Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Leben

Sterben und Neugeburt

Sterben und Neugeburt gehört zu den menschlichen Unmöglichkeiten, die man beim Lesen der Bibel entdeckt, die aber bei Gott möglich sind. Ich nenne hier einmal zwei Beispiele für solche Unmöglichkeiten. Zuerst das rätselhafte Wort aus Johannes 11,26: „Jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.“ Und ein dazu paralleles Wort mit einem anderen Thema sehe ich in 1.Joh. 3,6: „Jeder, der in ihm bleibt, versündigt sich nicht.“ Beides geht nach dem üblichen christlich-religiösen Denken eigentlich nicht, nicht mehr sündigen und nicht mehr sterben. Aber es steht so da im Wort Gottes.

Einen neuen Menschen anziehen

Ich denke, beides hängt mit Sterben und Neugeburt zusammen bzw. dem Geheimnis des neuen Menschen, wie Paulus davon schreibt – Eph. 4,24: „… dass ihr den neuen Menschen anzieht, der nach Gott geschaffen ist mit Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit.“ Der neue nach Gott geschaffene Mensch ist also ein Gerechter und Heiliger, der nicht sündigt. Sündigen tut der alte Mensch, weil in ihm die Kräfte der gefallenen menschlichen Natur am Werk sind. Der durch das Blut Jesu gereinigte und mit Heiligem Geist getaufte/erfüllte/versiegelte neue Mensch sündigt nicht.

Den alten Menschen töten

Paulus verbindet diese Tatsache auch mit dem Bild des Todes – Römer 6,24-26: „Wir wurden durch die Taufe mit ihm zusammen begraben in den Tod, damit, wie der Messias von den Toten auferweckt wurde durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einer neuen Art des Lebens leben. Wenn wir mit dem Abbild seines Todes vereinigt sind, werden wir es ja vielmehr auch mit dem der Auferstehung sein. Das wissen wir, dass unser alter Mensch mit hingerichtet wurde am Kreuz, damit der Mensch der Sünde abgeschafft wird …“

Die Bekehrung bzw. Wiedergeburt bedeutet also Sterben und Neugeburt. Für die alte, sündige menschliche Natur kommt der Tod. Das ist durchaus real gemeint, wie es Paulus auch in Gal. 5,24 ausdrückt: „Und die, die dem Messias Jesus gehören, haben die menschliche Natur am Kreuz hingerichtet mit den Leidenschaften und den Trieben.“

Die (gefallene) menschliche Natur ist der alte Mensch, er muss mit Jesus am Kreuz hingerichtet bzw. in seinen Tod getaucht werden. Für den alten Menschen gibt es keine Rettung, er hat keine Verheißung, er hat den Tod verdient, er muss sterben. Ich bin auch überzeugt, dass manche „seelsorgerlichen“ Probleme sofort hinfällig wären, wäre man bereit, den alten Menschen in den Tod zu geben. Was übrigens sehr befreiend ist …

Wenn jemand sein Leben retten will …

Wenn man diese Tatsache verstanden hat, findet man sie immer wieder im NT, auch schon bei Jesus, z.B. Mt. 16,24+25: „Wenn jemand mir nachgehen will, soll er sich selbst verleugnen und seinen Kreuzesbalken tragen und mir folgen. Wenn jemand sein Leben retten will, wird er es freilich verlieren. Wenn jemand sein Leben aber verliert wegen mir, wird er es finden.“

Sich selbst verleugnen, sein Leben verlieren, was ist das anderes als Sterben? Die Frage ist also: Bist du schon mit Jesus gestorben? Hast du den Tod schon hinter dir? Hast du den Tod hinter dir, dann bist du im ewigen Leben und stirbst natürlich nicht mehr. Wenn wir die Entrückung erleben, dann wird unser Körper, der allein noch sterblich ist, direkt in den Auferstehungsleib verwandelt.

Wenn wir die Entrückung nicht erleben, dann bleibt noch das Ende unsres irdischen Lebens, ich nenne hier mal die Bezeichnungen aus 2.Kor. 5: „Abbrechen der irdischen Zeltwohnung“, „Ablegen des Gewands“, „nicht mehr im Leib daheim sein“. In Phil. 2 nennt Paulus es „heimgehen“ und einen „Gewinn“. Das übliche menschliche „Sterben“ dagegen ist ganz was anderes.

Ich denke, manche Christen werden solche Gedanken etwas radikal oder extrem finden. Ich bin aber auch überzeugt, dass viele „Christen“ die Radikalität des Christentums auch nicht verstanden haben. Es geht um Leben und Tod, um nichts weniger …

In Ewigkeit kein Tod

In Ewigkeit kein Tod – betrachten wir dazu einmal die folgende Stelle im Johannesevangelium – Joh. 8,51+52:

„Amen, Amen, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort hält, wird er in Ewigkeit keinen Tod sehen.“ Die Judäer sagten ihm nun: „Jetzt wissen wir, dass du etwas Dämonisches hast. Abraham ist gestorben, und die Propheten, und du sagst: ‚Wenn jemand mein Wort hält, wird er nichts schmecken vom Tod bis in Ewigkeit“?

Jesus befindet sich hier in einer Diskussion mit seinen judäischen Gegnern. Eigenartig ist, dass seine Aussage „keinen Tod sehen“ von ihnen wiedergegeben wird mit „nichts schmecken vom Tod“. Wir gehen wie immer davon aus, dass Johannes hier keinen Fehler gemacht hat und weiß, was er schreibt. Dann müssen die beiden Ausdrücke gleichbedeutend sein. Und sie bestätigen die Lehre von Jesus, dass die, die an ihn glauben, nicht mehr sterben. Das heißt, dass deren Sterben kein „Tod“ mehr ist.

Aber woher haben die Gegner ihre Formulierung „nichts schmecken vom Tod“? Jesus sie an dieser Stelle zuvor doch gar nicht gebraucht. Im ganzen Johannesevangelium taucht sie auch nirgendwo anders auf. Allerdings erscheint sie in den anderen drei Evangelien an entscheidender Stelle, in Mt. 16,28, Mk. 9,1 und Lk. 9,27. Ich zitiere aus meiner Evangelienharmonie:

Und er sagte zu ihnen: „Amen, ich sage euch, wahrhaftig: Es sind einige derer, die hier stehen, die werden nichts schmecken vom Tod, bis sie den Menschensohn kommen sehen mit seinem Königreich, dem Reich Gottes mit Kraft.“

Ich ziehe daraus drei Schlüsse:

1) Dieses Wort von Jesus war offensichtlich sehr bekannt und verbreitet, auch bei seinen Gegnern. Man hat ihn also beobachtet, seine Lehre gehört und verstanden, wenn auch nicht geglaubt. Nur so ist es erklärbar, dass die Gegner dieses Wort in der Diskussion nennen, obwohl Jesus es unmittelbar davor gar nicht gesagt, sondern eine andere Formulierung gebraucht hatte.

2) Diese Beobachtung ist ein weiteres Argument, das dafür spricht, dass Johannes die anderen Evangelien kannte und mit seinem Evangelium einen ergänzenden Bericht dazu geschrieben hat. Er setzt den Ausdruck „nichts schmecken vom Tod“ bei seinen Lesern als bekannt voraus. Er lässt ihn einfach und unvermittelt in einer Aussage der Gegner von Jesus auftauchen.

3) Die Gleichsetzung von „nichts schmecken vom Tod“ und „keinen Tod sehen“ wirft auch ein helles Licht darauf, wie die ansonsten etwas rätselhafte Aussage von Jesus in den anderen Evangelien gemeint ist. Es gibt ja mehrere Erklärungsversuche dazu, aber die Parallele im Johannesevangelium gibt eine eindeutige Antwort. „Bis sie den Menschensohn kommen sehen“ kann dann einfach und wörtlich verstanden werden. Es wird ja noch übertroffen von der Parallele „bis in Ewigkeit“. So bezeugen also auch die anderen Evangelien die Lehre von Jesus, dass, wer an ihn glaubt, nicht mehr stirbt:

Joh. 5,24: „Amen, Amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod ins Leben übergegangen.“

Joh. 11,25+26: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.“

Dass „an Jesus glauben“ in diesem Zusammenhang natürlich nichts mit christlicher Mittelmäßigkeit zu tun hat, sondern mit ernsthafter Nachfolge, dürfte deutlich sein …