Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Lamm

Die Hochzeit des Lammes

Die Hochzeit des Lammes ist das Ereignis, in dem die Geschichte der christlichen Gemeinde ihr Ziel und ihren Höhepunkt hat. Natürlich sind sowohl das „Lamm“ als auch die „Hochzeit“ Bilder der prophetischen Symbolsprache. Dazu kommt noch das Bild der „Braut“ bzw. der „Frau“ des Lammes. Das Lamm ist der auferstandene Jesus, der seine Gemeinde, die Braut, zu sich holt. Und die ewige Vereinigung dieser beiden, Braut und Bräutigam, wird im Bild einer Hochzeit dargestellt.

Der Abschnitt Offb 19,5-10 schildert dieses Ereignis recht kurz und knapp. Davor taucht aber wie in einem Vorspann im Abschnitt der Verse 1-4 erst noch einmal die große Hure auf. Sie ist ja das Gegenbild zu der reinen Braut.

In beiden Abschnitten hört man das gewaltige Rufen einer großen Menge im Himmel. Diese Menge spricht im zweiten Abschnitt über die Braut, ist also nicht selbst die Braut. Daher liegen wir sicher richtig, wenn wir sie als das himmlische Engelheer betrachten. Dieses haben wir in der Offenbarung ja auch schon anderweitig gehört.

Im ersten Abschnitt preist die himmlische Menge Gott für sein gerechtes Gericht, das er an der Hure Babylon vollzogen hat. Im zweiten Abschnitt preist dieselbe Menge dann Gott dafür, dass jetzt die Hochzeit des Lammes gekommen ist.

Dabei beobachten wir auch hier wieder eine prophetische Unschärfe. Denn in Vers 7-8 erscheint die Gemeinde im Bild der Frau des Lammes. Daneben in Vers 9 erscheint sie aber im Bild der zum Hochzeitsmahl eingeladenen Gäste. Die Gäste sind also gleichzeitig die Braut – zwei prophetische Bilder für dieselbe Sache.

Das Bild vom Mahl hat Jesus auch zu seinen irdischen Zeiten oft für dieses Zukunftsereignis gebraucht. Nachdem er den Glauben des römischen Offiziers gelobt hatte, sagte er – Mt 8,11: „Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und sich zu Tisch legen mit Abraham und Isaak und Jakob im Königreich der Himmel.“ Nebenbei sagt er hier, dass bei diesem Mahl die gesamte Gemeinde der alt- und neutestamentlichen Zeit zusammensein wird.

Jesus hat auch den Vergleich mit einem König gebraucht, der für seinen Sohn die Hochzeit ausrichtet (Mt 22,1-14). Dabei kommt es darauf an, welche Gäste sich zum Hochzeitsmahl einladen lassen und am Ende dabei sind und welche sich nicht einladen lassen und dann nicht dabei sind.

Beim Vergleich mit den zehn Brautjungfern (Mt 25,1-13) geht es ebenfalls darum, wer am Ende dabei ist und wer nicht. Nur sind es in dieser Geschichte aber weder die Braut noch die Gäste, um die es geht, sondern die Brautjungfern. Wir sehen also, in welch verschiedenen Facetten dieses letzte und alles entscheidende Mahl prophetisch dargestellt und beleuchtet wird.

Auch beim letzten Mahl mit seinen Jüngern, bei der Einsetzung des Abendmahls, sprach Jesus davon. Lk 22,18: „Ja, ich sage euch: Ich trinke von jetzt an nicht mehr von der Frucht des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt“. Und Mt 26,19 / Mk 14,25: „Amen, ich sage euch: Ich trinke von jetzt an nicht mehr von dieser Frucht des Weinstocks bis zu jenem Tag, an dem ich von neuem mit euch davon trinke im Reich Gottes, meines Vaters.“

Paulus erklärt dieses Ereignis wiederum ohne ein „Mahl“ oder eine „Hochzeit“ in der bekannten Stelle 1 Th 4,16-17 einfach als eine „Begegnung“ mit dem Herrn. Und diese hat die Folge, dass „wir“ dann immer mit ihm zusammen sind. „Denn er selbst, der Herr, wird beim Befehl (Gottes), beim lauten Ruf des obersten Engels und beim Hornsignal Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten im Messias werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen in Wolken weggeholt werden in den Luftraum zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir für immer mit dem Herrn zusammen sein.“

Wir sehen auch bei diesem Thema wieder, dass in verschiedenen Begriffen und Bildern prophetisch etwas geschildert wird, das unser menschliches Vorstellungsvermögen in seiner irdischen Begrenztheit offensichtlich übersteigt. Und doch können wir uns mit Hilfe der Bilder und Beschreibungen etwas darunter vorstellen. Etwas, das an Bedeutung, Attraktivität und Herrlichkeit alles Irdische weit überragt.

In Offb 19 ab Vers 11 sehen wir dann – offensichtlich nach der Hochzeit des Lammes – die sichtbare Ankunft des Messias auf der Erde. Diese bringt in der Schlacht bei Har Mageddon recht abrupt die Entscheidung mit der völligen Vernichtung des Völkerheeres. Wir können daraus entnehmen, dass die Hochzeit im Himmel stattfindet, während auf die Erde die sieben Schalen der Wut Gottes ausgegossen werden. Nach der Entrückung der Gemeinde beginnen die Gerichte, mit der sichtbaren Ankunft des Messias nehmen sie ihr Ende. Und dann beginnen die tausend Jahre …

Das Buch mit sieben Siegeln

Das Buch mit sieben Siegeln erscheint in Offb 5,1: „Und ich sah auf der rechten Hand dessen, der auf dem Thron sitzt, eine Schriftrolle, beschrieben von innen und von hinten, mit sieben Siegeln versiegelt.“ Dieses Buch auf der Hand Gottes ist insofern eine etwas rätselhafte Angelegenheit, als dass wir weder in der Bibel noch in der biblischen Umwelt eine direkte Parallele dazu finden. Aber es gibt Ähnlichkeiten:

1) Bei der Einsetzung des Königs Joasch in 2 Kön 12 wurde ihm neben der Krönung und der Salbung auch eine „Ordnung“ übergeben. 2) Der Prophet Hesekiel erhielt nach seiner Berufung in Hes 1 in Hes 2 eine Schriftrolle mit prophetischen Botschaften, die er aufessen sollte. 3) Dem Kommentar von Adolf Pohl zur Offenbarung entnehme ich, dass römische Rechtsurkunden siebenfach versiegelt waren, vom Aussteller der Urkunde und von sechs Zeugen. Und mit dem Öffnen der Siegel wurde die Urkunde in Kraft gesetzt.

Vielleicht müssen wir von allen diesen ungefähren Parallelen etwas entnehmen. Das Buch bzw. die Schriftrolle in Offb 5 ist in Gottes Hand, kommt also von Gott. Sie kann nur Gottes Gedanken und Pläne enthalten. Die Frage ist, wer sie übernehmen und ausführen kann. Das Lamm, das die Sünde und den Tod besiegt hat, kann es. Jesus nimmt die Schriftrolle, und die himmlische Welt sagt unisono: „Das Lamm, das getötet war, ist würdig, die Macht zu empfangen …“. Hier wird ein König eingesetzt. Und er hat die Vollmacht, die Siegel zu brechen und den Plan Gottes zu offenbaren und auszuführen.

Schauen wir uns das Buch mit den sieben Siegeln als Schriftrolle etwas genauer an. Sie ist „von innen und von hinten“ beschrieben. Schriftrollen waren aus Einzelblättern zusammengeklebt und konnten sehr lang sein. Sie wurden auf der Vorderseite beschrieben, und das war beim Zusammenrollen dann „innen“. Zusammengerollt konnten sie am Anfang der Rolle auf dem senkrechten Rand des Papiers bzw. Papyrus versiegelt werden. Auf diesem Rand müssen wir uns die sieben Siegel in einer Reihe von oben nach unten vorstellen.

Nun sahen damals zusammengerollte Schriftrollen zunächst einmal alle gleich aus. Und es wäre mühsam gewesen, wenn man eine bestimmte Rolle suchte, zum Nachschauen alle erst aufmachen zu müssen. Deshalb bekamen sie im zusammengerollten Zustand außen, also „hinten“ auf der Rückseite eine Beschriftung, die den Inhalt der Rolle zusammengefasst darstellte, also eine Art Inhaltsangabe. So konnte man an jeder Rolle schon von außen den Inhalt erkennen.

So auch auf unserer Schriftrolle in der Hand des Lammes. Sie ist innen und hinten beschrieben. Solange also die Siegel geöffnet werden, ist die Rolle an sich noch geschlossen, das Innere ist noch nicht sichtbar. Also läuft jetzt nur die Kurzfassung, die außen drauf steht, vor den Augen von Johannes ab. Erst, wenn das siebte Siegel offen ist, ist auch die Rolle offen, und es erscheint der eigentliche Inhalt in der langen Fassung.

Und so haben wir von Offb 4 bis 8,1 ein zusammenhängendes Geschehen. Erst sehen wir Gott auf dem Thron, umgeben von der Engelwelt. Dann erscheint bei ihm das Lamm, der siegreiche Jesus, und übernimmt mit der Schriftrolle die Königsmacht. Dann öffnet er ein Siegel um das andere, bis die Rolle offen ist. Und währenddessen wird eine Kurzfassung dessen sichtbar, was dann ab Offb 8,2 als ausführlicher Inhalt der Schriftrolle erscheint.