Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Sklaven

Frei von Sünde

Frei von Sünde – das ist der von Gott gewollte, geplante und vorbereitete Normalzustand des Christen im Neuen Testament. Den grundlegenden Überblick dazu habe ich im Beitrag „Reinigung von der Sünde“ zu geben versucht. Zur Untermauerung jener Aussagen stelle ich hier in chronologischer Reihenfolge dazu aus dem Neuen Testament die diesbezüglichen Stellen zusammen. Frei von Sünde – das ist wirklich so gemeint:

„Ihr sollt also vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ (Mt 5,48)

„Versündige dich nicht mehr!“ (Jo 5,14)

„Geh, und von jetzt an versündige dich nicht mehr!“ (Jo 8,11)

„Amen, Amen, ich sage euch: Jeder, der die Sünde ausübt, ist ein Sklave der Sünde. Der Sklave bleibt aber nicht bis in Ewigkeit im Haus, der Sohn bleibt bis in Ewigkeit. Wenn euch also der Sohn frei macht, werdet ihr wirklich frei sein.“ (Jo 8,34-36)

„Werdet wieder recht nüchtern und versündigt euch nicht!“ (1 Ko 15,34)

„Die, die sich versündigt haben, musst du vor allen überführen, damit auch die übrigen Furcht haben!“ (1 Ti 5,20)

„Ich habe es euch vorausgesagt und sage es voraus – als der ich zum zweiten Mal anwesend war und jetzt (wieder) abwesend bin – denen, die sich bisher versündigt haben, und allen Übrigen: Wenn ich wiederkomme, werde ich euch nicht verschonen.“ (2 Ko 13,2)

„Seine Liebe zu uns beweist Gott aber dadurch, dass der Messias für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ (Rö 5,8)

„Was sollen wir dazu sagen? Sollen wir in der Sünde bleiben, damit die Gnade zunimmt? Das kann nicht sein! Wenn wir für die Sünde gestorben sind, wie (können) wir noch in ihr leben?“ (Rö 6,1-2)

„Das wissen wir, dass unser alter Mensch mit hingerichtet wurde am Kreuz, damit der Mensch der Sünde abgeschafft wird, sodass wir nicht mehr der Sünde als Sklaven dienen. Wer gestorben ist, ist nämlich freigesprochen von der Sünde.“ (Rö 6,6-7)

„So auch ihr: Haltet euch dafür, dass ihr einerseits für die Sünde tot seid und andererseits für Gott lebt im Messias Jesus. Die Sünde darf also nicht regieren in eurem sterblichen Leib, dass ihr seinen Trieben gehorcht! Stellt auch nicht der Sünde eure Glieder zur Verfügung als Werkzeuge der Ungerechtigkeit! Stellt euch vielmehr Gott zur Verfügung als Lebendiggewordene aus den Toten, und (stellt) eure Glieder Gott (zur Verfügung) als Werkzeuge der Gerechtigkeit! Keine Sünde kann mehr über euch herrschen. Ihr seid ja nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.“ (Rö 6,11-14)

„Was ist also? Wollen wir uns versündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz sind, sondern unter der Gnade? Das kann nicht sein! Wisst ihr nicht, dass ihr die Sklaven dessen seid, dem ihr gehorcht? (Je nachdem,) wem ihr euch als Sklaven zum Gehorsam bereitstellt, seid ihr entweder (Sklaven) der Sünde zum Tod oder (Sklaven) des Gehorsams zur Gerechtigkeit. Gott sei Dank, dass ihr Sklaven der Sünde gewesen seid und von Herzen dem Inhalt der Lehre gehorcht habt, an die ihr übergeben wurdet. Frei gemacht von der Sünde, seid ihr Sklaven für die Gerechtigkeit geworden.“ (Rö 6,15-18)

„Jetzt aber, nachdem ihr von der Sünde frei geworden und Sklaven für Gott geworden seid, habt ihr eure Frucht auf Heiligung hin, und das Ende ist ewiges Leben.“ (Rö 6,22)

„Als wir (noch) in der menschlichen Natur steckten, wirkten sich doch die Leidenschaften der Sünden, die durch das Gesetz (festgehalten werden), in unseren Gliedern aus, um Frucht zu bringen für den Tod. Jetzt sind wir aber zunichtegemacht – weg vom Gesetz: dem gestorben, worin wir festgehalten waren, so dass wir in einer neuen Art des Geistes als Sklaven dienen und nicht in der alten Art des Buchstabens.“ (Rö 7,5-6)

„Das Gesetz des Geistes des Lebens im Messias Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes.“ (Rö 8,2)

„Er selbst trug unsere Sünden mit seinem Leib an das Holz hinauf, damit wir, den Sünden abgestorben, für die Gerechtigkeit leben sollen.“ (1 Pe 2,24)

„Meine Kinderchen, das schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt.“ (1 Jo 2,1)

„Jeder, der in ihm bleibt, versündigt sich nicht. Jeder, der sich versündigt, hat ihn nicht gesehen und kennt ihn nicht.“ (1 Jo 3,6)

„Jeder, der aus Gott geboren ist, vollbringt keine Sünde, weil sein Same in ihm bleibt. Er kann sich nicht versündigen, weil er aus Gott geboren ist.“ (1 Jo 3,9)

„Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, sich nicht versündigt, sondern (Jesus), der aus Gott geboren wurde, bewahrt ihn, und der Böse fasst ihn nicht an.“ (1 Jo 5,18)

„Deshalb, weil wir eine solche Wolke von Zeugen haben, die uns umgibt, wollen wir nun jegliche Last ablegen, gerade auch die festsitzende Sünde, und mit Ausdauer laufen im vor uns liegenden Kampf.“ (Heb 12,1)

Gleichheit in der Gemeinde

Gleichheit in der Gemeinde – diese Lehre des Neuen Testaments bezieht sich auf die Stellung des Christen vor Gott. Hier sind alle gleich wiedergeboren, gleich erlöst und gleich in der Kindschaft gegenüber Gott. Ohne das alles sind sie ja auch gar keine Christen.

Mit „gleich“ ist gleich wichtig, gleich wertvoll und gleich-berechtigt gemeint. Unterschiede zwischen ihnen bestehen in ihren geistlichen Gaben und in ihrer geistlichen Reife. Auch darüber hat das Neue Testament einiges zu sagen. Aber Unterschiede in geistlichen Dingen tun der genannten Gleichheit in der Gemeinde keinen Abbruch. Was aber in dieser Gleichheit vor Gott keine Rolle mehr spielt, das sind die menschlichen Unterschiede. Es gibt kein Ansehen der Person vor Gott:

Jak 2,1-4: „Meine Geschwister, im Glauben an Jesus, unseren Herrn, den verherrlichten Messias, darf es kein Ansehen der Person bei euch geben! Wenn nämlich ein Mann in eure Versammlung kommt mit goldenen Ringen an den Fingern, in glänzender Kleidung, und ein Armer kommt herein mit schmutziger Kleidung, und ihr seht auf den, der die glänzende Kleidung trägt, und sagt: „Du, setz dich schön hierher!“, und dem Armen sagt ihr: „Du, stell dich dorthin!“ oder: „Setz dich unten an meinen Fußschemel!“, macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und seid Richter mit bösen Gedanken?“

Jakobus schreibt hier zunächst über den Unterschied zwischen Reich und Arm, also zwischen menschlich gesehen Bedeutenden und Unbedeutenden. Da dieser Unterschied vor Gott nicht zählt, darf er auch in der Gemeinde nicht zählen. Selbst neue Besucher, die vielleicht noch gar keine Christen sind, darf man nicht unterschiedlich behandeln. Der Mensch wird nicht nach seinem menschlichen Ansehen, sondern nach seiner Beziehung zu Gott beurteilt.

Auch Paulus hat diese Lehre. Rö 2,11: „Es gibt nämlich kein Ansehen der Person bei Gott.“ Paulus hat diese Sichtweise an mehreren Stellen in Bezug auf bestimmte Personengruppen ausgeführt, die menschlich gesehen gravierend unterschiedlich sind:

Rö 10,12: „Es ist ja kein Unterschied zwischen einem Juden und einem Nichtjuden; er ist doch Herr aller, reich für alle, die ihn anrufen.“ Es gab religiös gesehen keinen größeren Unterschied als den zwischen einem Juden und einem Nichtjuden bzw. Heiden. Diese beiden Gruppen verachteten sich gegenseitig und dienen nun – bekehrt – dem einen Herrn, vor dem sie alle gleich sind. Vor Gott und in der Gemeinde ist es völlig unbedeutend, ob jemand aus dem Judentum oder aus dem Heidentum kommt. Die Gemeinde ist das neue Israel Gottes, in das die Nichtjuden integriert sind.

1 Ko 12,13: „Denn in einem Geist sind auch wir alle in einen Leib getaucht worden, seien wir Juden oder Nichtjuden, Sklaven oder Freie. Alle sind wir mit einem Geist getränkt worden.“ Gesellschaftlich gesehen gab es keinen größeren Unterschied als zwischen einem Sklaven und einem Freien. Der eine war Eigentum des anderen. Und nun haben beide die Gabe des Geistes empfangen und sind gleichwertige Gliedes des Leibes des Messias. Was das im Einzelnen bedeutete, kann man in meinem Beitrag „Sklaven Gottes“ nachlesen.

Ko 3,9b-11: „Zieht den alten Menschen ganz aus samt seinen Praktiken, und zieht den neuen an, der erneuert wird zu klarer Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn geschaffen hat, wo es keinen „Griechen“ und „Juden“ mehr gibt, (keinen) „Beschnittenen“ und „Unbeschnittenen“, „Fremden“, „Wilden“, „Sklaven“ und „Freien“, sondern der Messias alles und in allen ist.“ Juden als Beschnittene und Griechen als Unbeschnittene sind gleich in dem neuen Menschen, den Gott geschaffen hat, genauso auch Sklaven und Freie. Paulus erweitert die Aufzählung hier noch durch „Fremde“ und „Wilde“. Auch Menschen von fremder Herkunft und von außerhalb der anerkannten Zivilisation sind die gleichen neuen Menschen im Messias. Durch die Gleichheit in der Gemeinde ist jede Art von Rassismus oder Nationalismus von vornherein ausgeschlossen.

Ga 3,27-28: „Alle, die ihr in den Messias getaucht worden seid, habt den Messias angezogen. (In ihm) gibt es keinen „Juden“ und keinen „Nichtjuden“ mehr, keinen „Sklaven“ und keinen „Freien“, keinen „Mann“ und keine „Frau“, denn ihr seid alle eins im Messias Jesus.“ Zur Aufhebung der menschlichen Unterschiede nennt Paulus hier auch noch ausdrücklich den Unterschied zwischen Mann und Frau. Im neuen Menschen, im Messias, ist es also unerheblich, ob jemand ein Mann oder eine Frau ist. Wir haben hier eine grundlegende Stelle über die Stellung der Frau in der Gemeinde. So gleich wie Juden und Nichtjuden, Sklaven und Freie, Einheimische und Fremde, so gleich sind auch Männer und Frauen.

Leider hat sich diese revolutionäre Sichtweise des Neuen Testaments im Zuge der Verkirchlichung schon in den ersten Jahrhunderten n. Chr. verflüchtigt. Es entstanden (männlicher) Klerus, Hierarchie und Nationalkirchen mit all ihren verheerenden Folgen. Wer dagegen christliche Gemeinde bauen will, muss auch die Gleichheit der Geschwister wieder herstellen, ansonsten ist es keine christliche Gemeinde im Sinne des Neuen Testaments.

Mehr darüber lesen kann man in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.

Der Herr

Der Herr, das ist die Übersetzung des griechischen Wortes „Kýrios“. Als sprachliche Definition von „Kyrios“ könnte man sagen: Es ist ein Entscheider, der auch die Macht hat, seine Entscheidung durchzusetzen.

Mit gutem Grund wurde „Kyrios“ deshalb in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments und im Judentum überhaupt als Übersetzung des hebräischen Gottesnamens JHWH gebraucht. Gott ist der „Herr“. Aber auch die Griechen bezeichneten ihre Götter als „Herren“. Und bei den Römern war es ein Titel des göttlichen Kaisers.

Auf der menschlichen Ebene war ein „Herr“ der Besitzer und Gebieter seiner Sklaven. In einer Nebenbedeutung wurde das Wort aber auch als eine respektvolle Anrede gebraucht an jemanden, der bedeutender und höher geachtet war als man selbst. Ein Sklave hatte seinen Herrn, dem er Gehorsam schuldig war. Neben diesem gab es aber auch andere „Herren“, denen er zwar nicht gehorchen, ihnen aber ebenfalls mit Achtung und Respekt begegnen musste. Hierin hat die respektvolle Anrede sicherlich ihre Wurzel.

Im Neuen Testament begegnet uns das Wort in seinen verschiedenen Facetten. Von Anfang an ist es die Bezeichnung bzw. der Name Gottes. Der Priester Zacharias und seine Frau Elisabet „waren beide gerecht vor Gott und gingen tadellos ihren Weg in allen Geboten und Grundsätzen des Herrn“ (Lk 1,6). Und so begegnen uns auch das Tempelhaus des Herrn, ein Engel des Herrn, das Gesetz des Herrn usw.

Aber auch als Bezeichnung des Messias taucht es schon sehr früh auf. So sagt Elisabet zu der sie besuchenden Maria: „Wie komme ich dazu, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ (Lk 1,43). Ganz eindeutig ist es in der Botschaft, die ein Engel des Herrn den Hirten auf dem Feld bei Betlehem bringt. „Für euch ist heute der Retter geboren, der Messias und Herr ist, in der Stadt Davids.“ (Lk 2,11).

Auch als respektvolle Anrede an einen Höhergestellten wird es gegenüber Jesus gebraucht. So sagte z. B. Petrus nach dem wunderbaren Fischfang: „Geh weg von mir: Ich bin ein sündiger Mann, Herr!“ (Lk 5,8). Oder die Samariterin am Jakobsbrunnen: „Herr, du hast nichts zum Schöpfen und der Brunnen ist tief. Woher hast du denn das lebendige Wasser?“ (Jo 4,11).

Das Verhältnis zwischen Sklaven und Herren hat Jesus oft als Beispiel oder Vergleich für geistliche Wahrheiten herangezogen. So z. B. in der Bergpredigt, als er sagte: „Niemand kann zwei Herren als Sklave dienen. Denn entweder wäre ihm der eine gleichgültig und er liebte den anderen, oder er hielte sich an den einen und verachtete den anderen. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“ (Mt 6,24).

Die Bezeichnung „Herr“ in ihrer eigentlichen Bedeutung hat Jesus für sich selbst in Anspruch genommen. „Was ruft ihr mich ‚Herr, Herr!‚ und tut nicht, was ich sage? Nicht jeder, der mir sagt ‚Herr, Herr!‘, wird in das Königreich der Himmel hineingehen, sondern wer den Willen meines Vaters in den Himmeln tut.“ (Mt 7,21 / Lk 6,46). Seine Autorität hat Jesus nicht aus sich selbst, sondern von seinem Vater in den Himmeln. Und er bestätigt es gegenüber seinen Jüngern. „Ihr nennt mich ‚der Lehrer‘ und ‚der Herr‚, und ihr sagt es richtigerweise, denn ich bin es.“ (Jo 13,13).

Besonders Lukas nennt Jesus in seinem Bericht ganz unbefangen oft so, z. B. in der Geschichte über die Witwe aus Nain, die ihren Sohn verloren hatte. „Als der Herr sie sah, war er tief bewegt wegen ihr und sagte ihr: ‚Weine nicht!'“ (Lk 7,13). Auch Johannes nennt ihn so, z. B. im Anschluss an die Speisung der 5000. „Aber von Tiberias kamen andere Boote nahe an den Platz, wo sie das Brot gegessen hatten, nachdem der Herr gedankt hatte.“ (Jo 6,23).

Die Bezeichnung von Jesus als „Herr“ wirft auch ein Licht auf die Stelle in Jo 15,15. „Ich nenne euch nicht mehr ‚Sklaven‘, denn der Sklave weiß nicht, was sein Herr tut. Euch nenne ich ‚Freunde‘, denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch wissen lassen.“ Warum sollte Jesus seine Jünger überhaupt „Sklaven“ nennen? Weil er ihr „Herr“ ist. Aber nun sind sie doch keine Sklaven für ihn, sondern seine Freunde, auch wenn er ihr Herr bleibt. Dieses Verhältnis drückt sich auch in dem aus, was Maria von Magdala am leeren Grab von Jesus sagte. „Man hat meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo man ihn hingelegt hat.“ (Jo 20,13). So spricht keine Sklavin, sondern eine Freundin, trotzdem ist er ihr Herr.

Nach der Auferstehung ist es dann ganz offenbar. So nennt ihn Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ (Jo 20,28). Fortan wird Jesus verkündigt als Messias und Herr. Das wird zum Lebenselement der Gemeinde. Jesus ist der Herr, dem sie dienen und den sie bekennen. Und am Ende werden es alle bekennen müssen:

„Deshalb erhöhte Gott ihn auch über alles und schenkte ihm den Namen, der über jedem Namen ist, damit im Namen von Jesus jedes Knie sich beugen soll, von Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge eingestehen soll: ‚Herr ist Jesus der Messias‘, zur Ehre Gottes des Vaters.“ (Phil 2,9-11). Der Name, den Gott ihm geschenkt hat, ist „Herr“ – Gottes eigener Name.

Sklaven Gottes

Sklaven Gottes sind Menschen, die Gottes Eigentum sind. Auch nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei wissen wir immer noch, was Sklaven sind. Ein Sklave ist ein Mensch, der im Eigentum eines anderen steht.

Der Besitz von Sklaven war in der antiken Welt – also auch zur Zeit des Neuen Testaments – selbstverständliche und alltägliche Lebenswirklichkeit. Schätzungen zufolge waren im römischen Reich ca. 80 % der Menschen Sklaven, d. h. Eigentum der sogenannten Freien bzw. Herren. Herren konnten ihre Sklaven gut oder schlecht behandeln, sie konnten sie niedrigste Arbeiten verrichten lassen oder ihnen große Verantwortung übertragen. Und so wird auch im Neuen Testament mit großer Selbstverständlichkeit von Sklaven gesprochen.

Und der Gedanke vom Sklaven als Besitztum diente auch als Bezeichnung für die Beziehung zu Gott – schon von Anfang an. Lk 1,38 – Maria sagte: „Ich bin die Sklavin des Herrn. Es soll mir geschehen nach deinem Wort.“ Lk. 2,29 – Simeon: „Jetzt entlässt du deinen Sklaven, Gebieter, nach deinem Wort, in Frieden.“

Auch Jesus hat das Bild vom Sklaven gebraucht, um die Eindeutigkeit der Gottesbeziehung darzustellen. Mt 6,24: „Niemand kann zwei Herren als Sklave dienen. Denn entweder wäre ihm der eine gleichgültig und er liebte den anderen, oder er hielte sich an den einen und verachtete den anderen. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“ Auch in anderen Vergleichen und Beispielen hat Jesus das Bild gebraucht.

Allerdings hat Jesus den Gedanken auch in die andere Richtung verwendet, wenn er von der Sklaverei der Sünde spricht. Joh 8,34-36: „Amen, Amen, ich sage euch: Jeder, der die Sünde ausübt, ist ein Sklave der Sünde. Der Sklave bleibt aber nicht bis in Ewigkeit im Haus, der Sohn bleibt bis in Ewigkeit. Wenn euch also der Sohn frei macht, werdet ihr wirklich frei sein.“ Von der Sklaverei der Sünde hat dann auch Paulus gesprochen.

Auch um das Verhältnis seiner Nachfolger untereinander zu beschreiben, hat Jesus das Bild gebraucht. Mt 20,26-26 / Mk 10, 43-44: „So ist es aber nicht unter euch. Wer wichtig werden will unter euch, soll vielmehr euer Diener sein! Wer unter euch Erster sein will, soll Sklave von allen sein!“

Allerdings hat Jesus das Bild vom Sklaven Gottes dann auch gesprengt. Joh 15,15: „Ich nenne euch nicht mehr ‚Sklaven‘, denn der Sklave weiß nicht, was sein Herr tut. Euch nenne ich ‚Freunde‘, denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch wissen lassen.“

Die innere Beziehung zum Herrn wird neu definiert als Freundschaft. Die Beziehung zu Gott durch die neue Geburt dann auch als Kindschaft. Freunde des Herrn, Söhne und Töchter Gottes – was gibt es mehr? Aber als Bild für die Gottesbeziehung bleibt das Sklaventum dennoch bestehen.

Es beginnt schon in der Apostelgeschichte, wenn die Gemeinde betet. Apg 4,29-30: „Und jetzt, Herr, achte auf ihre Drohungen und gib deinen Sklaven, dass sie mit aller Offenheit dein Wort sagen, während du deine Hand ausstreckst, damit Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechts Jesus!“ Sklaven des Herrn als Selbstbezeichnung der Gemeinde – wem würde heutzutage so etwas einfallen?

In den Briefeingängen ist es schon geradezu typisch, dass sich Jakobus, Paulus, Judas und Petrus jeweils als „Sklave Gottes“ vorstellen. Aber so war ihr Selbstverständnis. Und so machten sie deutlich, wem sie verantwortlich waren – und auch, woher letztlich der Brief kam.

Der jeweilige Status von Sklaven und Herren blieb im weltlichen Verhältnis bestehen. Aber im geschwisterlichen Verhältnis innerhalb der Gemeinde war er aufgehoben. Gal 3,28: „(In ihm) gibt es keinen ‚Juden‘ und keinen ‚Nichtjuden‘ mehr, keinen ‚Sklaven‘ und keinen ‚Freien‘, keinen ‚Mann‘ und keine ‚Frau‘, denn ihr seid alle eins im Messias Jesus.“

Und in 1 Kor 7, 21-22 sagt Paulus: „Du bist als Sklave gerufen? Das soll dich nicht kümmern. Aber wenn du frei werden kannst, mach lieber davon Gebrauch. Der im Herrn berufene Sklave ist allerdings ein Freigelassener des Herrn, genauso wie der berufene Freie ein Sklave des Messias ist.“ So wird hier der Sklave zum Freigelassenen und der Herr zum Sklaven.

Es war sicherlich gewöhnungsbedürftig, wenn Herren und Sklaven plötzlich gleichwertig und gleichberechtigt als Brüder beieinander saßen, genauso auch Herrinnen und Sklavinnen als Schwestern.

Und nicht nur in der Gemeinde, auch zu Hause musste man sich neu eingewöhnen. 1 Tim 6,2: „Die, die gläubige Besitzer haben, dürfen (diese) nicht verachten, weil sie Geschwister sind, sondern sie sollen ihnen besser dienen, weil es Gläubige sind und Geliebte, die sich der Wohltätigkeit annehmen.“ Zu Hause Herr oder Herrin und Sklave oder Sklavin, in der Gemeinde aber Geschwister – das war sicherlich manchmal nicht so einfach.

In der Offenbarung ist „seine Sklaven“ dann zu einer durchgehenden Bezeichnung der Gemeinde geworden. Es fängt schon gleich so an. Offb 1,1: „Eine Offenbarung von Jesus dem Messias, die Gott ihm gegeben hat, um seinen Sklaven zu zeigen, was bald geschehen muss.“ Und es geht so weiter:

Offb 2,20: „Aber ich habe gegen dich, dass du die Frau Isebel zulässt, die sich ‚Prophetin‘ nennt, die lehrt und meine Sklaven irreführt, dass sie Unzucht treiben und Fleisch von Götteropfern essen.“

Kap. 7,3: „Schadet weder der Erde, noch dem Meer, noch den Bäumen, solange wir die Sklaven unseres Gottes auf ihren Stirnen versiegeln!“

Offb 10,7: „In den Tagen, wenn der siebte Engel das Signalhorn blasen wird, wird vielmehr das Geheimnis Gottes vollendet sein, wie er seinen Sklaven, den Propheten, die Botschaft gebracht hat.“ Man beachte, dass hier neben „Sklaven“ auch „Propheten“ zur Bezeichnung der Gemeinde geworden ist.

Kap. 11,18: „Nachdem die Völker zornig waren, war auch dein Zorn gekommen und die Zeit, den Toten das Urteil zu sprechen und deinen Sklaven den Lohn zu geben, den Propheten, den Heiligen, denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, und die zu verderben, die die Erde verdorben haben.“

Offb 19,5: „Lobt unseren Gott, alle seine Sklaven, die ihn fürchten, die Kleinen und die Großen!“

Kap. 22,3: „Seine Sklaven werden ihm dienen, sie werden sein Gesicht sehen, und sein Name wird auf ihren Stirnen sein.“

Offb 22,6: „Der Herr – der Gott der Geistesgaben der Propheten – hat seinen Engel gesandt, um seinen Sklaven zu zeigen, was bald geschehen muss.“

Sklaven Gottes – das ist also (u.a.) die Existenzweise der christlichen Gemeinde. Stelle also sicher, dass du ein Sklave bzw. eine Sklavin Gottes bist, damit du dazugehörst …