den Herrn und gegen seinen Messias.“ In dem Psalm geht es um den Tag der Einsetzung des neuen Königs. Gegen ihn erhebt sich in der Nachbarschaft Israels offensichtlich von Anfang an bittere Feindschaft. Aber wenn es Gottes König ist, dann geht diese Feindschaft nicht nur gegen den König. Sie geht auch gegen Gott, der ihn eingesetzt hat. Die Einsetzungsworte sind, Vers 7: „Mein Sohn bist du heute, ich habe dich geboren, bitte von mir!“

Zu Zeiten des Neuen Testaments wartete man in Israel dringend auf den Messias. Das lag daran, dass die von Gott eingesetzte Königslinie der Nachkommen Davids schon ein paar Jahrhunderte nicht mehr an der Regierung war. Alles andere, was man als „König“ erlebte, wie zum Beispiel Herodes, entsprach nicht dem, was man von einem König erwartete, der das Königreich Israel als „Königreich Gottes“ wieder aufrichten sollte.

Kein Wunder, dass die Leute wie elektrisiert waren, als Johannes der Täufer mit der Botschaft auftrat: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen!“ Wenn das Reich Gottes nahe ist, dann ist auch der Messias nahe. Nachdem Johannes zuerst abstreiten musste, selbst der Messias zu sein, kam dann Jesus zu ihm an den Jordan. Er, der die Taufe zur Sündenvergebung nicht nötig gehabt hätte, ging trotzdem ins Wasser. Wo andere die Sünden abgaben, nahm er sie auf sich und wurde zum „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt“. So sagte es Johannes dann über ihn aus.

Als Jesus im Wasser wieder aufstand, kam der heilige Geist vom Himmel herab auf ihn. Diese Geschichte war mir lange Zeit wohlbekannt, bis ich endlich die eigentliche Bedeutung begriff: dass hier der Messias gesalbt wurde. Nicht mit Öl, dem Symbol, wurde er gesalbt, sondern mit dem Original, dem Heiligen Geist. Und nicht von einem Propheten oder Priester wurde er gesalbt, sondern von Gott selbst, direkt aus dem Himmel herab. Dann wundert einen auch die Stimme nicht mehr, die aus dem Himmel kam: „Du bist mein Sohn, der Geliebte, an dem ich Gefallen habe.“

Ab hier ist Jesus im eigentlichen Sinne der Messias. Er hat nach einer Zeit des Fastens dann seinen Dienst angetreten, um das Werk Gottes auszuführen, das bis heute noch nicht zu Ende ist. Erst mit der Ausrüstung des Heiligen Geistes hat Jesus die Zeichen und Wunder getan, die die Bestätigung seines Auftrags von Gott waren.

Johannes der Täufer, der es miterlebte, hat es hinterher als Zeuge bestätigt – Joh 1, 32-34: Johannes sagte als Zeuge aus: „Ich habe gesehen, dass der Geist wie eine Taube aus dem Himmel herabkam und auf ihm blieb. Ich kannte ihn nicht, aber der, der mich gesandt hat, Menschen ins Wasser zu tauchen, der hatte mir gesagt: ‚Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der Menschen in Heiligen Geist taucht.‘ Und ich habe es gesehen und sage als Zeuge aus: Er ist der Sohn Gottes.“

Das Reich Gottes entfaltete sich dann aber anders, als die Menschen es erwarteten. Das gehört zum Thema: „Unterschiede zwischen den Gedanken Gottes und denen der Menschen“. Aber diesen Unterschied zu erkennen, daran haben wir auch in der Nachfolge von Jesus bis heute zu tun …