Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Offenbarung (Seite 1 von 2)

Die zwei Zeugen

Die zwei Zeugen Gottes treten auf in Offenbarung 11 unter den Ereignissen, die auf das Signal des sechsten Signalhorns folgen. Wie viel wurde schon gerätselt, wer diese zwei Zeugen wohl sein könnten. Angefangen von alttestamentlichen Gestalten wie Mose und Elija ist es über neutestamentliche wie Petrus und Paulus bis dahin gegangen, dass etliche fromme Brüder sich auch schon selbst für einen dieser zwei Zeugen gehalten haben.

Auf die richtige Spur kommen wir aber, wenn wir wieder auf den Zusammenhang achten. Da ist zum einen der Zeitraum. Wenn das siebte Hornsignal das Zeichen des Endes ist, dürfen wir annehmen, dass auch die sieben Hornsignale – wie zuvor die Öffnung der sieben Siegel – den Zeitraum der Endzeit umfassen, von den ersten Christen bis zur Wiederkunft des Herrn.

Und dann ist da auch noch die Zeitangabe. In der Offenbarung taucht sie öfters auf, als dreieinhalb Jahre, 42 Monate oder 1260 Tage, das ist immer der gleiche Zeitraum. Im Propheten Daniel stehen die dreieinhalb Jahre schon für die antichristliche Zeit, und so umfassen sie auch in der Offenbarung die letzte Zeit, die schon in der ersten Christengeneration begonnen hat. Wir sollten also versuchen, die zwei Zeugen als etwas zu verstehen, das diesen Zeitraum umfasst.

Was für Zeugen?

Wenn wir zunächst einmal die „zwei“ weglassen, dann sehen wir unter dem Stichwort „Zeugen“ eine wohlbekannte neutestamentliche Erscheinung. Das sind die Jünger des Herrn, die beauftragt sind, seine Zeugen zu sein, bis ans Ende der Erde. Wir haben dann auch hier wieder ein Bild der Gemeinde vor uns.

Mit folgenden Zügen werden sie hier charakterisiert: Sie sind Zeugen Gottes. Niemand kann ihnen schaden. Sie sprechen prophetisch. Sie haben Kraft und Vollmacht. Andererseits werden sie von der antichristlichen Macht bekriegt, verfolgt und getötet. Die Menschen sind froh, ihre Botschaft nicht mehr hören zu müssen. Am Ende werden sie durch den Geist Gottes auferweckt und entrückt in den Himmel. Wenn das nicht die neutestamentlichen Aussagen über die Gemeinde sind …

Warum zwei?

Nun kommt noch die Frage, warum es „zwei“ Zeugen sind. Natürlich schwingt hier die biblische Bestimmung mit, dass jede Zeugenaussage von mindestens zwei Zeugen bestätigt sein muss. Aber die zwei Zeugen haben wir ja im Neuen Testament. Die Gemeinde besteht aus zwei Teilen, den Gläubigen aus den Juden und den Gläubigen aus den Nichtjuden. Diese zwei bezeugen der Welt das Wort Gottes.

Am Anfang von Offenbarung 8 erscheint am Beginn der Hornsignale die Gemeinde auch schon einmal, und zwar in Gestalt ihrer Gebete, die mit den Weihrauchopfern vom goldenen Altar vor dem Thron Gottes aufsteigen. Und am Ende der Hornsignale wird sie mit dem Bild der Zeugen Gottes beschrieben.

Und da ist wieder diese doppelte Existenz der Christen: Im Gebet vor Gott und als Zeugen in der Welt. So werden die Gemeinden ja auch schon am Anfang der Offenbarung dargestellt in den Bildern der Leuchter und der Sterne. Und wir bemerken, dass sich mit dieser Sichtweise innerhalb der Offenbarung und im ganzen Neuen Testament alles wunderbar zusammenfügt zu der einen klaren und verständlichen Botschaft.

Die sieben Posaunen

Die sieben Posaunen, die in Offb 8-11 ertönen, sind keine Musikinstrumente, sondern Signalgeber. Es könnten auch „Trompeten“ aus Metall sein. Aber wir werden nicht fehlgehen, wenn wir sie in ihrer urspünglichen Form, von der auch der Name „Horn“ kommt, als Widderhörner betrachten. Das Widderhorn heißt auf Hebräisch „Schofár“ und ist im Judentum bis heute bei besonderen Gelegenheiten im Einsatz.

Das Wort heißt auf Griechisch „sálpingx“ und meint einerseits das Instrument an sich, andererseits aber auch den Ton, den es beim Blasen von sich gibt. Da das Horn dazu da ist, Signale zu geben, über setze ich es mit „Signalhorn“, und der Ton, den es erschallen lässt, ist dann das „Hornsignal“.

Nachdem die sieben Siegel geöffnet sind, ist am Anfang von Offb 8 nun die Schriftrolle offen. Und als Nächstes erscheinen die sieben Erzengel und die sieben Posaunen bzw. Signalhörner. Die Ereignisse, die die sieben Hornsignale in den Kapiteln 8-11 auslösen, lassen sich untergliedern in 4+3.

Nach den ersten vier Hornsignalen erscheint in 8,13 der Adler, der dreimal „Wehe“ ruft wegen der noch kommenden drei Signale. Und die Ereignisse dieser drei letzten Hornsignale werden im Text dann auch ausdrücklich als diese drei „Wehe“ bezeichnet.

Für das Verständnis der Signalereignisse finde ich es hilfreich, hinten beim letzten bzw. siebten Hornsignal zu beginnen. Denn hier ist mit den Stichworten „Zorn“ und „Lohn“ eindeutig das Ende beschrieben. Das Königreich der Welt gehört jetzt dem Messias, er belohnt seine Heiligen, die übrigen trifft der Zorn Gottes.

Das bekräftigt auch der gewaltige Engels in Kap. 10,6: „Es wird keine Zeit mehr sein! In den Tagen, wenn der siebte Engel das Signalhorn blasen wird, wird vielmehr das Geheimnis Gottes vollendet sein.“ Auch hier ist das letzte Hornsignal das Zeichen des Endes.

Auch schon Paulus bekannt

Das wird umso deutlicher, wenn wir beachten, dass dieses letzte Hornsignal auch schon vorher im Neuen Testament bekannt ist. Paulus hat davon geschrieben:

„Das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn: Wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, werden den Entschlafenen nicht zuvorkommen. Denn er selbst, der Herr, wird beim Befehl, bei der Stimme des obersten Engels und beim Hornsignal Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten im Messias werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen in Wolken weggeholt werden in den Luftraum zur Begegnung mit dem Herrn“ (1Thess 4,15-17). Paulus gibt uns sogar auch Auskunft darüber, woher er das hatte: Es war ein Wort des Herrn.

„Ich sage euch jetzt ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, aber alle verwandelt werden, in einem Moment, in einem Augenzwinkern, beim letzten Hornsignal. (Gott) wird nämlich das Horn blasen lassen, und die Toten (von uns) werden unvergänglich auferweckt werden, und wir (die noch leben) werden verwandelt werden“ (1Kor 15,51+52).

Von Jesus genannt

Tatsächlich hatte schon Jesus davon gesprochen: „Und dann wird das Zeichen des Menschensohns im Himmel erscheinen. Und dann werden sich alle Stämme der Erde aus Trauer schlagen. Sie werden den Menschensohn kommen sehen auf den Wolken des Himmels, mit Kraft und großer Herrlichkeit. Mit einem lauten Hornsignal wird er seine Engel senden, und sie werden seine Auserwählten zusammenholen aus den vier Windrichtungen von einem Ende des Himmels bis zu seinen (anderen) Enden“ (Mt 24,30+31).

Wir sehen also auch hier wieder eine Parallele zwischen der Endzeitrede von Jesus und der Offenbarung. Die ersten Christen wussten wohl so manches, was ihnen auch half, die Offenbarung zu verstehen. Obwohl – vielleicht würden auch wir einiges mehr wissen, wenn wir das Neue Testament aufmerksamer lesen würden.

Die sieben Posaunen bzw. die restlichen sechs Hornsignale werden uns dann natürlich noch weiter beschäftigen …

Die Endzeit

Die Endzeit ist ein Thema, das viele Christen schon viel bewegt hat. Dabei schaut man aber leider allzuoft noch in die Zukunft, ohne zu beachten, dass die Endzeit längst begonnen hat.

Die Endzeit ist schon da

Am Pfingsttag erklärt Petrus das Geschehen mit Bezug auf eine Prophetie von Joel – Apg 2,17: „Es ist vielmehr das, was durch den Propheten Joel gesagt ist: ‚Es wird sein‘ in den letzten Tagen, sagt Gott, ‚da werde ich ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen … . Die „letzten Tage“ hatten also damals begonnen. Eines ihrer Kennzeichen ist das Ausgießen des Heiligen Geistes durch Gott. Und der Geist wird ja weiterhin ausgegossen, jedesmal wenn ein Mensch wiedergeboren wird, bis der Herr kommt.

Auch Paulus spricht von den „letzten Tagen“, die bereits angebrochen sind – 2 Tim 3,1+2: „Das musst du wissen, dass in den letzten Tagen schwierige Zeiten sein werden. Denn (so) werden die Menschen sein: egoistisch, geldgierig, Angeber, überheblich, Lästerer, Eltern widerstrebend, undankbar, würdelos, …“. Die einen erfüllt der Herr mit Heiligem Geist, die anderen offenbaren ihr sündiges Wesen. Auch das wird so weitergehen, bis der Herr kommt.

Ganz deutlich sagt es Johannes – 1Joh 2,18: „Kinder, es ist die letzte Zeit. Und wie ihr gehört habt, dass ein Antichrist kommt, so sind jetzt auch viele Antichristen entstanden. Daran erkennen wir, dass es die letzte Zeit ist.“ Die letzte Zeit, die Endzeit, ist demnach auch die antichristliche Zeit, und sie hatte damals schon angefangen.

Jesus hat davon gesprochen

Seine Lehre darüber haben uns die neutestamentlichen Autoren in Mt 24, Mk 13 und Lk 21 berichtet. Besonders interessant ist es, die Themen, die Jesus in dieser „Endzeitrede“ anspricht, mit den Themen zu vergleichen, die in Offb 6 und 7 während des Öffnens der sechs Siegel erscheinen:

In Mt 23,4+5 und 23+24 spricht Jesus von falschen „Gesalbten“ – beim ersten Siegel in Offb 6,2 erscheint der Antichrist.

Mt 23,6+7 spricht von kommenden Kriegen – beim zweiten Siegel in Offb 6,3+4 tritt der Krieg in Person auf.

In Mt 23,7 sagt Jesus Hungersnöte voraus – beim dritten und vierten Siegel in Offb 6,5-8 erscheinen Inflation und Tod.

Mt 23,9 bereitet die Jünger auf Verfolgung vor – beim fünften Siegel in Offb 6,9-11 erscheinen Seelen von Ermordeten am Altar im Himmel.

In Mt 23,14 geht die Botschaft hinaus in die ganze Welt – unter dem sechsten Siegel (Teil 2) in Offb 7,1-8 wird die Vollzahl des Gottesvolkes mit Heiligem Geist versiegelt.

Mt 23,19 spricht dann von den Zeichen an Sonne Mond und Sternen am Ende der Zeit – der entsprechende Inhalt wird ebenso unter dem sechsten Siegel (Teil 1) in Offb 6,12-17 offenbart.

In Mt 23,30+31 wird die Ankunft des Herrn und die Entrückung seiner Auserwählten angekündigt – und unter dem sechsten Siegel (Teil 3) in Offb 7,9-17 sehen wir die entrückte Gemeinde als unzählbare Schar im Himmel vor Gottes Thron.

Diese Parallelität kann kein Zufall sein. Was Jesus als Irdischer über die letzte Zeit gelehrt hat, bekräftigt er also noch einmal als Auferstandener in der Offenbarung. Der Inhalt der Siegel-Offenbarungen entspricht sehr deutlich der Endzeitrede in den Evangelien.

Und wenn die Visionen während der Siegelöffnung die Kurzfassung der Sache sind, dann dürfen wir erwarten, auch in der folgenden Langfassung in ausführlicher Weise wieder auf diese Inhalte zu treffen.

Mit dieser Betrachtungsweise erscheint die Offenbarung nun nicht mehr als Spekulationsobjekt, sondern wieder als neutestamentliches Buch, das mit den anderen übereinstimmt. Und am Ende kann man sie vielleicht sogar noch recht einfach verstehen …

Die Seelen am Altar

Die Seelen am Altar erscheinen bei der Öffnung des fünften Siegels – Offb 6,9-11: „Als (das Lamm) das fünfte Siegel öffnete, sah ich unten am Opferaltar die Seelen derer, die getötet worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie haben. Sie riefen mit lauter Stimme: „Bis wann, Gebieter, Heiliger und Wahrer, richtest und rächst du nicht unser Blut an den Bewohnern der Erde?“ Und jedem von ihnen wurde ein weißes Gewand gegeben, und es wurde ihnen gesagt, dass sie noch kurze Zeit ruhen würden, bis auch ihre Mitsklaven vollendet wären, die von ihren Geschwistern, die getötet werden wie sie.“

Der Altar, den Johannes hier sieht, ist natürlich der Altar des himmlischen Heiligtums. Die Seelen am Altar sind Seelen von verstorbenen Märtyrern. Es sind nur ihre Seelen da, sie sind noch nicht körperlich auferstanden. Nachdem die vier ersten Siegel Vorgänge auf der Erde schilderten, kommt hier beim fünften Siegel ein Blick in den Himmel. Aber indirekt zeigt auch das fünfte Siegel einen Vorgang auf der Erde, dort herrscht nämlich Christenverfolgung.

Auf der Erde Verfolgung

Nachdem die christliche Gemeinde in den ersten 30 Jahren hauptsächlich Druck durch jüdische Gemeinden erlebt hatte, kam ein Umschwung. Die zuerst eher neutrale heidnische Umwelt begann, die Christen zunehmend kritischer zu sehen. Und durch den Kaiser Nero erfolgte dann die erste offizielle Verfolgung durch den heidnischen Staat.

Nun sehen wir die Seelen von Getöteten unten am Opferaltar im Himmel. An den irdischen Opferaltar wurde unten das Blut der Opfertiere hingegossen. Und so sind auch die, die für Jesus ihr Blut vergossen haben, unten am himmlischen Altar. Sie sind im Himmel bei Gott. Ihr Ruf nach dem Gericht Gottes wird gehört, aber sozusagen vertagt. Denn es wird noch mehr ihrer Geschwister geben, die für Jesus ihr Leben lassen. Offensichtlich weiß Gott auch hier, wie viele es sein werden. Inzwischen erhalten sie ihr weißes Gewand, das Zeichen der Gerechtigkeit. Und man sagt ihnen, sie sollen einstweilen ruhen.

Ruhe bei Gott

Das ist ein interessanter Einblick in das, was die Heiligen im Himmel tun: Sie ruhen. Im weiteren Verlauf bestätigt auch die Aussage in Offb 14,13 diese Ruhe der Heiligen: „Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel: ‚Schreibe: Glücklich sind die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! Ja, der Geist sagt, dass sie ruhen werden von ihren Mühen, denn ihre Taten folgen mit ihnen.’”

Und um es für gewisse Mitchristen deutlich zu machen: Wenn die Heiligen im Himmel ruhen, dann kann man sie nicht anrufen, sie hören keine Gebete, leisten keine Fürbitte, tun keine Wunder, nehmen keine Gaben an und lassen sich nicht verehren. Man sollte ihnen ihre Ruhe bei Gott gönnen und sich mit allen Anliegen einfach direkt an den Herrn wenden, der versprochen hat, Gebete zu hören.

Die apokalyptischen Reiter

Die apokalyptischen Reiter tauchen in Offb 6 auf, während Jesus, das Lamm, die ersten vier Siegel der Schriftrolle öffnet. Sie werden „apokalyptisch“ genannt, weil man sie aus der „Apokalypse“ kennt; so hieß die Offenbarung in früheren Zeiten.

Schauen wir sie uns einmal an:

„Und ich sah, dass das Lamm eines der sieben Siegel öffnete. Und ich hörte eines der vier Lebewesen sagen wie mit einer Donnerstimme: ‚Geh!‘ Und ich sah: Da war ein weißes Pferd, und der Reiter darauf hatte einen Bogen. Und ihm wurde ein Siegeskranz gegeben, und er zog los als Sieger, um zu siegen.

Als es das zweite Siegel öffnete, hörte ich das zweite Lebewesen sagen: ‚Geh!‘ 4 Und ein anderes Pferd ging hinaus, ein feuerrotes. Und dem Reiter darauf wurde gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, damit sie einander töten. Ein großes Schwert wurde ihm gegeben.

Als es das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte Lebewesen sagen: ‚Geh!‘ Und ich sah: Da war ein schwarzes Pferd, und der Reiter darauf hatte eine Waage in seiner Hand. Und ich hörte etwas wie eine Stimme mitten zwischen den vier Lebewesen: ‚Ein Kilo Weizen um einen Denar (~ 25 €) und drei Kilo Gerste um einen Denar, dem Öl und dem Wein darfst du aber nicht schaden!‘ (Das Öl und der Wein stehen für Luxusgüter, die Reiche sich auch in der Teuerung immer noch leisten können.)

Als es das vierte Siegel öffnete, hörte ich die Stimme des vierten Lebewesens sagen: ‚Geh!‘ Und ich sah: Da war ein ein grünliches Pferd, und der Reiter darauf hatte einen Namen, ‚der Tod‘. Und die Totenwelt folgte ihm.

Und ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten durch Schwert, durch Hunger, durch Krankheit und durch die wilden Tiere der Erde.“

Eines ist deutlich: Die apokalyptischen Reiter sind damals hinausgegangen auf die Erde; Johannes hat keine ferne Zukunft geschaut, sondern lebendige Realität. Und sie sind zwar hintereinander hinausgeritten, aber sie gehören zusammen. Sie sind gleichzeitig am Werk und bestimmen die Weltgeschichte mit – bis heute.

Krieg, Inflation und Tod

Die Reiter zwei bis vier kann man gut erkennen: Der zweite Reiter ist der Krieg, der dritte Reiter ist die Inflation, die immer auf den Krieg folgt, und der vierte Reiter ist der Tod, der neben Krieg und Hunger auch durch Krankheit und wilde Tiere unter den Menschen wütet. Und wenn man Viren und Bakterien als wilde Tiere einstuft, dann ist auch diese Aussage bis heute hoch aktuell. Natürlich sind diese Reiter dämonische Mächte, die hier – wohlgemerkt: aus dem Thronbereich Gottes – ausgesandt werden.

Schwieriger ist der erste Reiter einzuordnen, der Sieger mit seinem Bogen. Als „Sieger“ mag einem zuerst Jesus einfallen, aber er ist ja am Siegelöffnen und verursacht den Ausritt. Und so ist es nicht gut vorstellbar, dass er sich hier selbst aussendet. Und den Reiter auf die Siegesbotschaft zu deuten, das Evangelium, das siegreich hinauszieht, hat die gleiche Schwierigkeit, die auch die Deutung auf Jesus selbst hat: Die Gefolgschaft der anderen drei Reiter passt überhaupt nicht dazu. Zumal sich die Ausage in Vers 6 „ihnen wurde Macht gegeben … zu töten“ auf alle vier Reiter bezieht.

Der Antichrist

Aber wo haben wir in der Offenbarung bzw. im Neuen Testament noch eine Siegergestalt, die zu den anderen dreien passt? Einer, der es fertigbringt, auszusehen wie Jesus? Da kommt nur der Antichrist in Frage. Über ihn habe ich das Wichtigste schon in dem Beitrag „Der Antichrist“ geschrieben. Auch er ist eine dämonische Macht, und über ihn steht in Offb 13,7 der furchtbare Satz: „Es wurde ihm gegeben, Krieg zu führen mit den Heiligen und sie zu besiegen.“ Da haben wir unseren Sieger mit seinem Bogen, dem Krieg, Inflation, Hunger und Tod folgen.

So werden als die apokalyptischen Reiter hier kurzgefasst Mächte enthüllt, die die Menschheitsgeschichte mitbestimmen. Das geht von damals bis heute und bis Jesus kommt und der Sache ein Ende macht.

Die Gemeinde des Herrn, die gegenüber diesen Mächten ihren Weg finden muss, kommt in diesen vier Siegelvisionen noch nicht vor. Wir werden sie unter dem fünften Siegel und in Kapitel 7 finden.

Das Buch mit sieben Siegeln

Das Buch mit sieben Siegeln erscheint in Offb 5,1: „Und ich sah auf der rechten Hand dessen, der auf dem Thron sitzt, eine Schriftrolle, beschrieben von innen und von hinten, mit sieben Siegeln versiegelt.“ Dieses Buch auf der Hand Gottes ist insofern eine etwas rätselhafte Angelegenheit, als dass wir weder in der Bibel noch in der biblischen Umwelt eine direkte Parallele dazu finden. Aber es gibt Ähnlichkeiten:

1) Bei der Einsetzung des Königs Joasch in 2 Kön 12 wurde ihm neben der Krönung und der Salbung auch eine „Ordnung“ übergeben. 2) Der Prophet Hesekiel erhielt nach seiner Berufung in Hes 1 in Hes 2 eine Schriftrolle mit prophetischen Botschaften, die er aufessen sollte. 3) Dem Kommentar von Adolf Pohl entnehme ich, dass römische Rechtsurkunden siebenfach versiegelt waren, vom Aussteller der Urkunde und von sechs Zeugen. Und mit dem Öffnen der Siegel wurde die Urkunde in Kraft gesetzt.

Vielleicht müssen wir von allen diesen ungefähren Parallelen etwas entnehmen. Das Buch bzw. die Schriftrolle in Offb 5 ist in Gottes Hand, kommt also von Gott. Sie kann nur Gottes Gedanken und Pläne enthalten. Die Frage ist, wer sie übernehmen und ausführen kann. Das Lamm, das die Sünde und den Tod besiegt hat, kann es. Jesus nimmt die Schriftrolle, und die himmlische Welt sagt unisono: „Das Lamm, das getötet war, ist würdig, die Macht zu empfangen …“. Hier wird ein König eingesetzt. Und er hat die Vollmacht, die Siegel zu brechen und den Plan Gottes zu offenbaren und auszuführen.

Schauen wir uns das Buch mit den sieben Siegeln als Schriftrolle etwas genauer an. Sie ist „von innen und von hinten“ beschrieben. Schriftrollen waren aus Einzelblättern zusammengeklebt und konnten sehr lang sein. Sie wurden auf der Vorderseite beschrieben, und das war beim Zusammenrollen dann „innen“. Zusammengerollt konnten sie am Anfang der Rolle auf dem senkrechten Rand des Papiers bzw. Papyrus versiegelt werden. Auf diesem Rand müssen wir uns die sieben Siegel in einer Reihe von oben nach unten vorstellen.

Ein Buch mit Inhaltsangabe

Nun sahen damals zusammengerollte Schriftrollen zunächst einmal alle gleich aus. Und es wäre mühsam gewesen, wenn man eine bestimmte Rolle suchte, zum Nachschauen alle erst aufmachen zu müssen. Deshalb bekamen sie im zusammengerollten Zustand außen, also „hinten“ auf der Rückseite eine Beschriftung, die den Inhalt der Rolle zusammengefasst darstellte, also eine Art Inhaltsangabe. So konnte man an jeder Rolle schon von außen den Inhalt erkennen.

So auch auf unserer Schriftrolle in der Hand des Lammes. Sie ist innen und hinten beschrieben. Solange also die Siegel geöffnet werden, ist die Rolle an sich noch geschlossen, das Innere ist noch nicht sichtbar. Also läuft jetzt nur die Kurzfassung, die außen drauf steht, vor den Augen von Johannes ab. Erst, wenn das siebte Siegel offen ist, ist auch die Rolle offen, und es erscheint der eigentliche Inhalt in der langen Fassung.

Und so haben wir von Offb 4 bis 8,1 ein zusammenhängendes Geschehen. Erst sehen wir Gott auf dem Thron, umgeben von der Engelwelt. Dann erscheint bei ihm das Lamm, der siegreiche Jesus, und übernimmt mit der Schriftrolle die Königsmacht. Dann öffnet er ein Siegel um das andere, bis die Rolle offen ist. Und währenddessen wird eine Kurzfassung dessen sichtbar, was dann ab Offb 8,2 als ausführlicher Inhalt der Schriftrolle erscheint.

Die 24 Ältesten

Die 24 Ältesten sind ein wichtiges Detail im Verständnis der Offenbarung. So heißen traditionell die 24 Gestalten um den Thron Gottes, die Johannes in Offb 4,4 beschreibt: „Rings um den Thron sind vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen sitzen vierundzwanzig Ältere, gekleidet in weiß leuchtende Kleider, mit goldenen Kronen auf ihren Köpfen.“

Zunächst einmal: Es sind wie auch sonst im Neuen Testament keine „Ältesten“, sondern „Ältere“, weil das griechische Wort „presbýteroi“ eben so heißt. Und dann bilden sie die nächste Umgebung um den Thron Gottes. Noch näher dran sind nur die vier Lebenwesen, die in den folgenden Versen beschrieben werden. Aber die sind uns auch schon aus anderen Nennungen und Schilderungen in der Bibel bekannt: Es sind die Cherubim, die Thronengel Gottes. Eigentlich sind sie nicht „näher dran“, der Thron Gottes besteht vielmehr aus ihnen.

Vertreter der irdischen Gemeinde?

Die Zahl 24 hat natürlich zu Spekulationen verleitet. Sie erinnert in ihrer Vollkommenheit an 12 + 12, also z. B. an 12 Stämme Israels plus 12 Apostel von Jesus. Und so hat man hier schon je 12 Vertreter des alttestamentlichen und des neutestamentliche Gottesvolkes sitzen sehen wollen. Aber die Sache ist nicht so einfach – oder sogar viel einfacher.

Die Lösung finden wir, wenn wir den Zusammenhang betrachten, in diesem Fall die zusammenhängende Vision von Kap. 4 bis Kap. 8,1. Sie beschreibt ein fortlaufendes Geschehen, das das Auftauchen des Buches mit den sieben Siegeln und deren Öffnung begleitet. Deutlich ist, dass in Kapitel 5 Jesus in der Gestalt des Lammes als Überwinder im Himmel auftaucht. Das ist offensichtlich erst nach seiner Hinrichtung am Kreuz und seiner Auferstehung. Kapitel 4 beschriebt demnach den Zustand davor.

Und dann darf man schon fragen, welche Vertreter der neutestamentlichen Gemeinde vor der Himmelfahrt des Herrn schon im Himmel präsent gewesen sein sollen. Auch die alttestamentlichen Vertreter sind bis auf wenige Ausnahmen erst nach der Auferstehung von Jesus auferstanden. Und welche 12 das gewesen wären, ist auch nicht so klar. Wenn es die 12 Stammväter wären, wo blieben dann Abraham, Isaak, Jakob oder auch Mose? Also, ein netter Gedanke, aber bei genauem Hinschauen doch recht schwierig.

Mächtige Engel

Die einfache Lösung ist: Es muss sich um eine besondere Art von Engeln handeln. Natürlich besonders mächtige Engel, vielleicht so etwas wie der Thronrat Gottes. Dass sich in der Zahl dieser 24 mächtigen Engel die Zahlen des irdischen Gottesvolkes widerspiegeln, ist dann sogar ein passender Gedanke.

Das Verständnis der 24 Älteren als mächtige Engel wird in Kap. 5,11 bekräftigt: „Und ich sah, und ich hörte die Stimme vieler Engel und der Lebewesen und der Älteren rings um den Thron, ihre Zahl war zehntausend mal zehntausend und tausend mal tausend.“ Im himmlischen Lobpreis Gottes und dann des Lammes vereinigen sich die 4 Cherubim, die 24 Älteren und die 100 Millionen anderen Engel zu einem gemeinsamen Engelchor.

Und wenn wir die 24 Älteren um den Thron als mächtige Engel identifiziert haben, dann dürfen wir getrost noch warten, bis auch die menschliche Gemeinde Gottes noch in der Geschichte auftaucht. Ich sage hier schon mal: In Kapitel 7.

Die Nikolaiten

Die Nikolaiten werden in zwei der sieben Briefe an die sieben Gemeinden in der Offenbarung von Jesus angesprochen. An die Gemeinde in Ephesus – 2,6: „Aber das hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hasst, wie auch ich sie hasse.“ Und an die Gemeinde in Pergamon – 2,15: „So hast auch du Leute, die sich genauso an die Lehre der Nikolaiten halten.“

Diese Nikolaiten sind uns aus andern Quellen der damaligen Zeit nicht bekannt. Alles, was wir über sie wissen, müssen wir dem Zusammenhang der Briefe in der Offenbarung entnehmen. Im Brief an die Gemeinde in Ephesus wird inhaltlich nichts darüber gesagt, nur dass die Gemeinde sie richtigerweise hasst, wie auch Jesus sie hasst.

Pergamon

Im Brief an die Gemeinde in Pergamon wird es konkreter: „Aber ich habe ein ‚wenig‘ gegen dich: Du hast dort Leute, die sich an die Lehre Bileams halten, der den Balak lehrte, den Nachkommen Israels ein Ärgernis vorzusetzen: Fleisch von Götteropfern zu essen und Unzucht zu treiben. So hast auch du Leute, die sich genauso an die Lehre der Nikolaiten halten.“

Die Nikolaiten werden hier mit dem heidnischen Seher Bileam und seinem zerstörerischen Einfluss auf das Volk Israel verglichen. Dieser ist in 4 Mo 25,1+2 in Verbindung mit 4.Mo 31,16 nachzulesen. Sie lehren (und praktizieren natürlich), dass Christen Fleisch von Götteropfern essen und Unzucht treiben dürfen. Sie nehmen sich eine (falsch verstandene „christliche“?) Freiheit, die auch sonst im Neuen Testament überall abgewiesen wird. Unreinheit im religiösen und im sexuellen Bereich hat in der christlichen Gemeinde keinen Platz. Christliche Freiheit ist nicht Freiheit zum Sündigen, sondern Freiheit von der Sünde.

Thyatira

Das Problem wird auch im Brief an die Gemeinde in Thyatira noch einmal angesprochen: „Ich habe gegen dich, dass du die Frau Isebel zulässt, die sich ‚Prophetin‘ nennt, die lehrt und meine Sklaven irreführt, dass sie Unzucht treiben und Fleisch von Götteropfern essen.“ Auch hier wird die Sache mit einer alttestamentlichen Verführergestalt, in diesem Fall Isebel, verglichen. Es klingt so, als wäre in Thyatira eine ganz konkrete Frauengestalt als „Prophetin“ am Werk, die die Rolle Isebels einimmt.

In Pergamon und Thyatira hatte sich diese Art von Unreinheit schon mehr oder weniger weit in der Gemeinde ausgebreitet. Es war höchste Zeit, sich mit klarer Trennung dagegen abzugrenzen. Und es ist deutlich, dass es im Neuen Testament bis hin zur Offenbarung keinerlei Kompromiss mit Sünde und Unreinheit gibt. Dazu hat Jesus selbst hier noch einmal das letzte Wort gesprochen.

Die Engel der Gemeinden

In den ersten Kapiteln der Offenbarung taucht in der Lutherbibel eine Bezeichnung auf, die wir ergründen müssen: Die „Engel der Gemeinden“. In der einleitenden Vision der Offenbarung sieht Johannes Jesus in überwältigender Macht und Herrlichkeit. Er ist umringt von sieben Leuchtern und hat sieben Sterne in seiner rechten Hand. Und Jesus selbst gibt die Erklärung dazu – Offb 1,20 (Luther):

„Das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, und der sieben goldenen Leuchter ist dies: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.“

echte Engel?

Nun könnte man spekulieren, dass in der unsichtbaren Welt für jede Gemeinde irgendwie ein Engel zuständig sei, obwohl ansonsten nirgends im Neuen Testament auch nur die Spur einer solchen Vorstellung vorkommt. Im Gegenteil, Herr der Gemeinde ist Jesus selbst, und er leitet sie durch den Heiligen Geist, der der Gemeinde gegeben ist. Auch der Gedanke, dass Jesus einem irdischen Menschen einen Brief diktieren muss, um mit einem Wesen in der unsichtbaren Welt zu kommunizieren, ist doch wohl recht eigenartig.

Ein guter Teil dieses Problems lässt sich lösen, wenn man sich erinnert, dass das griechische Wort „ángelos“ – von dem das deutsche „Engel“ abgeleitet ist – in seiner eigentlichen Bedeutung „Bote“ heißt. Der Bote ist der Überbringer einer Botschaft. Erst damit, dass auch „Boten“ Gottes so bezeichnet wurden, ist daraus der Begriff „Engel“ entstanden. Nun haben wir also keine Engel der Gemeinden mehr, sondern Boten der Gemeinden. Aber ein Teil des Rätsels bleibt : Was sind das für Boten?

Gemeindeleiter?

Manche Ausleger haben mit dieser Bedeutung des Wortes an Leiter der Gemeinden gedacht. Jemand muss ja den Brief in Empfang nehmen und sich um die Umsetzung der Botschaft kümmern. Aber auch diese Sichtweise krankt daran, dass wir im sonstigen Neuen Testament keine solchen alleinigen Gemeindeleiter finden. Wir finden immer nur mehrere Ältere bzw. Verantwortliche, die auch nicht alleine, sondern in Einmütigkeit mit der ganzen Gemeinde die Verantwortung tragen.

Aber auch diese Schwierigkeit lässt sich lösen, wenn man entdeckt, dass grammatikalisch der Genitiv auch erklärende Bedeutung haben kann. Der nachfolgende Genitiv erklärt das Wort davor. Der Genitiv „der Gemeinden“ erklärt dann die „Boten“. Und dann heißt „Boten der Gemeinden“, dass die Boten die Gemeinden sind. Und damit kommt man zurecht. Die Boten Gottes in der Welt sind die Gemeinden. Der Bote Gottes in Ephesus ist dann die Gemeinde in Ephesus. Dazu passt natürlich auch, dass die Briefe inhaltlich immer die ganze Gemeinde ansprechen. Z. B.: „Du hast den Namen, dass du lebst, und du bist tot.“

Die „Engel“ sind die Gemeinden

Die Adressaten, die Jesus Johannes angibt, bestätigen, dass die Gemeinden gemeint sind – Kap. 1,11: „Schreibe, was du siehst, in eine Schriftrolle und schick sie den sieben Gemeinden: nach Ephesus, nach Smyrna, nach Pergamon, nach Thyatira, nach Sardes, nach Philadelphia und nach Laodizea!“ Wie auch die anderen Schriften im Neuen Testament, soll die ganze Gemeinde sie lesen, geistlich verarbeiten und umsetzen..

Im Bild sind nun also nicht nur die sieben Leuchter sieben Gemeinden. Auch die sieben Sterne sind sieben Gemeinden – in ihrer Funktion als Boten. Das drückt die zwei Seiten der christlichen Existenz aus: Der Leuchter steht im Heiligtum vor Gott. Das ist die Gott zugewandte anbetende Seite. Der Stern ist ein Licht in der Nacht. Das ist die der Welt zugewandte Seite, das Licht, das in der Finsternis leuchtet.

Die sieben angeschrieben Gemeinden liegen im damaligen wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des römischen Reiches. Sie stehen natürlich stellvertretend für alle Gemeinden bzw. die ganze Gemeinde. Und jede Gemeinde bzw. jeder Christ sollte schauen, wo er sich darin wiederfindet, und entsprechende Konsequenzen ziehen: „Wer ein Ohr hat, soll hören, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Auch hier wieder „den Gemeinden“.)

Die Offenbarung

Die Offenbarung an Johannes ist das Buch im Neuen Testament, über das die größte Verwirrung besteht. Viele unterschiedliche Auslegungen aus unterschiedlichen Richtungen haben die Situation nicht einfacher, sondern immer komplizierter gemacht. Die vielen bildhaften Visionen und teilweise rätselhaften Aussagen haben offensichtlich auch sehr die Phantasie angeregt, und so wurde vieles aus dem Buch heraus- bzw. in es hineingelesen, was gar nicht drin steht.

Die Suche nach dem einfachen Verständnis

Um die Offenbarung zu verstehen, muss man also viel Ballast abwerfen von allem, was man schon darüber gehört und gelesen hat, und den Versuch machen, zu einem einfachen Verständnis des Bibeltextes zu kommen.

So betrachtet, hat hier der echte Jesus dem echten Johannes diese Offenbarung geschenkt, um sie aufzuschreiben. Und in diesem Buch sind sieben echte Briefe an sieben echte Gemeinden enthalten. Wir sollten auch davon ausgehen, dass Johannes alles verstanden hat, was Jesus ihm offenbart hat, und dass auch die Leser des Buchs verstehen konnten, was Johannes ihnen geschrieben hat. Die Offenbarung war nach ihrer Veröffentlichung schnell weit verbreitet. Im 2. Jahrhundert gehörte sie zu den viel gelesenen und geschätzten Büchern des Neuen Testaments. In den weiteren Verfolgungen im römischen Reich war sie das „Trostbuch“ der Gemeinde. Niemand hat sie damals je in Zweifel gezogen.

Es ist dann auch genau wie bei den anderen Briefen im Neuen Testament: Sie sind von konkreten Autoren an konkrete Empfänger geschrieben. Aber durch ihre geistliche Inspiriertheit und Wirkung wurden sie als Reden Gottes an die ganze Gemeinde erkannt und in den Kanon des Wortes Gottes aufgenommen.

Wir müssen also versuchen, die Offenbarung mit den Augen der ersten Leser zu lesen. Wir müssen versuchen zu verstehen, was sie verstehen konnten. Dann können wir daraus auch die richtigen Lehren für uns und unsere Zeit ziehen – und das Reden Gottes vernehmen.

Zum Verstehen der Offenbarung als biblische Schrift werden uns sicherlich auch parallele Aussagen in den anderen Schriften helfen. Genauso wie der gesamte Zusammenhang des Neuen Testaments einiges dazu beitragen wird.

Johannes, der Autor

Dass die Verbannung von Johannes auf die Insel Patmos zur Zeit der ersten Verfolgung unter dem Kaiser Nero im Jahr 65 n. Chr. stattfand, lässt sich aus der Zahl des Tieres in Kapitel 13 schließen. Doch davon später. Um das Jahr 68 dürfte er dort die Offenbarung empfangen und aufgeschrieben haben.

Eine alte Überlieferung, die Tertullian berichtet, gibt Auskunft über das Schicksal von Petrus, Paulus und Johannes während dieser Verfolgung. Petrus wurde hingerichtet am Kreuz, Paulus als Römer wurde (humanerweise schnell) geköpft, Johannes wurde in heißes Öl gesteckt. Zum Schrecken der Verfolger geschah aber das Wunder, dass Johannes das tödliche Ölbad unbeschadet überstand. Um den unheimlichen Wundermann loszuwerden, schickte man ihn dann in die Verbannung.

Dass der Johannes, der die Offenbarung aufgeschrieben hat, tatsächlich der Sohn von Zebedäus und der Jünger von Jesus ist, daran bestand in der frühen Zeit kein Zweifel. Spätere Datierungen sind auch deshalb unwahrscheinlich, weil Johannes irgendwann zu alt gewesen wäre. Die Offenbarung sieht nicht aus wie das Werk eines 90-jährigen Greises. Machen wir uns also auf, die Offenbarung zu verstehen, wie Johannes und die ersten Christen sie verstanden haben.

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