Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Kreuzestod

Das Kreuz

Das griechische Wort „staurós“ heißt eigentlich Pfahl. Es wird aber auch für das römische Hinrichtungsinstrument verwendet, das auf Lateinisch „crux“ heißt. Das Kreuz bestand aus einem senkrecht feststehenden Pfahl und einem abnehmbaren Querbalken.

Einen Verurteilten band oder nagelte man zunächst mit den Armen an den Querbalken. Dann wurde der Querbalken mit dem Verurteilten hinaufgehoben und auf dem Pfahl befestigt. Danach wurden die herabhängenden Füße links und rechts mit je einem Nagel seitlich an den Pfahl genagelt. Der Querbalken war also oben auf dem Pfahl befestigt, so dass das „Kreuz“ nicht wie das übliche „t“ aussah, sondern wie ein „T“.

(Jesus wurde also nicht mit drei, sondern mit vier Nägeln angenagelt – zwei durch die Unterarme, zwei durch die Fußknöchel. Die Tafel mit der Anschuldigung gegen ihn wurde auch nicht über ihm „am“ Kreuz befestigt, sondern nach Johannes 19,19 „auf“ dem Kreuz, also oben auf dem Querbalken.)

Diese Art des Kreuzes als Hinrichtungsinstrument war ein Machtsymbol des römischen Staates und in den ersten zwei bis drei Jahrhunderten als christliches Symbol unbekannt. Das Symbol der Christen war der Fisch. Mit Kreuzen zu hantieren, ist in der christlichen Gemeinde damals niemandem in den Sinn gekommen. Erst als sich das Christentum mit dem römischen Staat zu vermischen begann, wurde das heidnische Kreuz als christliches Symbol ausgegeben, als Symbol der „christlichen“ Macht im römischen Staat.

Das „Wort vom Kreuz“, von dem Paulus spricht, bezieht sich also nicht auf einen heilbringenden Gegenstand. Es bezieht sich auf ein historisches Ereignis, die Hinrichtung des Messias, die Grundlage der Rettung. Im Neuen Testament verkündet man also nicht das „Kreuz“, sondern den „Kreuzestod“ (des Messias). Deshalb verwende ich in meiner Übersetzung zwar „Kreuz“, wenn vom Hinrichtungsinstrument die Rede ist, aber „Kreuzestod“, wenn es um das Zentrum der christlichen Botschaft geht. Das zugehörige Verbum gebe ich nicht mit „kreuzigen“ wieder, sondern aussagekräftiger mit „ans Kreuz hängen“ oder „hinrichten am Kreuz“.

Als Symbol der pseudochristlichen bzw. antichristlichen Macht steht das Kreuz auch heute noch auf Kirchtürmen, Feldfluren und Bergspitzen, hängt in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen, wird am Revers, um den Hals und am Rosenkranz getragen, wird als heiliger Gegenstand verehrt und dient – auch in der Form des Bekreuzigens – als Symbol der Unterwerfung unter die kirchliche Macht und als Segens- und Schutzzauber.

Wer sich mit der Geschichte des abendländischen „Christentums“ beschäftigt, wird darauf stoßen, dass man mit dem Kreuz nicht nur Jesus selbst tötete. Unter diesem Zeichen verfolgte man auch zahllose seiner Nachfolger. Man nannte sie „Ketzer“, sperrte sie ein, folterte sie unter Vorhaltung des Kreuzes und brachte sie um. „Kreuz“-Züge wurden nicht nur gegen Muslime im Orient und in Spanien geführt. Sie wurden auch im Herzen Europas gegen abweichende christliche Gruppierungen wie die Waldenser, Albigenser und die Katharer geführt.

Ich habe den dringenden Verdacht, dass wir es hier mit dem Zeichen des Antichristen zu tun haben. Jedenfalls kenne ich kein anderes Zeichen, auf das die Beschreibung aus der Offenbarung besser passen würde: “ … dass sie sich ein Kennzeichen machen auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn, … „.

Ein Beweisfoto aus unserer Zeit (Osternachtgottesdienst Moskau 2023):

Neben Putin war auch der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin vor Ort. Dieses von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt, wie die beiden das Kreuzzeichen machen. Bild: dpa

(Quelle: tagesschau.de)

Aus der Historie (Quelle: Spiegel Geschichte, Ausgabe 3/2023):

Eine Illustration aus dem 19. jahrhundert zum „Wirken“ von Konrad von Marburg. Konrad war ein Ketzerjäger im frühen 13. Jahrhundert, der im Auftrag des Papstes Hunderte Menschen auf den Scheiterhaufen brachte. Spätere Inqisitoren orienterten sich an dem „kurzen Prozess“, den Konrad eingeführt hatte – einem Verfahren ohne Freispruch, ohne Verteidigung und mit erzwungenen Geständnissen.
Mit einer Garotte (undatiertes Originalexemplar) konnte man angebliche Ketzer quälen und hinrichten.

Buße

Das griechische Wort „metanoeín“, das Luther mit „Buße tun“ übersetzt hat, gehört zum Grundbestand des Christentums. Es bedeutet ganz wörtlich „umdenken“, das heißt, sein Denken bzw. seine Gesinnung ändern. Im Neuen Testament ist dabei vorausgesetzt, dass, wenn sich das Denken ändert, sich das ganze Leben ändert, sich der ganze Mensch ändert. Deshalb übersetze ich das Wort mit „sich ändern“, „sich ändern wollen“ oder „bereit sein, sich zu ändern“. Das Substantiv „metánoia“ heißt dann entsprechend „Sinnesänderung“.

Ich denke, dass es im landläufigen Christentum eines der unbeachtetsten unter den grundlegenden Themen ist.

Die ganze neutestamentliche Geschichte fängt damit an: „In jenen Tagen kam Johannes der Täufer und verkündete in der Wüste von Judäa: ‚Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahe gekommen.’“ (Mt 3,1-2). „Von da an fing Jesus an zu verkünden und zu sagen: ‚Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahe gekommen.’“ (Mt 4,17).

Es geht weiter in der Apostelgeschichte: „Petrus sagte zu ihnen: ‚Seid bereit euch zu ändern! Jeder von euch muss sich untertauchen lassen im Namen von Jesus dem Messias, zur Vergebung eurer Sünden, und ihr werdet das Geschenk des Heiligen Geistes bekommen. (Apg 2,38). Und es steht in der Offenbarung: „Sei also bereit dich zu ändern!“ (Offb 2,16). Und an dieser Stelle ist es zu Christen gesagt.

Der heutige Bedeutungsinhalt von „Buße, büßen, abbüßen“ ist „eine Strafe bezahlen, erleiden oder ableisten“. Und das ist für die Übersetzung von „metánoia“ nicht geeignet. Im Zusammenhang der neutestamentlichen Lehre hat Jesus im Kreuzestod die Strafe auf sich genommen. Wenn jemand „gebüßt“ hat, dann er. Und so können wir uns ohne Angst vor Strafe zu Gott wenden und unsere Gesinnung und unser Leben in seinem Sinne mit seiner Hilfe ändern. Jesus hat für unsere Sünden gebüßt, und wir werden von Sündern zu Heiligen – wenn wir bereit sind, uns zu ändern.

Der Weg vom Sünder zum Heiligen kann ja nur ein gewaltiger Veränderungsprozess sein. Es ist das Lebenselement eines lebendigen Christen. In der Gemeinschaft mit Jesus und unter der Leitung des heiligen Geistes ist er bereit, jegliche Veränderung in seinem Leben umzusetzen, die dem Willen Gottes entspricht. Das Festhalten am Alten gegen den Willen Gottes ist Ungehorsam und damit Sünde. Wer nicht bereit ist sich zu ändern, kann den Weg mit Jesus nicht gehen.