Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Heiliger Geist

Die Vollmacht der Zeugen

Die Vollmacht der Zeugen in Offb 11 ist auffällig. Wenn, wie wir annehmen, die Zeugen ein Bild der christlichen Gemeinde sind, müssen wir uns auf die biblische Spurensuche dazu begeben. Andere Parallelen zu den Zeugen sind uns in der Bibel schon aufgefallen. Dass sie prophetisch sprechen, ist eine davon. Die mit Heiligem Geist erfüllte Gemeinde des Neuen Testaments ist eine prophetische Gemeinde. Denn der Heilige Geist ist auch der Geist der Prophetie.

In Offb 19,10 sagt der Engel, der mit Johannes spricht: „Ich bin ein Mitsklave von dir und deinen Geschwistern, die das Zeugnis von Jesus haben, bete Gott an!“ Und dazu folgt die Erklärung: „Das Zeugnis von Jesus ist der Geist der Prophetie.“ Die Geschwister von Johannes sind die Gläubigen. Und diese haben das Zeugnis von Jesus in sich. Vielleicht erinnern wir uns an das Wort von Paulus – Röm 8,16: „Der Geist selbst bestätigt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“

Und wenn die Gemeinde den Geist der Prophetie hat, dann steht sie auch in der prophetischen Tradition der ganzen Bibel. Denn echte Prophetie kommt immer aus dem Heiligen Geist, und der ist zu allen Zeiten derselbe.

Damit sind wir auch bei der Vollmacht der Zeugen – Offb 11,6: „Diese (Zeugen) haben die Vollmacht, den Himmel zu verschließen, dass er es nicht regnen lässt während der in ihrer Prophetie (genannten) Zeit. Sie haben Macht über die Wasser, sie in Blut umzuwandeln, und die Erde mit jeder Plage zu schlagen, sooft sie wollen.“

Diese Art der Vollmacht mag beim ersten Lesen etwas krass erscheinen, aber unbekannt sind die Phänomene nicht. Der Prophet Elija hat es zu Zeiten des Königs Ahab und der Königin Isebel dreieinhalb Jahre nicht regnen lassen. Und Mose hat in Ägypten das Wasser in Blut verwandelt und das Land noch mit neun anderen Plagen geschlagen. Natürlich hat Gott selbst das alles getan, aber er hat seine Propheten als Werkzeuge und Zeugen dazu gebraucht.

Es ist immer dieselbe Kraft desselben Geistes. Dass es auch im Neuen Testament dieselbe ist, leuchtet im Brief von Jakobus auf – 5,16b-18: „Die Bitte eines Gerechten hat Kraft und wirkt sich aus. Elija war ein genauso sterblicher Mensch wie wir, und er betete ein Gebet zu Gott, es nicht mehr regnen zu lassen, und Gott ließ es nicht mehr regnen auf die Erde drei Jahre und sechs Monate. Und er betete wieder, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“

Für Jakobus ist das also keine ferne Vergangenheit, sondern ein aktuelles Beispiel zum Thema Gebet. Elija war ein Mensch wir, sagt er. Und wenn Gott so etwas durch Elija tun konnte, dann kann er es auch durch uns tun.

Die Zeugen der Offenbarung bzw. des Neuen Testaments stehen also nicht nur in der Nachfolge von Jesus. Sie stehen auch in der Nachfolge von Mose und Elija. Und in der Gemeinschaft mit Gott können auch sie die gewaltigsten Dinge tun. Dass es hier für die heutige christliche Gemeinde noch einiges zu entdecken gäbe, dürfte deutlich sein. Aber natürlich nur in der Spur der prophetischen Gemeinde des Neuen Testaments …

Israel

Eine wichtige und in manchen christlichen Kreisen viel besprochene Frage ist, was das Neue Testament zum Thema „Israel“ sagt. Israel ist zunächst das alttestamentliche Volk Gottes. Ihm sandte Gott, „als die Zeit erfüllt war“, seinen Sohn, Jesus den Messias. Und an Jesus dem Messias hat sich Israel dann gespalten. Ein größerer Teil Israels hat Jesus als Messias abgelehnt. Ein kleinerer Teil Israels in Gestalt der Jünger und der ersten Gemeinde hat Jesus angenommen. Und der ablehnende Teil Israels war dann nicht nur bei der Hinrichtung von Jesus die treibende Kraft, sondern auch bei der Verfolgung der ersten Gemeinde.

Über das Verhältnis dieser beiden Teile Israels hat Paulus ausführlich im Römerbrief geschrieben, in den Kapiteln 9 bis 11. Er legt dar, dass es einen ungläubigen Teil Israels gibt, der sich mit seiner Ablehnung selbst vom Geschenk Gottes im Messias ausgeschlossen hat, und dass es den gläubigen „Rest“ Israels gibt, mit dem Gott nun seinen Weg weitergeht.

Und in den gläubigen Rest-Teil Israels werden dann auch Nichtjuden aufgenommen. Ihnen hat Gott die Türe geöffnet, ins Volk Gottes hereinzukommen. Und so sind sie nicht mehr „Fremde und Ausländer“, sondern „Mitbürger der Heiligen und Angehörige Gottes“ (Eph 2,19). Paulus stellt das im Bild des Olivenbaums dar: Alte Zweige wurden abgeschnitten, neue Zweige werden eingepfropft, die genauso dazugehören. Die gläubige Gemeinde aus Juden und Nichtjuden ist nun das gläubige und treue Volk Gottes – Israel.

Das hatte auch Jesus selbst schon dem ablehnenden Teil Israels angekündigt. Mt 21,47: „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen werden und einem Volk gegeben werden, das dessen Früchte hervorbringt.“

Die Haltung der Gemeinde zum abtrünnigen Teil Israels ist aber eindeutig. Es ist die Haltung, die auch Jesus selbst hatte: Schmerz und Trauer und der Wunsch, sie auch weiterhin zu gewinnen. Sie zu verfolgen und möglichst auszurotten, war nie ein Gedanke der christlichen Gemeinde. Der „christliche“ Antisemitismus konnte erst auf dem Boden des kirchlichen Antichristentums aufkommen und seine bösen Früchte hervorbringen.

Paulus sagt, dass Gott auch für den abtrünnigen Teil Israels an seinen Zusagen festhält. Auch wenn es ein untreues Israel gibt, bleibt Gott doch treu. Und wenn Jesus wiederkommt, wird auch dieser Teil Israels ihn als seinen Messias erkennen und gerettet werden. Aber bis dahin ist das einzige Volk Gottes und damit das „Israel Gottes“ die Gemeinde.

In Gal 6,16 schreibt Paulus: „Friede und Erbarmen über alle, die sich nach dieser Regel richten, über das (ganze) Israel Gottes!“ Nachdem er die Forderung nach der physischen Beschneidung der bekehrten Nichtjuden abgewehrt hat, hat er diese neue Regel in Vers 15 so beschrieben: „Weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit ist etwas, sondern eine neue Schöpfung!“

Anstelle der physischen Beschneidung gibt es nun in der neuen Geburt eine geistliche Beschneidung. Röm 3,28-29: „Nicht der ist nämlich ein Jude, der es im Sichtbaren ist, und nicht das ist Beschneidung, was am Körper sichtbar ist. Vielmehr ist der ein Jude, der es im Verborgenen ist, und Beschneidung des Herzens (geschieht) im Geist, nicht mit Buchstaben. Das Lob eines solchen (Menschen) kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“ Die Beschneidung ist also nicht abgeschafft, sondern sie wird erfüllt in der Reinigung des Herzens durch den Heiligen Geist.

Paulus geht hier tatsächlich so weit, diese nach der neuen Regel „Beschnittenen“ nun auch als die wahren „Juden“ zu bezeichnen. Die abtrünnigen Juden haben also trotz ihrer physischen Beschneidung ihr eigentliches „Judentum“ verloren, ihre Beziehung zu Gott. Und ein hereinkommender Nichtjude wird nun durch die Beschneidung des Herzens zu einem Angehörigen des Volkes Gottes, zu einem „Juden“.

Von seiner Ursprungsgeschichte her bezeichnete sich Israel auch gerne als das „Zwölf-Stämme-Volk“. Und hier löst sich auch das Rätsel um die Frage, an wen Jakobus seinen Brief geschrieben hat. „Jakobus, ein Sklave Gottes und des Herrn, Jesus des Messias: an die zwölf Stämme in der Diaspora. Seid gegrüßt!“ Dass Jakobus an Gläubige schreibt, ist vom Inhalt des Briefes her ganz klar. Wenn nun die Gläubigen das wahre „Israel Gottes“ sind, dann sind sie auch das Zwölf-Stämme-Volk.

Von hier aus fällt dann auch Licht auf eine der eher rätselhaften Visionen in der Offenbarung – Offb 7,1-8:

„Danach sah ich vier Engel an den vier Enden der Erde stehen, die halten die vier Winde der Erde fest, damit kein Wind wehen soll über die Erde, über das Meer und über jeglichen Baum. Und ich sah einen anderen Engel heraufkommen vom Aufgang der Sonne, der hatte ein Siegel des lebendigen Gottes und rief mit lauter Stimme zu den vier Engeln, denen es gegeben worden war, der Erde und dem Meer zu schaden: ‚Schadet weder der Erde, noch dem Meer, noch den Bäumen, bis wir die Sklaven unseres Gottes auf ihren Stirnen versiegelt haben!‘ Und ich hörte die Zahl derer, die versiegelt wurden: ‚hundertvierundvierzigtausend‘.

Es sind Versiegelte aus jedem Stamm der Nachkommen Israels: vom Stamm Juda zwölftausend Versiegelte, vom Stamm Ruben zwölftausend, vom Stamm Gad zwölftausend, vom Stamm Ascher zwölftausend, vom Stamm Naftali zwölftausend, vom Stamm Manasse zwölftausend, vom Stamm Simeon zwölftausend, vom Stamm Levi zwölftausend, vom Stamm Issachar zwölftausend, vom Stamm Sebulon zwölftausend, vom Stamm Josef zwölftausend, vom Stamm Benjamin zwölftausend Versiegelte.“

Für das „Versiegeln“ gibt es Parallelstellen im Neuen Testament:

„Es ist Gott, der uns samt euch festigt auf den Messias hin, der uns gesalbt hat, der uns versiegelt hat, der als Anzahlung den Geist gegeben hat, der in unseren Herzen ist.“ (1 Kor 1,21).

„In ihm wurdet ihr auch, als ihr zum Glauben kamt, versiegelt mit dem versprochenen Heiligen Geist, der eine Anzahlung unseres Erbes ist auf die erworbene Erlösung hin, zum Lob seiner Herrlichkeit.“ (Eph 1,13b+14).

„Und macht nicht den Heiligen Geist Gottes traurig, mit dem ihr versiegelt wurdet auf den Tag der Erlösung hin!“ (Eph 4,30).

Das ist die neutestamentliche Lehre von der „Versiegelung“.

Und mit dieser Erkenntnis verstehen wir nun auch die Vision in der Offenbarung. Die vier Winde (die das letzte Gericht über die Erde bringen sollen) müssen still bleiben, bis die zwölf Stämme (die gläubige Gemeinde aus Juden und Nichtjuden) versiegelt sind mit dem Heiligen Geist. Das ist ja ein fortlaufender Prozess, solange noch immer durch neue Geburt neue Gläubige hereinkommen. Das geht so lange, bis es hundervierundvierzigtausend sind (die volle – symbolische – Zahl, die Gott in seinem Plan festgelegt hat).

Und dann kommt das Ende. Jesus holt die Gemeinde weg, und wir sehen sie in der darauf folgenden Vision in Offb 7,9-17 als unzählbare Menge, als vollendete Gemeinde vor dem Thron Gottes. (Dass die unzählbare Menge aus 144.000 besteht, ist nur scheinbar ein Widerspruch: Gott kann sie zählen, Menschen können es nicht.)

Ich hoffe, du bist dabei …

Die neuen Sprachen

Die neuen Sprachen, in denen die am ersten Pfingstfest Versammelten redeten, sind ein bekannter Teil des Berichts über die erste Geistausgießung in Apg 2. Dass es sich dabei um reguläre Sprachen handelte und nicht um irgendein Stammeln oder Lallen, geht aus der Schilderung hervor.

Dass in älteren Übersetzungen von „Zungen“ die Rede ist, hat dazu beigetragen, dass man sich unter „Zungenrede“ manchmal auch recht eigenartige Dinge vorgestellt hat. Der Grund für den missverständlichen Ausdruck liegt darin, dass das griechische „gloosa“ sowohl die Bedeutung „Zunge“ als auch „Sprache“ hat. Übrigens hatte „Zunge“ in früheren Zeiten auch im Deutschen die Bedeutung „Sprache“. Leute „deutscher Zunge“ waren Deutschsprechende.

Dass diese Sprachen auch die weiteren Geistausgießungen in der Apostelgeschichte begleiteten, ist bekannt. Genauso bekannt sind auch die Verwirrungen und Auseinandersetzungen um diese Gabe, die es in Korinth gab und die Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde dort klären musste.

Weniger bekannt ist, dass sie auch an zwei weiteren Stellen in den Briefen auftauchen, nur unter einem anderen Namen. Paulus hat die Sprachengabe in 1 Kor 14 auch als „Beten im Geist“ bezeichnet, mit dem man sich selbst geistlich aufbauen kann. Und im Zusammenhang mit der geistlichen Waffenrüstung empfiehlt er dieses auch im Epheserbrief – Eph 6,18: „Bei allem Beten und Bitten betet bei jeder Gelegenheit im Geist, …“. Und auch im Judasbrief, Vers 20, wird es eindringlich ans Herz gelegt: „Ihr aber, Geliebte, baut euch auf in eurem heiligsten Glauben, indem ihr im Heiligen Geist betet!“

Das Beten im Geist bzw. in Sprachen war in der neutestamentlichen Gemeinde also wohl ein weiter verbreitetes und dauerhafteres Phänomen, als man gewöhnlich annimmt. Da in all diesen Briefstellen deutlich wird, dass dieses Reden in Sprachen in erster Linie eine Art des Gebets ist, habe ich in meiner Übersetzung des Neuen Testaments zur Unterscheidung von der normalen Sprache den Ausdruck „Gebetssprachen“ dafür eingeführt.

Erstaunlich ist allerdings, wenn man es sich genau überlegt, dass im Neuen Testament beim Auftreten dieser Gebetssprachen niemand darüber verwundert war – außer in Apg 2 darüber, dass man sie verstehen konnte. Auch hatte offensichtlich niemand das Bedürfnis, dieses Phänomen erklärt zu bekommen oder zu erklären. Ist das nicht merkwürdig?

Außer der Aussage, dass es eine Art des Gebets ist, finden wir nur in 1 Kor 14 nähere Angaben dazu. Ohne dieses Kapitel wüßten wir fast nichts darüber. Stellen wir einmal zusammen, was Paulus dort so nebenbei dazu gesagt hat:

14,2: „Wer in einer Gebetssprache spricht, spricht nicht für Menschen, sondern für Gott. Niemand hört ja zu; in (seinem) Geist sagt er geheimnisvolle Dinge.“

14,4: „Wer in einer Gebetssprache spricht, baut sich selber auf.“

14,5: „Ich will, dass ihr alle in Gebetssprachen sprecht, …“

14,14: „Wenn ich in einer Gebetssprache bete, betet ja mein Geist, mein Verstand ist aber unbeteiligt.“

14,15: „Ich will in (meinem) Geist beten, ich will auch im Verstand beten. Ich will in (meinem) Geist singen, ich will auch im Verstand singen.“

14,16: „Wenn du Gott preist im Geist, …“

14,17: „Du dankst zwar schön, …“

14,18: „Ich danke Gott, dass ich mehr als ihr alle in Gebetssprachen spreche.“

14,22: „Daher sind die Gebetssprachen als Zeichen nicht für die Glaubenden, sondern für die Ungläubigen, …“

14,28: „Für sich selbst soll er aber sprechen und für Gott.“

14,39: „… und hindert nicht das Sprechen in Gebetssprachen!“

Ich hoffe, wir verstehen, dass Paulus diese Gabe sehr schätzt und auch in diesem Kapitel in keiner Weise abqualifiziert. Er legt nur dar, dass in der versammelten Gemeinde die Prophetie einen höheren Wert hat als die Gebetssprachen. Nur in dem Fall, dass jemand sie übersetzen kann – eine weitere Geistesgabe – haben sie einen Nutzen zum Aufbau der anderen.

Doch noch einmal zurück zu der Beobachtung, dass sich beim Auftreten der Gebetssprachen nirgends Verwunderung darüber gezeigt hat. Es schien auch keine Notwendigkeit einer Erklärung dieses Phänomens zu geben. War es etwa schon bekannt? War es womöglich schon lange ein Bestandteil des prophetischen Redens? Es gibt vier Hinweise darauf:

1) Das hebräische Wort für Prophet heißt „nabí“. Es kommt von der Wortwurzel „nabá“. Dazu gibt es zwei Formen des Verbums. In der Nif’al-Form heißt es einfach „Prophet sein“, „prophetisch sprechen“ oder „als Prophet handeln“. Prophetisches Spechen meint hier die Weitergabe der zuvor von Gott empfangenen Worte. Aber in der Hitpa’el-Form meint das Verb in der frühen Zeit von Mose bis Samuel ein prophetisches Reden, das keine Worte Gottes weitergibt, sondern eher eine Art „Vor-sich-hin-Reden“ ist. Der Geist kommt über die Propheten, über ihre Schüler und auch über den König Saul, und sie reden prophetisch und hören nicht mehr damit auf. Es ist ein Zeichen für die Anwesenheit des Geistes und dafür, dass sie Propheten sind. „Ist jetzt auch Saul unter den Propheten?“ fragen die Leute. In späteren Zeiten haben diese beiden Verbformen ihren Unterschied in der Bedeutung dann leider verloren.

2) In Jes 28 spricht der Prophet Jesaja darüber, wie seine Gegner ihn verspotten, dass er ihnen nichts zu sagen habe. Und sie ihn zitieren mit „zawlazaw zawlazaw kawlakaw kawlakaw se’erscham se’erscham“. Das ist auf jeden Fall kein Hebräisch. Wenn Jesaja so gesprochen hat, wäre die einfachste Erklärung dafür die Art des unverständlichen prophetischen Redens, das auch die früheren Propheten schon hatten. Man hat Jesaja so reden gehört und ihn damit verspottet.

3) Jesus selbst hat mehrfach das Kommen des Geistes angekündigt, besonders betont wird das im Johannesevangelium. Und in diesen Zusammenhang lässt sich auch sein Wort an die Samariterin einordnen – Joh 4,23-24: „Aber es kommt eine Zeit, und es ist jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit. Und der Vater sucht ja solche, die ihn so anbeten. Gott ist Geist; und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Wir wissen ja schon, dass Beten im Geist das Beten in einer Gebetssprache meint. Es kommt also eine Zeit, in der Gott im Geist angebetet wird. Ab Pfingsten war dies der Fall. Und „Beten im Geist und in der Wahrheit“, passt das nicht zur Formulierung von Paulus „Beten im Geist und Beten im Verstand?“

4) Und dann findet man bei genauem Hinschauen an jenem ersten Pfingsttag doch noch eine Erklärung für die fremden Sprachen. Petrus zitiert als Erklärung dort den Propheten Joel – Apg 2,17-20 / Joel 3,1-5a:

„Und nach diesen Dingen wird es sein, sagt Gott: Ich werde ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen, und eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden. Eure jungen Leute werden Visionen sehen, eure Älteren werden Träume träumen. Auch auf meine Sklaven und auf meine Sklavinnen werde ich zu jener Zeit ausgießen von meinem Geist.“ – Und sie werden prophetisch reden! – „Ich werde Wunder geben am Himmel oben und Zeichen auf der Erde unten: Blut, Feuer und Rauchwolken. Die Sonne wird sich verändern zu Finsternis und der Mond zu Blut, bevor der Tag des Herrn kommt, der große und Ehrfurcht gebietende. Und es wird (so) sein: Jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden.“

Petrus zitiert hier den Propheten Joel wörtlich. Aber er fügt am Ende von Vers 18 einen eigenen Satz ein. Nachdem er die Auswirkungen des Heiligen Geistes zitiert hat, wiederholt er – sicherlich betont – für seine Zuhörer diese eine Aussage noch einmal: „Und sie werden prophetisch reden!“. So bringt Petrus zum Ausdruck, dass diese Sprachen dem prophetischen Reden entsprechen, das Joel für das gesamte Volk angekündigt hat. Also ist es für Petrus und seine Zuhörer klar, dass dieses prophetische Reden gegenüber dem Alten Testament nichts Neues ist. Im Gegenteil, auch hier findet sich im Neuen Testament eine Erfüllung des im Alten Verspochenen.

Wir können also annehmen, dass diese Art des Betens in der Prophetie Israels schon lange bekannt war. Und so ergibt sich auch wieder ein einheitliches Bild von Heiligem Geist und Prophetie in der ganzen biblischen Geschichte. Das Neue im neutestamentlichen Volk Gottes ist dann nur, dass alle Propheten sind.

Und für manche von uns mag das vielleicht auch heute noch neu sein …

Heiligen Geist bekommen

In meinem letzten Beitrag habe ich die Ankündigung des Geistes im Alten und Neuen Testament dargestellt. In einem früheren Beitrag hatte ich besprochen, warum wir nicht „den“ Heiligen Geist haben, sondern „nur“ Heiligen Geist haben. Auch über die Frage, was es heißt, Im Geist zu sein, hatte ich schon viele Bibelstellen zusammengestellt. Dazwischen fehlt jetzt noch das Thema: „Heiligen Geist bekommen“.

Auch hier gilt in der griechischen Ausdrucksweise wieder die Differenzierung, dass der einzelne Christ nicht „den Heiligen Geist“ bekommt. Er bekommt „Heiligen Geist“ als Anteil am Heiligen Geist. Zunächst ist die Apostelgeschichte dafür das maßgebende Buch. Hier schildert Lukas nämlich in etlichen Fällen, wann und wie Menschen Heiligen Geist bekommen.

Der Start ist bekanntermaßen das Kommen des Geistes auf die ganze damalige versammelte Gemeinde an jenem Pfingstfest – Apg 2. Achten wir auch gleich auf die unterschiedlichen Formulierungen: Der Geist „kam“ und „erfüllte“ das Haus. Und dann erschien etwas wie Feuerzungen und „setzte sich“ auf jeden von ihnen, und sie wurden von Heiligem Geist „erfüllt“.

Erst Petrus nennt das Geschehen in seiner erklärenden Rede an die Zusammengelaufenen dann ein „Ausgießen“, und zwar anhand der Prophetie von Joel. Allerdings spricht er aber erst über Jesus, dass er der Messias ist. Und als sie – tief getroffen – bereit sind, sich zu bekehren, fordert er sie zunächst zur Taufe im Wasser auf. Daran anschließend sagt er, dann würden sie auch „das Geschenk des Heiligen Geistes bekommen“.

Lukas erzählt uns an dieser Stelle nicht weiter, wie die damaligen Zuhörenden dieses Geschenk dann konkret bekommen haben. Aber in späteren Fällen gibt er wieder Schilderungen davon.

In Kapitel 5 kommen durch Philippus viele Leute in Samaria zum Glauben, also hauptsächlich Samariter. Davon hören die Gesandten in Jerusalem und schicken Petrus und Johannes dorthin. Lukas erzählt: „Als die zu ihnen hinabkamen, beteten sie für sie, dass sie Heiligen Geist bekämen. Der war nämlich noch auf niemanden von ihnen gefallen. Sie waren nur untergetaucht worden in den Namen von Jesus, dem Herrn. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie bekamen Heiligen Geist.“ Wir haben also auch hier die Ausdrücke „fallen auf“ und „bekommen“. In der Auseinandersetzung mit dem Magier Simon heißt es dann auch noch, dass der Geist „gegeben wird“. Und Petrus spricht wieder vom „Geschenk Gottes“.

In Apg 9 erzählt uns Lukas die Bekehrung von Paulus. In Damaskus kommt der Jünger Hananias im Auftrag des Herrn zu dem erblindeten und fastenden Paulus. Und er sagt zu ihm: „Saul, Bruder! Der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf dem Weg, den du gekommen bist, damit du wieder sehen kannst und von Heiligem Geist erfüllt wirst.“ Auch hier schildert uns Lukas nicht, wie dieses „Erfülltwerden“ dann ausgesehen hat.

In Apg 10, während Petrus dem Römer Cornelius und seiner Hausgemeinde in Cäsarea die Botschaft verkündete, da „fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen von den Beschnittenen, die mit Petrus gekommen waren, waren fassungslos, weil auch auf die Nichtjuden das Geschenk des Heiligen Geistes ausgegossen war. Denn sie hörten, dass sie in Gebetssprachen sprachen und Gott rühmten. Daraufhin sprach Petrus laut aus: „Kann denn jemand das Wasser verwehren, dass diese nicht untergetaucht werden, die den Heiligen Geist empfangen haben genau wie wir?“ In wenigen Zeilen haben wir hier die drei Ausdrücke „fiel auf“, „ausgegossen“ und „empfangen“.

In Apg 11 musste sich Petrus in Jerusalem dann noch dafür rechtfertigen, dass er Nichtjuden getauft hatte. Dabei sagte er: „Und als ich begonnen hatte zu sprechen, fiel der Heilige Geist auf sie, wie am Anfang auch auf uns. Ich wurde an das Wort des Herrn erinnert: ‚Johannes hat untergetaucht mit Wasser, ihr aber werdet untergetaucht werden in Heiligem Geist.‘ Wenn Gott ihnen dasselbe Geschenk gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn, Jesus den Messias, glauben, hätte jemand wie ich dann vielleicht Gott davon abhalten sollen?“ Petrus sagt, der heilige Geist „fiel auf sie“ und Gott hat ihnen dasselbe „Geschenk gegeben“.

Und er begründete es auch mit der Erinnerung an das Wort von Jesus, sie würden „untergetaucht werden in Heiligem Geist“. Er bestätigt hier also, das das hier geschehene Empfangen des Geistes die Erfüllung der angekündigten Geisttaufe ist. Und die Verbindung zur ersten Geistausgießung an Pfingsten stellt er her mit der zweimaligen Formulierung „wie auf uns“. Es ist hier also geschehen, was Jesus angekündigt hat und die Jerusalemer an Pfingsten als Erste erlebt haben.

Und dann das denkwürdige Ereignis in Ephesus als Paulus dort einige Jünger traf – Apg 19:

Er sagte zu ihnen: „Habt ihr Heiligen Geist bekommen, als ihr zum Glauben gekommen seid?“ Sie (antworteten) ihm: „Aber wir haben nicht einmal davon gehört, dass es Heiligen Geist (für uns) gibt!“ Er sagte: „In was seid ihr denn untergetaucht worden?“ Sie sagten: „In die Taufe des Johannes.“ Paulus sagte: „Johannes hat untergetaucht mit einer Taufe der Sinnesänderung und dem Volk gesagt, dass sie an den glauben sollten, der nach ihm kommt, das heißt, an Jesus.“ Als sie das hörten, ließen sie sich untertauchen in den Namen von Jesus, dem Herrn. Und als Paulus ihnen die Hände auflegte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Gebetssprachen und sprachen prophetisch.“

Von hier an wendet sich Lukas in der Apostelgeschichte anderen Ereignissen zu, und das Thema „Heiligen Geist bekommen“ taucht nicht mehr auf. Wir dürfen annehmen, dass er es, nachdem er es ein paar Mal beschrieben hat, einfach auch als bekannt voraussetzt.

Aber wir sind damit noch nicht fertig. In den Briefen des Neuen Testaments gibt es nämlich im Rückblick noch etliche Erwähnungen dazu. Die Geschwister haben alle Heiligen Geist bekommen, und man erfährt auch, was es bedeutet.

Etwas indirekt in 1 Thess 1,6: „Ihr … habt das Wort angenommen unter viel Bedrängnis mit Freude des Heiligen Geistes.“ Die Freude des Heiligen Geistes setzt voraus, dass sie Heiligen Geist bekommen haben.

1 Kor 2,12: „Und wir haben nicht den Geist der Welt bekommen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen sollen, was uns von Gott geschenkt ist.“

1 Kor 12,13: „Denn in einem Geist sind auch wir alle in einen Leib getaucht worden, seien wir Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie. Alle sind wir mit einem Geist getränkt worden.“

Man beachte hier die Ausdrücke „tauchen“ und „tränken“. Mit dem Eintauchen im Geist geschieht gleichzeitig das Eintauchen in den Leib. Der Leib des Messias ist die Gemeinde. Und im Eintauchen wird man mit Geist „getränkt“ – das geht durch und durch.

2 Kor 1,21: „Es ist Gott, der uns samt euch festigt auf den Messias hin, der uns gesalbt hat, der uns versiegelt hat, der als Anzahlung den Geist gegeben hat, der in unseren Herzen ist.“

Hier sind drei Ausdrücke für dieselbe Sache. Mit Heiligem Geist „salben“, das ist der alttestamentliche Ausdruck, der vom Bild des Öls herkommt. Daher ist ja auch Jesus der „Gesalbte“ – der Messias – nicht mit Öl, sondern mit Heiligem Geist. „Versiegeln“ mit Heiligem Geist, das kommt vom Bild des Siegels. Mit einem Siegel wird offiziell das Besitz- bzw. Zugriffsrecht an einer Sache geklärt. Niemand anderer hat Zugriff darauf. Und schließlich sagt Paulus, dass der Geist „als Anzahlung gegeben“ wird, also als Vorausgabe für etwas noch viel Größeres.

Gal 3,2+3: „Nur das will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist durch das Tun des Gesetzes bekommen oder durch die Nachricht vom Glauben? Seid ihr so unverständig, dass ihr, die ihr mit Geist angefangen habt, es jetzt mit menschlichem Tun ‚vollendet‘?“

Gal 4,6: „Weil ihr Söhne und Töchter seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der laut ruft: ‚Papa! Vater!'“

Röm 8,15: „Ihr habt ja keinen Geist der Versklavung bekommen, wieder auf Angst hin, ihr habt vielmehr einen Geist der Kindschaft bekommen, in dem wir rufen: ‚Papa! Vater!’“

Eph 1,13+14: „In ihm wurdet ihr auch, als ihr zum Glauben kamt, versiegelt mit dem versprochenen Heiligen Geist, der eine Anzahlung unseres Erbes ist auf die erworbene Erlösung hin, zum Lob seiner Herrlichkeit.“

2 Tim 1,7: „Gott hat uns doch keinen Geist von Furchtsamkeit gegeben, sondern von Kraft und Liebe und klarem Denken.“

1 Joh 3,24: „Wer seine Gebote hält, bleibt in ihm und er in ihm. Und daran erkennen wir, dass er in uns bleibt: an dem Geist, von dem er uns gegeben hat.“ Und 1 Joh 4,13: „Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns: dass er uns von seinem Geist gegeben hat.“

Hebr 6,4: „… die das Geschenk des Himmels geschmeckt haben, die Teilhaber am Heiligen Geist geworden sind, …“

Wir sehen also, dass „Heiligen Geist bekommen“ für das Christsein konstituiv ist. Das ganze Leben im Geist als Einzelner und als Gemeinde beruht darauf.

An der Vielgestaltigkeit der Ereignisse und der Begriffe zeigt sich auch deutlich, dass „Heiligen Geist bekommen“ im Neuen Testament nichts mit einem festgelegten Ritual zu tun hat, schon gar nichts mit einem Sakrament der „Firmung“. Es ist offensichtlich: Der Heilige Geist im Leben des Christen und der Gemeinde ist lebendige Realität.

Wenn nicht, muss man sich fragen …

Die Ankündigung des Geistes

Als der Heilige Geist an jenem ersten Pfingstfest ausgegossen wurde, war das weder Überraschung noch Zufall. Die Ankündigung des Geistes ist ein zentrales biblisches Thema. Petrus hat damals ja auch gleich den Propheten Joel zitiert, um zu erklären, was gerade geschah.

Hören wir, was der Prophet Joel gesagt hat – Joel 3,1-2: „Ich werde ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen, und eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch sprechen. Eure Älteren werden Träume träumen, und eure jungen Leute werden Visionen sehen. Auch auf die Sklaven und auf die Sklavinnen werde ich zu jener Zeit ausgießen von meinem Geist.“

Joel spricht von einer zukünftigen, neuen Zeit. Im Unterschied zur alttestamentlichen Zeit Israels, in der immer nur einzelne Menschen den Geist Gottes empfingen, sollte in einer neuen Zeit das ganze Volk Gottes – „alle Menschen“ – den Geist empfangen. Dass auch alle Töchter und sogar Sklavinnen den Geist empfangen würden, war damals ein absolut revolutionärer Gedanke. Die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Frauen in der neutestamentlichen Gemeinde ist hier schon angesagt.

Die Ankündigung des Geistes hatte es auch schon bei Jesaja gegeben. Jes 44,3: „Ja, ich werde Wasser ausgießen auf Durstiges, Bäche auf Ausgetrocknetes, ich werde meinen Geist ausgießen auf deine Nachkommen, meinen Segen auf deine Abkömmlinge.“

Der Prophet Hesekiel war ein Zeitgenosse des Propheten Jeremia. Diese beiden Propheten mussten den Untergang des alten Königreichs Israel miterleben und im Auftrag Gottes erklären. Das alte System Israels war aufgrund von geistlichem und moralischem Bankrott dem Gericht Gottes verfallen. Aber beide Propheten schauten auch eine neue Zeit, die Gott für seine Leute heraufführen würde. Jeremia schaute eine neue Bestimmung Gottes, dass er seine Gesetze in ihr Herz geben würde. Auch von Hesekiel kommt eine Ankündigung des Geistes. Er sah dasselbe wie Jeremia und auch, wie Gott das tun würde:

Hes 11,19: „Ich will ihnen ein anderes Herz geben, einen neuen Geist will ich geben in ihnen. Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Fleisch und ihnen ein menschliches Herz geben.“

Um zu verdeutlichen, was für einen „neuen Geist“ Gott „in ihnen“ geben würde, hat er es auch wiederholt und verdeutlicht – Hes 36,26-27: „Ich will euch ein neues Herz geben, einen neuen Geist will ich in euch geben. Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus eurem Fleisch und euch ein menschliches Herz geben. Meinen Geist will ich in euch geben und machen, dass ihr in meinen Grundsätzen geht und meine Urteile einhaltet und ausführt.“

Der Heilige Geist Gottes würde es sein, der die Herzensveränderung der Menschen bewerkstelligen würde. Und Herzensveränderung ist dann ja auch das Thema des Neuen Testaments.

Johannes der Täufer war der letzte und wichtigste der alttestamentlichen Propheten. So hat Jesus es gesagt. Er hatte die unmittelbar bevorstehende neue Zeit anzusagen – Mt 3,2: „Seid bereit euch zu ändern! Denn das Königreich der Himmel ist nahegekommen.“

Diese Botschaft war die Vorbereitung auf etwas, das nach ihm kommen würde. Mt 3,11 / Mk 1,7-8: „Ich tauche euch unter in Wasser zu einer Sinnesänderung. Nach mir kommt aber der, der stärker ist als ich. Für den bin ich nicht genug, dass ich mich bücke, um die Riemen seiner Sandalen aufzubinden und sie wegzutragen. Ich habe euch untergetaucht im Wasser, er wird euch untertauchen in Heiligem Geist und Feuer.“

So, wie er die Leute ins Wasser tauchte, würde nach ihm der kommen, der Menschen in Heiligen Geist taucht. Und die Wirkung des Geistes erklärt er mit dem Bild des Feuers. Wasser bringt Abkühlung und Reinigung, Feuer bringt Wärme und Licht.

Jesus selbst empfing nach seiner Taufe bei Johannes am Jordan den Heiligen Geist als Salbung und Ausrüstung zu seinem Dienst. Für die anderen blieb aber auch er noch bei der Ankündigung des Geistes. Besonders das Johannesevangelium berichtet an einigen Stellen darüber.

Gegenüber Nikodemus – Joh 3,5-8: „Amen, Amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineingehen. Was aus dem Körper geboren wird, ist Körper, was aus dem Geist geboren wird, ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: ‚Ihr müsst von neuem geboren werden!‘ Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Geräusch. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“

Gegenüber der Samariterin am Jakobsbrunnen unter dem Bild des Wassers – Joh 4,14: „Wer von dem Wasser trinkt, von dem ich ihm geben will, wird bis in Ewigkeit keinen Durst mehr haben. Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird vielmehr in ihm eine Wasserquelle werden, sprudelnd in ewiges Leben.“

Gegenüber den Menschen in Jerusalem – Joh 7,37-39: „Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken! (Bei dem,) der an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, werden Ströme lebendigen Wassers aus seinem Leib fließen.“ Und Johannes verdeutlicht: „Das sagte er über den Geist, den die bekommen sollten, die an ihn glauben würden. Es war ja noch kein Geist da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“

Gegenüber seinen Jüngern in der Abschiedsrede – Joh 14,16-17: „Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Helfer geben, damit er bis in Ewigkeit bei euch sei. (Das ist) der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht bekommen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“

„Der Helfer, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,16)

„Wenn der Helfer kommt, den ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird als Zeuge über mich aussagen.“ (Joh 15,26)

“ Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch führen mit der reinen Wahrheit. Er wird nichts von sich aus sagen, sondern was er hören wird, wird er sagen, und das Kommende wird er euch berichten.“ (Joh 16,13)

Und auch das, was Jesus nach seiner Auferstehung gesagt hat, muss man noch als prophetische Ankündigung verstehen. Joh 20,22-23: Nachdem er das gesagt hatte, blies er sie an und sagte ihnen: „Ihr bekommt Heiligen Geist. Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben. Welchen ihr sie festhaltet, denen sind sie festgehalten.“

Auch die Apostelgeschichte beginnt zuerst noch einmal mit der Ankündigung des Geistes. Apg 1,4-5: „Er hielt sie zusammen und befahl ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern auf das vom Vater Versprochene zu warten: ‚(Es wird das sein,) was ihr von mir gehört habt: Johannes hat mit Wasser untergetaucht, ihr aber werdet im Heiligen Geist untergetaucht werden, nicht viele Tage nach diesem.’“

Wir sehen also, dass vom Alten Testament her nicht nur der Messias angekündigt war mit seinem Sühnetod am Kreuz und seiner Auferstehung. Auch der heilige Geist war angekündigt. Und beides hängt ja aufs engste zusammen. Erst braucht der Mensch Vergebung und Reinigung von der Sünde, dann kann er Heiligen Geist empfangen als Kraft eines neuen Lebens.

Und bis zum Schluss bleibt es dabei. Offb 22,17: „Und der Geist und die Braut sagen: ‚Komm!‘ Wer es hört, soll sagen: ‚Komm!‘ Und wer Durst hat, soll kommen. Wer will, soll Wasser des Lebens bekommen – geschenkt!“

Im Geist

Im Geist – das ist ein Ausdruck im Neuen Testament, den ich oft gesehen, aber auch irgendwie überlesen habe. Vermutlich, weil ich mir nicht so viel darunter vorstellen konnte. Am Anfang der Offenbarung z. B. schreibt Johannes: „Am Tag des Herrn war ich im Geist.“ Und dieser Ausdruck taucht bei genauem Hinsehen sehr oft im Neuen Testament auf.

Dieses Phänomen des geistlichen Lebens war offenbar allgemein bekannt. Denn es wird zwar genannt, aber niemand fand es für nötig, es zu erklären. Und dann muss es mit der Zeit im Zuge der Verkirchlichung aus dem christlichen Bewusstsein verschwunden sein. Ich erinnere mich auch nicht, je eine Auslegung oder Erklärung darüber gehört oder gelesen zu haben. Andererseits scheint es im Neuen Testament eine zentrale Bedeutung zu haben. Und wir sollten alles daransetzen, es wieder für uns zu gewinnen.

Ich will jetzt auch nicht irgendwelche eigenen Gedanken dazu schreiben. Ich will vielmehr erst einmal als Grundlegung in chronologischer Reihenfolge die Stellen aufführen, an denen es im Neuen Testament vorkommt. Dabei ist deutlich, dass es sich dabei nicht um eine Aussage über den menschlichen Geist handelt. Denn an einigen Stellen heißt es ausdrücklich „im Heiligen Geist“ oder „im Geist Gottes“. Und hier die Bibelstellen:

Lk 2,27 – Simeon: „Im Geist kam er auf das Tempelgelände, als auch die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um das vom Gesetz her Gewohnte mit ihm zu tun. Und er nahm es in die Arme und pries Gott …“

Lk 4,1 – Jesus: „Jesus, erfüllt von Heiligem Geist, wandte sich ab vom Jordan und ließ sich im Geist führen in der Wüste …“

Joh 4,23-24: „Aber es kommt eine Zeit, und es ist jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit. Und der Vater sucht ja solche, die ihn so anbeten. Gott ist Geist; und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“

Lk 10,21 – Jesus: „Zu dieser Zeit jubelte Jesus im Heiligen Geist: ‚Ich lobe dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du diese Dinge verborgen hast vor Weisen und Einsichtigen und enthüllt hast für Unmündige! Ja, Vater, so war es beschlossen bei dir.'“

Mt 12,28 – Jesus: „Wenn ich aber im Geist Gottes die dämonischen Geister hinauswerfe, ist offenbar das Reich Gottes zu euch gekommen.“

Mk 12,36 – David: „Er selbst, David, hat im Heiligen Geist gesagt: ‚Der Herr hat meinem Herrn gesagt: Sitz an meiner rechten Seite, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße!'“

1 Thess 1,4-5 – Paulus und seine Mitarbeiter: „Wir wissen, von Gott geliebte Geschwister, wie es war, als ihr ausgewählt wurdet, dass unsere Botschaft nicht nur in Worten zu euch kam, sondern auch in Kraft, im Heiligen Geist und in großer Überzeugung.“

Apg. 18,25 – Apollos: „Der unterrichtete den Weg des Herrn, sprach sprudelnd im Geist und lehrte die Dinge über Jesus genau, er kannte aber nur die Taufe des Johannes.“

Apg 19,21 – Paulus: „Nachdem diese Dinge ausgeführt waren, stellte Paulus im Geist (den Plan) auf, durch Mazedonien und Achaia zu gehen, und danach nach Jerusalem zu fahren. Und er sagte: „Wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen!“

1 Kor 12,3: „Niemand, der im Geist Gottes spricht, sagt: ‚Verflucht ist Jesus!‘ Und niemand kann sagen ‚Herr ist Jesus!‘, außer im Heiligen Geist.“

1 Kor 14, 16: „Wenn du Gott preist im Geist, wie soll der, der den Platz des Unwissenden ausfüllt, das Amen sagen auf deinen Dank, nachdem er nicht weiß, was du sprichst?“

2 Kor 6,3-6 – Paulus: „Wir geben niemandem mit nichts einen Anstoß, damit der Dienst nicht in Verruf kommt, sondern beweisen uns in allem als Gottes Diener: in großer Ausdauer, in Bedrängnissen, in Zwangslagen, in Notlagen, in Schlägen, in Inhaftierungen, in Unruhen, in Mühen, in Schlaflosigkeit, in Fasten, in Reinheit, in Erkenntnis, in Geduld, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, …“

Röm 2,28-29: „Nicht der ist nämlich ein Jude, der es im Sichtbaren ist, und nicht das am Körper Sichtbare ist Beschneidung. Vielmehr ist der ein Jude, der es im Verborgenen ist, und er hat Beschneidung des Herzens im Geist, nicht mit Buchstaben. Dessen Lob kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“

Röm 8,8-9: „Die nach der menschlichen Natur leben, können Gott nicht gefallen. Ihr aber lebt nicht nach der menschlichen Natur, sondern im Geist, wenn denn Geist Gottes in euch wohnt.“

Röm 9,1-2 – Paulus: „Wahrheit sage ich im Messias, ich lüge nicht, mein Gewissen bestätigt es mir im Heiligen Geist, dass ich große Trauer und unablässigen Schmerz in meinem Herzen habe. …“

Röm 12,11: „Im Geist – seid sprudelnd!“

Röm 14,17: „Das Reich Gottes ist doch nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“

Röm 15,16: „… ein Diener des Messias, Jesus, für die Nichtjuden zu sein, indem ich Priesterdienst tue mit der Botschaft Gottes, damit die Nichtjuden als Opfergabe willkommen sind, heilig geworden im Heiligen Geist.“

Eph 2,21-22: „In ihm wird das ganze Bauwerk zusammengefügt und wächst zu einem heiligen Tempelhaus im Herrn, in dem auch ihr mit aufgebaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist.“

Eph 3,5: „Dieses wurde den Menschenkindern in anderen Generationen so nicht bekannt gemacht, wie es jetzt seinen heiligen Gesandten und Propheten enthüllt wurde im Geist: …“

Eph 5,18: „Betrinkt euch auch nicht mit Wein, darin ist Zügellosigkeit, lasst euch vielmehr füllen im Geist: …“

Eph 6,18: „Bei allem Beten und Bitten betet bei jeder Gelegenheit im Geist und wacht dazu mit Dranbleiben und Bitten über alle Heiligen!“

Judas 20: „Ihr aber, Geliebte, baut euch auf in eurem heiligsten Glauben, indem ihr im Heiligen Geist betet!“

1 Pe 1,12: „… durch die, die euch die Botschaft brachten im Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt wurde.“

Offb 1,10 – Johannes: „Am Tag des Herrn war ich im Geist. Und ich hörte hinter mir eine gewaltige Stimme wie ein Hornsignal: …“

Offb 4,2: „Sogleich war ich im Geist.“

Offb 17,3: „Und im Geist brachte er mich weg in eine Wüste.“

Offb 21,10: „Und im Geist brachte er mich weg auf einen großen und hohen Berg, und er zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, die von Gott aus dem Himmel herabkam: …“

Die Frucht des Geistes

Die Frucht des Geistes beschreibt Paulus in Gal 5,22-23. Ich zitiere den Satz zunächst einmal aus der Lutherübersetzung. Ich lasse aber die Satzzeichen weg, die es ursprünglich sowieso nicht gab: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe Freude Friede Geduld Freundlichkeit Güte Treue Sanftmut Keuschheit“.

Es hat aufgrund dieser Stelle schon mancherlei Lehren über die neun Früchte des Geistes gegeben. Mit einer alternativen Zeichensetzung gibt es aber eine andere und stimmigere Sichtweise dieses Satzes. Ausgangspunkt dazu ist die Tatsache, dass im Griechischen nicht von „Früchten“, sondern von „Frucht“ die Rede ist. Es ist kein Plural, sondern Singular. Der Satz heißt dann am Anfang zunächst: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe“. Das passt gleich mal zum neuen Gebot, dem Liebesgebot, von Jesus. Und es passt zur Aussage von Paulus, dass die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist durch heiligen Geist.

Was ist dann der Rest? Das sind verschiedene Ausgestaltungen dieser einen Frucht „Liebe“. Und der Vers heißt dann mit entsprechenden Satzzeichen so: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.“ Das alles gehört zur Liebe. Es geht also nicht um neun Früchte des Geistes, sondern um acht Konkretionen der Liebe.

Die letzte dieser acht Ausgestaltungen der Liebe, die Luther mit „Keuschheit“ wiedergegeben hat, war mancherlei Übersetzungsversuchen ausgesetzt. Man liest da auch „Enthaltsamkeit“, „Besonnenheit“ oder vielleicht sogar „Disziplin“. Das griechische Wort „enkráteia“ meint von der Grundbedeutung her so etwas wie „sich zusammennehmen“.

Es gibt eine Parallelstelle, in der Paulus dieses Wort in Verbform benutzt hat. Von ihr her bin ich auf einen anderen Begriff gekommen, den ich nun benutze – 1 Kor 9,25: „Jeder, der kämpft, verzichtet aber auf alles; jene, damit sie dann einen vergänglichen Siegeskranz bekommen, wir aber einen unvergänglichen.“

Dieses Enthalten von unnötigen Dingen nennen wir im Deutschen heute doch wohl am ehesten „Verzicht“. Der Satz im Galaterbrief heißt dann in meiner Übersetzung: „Die Frucht des Geistes ist aber Liebe: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftheit, Verzicht.“

Mit diesen Konkretionen der Liebe darf man sich gerne auch mal prüfen, wie es bei einem selbst damit so steht. Und wenn der Satan wieder einmal etwas anbietet, um uns vom Wesentlichen abzulenken oder zu verführen, dann gibt es eine wunderbare Möglichkeit, darauf zu reagieren: Wir verzichten.

Das Thema „Verzicht“ taucht auch an einer eher unerwarteten Stelle auf, nämlich in einer evangelistischen Verkündigung – Apg 24,24-25: „Nach einigen Tagen kam Felix mit Drusilla, seiner Frau, die Jüdin war, ließ Paulus holen und hörte ihn an über den Glauben an den Messias Jesus. Als (Paulus) aber über Gerechtigkeit, Verzicht und das kommende Gericht sprach, wurde Felix voller Furcht und antwortete: ‚Für jetzt geh! Wenn ich eine Gelegenheit bekomme, will ich dich zu mir rufen lassen‘.“

Felix, ein heidnischer Römer, hört Paulus an, der über den Glauben an Jesus den Messias spricht. In diesem Zusammenhang thematisiert Paulus dann auch die Themen „Gerechtigkeit“, „Verzicht“ und „das kommende Gericht“. Das ist für unsere modernen Ohren durchaus ungewohnt – in einer evangelistischen Verkündigung. Aber Paulus war offensichtlich darauf aus, einem Interessierten das ganze Christenleben mit allen seinen Aspekten zu erklären. Der sollte ja schließlich wissen, was auf ihn zu käme, wenn er Christ würde. Und unter anderem erklärte Paulus ihm, dass er in diesem Fall sicherlich auf einiges würde verzichten müssen …

Heiligen Geist haben

Heiligen Geist haben, das ist nach dem Neuen Testament eine Grundfrage bzw. ein Grundprinzip im Christenleben.

Röm 5,5: „Und die Hoffnung enttäuscht nicht. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Als ich einmal die Übersetzung dieses Verses bearbeitete, fiel mir eine alte Diskussionen wieder ein, in die ich vor vielen Jahren verwickelt war. Es ging darum, ob Christen den Heiligen Geist haben oder ob es nicht hochmütig sei, zu sagen, man „habe“ ihn. Das würde wie ein Besitz klingen, und das sei unangemessen.

Paulus sagt: „Heiliger Geist ist uns gegeben.“ Das angesprochene Problem kann man lösen, wenn man Folgendes beachtet: Im Griechischen des Neuen Testaments gibt es zwei Arten, davon zu sprechen. Diese Unterscheidung wird in deutschen Bibelübersetzungen in der Regel nicht beachtet. Die neutestamentlichen Autoren schreiben zum einen „der Heilige Geist“, also mit Artikel, zum anderen „Heiliger Geist“ ohne Artikel. „Der Heilige Geist“ heißt es immer dann, wenn es sich um die göttliche Person handelt. Die göttliche Person ist die Gesamtheit des Geistes, das handelnde oder redende Subjekt. „Heiliger Geist“ ist im Unterschied dazu das, was wir von Gott bekommen. Wir bekommen einen Anteil am Geist, eine Anzahlung oder Erste Frucht vom Heiligen Geist.

In diesem Sinne haben wir also nicht „den Heiligen Geist“, den können wir nicht haben oder besitzen. Er kann höchstens uns haben oder besitzen, was im Christenleben ja der Normalzustand sein sollte. In diesem Zustand haben wir dann aber „Heiligen Geist“. Wir haben ein Geschenk Gottes, uns gegeben, durch das auch Jesus und der Vater in uns wohnen und wir „in Christus“ bzw. „im Messias“ sind.

Von dieser Redeweise her erhellt sich auch der Sinn jener eigentümlichen Geschichte, die uns in Apg 19,1-2 berichtet wird: Während Apollos in Korinth war, geschah es, dass Paulus durch die höher gelegene Gegend ging, hinunter nach Ephesus kam und (dort) einige Jünger traf. Er sagte zu ihnen: „Habt ihr Heiligen Geist bekommen, als ihr zum Glauben gekommen seid?“ Sie zu ihm: „Aber wir haben nicht einmal davon gehört, dass es Heiligen Geist (für uns) gibt!“

Für Paulus ist es offensichtlich eine sehr wichtige Frage, dass Menschen Heiligen Geist bekommen, wenn sie zum Glauben kommen. Die Antwort jener Jünger ist dann nicht, dass sie noch nie etwas von ihm gehört haben. Das geht ja von der ganzen biblischen Botschaft her gar nicht. Sie haben vielmehr als Johannesjünger noch nicht gehört, dass jetzt die Zeit da ist, in der es Heiligen Geist gibt. Gemeint in dem Sinne, dass man ihn bekommen kann, wenn man im Glauben an Jesus sein Leben auf Gott ausrichtet.

Ich weiß noch, wie hilfreich ich es empfunden habe, als ich diesen Unterschied in der Redeweise entdeckt und verstanden habe. Ich denke, es war David Pawson, durch den ich in einem seiner Bücher darauf aufmerksam geworden bin.

Der Messias

Der Messias ist der von Gott eingesetzte König und Herrscher. Das hebräische Wort heißt „Maschíach“. Wenn der Grieche das auszusprechen oder zu schreiben versucht, wird es zu „Messias“. Ins Griechische übersetzt heißt es „christós“, was die Lateiner dann mit „Christus“ als Fremdwort übernommen haben. Auf Deutsch heißt es „Gesalbter“. Es ist eigentlich ein Adjektiv, zu dem man sinngemäß das Substantiv „König“ ergänzen muss: „gesalbter König“.

Wir erinnern uns, wie schon der Prophet Samuel zuerst Saul und später David zum König salbte. Diese Salbung geschah mit Öl, wobei „Öl“ in der Bibel immer Olivenöl ist. „Salbung“ ist eigentlich eine verharmlosende Übersetzung, denn man schüttete das Öl auf den Kopf, und es lief überall runter.

Das Öl hat die symbolische Bedeutung des Heiligen Geistes. Die Salbung bedeutet die Verleihung des Heiligen Geistes, den der im Auftrag Gottes Gesalbte zur Ausübung seiner Aufgabe braucht. Die Salbung war das Zentrum des Rituals bei der Einsetzung des Königs in Israel. Und der König war der (von Gott) „Gesalbte“ bzw. der „Messias“.

Wir lesen es in Psalm 2, Vers 2: „Die Könige der Erde haben sich aufgestellt, die Obersten haben sich versammelt gegen den Herrn und gegen seinen Messias.“ In dem Psalm geht es um den Tag der Einsetzung des neuen Königs. Gegen ihn erhebt sich in der Nachbarschaft Israels offensichtlich von Anfang an bittere Feindschaft. Aber wenn es Gottes König ist, dann geht diese Feindschaft nicht nur gegen den König. Sie geht auch gegen Gott, der ihn eingesetzt hat. Die Einsetzungsworte sind, Vers 7: „Mein Sohn bist du heute, ich habe dich geboren, bitte von mir!“

Zu Zeiten des Neuen Testaments wartete man in Israel dringend auf den Messias. Das lag daran, dass die von Gott eingesetzte Königslinie der Nachkommen Davids schon ein paar Jahrhunderte nicht mehr an der Regierung war. Alles andere, was man als „König“ erlebte, wie zum Beispiel Herodes, entsprach nicht dem, was man von einem König erwartete, der das Königreich Israel als „Königreich Gottes“ wieder aufrichten sollte.

Kein Wunder, dass die Leute wie elektrisiert waren, als Johannes der Täufer mit der Botschaft auftrat: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen!“ Wenn das Reich Gottes nahe ist, dann ist auch der Messias nahe. Nachdem Johannes zuerst abstreiten musste, selbst der Messias zu sein, kam dann Jesus zu ihm an den Jordan. Er, der die Taufe zur Sündenvergebung nicht nötig gehabt hätte, ging trotzdem ins Wasser. Wo andere die Sünden abgaben, nahm er sie auf sich und wurde zum „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt“. So sagte es Johannes dann über ihn aus.

Als Jesus im Wasser wieder aufstand, kam der heilige Geist vom Himmel herab auf ihn. Diese Geschichte war mir lange Zeit wohlbekannt, bis ich endlich die eigentliche Bedeutung begriff: dass hier der Messias gesalbt wurde. Nicht mit Öl, dem Symbol, wurde er gesalbt, sondern mit dem Original, dem Heiligen Geist. Und nicht von einem Propheten oder Priester wurde er gesalbt, sondern von Gott selbst, direkt aus dem Himmel herab. Dann wundert einen auch die Stimme nicht mehr, die aus dem Himmel kam: „Du bist mein Sohn, der Geliebte, an dem ich Gefallen habe.“

Ab hier ist Jesus im eigentlichen Sinne der Messias. Er hat nach einer Zeit des Fastens dann seinen Dienst angetreten, um das Werk Gottes auszuführen, das bis heute noch nicht zu Ende ist. Erst mit der Ausrüstung des Heiligen Geistes hat Jesus die Zeichen und Wunder getan, die die Bestätigung seines Auftrags von Gott waren.

Johannes der Täufer, der es miterlebte, hat es hinterher als Zeuge bestätigt – Joh 1, 32-34: Johannes sagte als Zeuge aus: „Ich habe gesehen, dass der Geist wie eine Taube aus dem Himmel herabkam und auf ihm blieb. Ich kannte ihn nicht, aber der, der mich gesandt hat, Menschen ins Wasser zu tauchen, der hatte mir gesagt: ‚Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der Menschen in Heiligen Geist taucht.‘ Und ich habe es gesehen und sage als Zeuge aus: Er ist der Sohn Gottes.“

Das Reich Gottes entfaltete sich dann aber anders, als die Menschen es erwarteten. Das gehört zum Thema: „Unterschiede zwischen den Gedanken Gottes und denen der Menschen“. Aber diesen Unterschied zu erkennen, daran haben wir auch in der Nachfolge von Jesus bis heute zu tun …