Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Symbol

Der Messias kommt

Der Messias kommt – dieses zentrale Ereignis schildert der Bericht in Offb 19. Nicht nur die ganze Offenbarung, sondern die ganze Bibel und die ganze Weltgeschichte laufen darauf zu.

Auch diese Ankunft kann man offensichtlich nur in prophetischer Bildersprache schildern. Denn nirgends sonst wird Jesus bei seinem Kommen als Reiter auf einem weißen Pferd beschrieben. Aber dieses Bild zeigt zum einen den Gegensatz zu dem Reiter in Offb 6 auf, der als Antichrist mit seinem Bogen siegreich hinauszieht. Ihm und seinem „siegreichen“ Wirken macht Jesus in Gestalt des neuen Reiters jetzt ein Ende. Das Bild zeigt zum anderen aber auch den Gegensatz zum ersten Einzug des Messias in Jerusalem, als er in Niedrigkeit auf einem Esel saß. Jetzt kommt er in Macht und Herrlichkeit auf einem weiß leuchtenden Pferd.

Dass es Jesus ist, daran lässt die Beschreibung keinen Zweifel. „Und der Reiter darauf heißt ‚Treu und wahr‘, mit Gerechtigkeit richtet er und führt er Krieg. Seine Augen sind wie feurige Glut, auf seinem Kopf sind viele königliche Stirnbänder, er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt außer ihm, er ist bekleidet mit einem Gewand, das in Blut getaucht ist, und sein Name heißt: ‚Das Wort Gottes‘. Auf weißen Pferden folgten ihm die Truppen im Himmel, bekleidet mit feinstem, weiß leuchtendem, reinem Leinen. Aus seinem Mund kommt ein scharfes Schwert, um damit die Völker zu schlagen. Er wird sie ‚hüten mit eisernem Stab‘, er wird die Weinkelter der Wut des Zornes Gottes des Allmächtigen treten. Auf dem Gewand, auf seinem Schenkel, trägt er einen Namen geschrieben: „König der Könige und Herr der Herren“.

Die Wiederkunft des Herrn geschieht sozusagen in zwei Stufen. Erst kommt er vom Himmel herab, um seine Gemeinde wegzuholen „in den Luftraum“ (1 Thess 4,17). Darauf folgen im Himmel die Hochzeit des Lammes und auf der Erde die Ausgießung der sieben Schalen der Wut Gottes. Danach kommt er als Messias sichtbar auf die Erde, um diesem Abschnitt der Weltgeschichte ein Ende zu machen.

Natürlich kommt er damit auch als Messias zur Rettung Israels. Auf ihn haben sie gewartet, und nun sehen sie den, den sie durchbohrt haben (Sach 12,10), und trauern und bekehren sich. Und so wird ganz Israel gerettet werden, wie Paulus es in Röm 11 gesagt hat. Von all dem ist in Offb 19 aber kaum die Rede, man muss hier den Zusammenhang zu den anderen Aussagen der Bibel über die Ankunft des Messias herstellen.

Man erfährt nur von der Vernichtung des Völkerheeres, das schon bis zum Berg von Megiddo (Har Mageddon) ins Land Israel eingedrungen ist. Diese Vernichtung geschieht dann aber nicht mit militärischen Mitteln. Sie geschieht vielmehr durch das Schwert, das aus dem Mund des Reiters kommt, also durch das, was er sagt. Ich denke, da wird ein Wort genügen, und alle fallen tot um. In Hesekiel 39 steht ein Bericht über diese Schlacht. Dort wird sogar angegeben, wieviel Zeit man dann brauchen wird, um das Schlachtfeld wieder aufzuräumen.

Eindrücklich ist in Offb 19 aber – wie auch sonst in der Offenbarung – der Blick in die unsichtbare Welt.

Hier geschieht zum einen die Entfernung der beiden Tiere, die in Offb 13 beschrieben sind. „Und das Tier wurde gefasst und mit ihm der falsche Prophet, der die Zeichen vor ihm getan hatte, mit denen er die irreführte, die das Kennzeichen des Tieres annahmen und sich vor seinem Bild niederwarfen. Lebendig wurden die beiden in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt.“

Sicherlich dürfen wir annehmen, dass mit diesen beiden Dämonen ihre ganzen Dämonenheere mit entfernt bzw. entsorgt werden. Der „Feuersee“ ist eine Beschreibung und ein anderer Name der Hölle.

Zum anderen sehen wir dann am Anfang von Offb 20 auch die Verhaftung des Satans. „Und ich sah einen Engel vom Himmel herabkommen, der hatte den Schlüssel zur Unterwelt und eine große Kette in seiner Hand. Und er packte den Drachen, die Schlange vom Anfang – das ist der Teufel und der Satan – und fesselte ihn für tausend Jahre: Er warf ihn in die Unterwelt und verschloss und versiegelte (den Eingang) über ihm, damit er die Völker nicht mehr irreführen soll, bis die tausend Jahre vollendet sind.“

Den Satan warf man mit seinen Engeln aus dem Himmel auf die Erde, als der auferstandene Jesus dort ankam. Und nun kommt Jesus vom Himmel auf die Erde, und man sperrt ihn von der Erde weg in die Unterwelt. Sicherlich dürfen wir annehmen, dass „seine Engel“ ihn auch auf diesem Weg begleiten.

So verschwindet also endlich die gesamte Dämonenwelt von der Erde. Kein Wunder, dass nun Friede einkehrt – tausend Jahre lang …

Die 144.000 auf dem Berg Zion

Die 144.000 auf dem Berg Zion begegnen uns zweimal in der Offenbarung. In Offb 7,1-8 sind es die zwölf Stämme, die auf der Erde versiegelt werden. Hier ist noch kein konkreter Ort angegeben, wo sie stehen. Aber wir sehen hier ein Bild für das neue Israel, die Gemeinde, die auf der Erde gesammelt und mit Heiligem Geist versiegelt wird.

In Offb 14,1-5 stehen die 144.000 dann auf dem Berg Zion, zusammen mit dem Lamm. Sie singen dort einen neuen Gesang, und sie werden mit ihren markanten Eigenschaften beschrieben.

Doch zunächst zur Zahl 144.000. Dazu müssen wir uns kurz mit der biblischen Zahlensymbolik beschäftigen. Diese ist in der Bibel selbst zwar so nirgends beschrieben, aber überall, wo die Zahlen auftauchen, passt die folgende Deutung: 3 ist die Zahl für Gott bzw. den Himmel. Darin wird auch das Geheimnis der göttlichen Dreiheit angedeutet. Die Zahl 4 steht für die Erde bzw. die Menschen. In der Bibel ist immer von den 4 Enden der Erde die Rede.

Wenn man diese Zahlen 3 und 4 dann addiert, erscheint in der Zahl 7 die Gesamheit von Himmel und Erde. Da es nicht mehr als das gibt, ist 7 auch die Zahl der Gesamtheit bzw. Vollkommenheit. Das Gleiche gilt aber auch, wenn man 3 und 4 multipliziert, für die Zahl 12. Hier ist es noch deutlicher: die 12 Stämme Israels, die 12 Gesandten von Jesus. Man kann diese Vollkommenheitszahl noch steigern, wenn man sie verdoppelt auf 24. So viele Ältere sitzen um den Thron Gottes.

Das Maximale erreicht man aber, wenn man sie mit 1000 und mit sich selbst multipliziert. Und so kommen mit 12 mal 12.000 die 144.000 zustande. Das zeigt natürlich, dass diese Zahl, wie die anderen Zahlen in der Offenbarung, symbolisch zu verstehen ist. So viele sind es, die sich durch die Botschaft von Jesus rufen und retten lassen. Und wenn diese Zahl voll ist – Gott kennt sie ja -, dann ist das Ende da.

Wenn in Offb 14 nun die 144.000 mit dem Lamm auf dem Berg Zion stehen, dann müssen wir fragen, was der Berg Zion ist. Von der Antwort darauf wird es mit abhängen, ob wir die 144.000 in Kap. 14 noch auf der Erde oder schon im Himmel zu verorten haben.

„Zion“ war ursprünglich der Name der Burg in der Jebusiterstadt Jerusalem. Der König David eroberte sie mit seinen Kriegern und machte Jerusalem zur Hauptstadt Israels. Durch seine Eroberung galt sie als sein Privateigentum und wurde „Stadt Davids“ genannt. So gehörte sie zu keinem Stammesgebiet in Israel und war der ideale Platz für die Hauptstadt. Keiner der zwölf Stämme war Besitzer der Hauptstadt und somit gegenüber den anderen privilegiert.

Der Name Zion wanderte im Sprachgebrauch dann aber zu dem ganzen Berg, auf dem die Stadt Davids lag und auf dem Salomo später den Tempel baute. Und mit dem Tempel wurde der Zion zum Wohnplatz Gottes: Gott wohnt auf dem Zion. Und die Stadt am Berg, Jerusalem, wurde zur Tochter des Zionsberges, zur Tochter Zion.

Zur Zeit der frühen christlichen Gemeinde wanderte der Name aber noch weiter. Bis heute nennt man in Jerusalem nicht den Tempelberg, sondern den Südwesthügel der Altstadt, der im südwestlich gegenüber dem Tempelberg liegt, den Zionsberg.

Durch die Ablehnung des Messias mittels der Hinrichtung am Kreuz verlor der Tempel seine Funktion als Wohnplatz Gottes. Gott selbst entweihte ihn durch das Zerreißen des Vorhangs zum Allerheiligsten. Ein neues und ewig gültiges Opfer hatte den alten Opferkult abgelöst. So stellt es am eindrücklichsten der Hebräerbrief dar. Zum neuen Wohnplatz Gottes wurde nun die von Heiligem Geist erfüllte Gemeinde.

Die Gründung dieser Gemeinde durch die Ausgießung des heiligen Geistes geschah auf dem Südwesthügel der Stadt. Hier hatte Jesus auch mit seinen Jüngern das Abendmahl begangen. Hier war der ursprüngliche Versammlungsort der Gemeinde, und so konnte sich der Name Zion im christlichen Sprachgebrauch auf diesen Hügel übertragen, gegenüber dem Tempelberg. In der Anfangsphase der Gemeinde war der Zion als Wohnplatz Gottes nun hier.

In Wirklichkeit war der Wohnplatz Gottes aber dann überall da, wo seine Gemeinde sich versammelte. Zion als Wohnplatz Gottes war dann nicht mehr ein geographischer Ort, sondern eine Gruppe von Menschen.

Unterstützt wurde diese Sichtweise durch ein prophetisches Wort in Jes 28,16, das bildlich den Messas als Stein bezeichnet, den Gott im Zion einbaut. Paulus zitiert es in Rö 9,33: „Ich lege hier in Zion einen Stein des Anstoßes, einen Fels des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird sich nicht schämen müssen.” Das gleiche zitiert auch Petrus in 1 Pe 2,6. Wo Jesus ist, ist nun auch der Zion.

Und Heb 12,22-24 stellt den neuen Zion in Gegensatz zum alttestamentlichen Sinai. „Ihr seid vielmehr zum Zionsberg gekommen, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zur Festversammlung von Zehntausenden von Engeln, zur Gemeinde der Erstgeborenen, eingetragen in den Himmeln, zu Gott als Richter von allen, zu den Seelen der vollendeten Gerechten, zum Vermittler der neuen Bestimmung, Jesus, und zur Reinigung durch (sein) Blut, das stärker spricht als das von Abel.“

Wenn der Zion nun eine Bezeichnung der Gemeinde als Wohnplatz Gottes auf Erden ist, dann dürfen wir annehmen, dass auch die 144.000 auf dem Berg Zion in Offb 14 die irdische Gemeinde darstellen. Dafür gibt es weitere Indizien:

In der Parallelstelle in Offb 7 sind die Hundertvierundvierzigtausend eindeutig auf der Erde.

Das Geräusch der Musik kommt „aus dem Himmel“, und das ist im Bild ein Ort, der vom „Berg Zion“ verschieden ist.

In Vers 4 steht ein eindeutiges Präsens: „Es sind die, die dem Lamm folgen, wo immer es hingeht.“ Diese Aussage ist nur für die irdische Gemeinde sinnvoll; im Himmel gibt es Nachfolge in diesem Sinne nicht mehr.

Im Textzusammenhang steht zuvor in Kap. 13 die Art von Menschen, die sich auf der Erde von dem Tier aus der Unterwelt und dem anderen Tier verführen lassen. Die Hundervierundvierzigtausend in Kap. 14 sind das Gegenbild zu ihnen.

Danach kommen in Kap. 14 drei Engel, die vom bevorstehenden Ende berichten. Einer davon spricht vom Fall Babylons. Auch die Hure Babylon ist wiederum ein Gegenbild zur irdischen Gemeinde.

Und in Kap. 14 wird dann ab Vers 14 im Bild der Ernte tatsächlich die Entrückung beschrieben. Auch das spricht dafür, dass die Beschreibung der 144.000 auf dem Berg Zion davor auch in der zeitlichen Reihenfolge stimmt.

Wenn diese Beschreibung als irdische Gemeinde so richtig ist, dann muss man in dem Textabschnitt aber ein paar Verben, die im griechischen Aorist stehen, anders übersetzen. Wenn kein Rückblick auf eine Vergangenheit der Gemeinde gemeint ist, sondern eine Beschreibung ihrer Gegenwart auf der Erde, dann sind die Aussagen der Verben als Erfahrungstatsachen zu verstehen, die man im Deutschen mit Präsens übersetzt:

Vers 1: „Da steht das Lamm auf dem Berg Zion und mit ihm Hundertvierundvierzigtausend, …“

Vers 4: „Es sind die, die sich nicht mit Frauen beflecken, …“ (Gemeint ist Götzendienst.)

Vers 5: „In ihrem Mund findet man keine Lüge, …“

Überlegen kann man natürlich, warum die irdische Gemeinde dann ihren Gesang – begleitet von himmlischer Musik – vor dem Thron Gottes singt. Aber das ist kein Problem. Die Gebete der Heiligen steigen nach Offb 5,8 ebenfalls vor dem Thron Gottes auf.

Das ist die bekannte Doppelexistenz der Gemeinde: Als Zeugen Gottes und Ausländer auf der Erde, als Beter und Anbeter bereits im Himmel, ihrer wahren Heimat.

Was kommt aus dem Mund?

Was kommt aus dem Mund? Diese Frage ist in Offb 1 schon aufgetaucht, ich habe im Beitrag „Prophetische Symbolsprache“ darüber geschrieben. Das Schwert, das aus dem Mund von Jesus kommt, ist ein Symbol für das Wort Gottes. In Wirklichkeit kommt also kein Schwert, sondern das Wort Gottes aus seinem Mund.

Das gleiche Bild erscheint noch einmal in der Offenbarung. Hier wird in Kapitel 19 ab Vers 11 die Ankunft des Herrn geschildert. Er kommt als Reiter auf einem weißen Pferd, gefolgt von seinen Truppen. Und in Vers 15 heißt es: „Aus seinem Mund kommt ein scharfes Schwert, um damit die Völker zu schlagen.“ Hier ist sicherlich nicht mehr allgemein das Wort Gottes gemeint, sondern das spezielle Wort des Richters, der das Urteil vollzieht. In Vers 21 heißt es dann: „Und alle anderen wurden getötet mit dem Schwert des Reiters auf dem Pferd, das aus seinem Mund kam.“

Zuvor wurden das Tier (die antichristliche Macht) und der falsche Prophet (der antichristliche Geist) „gefasst“, also verhaftet. Und man warf sie lebendig in den Feuersee – die Hölle. Auch dazu gibt es eine Parallele mit etwas, das aus dem Mund kommt. In 2 Thess 2 schreibt Paulus über das Kommen und Wirken des Antichristen. Und in Vers 8 sagt er dann: „Ihn wird Jesus, der Herr, mit dem Hauch seines Mundes beseitigen, zunichtemachen bei seiner sichtbaren Ankunft.“

Mit einem Hauch aus seinem Mund wird der Herr ihn beseitigen und zunichtemachen. Das ist derselbe Vorgang, den die Offenbarung mit „gefasst“ und „in den Feuersee geworfen“ beschreibt. Auch hier haben wir wieder ein Beispiel für „prophetische Unschärfe„: Zwei ganz verschiedene Bilder beschreiben denselben Vorgang, und doch ist völlig klar, was gemeint ist.

Wenn nun das Schwert, das aus dem Mund von Jesus kommt, ein prophetisches Bild für etwas anderes ist, zum einen für das Wort Gottes, zum anderen für das Gericht, dann kann man auch eine Parallele zu einem anderen Bild ziehen, in dem etwas „aus dem Mund“ kommt.

In Offb 11,5 steht über die zwei Zeugen: „Wenn ihnen jemand schaden will, kommt Feuer aus ihrem Mund und frisst ihre Feinde. Sollte ihnen jemand schaden wollen, muss er so getötet werden.“

Wir haben gesehen, dass das Schwert, das aus dem Mund von Jesus kommt, das Wort Gottes ist. Warum sollte dann das Feuer aus dem Mund der Zeugen nicht auch das Wort Gottes sein? Es ist ja schließlich ihr Auftrag, das Wort Gottes zu bezeugen. Und das Bild vom Feuer gebraucht der Herr schon im Alten Testament – Jer 23,29: „Ist mein Wort nicht so wie ein Feuer, sagt der Herr, und wie ein Hammer, der einen Felsen zerschlägt?“

Das Wort Gottes im Mund der Zeugen, das sich auswirkt wie ein brennendes Feuer, passt zur Schilderung in Offb 11 . Kein Wunder, dass man ihnen schaden will, gegen sie Krieg führt, sie besiegt und tötet und sich dann darüber freut.

Doch wie frisst das Feuer aus dem Mund der Zeugen ihre Feinde? Das Feuer, das am Ende die Feinde frisst, ist nach der sonstigen Aussage im Neuen Testament das Feuer der Hölle. Doch wie hängt dieses Feuer, das am Ende die Feinde frisst, zusammen mit dem Feuer des Wortes Gottes, das aus dem Mund der Zeugen kommt?

Hier kann uns ein Wort von Jesus auf die richtige Spur bringen – Joh 12,47-48: „Wenn jemand auf meine Worte hört und sie nicht einhält – ich richte ihn nicht. Denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um die Welt zu retten. Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, hat seinen Richter: Das Wort, das ich gesagt habe, das wird ihn richten am letzten Tag.“

Das Wort, das sie gehört, aber nicht angenommen haben, das wird sie am Ende richten. Nun wissen wir also, was für ein Feuer aus dem Mund der Zeugen kommt. Und wir wissen, wie es zusammenhängt mit dem Feuer, das die Feinde fressen wird. Auch haben wir so den scheinbaren Widerspruch aufgelöst, dass niemand den Zeugen schaden kann, obwohl man sie doch bekämpft und tötet.

Und bei genauem Hinsehen bemerkt man, dass ja auch gar nicht dasteht, dass ihnen niemand schaden kann. Es steht nur da, dass ihnen jemand schaden will. Und dass das Feuer, das aus dem Mund der Zeugen kam, diese Feinde verzehren wird. Das Wort, das sie hörten und ablehnten, das wird sie richten …

Prophetische Symbolsprache

Prophetische Symbolsprache taucht in der Bibel überall auf, wo von Realitäten aus der unsichtbaren Welt gesprochen wird. Denn diese übersteigen den Horizont menschlichen Verstehens und menschlicher Vorstellungskraft.

Man sieht es an der Lehre von Jesus selbst. Er hat – wie in der Bergpredigt (Mt 5-7) – ganz klar und verständlich gelehrt, wo es z. B. um menschliche Verhaltensweisen geht. Aber in seiner Lehre über das Reich Gottes spricht er ein ganzes Kapitel lang (Mt 13 / Mk 4) nur in Vergleichen und Beispielen. „Gleichnisse“ hat man das traditionell genannt.

Ich nenne es auch prophetische Symbolsprache. Jesus hat als Prophet über Realitäten gesprochen, die den Menschen nur mit Vergleichen oder Beispielen aus der menschlichen Erfahrungswelt annähernd verständlich gemacht werden können. Da sind ein Sämann, ein Weizenfeld mit Unkraut, ein Senfkorn, ein Sauerteig, ein Schatz, eine Perle und ein Fischernetz. Und selbst diese Vergleiche sind manchen noch unverständlich geblieben.

Auch in den Schriften der Gesandten von Jesus taucht diese prophetische Symbolsprache auf. Ein Beispiel dafür ist die geistliche Waffenrüstung, die Paulus in Eph 6 beschreibt. Der Gürtel um die Hüfte, an dem die Waffen hängen, ist die Wahrheit. Der schützende Brustpanzer steht für die Gerechtigkeit. Die Schuhe, die man an den Füßen haben sollte, bedeuten die Bereitschaft zur Weitergabe der Botschaft. Der Glaube ist ein Schild, die Rettung ein Helm und das Wort Gottes ein Schwert.

Ein konkretes Bild kann offensichtlich besser zum Ausdruck bringen, was gemeint ist, als eine theoretische bzw. theologische Abhandlung. Vor allem auch für einfache Menschen, die Gott ja besonders am Herzen liegen.

Das Bild vom Schwert für das Wort Gottes verwendet dann auch der Autor des Hebräerbriefs – Kap. 4,12: „Lebendig ist ja das Wort Gottes, wirksam, schärfer als jedes zweischneidige Schwert, durchdringend bis zur Zerteilung von Seele und Geist, von Gelenken und Markknochen, und ein Beurteiler von Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“

Bei Paulus im Epheserbrief ist das Wort Gottes als Waffe zu verstehen, wie etwa bei Jesus, der mit dem Wort Gottes den Satan abgewiesen hat (Mt 4 / Lk 4). Im Hebräerbrief erscheint es eher wie das Instrument eines Schlachters oder gar Operateurs. Dabei spielt die Schärfe sicherlich in beiden Bildern die gleiche Rolle.

Und das Bild mit dem Schwert erscheint dann auch an einer eigenartigen Stelle in der Offenbarung. Gleich am Anfang in Kap. 1,12-16 hat Johannes die einleitende Vision von Jesus:

„Und als ich mich umgewandt hatte, sah ich sieben goldene Leuchter und in der Mitte der Leuchter einen wie ein Menschensohn, mit einem langen Gewand bekleidet und an der Brust mit einem goldenen Gürtel umgürtet. Sein Kopf und die Haare waren weiß leuchtend, wie weiße Wolle, wie Schnee, seine Augen wie feurige Glut, seine Füße wie glühendes Metall, wie im Ofen glühend, und seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser. In seiner rechten Hand hatte er sieben Sterne. Aus seinem Mund kam ein scharfes zweischneidiges Schwert. Und sein Gesicht war wie die Sonne, wenn sie leuchtet mit ihrer Kraft.“

Man könnte hier denken, dass Johannes Jesus sieht, wie er in seiner Herrlichkeit wirklich ist. Die Herrlichkeit in Form von „weiß“, „feurig“, „glühend“ und „leuchtend“ ist ja nicht zu übersehen. Und doch erscheinen symbolhafte Elemente, die so bei Jesus in seiner Herrlichleit real nicht vorstellbar sind. Die Leuchter um ihn herum und die sieben Sterne in seiner Hand sind ja real weder Sterne noch Leuchter, sondern sieben Gemeinden.

Und dann ist da auch das scharfe zweischneidige Schwert, das aus seinem Mund kommt. Das mag man sich bildlich und praktisch eigentlich gar nicht vorstellen. Aber von der Symbolik her ist es klar: Aus seinem Mund ergeht das Wort Gottes. So stellt sich Jesus vor: Was er jetzt an Johannes zu offenbaren hat, ist das Wort Gottes, das wirkt wie ein scharfes zweischneidiges Schwert.

Und wenn schon das Anfangskapitel der Offenbarung voller prophetischer Symbole steckt, werden wir uns nicht wundern, wenn sie uns dann durch das ganze Buch hindurch auf Schritt und Tritt begegnen. Und wir haben auch schon gesehen, dass es in den anderen Schriften der Bibel Parallelen dazu gibt. Auch diese werden uns beim Einordnen und Verstehen der Symbole hilfreich sein.

Das Kreuz

Das griechische Wort „staurós“ heißt eigentlich Pfahl. Es wird aber auch für das römische Hinrichtungsinstrument verwendet, das auf Lateinisch „crux“ heißt. Das Kreuz bestand aus einem senkrecht feststehenden Pfahl und einem abnehmbaren Querbalken.

Einen Verurteilten band oder nagelte man zunächst mit den Armen an den Querbalken. Dann wurde der Querbalken mit dem Verurteilten hinaufgehoben und auf dem Pfahl befestigt. Danach wurden die herabhängenden Füße links und rechts mit je einem Nagel seitlich an den Pfahl genagelt. Der Querbalken war also oben auf dem Pfahl befestigt, so dass das „Kreuz“ nicht wie das übliche „t“ aussah, sondern wie ein „T“.

(Jesus wurde also nicht mit drei, sondern mit vier Nägeln angenagelt – zwei durch die Unterarme, zwei durch die Fußknöchel. Die Tafel mit der Anschuldigung gegen ihn wurde auch nicht über ihm „am“ Kreuz befestigt, sondern nach Johannes 19,19 „auf“ dem Kreuz, also oben auf dem Querbalken.)

Diese Art des Kreuzes als Hinrichtungsinstrument war ein Machtsymbol des römischen Staates und in den ersten zwei bis drei Jahrhunderten als christliches Symbol unbekannt. Das Symbol der Christen war der Fisch. Mit Kreuzen zu hantieren, ist in der christlichen Gemeinde damals niemandem in den Sinn gekommen. Erst als sich das Christentum mit dem römischen Staat zu vermischen begann, wurde das heidnische Kreuz als christliches Symbol ausgegeben, als Symbol der „christlichen“ Macht im römischen Staat.

Das „Wort vom Kreuz“, von dem Paulus spricht, bezieht sich also nicht auf einen heilbringenden Gegenstand. Es bezieht sich auf ein historisches Ereignis, die Hinrichtung des Messias, die Grundlage der Rettung. Im Neuen Testament verkündet man also nicht das „Kreuz“, sondern den „Kreuzestod“ (des Messias). Deshalb verwende ich in meiner Übersetzung zwar „Kreuz“, wenn vom Hinrichtungsinstrument die Rede ist, aber „Kreuzestod“, wenn es um das Zentrum der christlichen Botschaft geht. Das zugehörige Verbum gebe ich nicht mit „kreuzigen“ wieder, sondern aussagekräftiger mit „ans Kreuz hängen“ oder „hinrichten am Kreuz“.

Als Symbol der pseudochristlichen bzw. antichristlichen Macht steht das Kreuz auch heute noch auf Kirchtürmen, Feldfluren und Bergspitzen, hängt in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen, wird am Revers, um den Hals und am Rosenkranz getragen, wird als heiliger Gegenstand verehrt und dient – auch in der Form des Bekreuzigens – als Symbol der Unterwerfung unter die kirchliche Macht und als Segens- und Schutzzauber.

Wer sich mit der Geschichte des abendländischen „Christentums“ beschäftigt, wird darauf stoßen, dass man mit dem Kreuz nicht nur Jesus selbst tötete. Unter diesem Zeichen verfolgte man auch zahllose seiner Nachfolger. Man nannte sie „Ketzer“, sperrte sie ein, folterte sie unter Vorhaltung des Kreuzes und brachte sie um. „Kreuz“-Züge wurden nicht nur gegen Muslime im Orient und in Spanien geführt. Sie wurden auch im Herzen Europas gegen abweichende christliche Gruppierungen wie die Waldenser, Albigenser und die Katharer geführt.

Ich habe den dringenden Verdacht, dass wir es hier mit dem Zeichen des Antichristen zu tun haben. Jedenfalls kenne ich kein anderes Zeichen, auf das die Beschreibung aus der Offenbarung besser passen würde: “ … dass sie sich ein Kennzeichen machen auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn, … „.

Ein Beweisfoto aus unserer Zeit (Osternachtgottesdienst Moskau 2023):

Neben Putin war auch der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin vor Ort. Dieses von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt, wie die beiden das Kreuzzeichen machen. Bild: dpa

(Quelle: tagesschau.de)

Aus der Historie (Quelle: Spiegel Geschichte, Ausgabe 3/2023):

Eine Illustration aus dem 19. jahrhundert zum „Wirken“ von Konrad von Marburg. Konrad war ein Ketzerjäger im frühen 13. Jahrhundert, der im Auftrag des Papstes Hunderte Menschen auf den Scheiterhaufen brachte. Spätere Inqisitoren orienterten sich an dem „kurzen Prozess“, den Konrad eingeführt hatte – einem Verfahren ohne Freispruch, ohne Verteidigung und mit erzwungenen Geständnissen.
Mit einer Garotte (undatiertes Originalexemplar) konnte man angebliche Ketzer quälen und hinrichten.