Evangelium – dieses Wort soll oft den Kern der Botschaft des Neuen Testaments beschreiben. Der Begriff „Evangelium“ ist eingedeutscht aus dem griechischen Wort „euangélion“. Das ist im Griechischen erst einmal gar kein religiöser Begriff, sondern ganz einfach eine „gute Botschaft“.

Eine gute Botschaft überbringt uns das Neue Testament tatsächlich. Sie beinhaltet das gesamte Leben, Lehren und Wirken von Jesus dem Messias einschließlich seinem Auftrag an seine Gesandten. Den Begriff „Evangelium“ dagegen hat – gemessen an dieser eigentlichen Bedeutung – die kirchlich/theologische Tradition zu einem Minimalbegriff von irgendetwas Gutem verwässert. Damit ist er als Ausdruck für die Gesamtbotschaft des Neuen Testaments nicht mehr brauchbar.

Auch das Verständnis, dass im Zentrum der guten Botschaft der Sühnetod von Jesus am Kreuz für uns steht, ist einerseits zwar richtig, hat aber die Gefahr, sie einseitig zu verkürzen. Den Begriff „gute Botschaft“ gebraucht das Neue Testament so nicht. Wie es ihn selbst gebraucht, sollte aber unser Maßstab sein.

Soweit ich sehe, umfasst die gute Botschaft im Neuen Testament das Gesamtpaket dessen, was uns Gott in Jesus anbietet und was er in Jesus von uns fordert. Deshalb umfasst diese Botschaft auch die gesamte Geschichte von Jesus. Matthäus hat „die Botschaft von Jesus“ aufgeschrieben, genauso auch Markus, Lukas und Johannes. Und mit welch göttlicher Weisheit diese vier Berichte über die eine Botschaft zusammenpassen, ist staunenswert. Ihr gesamter Inhalt ist in der ersten Christengeneration als „die gute Botschaft“ weitergegeben worden.

Und die zwei genannten Seiten – was Gott anbietet und was er fordert – hatte die Botschaft von Anfang an. „Das Reich Gottes ist nahe gekommen“, das ist, was Gott jetzt anbietet. „Seid bereit euch zu ändern (Tut Buße / Kehrt um)“, das ist, was er jetzt fordert. Und das gilt so bis heute und bis Jesus wiederkommt. Eine andere Botschaft wird von Gott nicht mehr kommen.

Eine markante Stelle, die das Umfassende der Gesamtbotschaft von der Zeit vor der Kreuzigung bis zur Verkündigung unter den Völkern bezeugt, habe ich in Mt 26,13 gefunden. Dort sagt Jesus über die Frau, die ihn gesalbt hat: „Amen, ich sage euch: Wo immer in der ganzen Welt diese Botschaft verkündet wird, wird auch gesagt werden, was sie getan hat, damit sie immer in Erinnerung bleibt.” Jesus sprach schon vor der Kreuzigung von dieser Botschaft, die in der ganzen Welt verkündigt werden würde. Und sogar die Salbung durch Maria (die es laut Johannes war, die ihn gesalbt hat) sollte ein Teil der Botschaft sein.

Natürlich kann ich mir überlegen, was ich dann doch vielleicht als das Zentrum, den Kern, dieser Botschaft empfinde. Für mich ist es das Zusammenkommen der völligen Hingabe Gottes an mich im Tod von Jesus am Kreuz mit meiner völligen Hingabe an ihn in einem bekehrten Leben. Gottes Angebot und Forderung kommen zusammen in der echten, gelebten, persönlichen Beziehung zu Jesus und zum Vater, dem allmächtigen Gott. Daraus erwächst die Freundschaft mit Gott.

Und so wird in meiner Übersetzung des Neuen Testaments nicht irgendein „Evangelium“ verkündet, sondern die „gute Botschaft“. Diese Botschaft ist allerdings menschlich gesehen gar nicht nur „gut“. Für die, die sie ablehnen, ist sie schlimm. Und so übersetze ich an den meisten Stellen einfach nur mit „Botschaft“.

Die Botschaft Gottes, die Botschaft von Jesus, das ist der Gesamtinhalt des Neuen Testaments. Sie beinhaltet sogar den Ausblick auf das Ende der Welt und den Beginn einer neuen Schöpfung. Und es gilt auch für sie, was am Ende der Offenbarung steht:

„Wenn jemand etwas hinzufügt zu ihr, wird Gott ihm die Strafen hinzufügen, die in dieser Schrift beschrieben sind. Wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten dieser prophetischen Schrift, wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen vom Baum des Lebens und von der heiligen Stadt, die in dieser Schrift beschrieben sind.“