In meinem letzten Beitrag habe ich die Ankündigung des Geistes im Alten und Neuen Testament dargestellt. In einem früheren Beitrag hatte ich besprochen, warum wir nicht „den“ Heiligen Geist haben, sondern „nur“ Heiligen Geist haben. Auch über die Frage, was es heißt, Im Geist zu sein, hatte ich schon viele Bibelstellen zusammengestellt. Dazwischen fehlt jetzt noch das Thema: „Heiligen Geist bekommen“.
Auch hier gilt in der griechischen Ausdrucksweise wieder die Differenzierung, dass der einzelne Christ nicht „den Heiligen Geist“ bekommt. Er bekommt „Heiligen Geist“ als Anteil am Heiligen Geist. Zunächst ist die Apostelgeschichte dafür das maßgebende Buch. Hier schildert Lukas nämlich in etlichen Fällen, wann und wie Menschen Heiligen Geist bekommen.
Der Start ist bekanntermaßen das Kommen des Geistes auf die ganze damalige versammelte Gemeinde an jenem Pfingstfest – Apg 2. Achten wir auch gleich auf die unterschiedlichen Formulierungen: Der Geist „kam“ und „erfüllte“ das Haus. Und dann erschien etwas wie Feuerzungen und „setzte sich“ auf jeden von ihnen, und sie wurden von Heiligem Geist „erfüllt“.
Erst Petrus nennt das Geschehen in seiner erklärenden Rede an die Zusammengelaufenen dann ein „Ausgießen“, und zwar anhand der Prophetie von Joel. Allerdings spricht er aber erst über Jesus, dass er der Messias ist. Und als sie – tief getroffen – bereit sind, sich zu bekehren, fordert er sie zunächst zur Taufe im Wasser auf. Daran anschließend sagt er, dann würden sie auch „das Geschenk des Heiligen Geistes bekommen“.
Lukas erzählt uns an dieser Stelle nicht weiter, wie die damaligen Zuhörenden dieses Geschenk dann konkret bekommen haben. Aber in späteren Fällen gibt er wieder Schilderungen davon.
In Kapitel 5 kommen durch Philippus viele Leute in Samaria zum Glauben, also hauptsächlich Samariter. Davon hören die Gesandten in Jerusalem und schicken Petrus und Johannes dorthin. Lukas erzählt: „Als die zu ihnen hinabkamen, beteten sie für sie, dass sie Heiligen Geist bekämen. Der war nämlich noch auf niemanden von ihnen gefallen. Sie waren nur untergetaucht worden in den Namen von Jesus, dem Herrn. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie bekamen Heiligen Geist.“ Wir haben also auch hier die Ausdrücke „fallen auf“ und „bekommen“. In der Auseinandersetzung mit dem Magier Simon heißt es dann auch noch, dass der Geist „gegeben wird“. Und Petrus spricht wieder vom „Geschenk Gottes“.
In Apg 9 erzählt uns Lukas die Bekehrung von Paulus. In Damaskus kommt der Jünger Hananias im Auftrag des Herrn zu dem erblindeten und fastenden Paulus. Und er sagt zu ihm: „Saul, Bruder! Der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf dem Weg, den du gekommen bist, damit du wieder sehen kannst und von Heiligem Geist erfüllt wirst.“ Auch hier schildert uns Lukas nicht, wie dieses „Erfülltwerden“ dann ausgesehen hat.
In Apg 10, während Petrus dem Römer Cornelius und seiner Hausgemeinde in Cäsarea die Botschaft verkündete, da „fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen von den Beschnittenen, die mit Petrus gekommen waren, waren fassungslos, weil auch auf die Nichtjuden das Geschenk des Heiligen Geistes ausgegossen war. Denn sie hörten, dass sie in Gebetssprachen sprachen und Gott rühmten. Daraufhin sprach Petrus laut aus: „Kann denn jemand das Wasser verwehren, dass diese nicht untergetaucht werden, die den Heiligen Geist empfangen haben genau wie wir?“ In wenigen Zeilen haben wir hier die drei Ausdrücke „fiel auf“, „ausgegossen“ und „empfangen“.
In Apg 11 musste sich Petrus in Jerusalem dann noch dafür rechtfertigen, dass er Nichtjuden getauft hatte. Dabei sagte er: „Und als ich begonnen hatte zu sprechen, fiel der Heilige Geist auf sie, wie am Anfang auch auf uns. Ich wurde an das Wort des Herrn erinnert: ‚Johannes hat untergetaucht mit Wasser, ihr aber werdet untergetaucht werden in Heiligem Geist.‘ Wenn Gott ihnen dasselbe Geschenk gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn, Jesus den Messias, glauben, hätte jemand wie ich dann vielleicht Gott davon abhalten sollen?“ Petrus sagt, der heilige Geist „fiel auf sie“ und Gott hat ihnen dasselbe „Geschenk gegeben“.
Und er begründete es auch mit der Erinnerung an das Wort von Jesus, sie würden „untergetaucht werden in Heiligem Geist“. Er bestätigt hier also, das das hier geschehene Empfangen des Geistes die Erfüllung der angekündigten Geisttaufe ist. Und die Verbindung zur ersten Geistausgießung an Pfingsten stellt er her mit der zweimaligen Formulierung „wie auf uns“. Es ist hier also geschehen, was Jesus angekündigt hat und die Jerusalemer an Pfingsten als Erste erlebt haben.
Und dann das denkwürdige Ereignis in Ephesus als Paulus dort einige Jünger traf – Apg 19:
Er sagte zu ihnen: „Habt ihr Heiligen Geist bekommen, als ihr zum Glauben gekommen seid?“ Sie (antworteten) ihm: „Aber wir haben nicht einmal davon gehört, dass es Heiligen Geist (für uns) gibt!“ Er sagte: „In was seid ihr denn untergetaucht worden?“ Sie sagten: „In die Taufe des Johannes.“ Paulus sagte: „Johannes hat untergetaucht mit einer Taufe der Sinnesänderung und dem Volk gesagt, dass sie an den glauben sollten, der nach ihm kommt, das heißt, an Jesus.“ Als sie das hörten, ließen sie sich untertauchen in den Namen von Jesus, dem Herrn. Und als Paulus ihnen die Hände auflegte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Gebetssprachen und sprachen prophetisch.“
Von hier an wendet sich Lukas in der Apostelgeschichte anderen Ereignissen zu, und das Thema „Heiligen Geist bekommen“ taucht nicht mehr auf. Wir dürfen annehmen, dass er es, nachdem er es ein paar Mal beschrieben hat, einfach auch als bekannt voraussetzt.
Aber wir sind damit noch nicht fertig. In den Briefen des Neuen Testaments gibt es nämlich im Rückblick noch etliche Erwähnungen dazu. Die Geschwister haben alle Heiligen Geist bekommen, und man erfährt auch, was es bedeutet.
Etwas indirekt in 1 Thess 1,6: „Ihr … habt das Wort angenommen unter viel Bedrängnis mit Freude des Heiligen Geistes.“ Die Freude des Heiligen Geistes setzt voraus, dass sie Heiligen Geist bekommen haben.
1 Kor 2,12: „Und wir haben nicht den Geist der Welt bekommen, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen sollen, was uns von Gott geschenkt ist.“
1 Kor 12,13: „Denn in einem Geist sind auch wir alle in einen Leib getaucht worden, seien wir Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie. Alle sind wir mit einem Geist getränkt worden.“
Man beachte hier die Ausdrücke „tauchen“ und „tränken“. Mit dem Eintauchen im Geist geschieht gleichzeitig das Eintauchen in den Leib. Der Leib des Messias ist die Gemeinde. Und im Eintauchen wird man mit Geist „getränkt“ – das geht durch und durch.
2 Kor 1,21: „Es ist Gott, der uns samt euch festigt auf den Messias hin, der uns gesalbt hat, der uns versiegelt hat, der als Anzahlung den Geist gegeben hat, der in unseren Herzen ist.“
Hier sind drei Ausdrücke für dieselbe Sache. Mit Heiligem Geist „salben“, das ist der alttestamentliche Ausdruck, der vom Bild des Öls herkommt. Daher ist ja auch Jesus der „Gesalbte“ – der Messias – nicht mit Öl, sondern mit Heiligem Geist. „Versiegeln“ mit Heiligem Geist, das kommt vom Bild des Siegels. Mit einem Siegel wird offiziell das Besitz- bzw. Zugriffsrecht an einer Sache geklärt. Niemand anderer hat Zugriff darauf. Und schließlich sagt Paulus, dass der Geist „als Anzahlung gegeben“ wird, also als Vorausgabe für etwas noch viel Größeres.
Gal 3,2+3: „Nur das will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist durch das Tun des Gesetzes bekommen oder durch die Nachricht vom Glauben? Seid ihr so unverständig, dass ihr, die ihr mit Geist angefangen habt, es jetzt mit menschlichem Tun ‚vollendet‘?“
Gal 4,6: „Weil ihr Söhne und Töchter seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der laut ruft: ‚Papa! Vater!'“
Röm 8,15: „Ihr habt ja keinen Geist der Versklavung bekommen, wieder auf Angst hin, ihr habt vielmehr einen Geist der Kindschaft bekommen, in dem wir rufen: ‚Papa! Vater!’“
Eph 1,13+14: „In ihm wurdet ihr auch, als ihr zum Glauben kamt, versiegelt mit dem versprochenen Heiligen Geist, der eine Anzahlung unseres Erbes ist auf die erworbene Erlösung hin, zum Lob seiner Herrlichkeit.“
2 Tim 1,7: „Gott hat uns doch keinen Geist von Furchtsamkeit gegeben, sondern von Kraft und Liebe und klarem Denken.“
1 Joh 3,24: „Wer seine Gebote hält, bleibt in ihm und er in ihm. Und daran erkennen wir, dass er in uns bleibt: an dem Geist, von dem er uns gegeben hat.“ Und 1 Joh 4,13: „Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns: dass er uns von seinem Geist gegeben hat.“
Hebr 6,4: „… die das Geschenk des Himmels geschmeckt haben, die Teilhaber am Heiligen Geist geworden sind, …“
Wir sehen also, dass „Heiligen Geist bekommen“ für das Christsein konstituiv ist. Das ganze Leben im Geist als Einzelner und als Gemeinde beruht darauf.
An der Vielgestaltigkeit der Ereignisse und der Begriffe zeigt sich auch deutlich, dass „Heiligen Geist bekommen“ im Neuen Testament nichts mit einem festgelegten Ritual zu tun hat, schon gar nichts mit einem Sakrament der „Firmung“. Es ist offensichtlich: Der Heilige Geist im Leben des Christen und der Gemeinde ist lebendige Realität.
Wenn nicht, muss man sich fragen …