Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Abendmahl

Hochzeitsmahl

(Hochzeitsmahl – ein Abschnitt aus dem Kapitel „Hochzeiten“ des Buchs „Kennst du das Land?“ von Ludwig Schneller. Seine Beobachtungen hat er im damaligen Palästina zwischen 1884 und 89 gemacht.)

Zweimal führt uns das Neue Testament zu einem Hochzeitsmahl. Das ist bei der Hochzeit in Kana und in dem Gleichnis von der königlichen Hochzeit.

Auf den Bildern, welche die Hochzeit in Kana (Jo 2,1) darstellen, finden wir gewöhnlich eine große Tischgesellschaft. Am hellen Tag sitzt sie um eine weißgedeckte Tafel mit Tellern, Messern und Gabeln herum. Braut und Bräutigam sitzen nebeneinander, während der Herr etwa den Ehrenplatz neben der Braut einnimmt. Das mag für eine abendländische Hochzeit eine ganz hübsche Anordnung sein, für das Morgenland aber passt sie nicht. Vor allem fand das Hochzeitsmahl, ein „Abendmahl“; nicht bei Tag, sondern am Abend statt. Ferner nahm die Braut an der Mahlzeit der Männer überhaupt nicht teil. Sie hielt sich abgesondert bei den Frauen, mit welchen sie auch aß. Dass der Bräutigam seine Braut während der eigentlichen Hochzeitsfeierlichkeiten noch gar nicht zu sehen bekam, da sie stets verschleiert ging, haben wir ja schon oben gesehen.

Das Hochzeitsmahl fand wie gewöhnlich im Haus des Mannes, nicht im Brauthaus, statt. Daher macht nachher der „Speisemeister“ dem Bräutigam Vorwürfe über die unrichtige Besorgung des Weins. Auch Maria mit ihrem Sohn, dem bisherigen Baumeister und nunmehrigen Lehrer samt seinen Jüngern war geladen. Wahrscheinlich war sie, die im Unterschied zu Josef aus Nazaret stammte, mit den Hochzeitleuten verwandt oder doch sehr nahe befreundet. Sonst hätte man sie nicht mehrere Stunden weit zur Hochzeit eingeladen.

Die Tür des Hauses war während der Hochzeitsfeier offen, das ganze Dorf konnte teilnehmen, jedermann war willkommen. Selbst der ärmste Bettler und Fremdling wird auch heute noch bei solcher Gelegenheit nie zurückgewiesen. Er darf freundlicher Aufnahme und Bewirtung sicher sein. So ist es denn eine bewegte Gesellschaft, welche wir auf der Hochzeit zu Kana treffen. Es ist nicht daran zu denken, dass sie, an orientalische Sitte gewöhnt, sich der festen und steifen Ordnung einer Tafelgesellschaft bequemte. Eine Tafel war überhaupt nicht im Haus. Dagegen waren Teppiche auf dem Boden ausgebreitet und Kissen darauf gelegt, so dass sich jedermann bequem niederlassen konnte.

Es ist überhaupt unwahrscheinlich, dass der größere Teil der Gesellschaft inwendig im Haus war. Denn die Häuser sind bei Hochzeitsfeiern gewöhnlich zu klein, um die Gäste zu fassen. Daher sitzen oder stehen die meisten im Hof oder auf einem nahen freien Platz umher. Ungezwungen gehen sie bald dahin, bald dorthin, um sich mit anderen zu unterhalten. Währenddessen tragen die bedienenden Anverwandten („die Diener“ Jo 2) allerlei Speisen und Getränke umher und bieten sie mit höflichen Gebärden an.

An einem besonderen Ort des Hofs standen wohl die Weiber, und die Jungfrauen mit den Ölfackeln stimmten frohe Hochzeitslieder an und tanzten den Reigen. Unter die Jubelrufe der Frauen, welche durch die Nacht schallten, mischten sich die Hochzeits- und Kriegslieder der Jünglinge und Männer, welche an der anderen Seite des Hofs für sich den Hochzeitsreigen aufführten. Hauptsächlich ältere Leute, welche sich die Äußerungen der Freude gerne in behaglicher Ruhe anhörten, saßen drin im Haus bei Lampenlicht auf den Teppichen.

In irgend einer Ecke standen dort große Tonkrüge. Auch heute noch wird in solchen der Wein aufbewahrt, oben mit einer kleinen Schicht Olivenöl luftdicht bedeckt. In Bechern wurde derselbe herumgereicht. Maria, welche als Nahestehende oder Verwandte sich mit um die Aufwartung kümmerte, bemerkte, dass dem Hochzeitsmahl der Wein ausging. Wie gewöhnlich, wenn sie Rats bedurfte, wandte sie sich an ihren Sohn, ihren bisherigen Ernährer und Versorger: „Sie haben nicht Wein!“ Jesus antwortete ihr: “ Weib! Was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht hier.“ (Jo 2,4).

Man hat manchmal diese Antwort außerordentlich ernst, fast streng aufgefasst. Aber die Redensart „Was habe ich mit dir zu schaffen?“ oder wörtlich: „Was ist mir und dir?“ ist auch heute noch gebräuchlich, und auch heute kann nur die Betonung über den Sinn entscheiden. Auf Deutsch heißt dieselbe soviel als: „Was geht’s mich an!“ Dies kann ebenso in ernstem und mürrischen, wie in scherzhaftem Ton gesagt werden. Mir ist es nicht zweifelhaft, dass dies Wort damals im Mund des Herrn einen freundlichen humoristischen Klang hatte. Denn dass Jesus im Kreis der Fröhlichen, deren Freude er liebenswürdig teilte, ja durch ein so namhaftes Geschenk (500 Liter) wesentlich erhöhte, bei einem so unschuldigen Anlass gerade seine Mutter mit einem feierlichen, fast rauen Ernst abgewiesen hätte, ist nicht denkbar.

Vollends die Anrede „Weib!“ hat für orientalische Ohren gar nichts Unfreundliches oder Abweisendes. So reden heute noch bei den Fellachen die Männer ihre Mütter und Frauen in freundlichstem Ton an („já mára!“), und auch am Kreuz richtete der Herr dieselbe Anrede als letztes Wort der Liebe an seine Mutter: „Weib, siehe das ist dein Sohn!“ Wollen wir diese Anrede auf gut Deutsch ausdrücken, so werden wir statt „Weib!“ am richtigsten „Liebe Mutter!“ sagen. „Liebe Mutter! Was gehen mich deine Sorgen der Aufwartung und Bewirtung an!“ so etwa sagte freundlich lächelnd der Herr zu seiner Mutter. Und ernster werdend, fügte er hinzu: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, ein Wort, welches Maria wahrscheinlich zunächst nicht verstand.

Sie war jedenfalls durch die Antwort von Jesus gänzlich befriedigt. Aus dem Ton derselben hatte sie entnommen, dass er ihr helfen wolle. Darum sagt sie sofort zuversichtlich zu den Aufwärtern: „Was er euch sagt, das tut!“ An ein Wunder hat sie dabei natürlich nicht gedacht, denn sie hatte noch nie ein Wunder von ihm gesehen. Sie war über dasselbe ebenso erstaunt wie die übrigen Hochzeitsgäste, welche nachher noch lange die Weinkrüge umstanden haben mögen, welche auf so seltsame Weise gefüllt worden waren.

Im Gleichnis von der königlichen Hochzeit führt uns der Herr jeweils zu einem Hochzeitsmahl in großem Stil. (Mt 22,2-14). Es ist heute noch allgemeine Sitte, dass nicht die Eltern der Braut noch der Bräutigam die Hochzeit besorgen, sondern der Vater des Bräutigams oder dessen Stellvertreter. Darum beginnt der Herr: „Das Himmelreich ist gleich einem König, der seinem Sohn Hochzeit machte.“ Je höher der Rang des Hochzeitgebers ist, desto mehr entspricht es seiner Würde, recht viele Gäste einzuladen. Ist nun schon bei Privatleuten das Fest ein möglichst offenes, woran fast jeder teilnehmen kann, wieviel mehr ist dies der Fall, wenn einmal ein König seinem Sohn Hochzeit macht!

Natürlich hält es jedermann für eine Ehre und Freude, eingeladen zu sein. Und niemand wird sich’s zweimal sagen lassen, zu kommen. Man lässt alles stehen und liegen, Familie, Äcker, Vieh, Hantierung und kommt zur Hochzeit. An Zeitverlust denkt der Orientale nicht, kennt er doch kaum den Begriff der kostbaren Zeit. Wer darauf angewiesen ist, sein täglich Brot im Schweiß seines Angesichts zu verdienen, der geht umso lieber, denn hier hat er ja die ganze Zeit zu essen und zu trinken umsonst.

Jener König im Gleichnis hat alles zum Festmahl gerüstet. Die Ochsen für das Festmahl sind geschlachtet, das Haus geräumig gemacht, die Höfe geschmückt. In großen Kesseln im Hof brodeln und kochen die Schlachttiere und harren der Gäste. Die Knechte gehen, wie es auch die heutige Sitte noch erfordert, die Gäste zu rufen. Aber wer sollte es denken? Sie wollen nicht. Das ist für einen Orientalen geradezu undenkbar. Auch der König kann es noch nicht glauben, es muss ein Missverständnis sein. Er sendet nochmals hin, aber sie wollen wieder nicht. Sie hören die Einladung an, als ging es nicht zur Hochzeit am Königshof, sondern zum Frondienst. Eine schwerere Beleidigung konnten sie nach morgenländischer Auffassung dem freigebigen Hochzeitgeber nicht antun. Aber um ihrer Grobheit noch die Krone aufzusetzen, greifen sie einige der Diener, welche doch nur die freundliche Einladung überbringen wollten, verhöhnen sie oder schlagen sie tot.

Durch dies Gleichnis zeigt der Herr, dass er ein königliches Reich habe, in dessen Festsall zur höchsten Freude eingeladen wird. Zugleich zeigt er aber auch, dass, so unbegreiflich und fast undenkbar es sein mag, die ehrende und gütige Einladung aufs schändlichste und empörendste zurückgewiesen wird. Drastischer und einleuchtender konnte der Herr seinen morgenländischen Zuhörern die Feindschaft der Juden gegenüber der göttlichen Freundlichkeit gar nicht zeichnen. Ich hatte das Glück vielen zugedacht, sagt der Herr zu seinen Knechten, aber sie waren’s nicht wert.

Darum schickt er sie nun auf die Straße, zum Hochzeitsmahl einzuladen, wen sie finden. Und sie brachten alles herein, Böse und Gute, und die Tische wurden alle voll. In dem geräumigen Saal des Königsschlosses war eine große Zahl der im Orient üblichen Tische aufgestellt. Um sie lagerten die Gäste auf Teppichen und Polstern, von welchen sie sich beim Eintritt des Königs zur Begrüßung erhoben. Selbstverständlich erwartet man von einem jeden Gast, zumal bei einer königlichen Hochzeit, dass er in einem anständigen, reinen Anzug komme.

Nur kommen die Männer nicht in schwarz, welches man im Abendland wunderlicherweise für die geeignete Farbe hält, um festliche Freude auszudrücken. Vielmehr kommen sie in den farbenreichen, faltigen, oft feingestickten und seidenen Trachten, welche uns im Orient überall so geschmackvoll entgegentreten. So mag denn auch jene im Königssaal versammelte Gesellschaft einen überaus malerischen Anblick gegeben haben.

Viele Reisende und Ausleger erzählen zu diesem Gleichnis, dass im Morgenland die Sitte herrsche, dass der Gastgeber jedem Gast ein Feierkleid schenkt. Und man hat daraus die biblische Anwendung gezogen, dass auch im Reich Christi das Kleid der Gerechtigkeit umsonst geschenkt wird. Nur schade, dass im Morgenland selbst von dieser für die Gäste so angenehmen Sitte nichts bekannt ist. Einen solchen Luxus könnte sich ja kein Mensch leisten. Erst recht jener König nicht, welcher unvermutet alles Volk hereinbringen ließ, das auf den Landstraßen aufzutreiben war.

Auch wäre es dann ganz unverständlich, wie der König, als er hereinkam, die Gäste zu besehen, einen finden konnte, der kein hochzeitliches Kleid anhatte. Im Gegenteil betont dieses Gleichnis, dass jeder Eingeladene natürlicherweise verpflichtet ist, zum Hochzeitsmahl in entsprechender festlicher Kleidung zu erscheinen. Wer das nicht will oder kann, soll wegbleiben, um nicht den Hausherrn und die Festgesellschaft durch seinen ungebührlichen Anzug zu beleidigen.

Man hat eingewendet, dass durch die Bestreitung jenes angeblichen Gebrauchs „die eigentliche Spitze“ des Gleichnisses verloren gehe. Aber in diesem Fall würde der Herr in jenem Gleichnis uns zwar vieles mitteilen, nur nicht „die eigentliche Spitze“ desselben. Er würde sie ja ganz mit Stillschweigen übergehen. … Die Spitze des Gleichnisses besteht vielmehr darin, dass der Herr jedem die Verpflichtung zum Bewusstsein bringen wollte, in einem hochzeitlichen Kleid zu erscheinen.

Die Frage, woher sich jener Mann dasselbe hätte verschaffen sollen, wird hier gar nicht berührt. das steht auf anderen Blättern des Evangeliums geschrieben. Wie so oft geht auch hier die Sache über das Gleichnis hinaus. Denn allerdings wird denen, welche ernstlich darum bitten, das Feierkleid für die himmlische Hochzeit durch freie göttliche Gnade geschenkt.

Die Freuden der Hochzeit hat der Herr überhaupt mit sichtlicher Vorliebe zum Gleichnis himmlischer Dinge gemacht. Wenn jemand zum Hochzeitsmahl geladen ist und bis tief in die Nacht ausbleibt, so müssen seine Knechte warten, bis er zurückkommt. So sollen auch wir „gleich sein den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wenn er aufbrechen wird von der Hochzeit, auf dass, wenn er kommt und anklopfe, sie ihm bald auftun. Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet.“

Ja, sein ganzes Verhältnis zu der zu erlösenden Menschheit, den Grund seiner Menschwerdung und seines bittersten Leidens, hat er in die holde Poesie und Innigkeit des fröhlichsten, seligsten, irdischen Verhältnisses gekleidet, das der bräutlichen Liebe. In welche Tiefen seines Herzens lässt es uns daher ahnend hineinblicken, wenn er sagt: „Darum ist das Himmelreich gleich einem König, der seinem Sohn Hochzeit machte!“ Menschen sind seine gefangene Braut, die er mit mächtiger, kein Hemmnis achtender Liebe aus dumpfem Kerker erlöst und heimführt ins lichte Vaterhaus, wo die „Hochzeit des Lammes“ bereitet ist. Von diesem Hochzeitsmahl ist die Rede, wenn es in Offb 19,7, vgl. 9, heißt „Selig sind, die zu dem Abendmahl des Lammes berufen sind“

Die Hochzeit des Lammes

Die Hochzeit des Lammes ist das Ereignis, in dem die Geschichte der christlichen Gemeinde ihr Ziel und ihren Höhepunkt hat. Natürlich sind sowohl das „Lamm“ als auch die „Hochzeit“ Bilder der prophetischen Symbolsprache. Dazu kommt noch das Bild der „Braut“ bzw. der „Frau“ des Lammes. Das Lamm ist der auferstandene Jesus, der seine Gemeinde, die Braut, zu sich holt. Und die ewige Vereinigung dieser beiden, Braut und Bräutigam, wird im Bild einer Hochzeit dargestellt.

Der Abschnitt Offb 19,5-10 schildert dieses Ereignis recht kurz und knapp. Davor taucht aber wie in einem Vorspann im Abschnitt der Verse 1-4 erst noch einmal die große Hure Babylon auf. Sie ist ja das Gegenbild zu der reinen Braut.

In beiden Abschnitten hört man das gewaltige Rufen einer großen Menge im Himmel. Diese Menge spricht im zweiten Abschnitt über die Braut, ist also nicht selbst die Braut. Daher liegen wir sicher richtig, wenn wir sie als das himmlische Engelheer betrachten. Dieses haben wir in der Offenbarung ja auch schon anderweitig gehört.

Im ersten Abschnitt preist die himmlische Menge Gott für sein gerechtes Gericht, das er an der Hure Babylon vollzogen hat. Im zweiten Abschnitt preist dieselbe Menge dann Gott dafür, dass jetzt die Hochzeit des Lammes gekommen ist.

Dabei beobachten wir auch hier wieder eine prophetische Unschärfe. Denn in Vers 7-8 erscheint die Gemeinde im Bild der Frau des Lammes. Daneben in Vers 9 erscheint sie aber im Bild der zum Hochzeitsmahl geladenen Gäste. Die Gäste sind also gleichzeitig auch die Braut – zwei prophetische Bilder für dieselbe Sache.

Das Bild vom Mahl hat Jesus auch zu seinen irdischen Zeiten oft für dieses Zukunftsereignis gebraucht. Nachdem er den Glauben des römischen Offiziers gelobt hatte, sagte er – Mt 8,11: „Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und sich zu Tisch legen mit Abraham und Isaak und Jakob im Königreich der Himmel.“ Nebenbei sagt er hier, dass bei diesem Mahl die gesamte Gemeinde der alt- und neutestamentlichen Zeit zusammensein wird.

Jesus hat auch den Vergleich mit einem König gebraucht, der für seinen Sohn die Hochzeit ausrichtet (Mt 22,1-14). Dabei kommt es darauf an, welche Gäste sich zum Hochzeitsmahl einladen lassen und am Ende dabei sind und welche sich nicht einladen lassen und dann nicht dabei sind.

Beim Vergleich mit den zehn Brautjungfern (Mt 25,1-13) geht es ebenfalls darum, wer am Ende dabei ist und wer nicht. Nur sind es in dieser Geschichte aber weder die Braut noch die Gäste, um die es geht, sondern die Brautjungfern. Wir sehen also, in welch verschiedenen Facetten dieses entscheidende Mahl prophetisch dargestellt und beleuchtet wird.

Auch beim letzten Mahl mit seinen Jüngern, bei der Einsetzung des Abendmahls, sprach Jesus davon. Lk 22,18: „Ja, ich sage euch: Ich trinke von jetzt an nicht mehr von der Frucht des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt“. Und Mt 26,19 / Mk 14,25: „Amen, ich sage euch: Ich trinke von jetzt an nicht mehr von dieser Frucht des Weinstocks bis zu jenem Tag, an dem ich von neuem mit euch davon trinke im Reich Gottes, meines Vaters.“

Paulus erklärt dieses Ereignis wiederum ohne ein „Mahl“ oder eine „Hochzeit“ in der bekannten Stelle 1 Th 4,16-17 einfach als eine „Begegnung“ mit dem Herrn. Und diese hat die Folge, dass „wir“ dann immer mit ihm zusammen sind. „Denn er selbst, der Herr, wird beim Befehl (Gottes), beim lauten Ruf des obersten Engels und beim Hornsignal Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten im Messias werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen in Wolken weggeholt werden in den Luftraum zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir für immer mit dem Herrn zusammen sein.“

Wir sehen auch bei diesem Thema wieder, dass in verschiedenen Begriffen und Bildern prophetisch geschildert wird, was unser menschliches Vorstellungsvermögen in seiner irdischen Begrenztheit übersteigt. Und doch können wir uns mit Hilfe der Bilder und Beschreibungen etwas darunter vorstellen. Etwas, das an Bedeutung, Attraktivität und Herrlichkeit alles Irdische weit überragt.

In Offb 19 ab Vers 11 sehen wir dann – offensichtlich nach der Hochzeit des Lammes – die sichtbare Ankunft des Messias auf der Erde. Diese bringt in der Schlacht bei Har Mageddon recht abrupt die Entscheidung mit der völligen Vernichtung des Völkerheeres. Wir können daraus entnehmen, dass die Hochzeit im Himmel stattfindet, während auf die Erde die sieben Schalen der Wut Gottes ausgegossen werden. Nach der Entrückung der Gemeinde haben die Schalen-Gerichte begonnen, mit der sichtbaren Ankunft des Messias nehmen sie ihr Ende. Und dann beginnen die tausend Jahre

Der Ablauf der Passionswoche

Was ich in diesem Abschnitt schreibe, konnte ich selbst zunächst nicht gleich glauben, als ich es zum ersten Mal las. Aber die Argumente haben mich auf den zweiten und dritten Blick dann völlig überzeugt. Der Ablauf der Passionswoche in dieser Darstellung beruht auf den Büchern: „Bargil Pixner: Wege des Messias und Stätten der Urkirche“ und „Dr. Eugen Ruckstuhl: Die Chronologie des Letzten Mahles und des Leidens Jesu.“ Es geht grob gesagt darum, dass der Gründonnerstag nicht stimmt, weil das letzte Abendmahl von Jesus mit seinen Jüngern nicht erst am Abend vor seiner Hinrichtung gewesen sein kann.

Wir haben im Neuen Testament zwei Zeitangaben für den letzten Tag, also den Freitag: Johannes sagt Joh 19,14, dass die letzte Verhandlung bei Pilatus am Freitag (nach römischer Zeitrechnung) „um die sechste Stunde“ war. Das war also spätestens um sechs Uhr morgens. Markus sagt Mk 15,25 (nach jüdischer Zeitrechnung): „Es war die dritte Stunde, als sie ihn ans Kreuz hängten.“ Das war also spätestens neun Uhr vormittags.

Diese Zeitangaben passen gut zusammen für diesen letzten Tag. Aber wenn man Jesus erst in der Nacht davor verhaftet hat, wann hat dann der jüdische Oberste Rat getagt? Wann hat man ihn an Pilatus überstellt, wann der an Herodes und der wieder zurück an Pilatus? Man sieht, das geht nicht in der einen Nacht und auch nicht an dem einen Vormittag bis zur Hinrichtung. Der Ablauf der Passionswoche muss anders gewesen sein.

In der Zeit, die dem Neuen Testament folgte, begann man, wöchentliches und jährliches christliches Brauchtum zu entwickeln. Und da fasteten die Christen zweimal in der Woche, und zwar nicht wie die Pharisäer am Dienstag und Donnerstag. Sie fasteten vielmehr am Mittwoch und am Freitag, weil der Herr, Jesus, „am Mittwoch ausgeliefert“ und „am Freitag getötet“ wurde. Aus der Überlieferung von den Anfängen her wusste man damals noch, dass Jesus in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, die nach jüdischem Verständnis zum Mittwoch zählt, ausgeliefert bzw. verhaftet wurde.

Dazu passt die Tatsache, dass in jener Woche nach dem essenischen Kalender das Pesach auf den Mittwoch fiel, das Pesach-Mahl also auf den Dienstagabend nach Sonnenuntergang, als der Mittwoch begonnen hatte. Jesus hat nach dem essenischen Kalender in einem essenischen Haus in Jerusalem mit seinen Jüngern das Pesach gefeiert. Der Ablauf der Passionswoche ergibt dann folgendes Bild:

In der Nacht zum Mittwoch: Abendmahl, Abschiedsreden, Gebet in Getsemani, Verhaftung, Verhör bei Hannas und Verleugnung durch Petrus.

Am Mittwoch: Erste Verhandlung im Obersten Rat bei Kajaphas, Verspottung und Misshandlung von Jesus, und (anzunehmen) sicherlich auch erste Kontakte in der Sache zu Pilatus. Dann bleibt auch Zeit, den jüdischen Rechtsgrundsatz einzuhalten: Ein Todesurteil muss noch einmal überschlafen werden, es darf erst am Tag nach der ersten Verhandlung definitiv gefasst werden.

In der Nacht auf Donnerstag: Jesus im Gewahrsam des Obersten Priesters.

Am Donnerstag: Zweite Verhandlung im Obersten Rat mit Todesurteil über Jesus. Überstellung an Pilatus und erste Verhandlung dort. Überstellung an Herodes, Verhör und Verspottung dort. Rücküberstellung an Pilatus mit dem vorläufigen Unschuldsurteil durch Pilatus.

In der Nacht auf Freitag: Jesus im Gewahrsam des römischen Regenten.

Freitag: Bis 6 Uhr morgens Volksmenge bei Pilatus mit der Bitte um Freilassung eines Gefangenen. Freilassung des Bar Abbas, Geißelung von Jesus. Nach der letzten Verhandlung Todesurteil über Jesus auf Druck des Obersten Rats und der Volksmenge. Jesus von den römischen Soldaten mit Purpurgewand und Dornenkrone als ohnmächtiger König der Juden verspottet. Dann nach Golgota geführt und zwischen 8 und 9 Uhr ans Kreuz gehängt. Die weiteren Ereignisse jenes Tages um die Hinrichtung von Jesus setze ich dann als bekannt voraus …