Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Korinther

Sexualität

Sexualität sollte unter Christen – wie alles andere auch – aus Gottes Sicht betrachtet werden. Und Gottes Sicht finden wir in der Bibel. Fangen wir vorne an und schauen, wo die Sexualität herkommt:

Der Schöpfungsbericht – 1 Mo 1,27: „Und Gott machte den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes machte er ihn, männlich und weiblich machte er sie.“ Es ist also Gottes persönliche Erfindung, den Menschen als Mann und Frau zu machen.

Im zweiten Kapitel des 1. Buches Mose – einer sinnvollen Ergänzung zum ersten – wird dieser Vorgang konkreter beschrieben. Vers 7: „Und Gott formte den Menschen aus Erde vom Erdboden …“. Gott hat also nicht nur gesprochen, sondern geformt – also etwas getan, was z. B. auch ein Töpfer tut. Und dann erschuf Gott aus dem Adam auch noch eine Frau. Vers 22: „Der Herr, Gott, baute die Seite, die er von dem Adam entnommen hatte, zu einer Frau …“. Auch „bauen“ ist etwas, was man mit seinen Händen macht. Wenn Gott also Mann und Frau geformt bzw. gebaut hat, dann hat er auch alle an und in ihnen befindlichen Geschlechtsteile und -merkmale mit eigenen Händen geformt und gebaut.

Und in 1 Mo 1,31 heißt es: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut.“ Dieses Urteil betrifft also auch die Sexualität des Menschen. Alles daran ist sehr gut. Und die mit der Sexualität vorhandenen körperlichen Empfindungen gehören mit dazu. „Sündig“ oder „schmutzig“ ist daran nichts. Sünde fängt immer erst da an, wo man die guten Gaben Gottes missbraucht und pervertiert.

Adam und Eva haben nicht gesündigt, als sie sexuell zusammen waren, sondern sie haben ihre Ehe damit geschlossen. Ich habe dieses Verständnis der Sexualität ausführlicher in meinem Beitrag über Unzucht dargelegt. Das körperliche Zusammensein von Mann und Frau ist das grundlegende Wesensmerkmal der Ehe. Das heißt, die Ehe ist der Raum für die Entfaltung der Sexualität. Dass diese Entfaltung der Sexualität durchaus lustvoll gemeint ist, wird an wenigen Stellen in der Bibel deutlich.

In den Sprüchen z. B. warnt der Weisheitslehrer davor, sich auf den Ehebruch mit einer fremden Frau einzulassen. Als Mittel dagegen empfiehlt er sehr bildhaft die Freude an der eigenen Ehe. Ich zitiere Spr 5,15-19 nach der Elberfelder Bibel. „Trinke Wasser aus deiner (eigenen) Zisterne und was aus deinem Brunnen quillt. Sollen nach draußen verströmen deine Quellen, auf die Plätze deine Wasserbäche? Dir allein sollen sie gehören, doch keinem Fremden neben dir. Deine Quelle sei gesegnet, erfreue dich an der Frau deiner Jugend! Die liebliche Hirschkuh und anmutige Gemse – ihre Brüste sollen dich berauschen jederzeit, in ihrer Liebe sollst du taumeln immerdar!“

Kann man es schöner ausdrücken, dass hier der Ort ist, an dem sexuelle Bedürfnisse ausgelebt werden können? Und offensichtlich können sie nicht nur, sondern sollen hier auch ausgelebt werden („berauschen“, „taumeln“ …). Warum die Lutherbibel statt der korrekten Übersetzung „Brüste“ lieber „Anmut“ schreibt, darauf darf sich gerne jeder selbst einen Reim machen.

Auch Paulus, der Ehelose, der die Ehelosigkeit empfiehlt, vertritt diese Sichtweise. In der Ehe haben die sexuellen Bedürfnisse ihren legitimen Platz. 1 Kor 7,2-5: „Wegen der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und genauso jede den eigenen Mann. Der Mann soll der Frau geben, was er schuldig ist, genauso auch die Frau dem Mann. Die Frau hat nicht die Macht über ihren Leib, sondern der Mann. Und genauso hat auch der Mann nicht die Macht über seinen Leib, sondern die Frau. Beraubt einander nicht, außer in gegenseitigem Einverständnis für eine gewisse Zeit, um frei zu sein fürs Gebet. Und seid (dann) wieder zusammen, damit euch der Satan nicht versucht wegen eures Verlangens.“

Wenn wir Paulus hier genau nehmen, dann ist das sexuelle Verlangen sogar der einzige Grund für die Ehe, der angesichts des nahen Endes aller Dinge noch akzeptabel ist. Und wie er dabei die Gegenseitigkeit und Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau beschreibt, ist für seine Zeit revolutionär. (Die Frau, die Macht hat über den Leib des Mannes!). Das heißt natürlich, dass das Bedürfnis beider Partner wichtig ist. Sogar hier kommt der christliche Grundsatz zum Zuge, dass man nicht nur auf das Seine, sondern auch auf das des anderen zu achten hat. Und es gibt dabei sicherlich keine Grenzen für alles, was beiden Partnern Freude macht …

Dass Ehe und Sexualität aber nur etwas Irdisches und damit Vergängliches sind, hat Jesus deutlich erklärt. Mt 29,30 / Mk 12,25 / Lk 20,35-36: „Die aber, die für wert gehalten werden, zu jener Welt zu kommen und zur Auferstehung von den Toten, die heiraten nicht und sind nicht verheiratet, wenn sie von den Toten auferstehen. Sie können ja auch nicht mehr sterben, sondern sie sind Engeln in den Himmeln gleich und sind Söhne und Töchter Gottes, weil sie Söhne und Töchter der Auferstehung sind.“

Unzucht

Unzucht ist die deutsche Entsprechung des griechischen Wortes „porneía“. Von da kommen übrigens auch alle unsere Fremdwörter, die mit „Porno-“ beginnen. Unzucht ist im Deutschen aber ein veraltetes Wort. Es wird in der modernen Sprache nicht mehr verwendet und kommt außer in manchen Bibelübersetzungen nur noch in älteren Gesetzestexten vor. Leider gibt es für „Unzucht“ aber auch kein neueres Wort, weil die Kenntnis der Sachlage verloren gegangen ist. Und so habe ich auch in meiner Übersetzung den Begriff beibehalten.

Unzucht meint jede Art sexueller Beziehung vor oder außerhalb der Ehe, und zwar der Ehe zwischen Mann und Frau. Nach Gottes Schöpfungsplan wird mit der ersten sexuellen Vereinigung eines Mannes und einer Frau deren Ehebeziehung gestiftet, eine den ganzen Menschen umfassende, dauerhafte Zusammengehörigkeit. Unzucht dagegen gilt als unverantwortlich, schädlich, entwürdigend, mit einem Wort: Sünde.

Es ist kein Wunder, dass dieser Sachverhalt aus den Köpfen verschwunden ist in einer Zeit, in der jeder mit jedem Sex haben darf, solange er einvernehmlich ist, keine Minderjährigen und Schutzbefohlenen beteiligt sind und kein öffentliches Ärgernis erregt wird. Aber die biblische Sicht ist und bleibt dennoch klar und eindeutig.

Fangen wir am Anfang an. Gott schuf Mann und Frau, also ist er der Erfinder der Sexualität. Und sie steht unter seinem Urteil: Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und es war sehr gut. Von der Schöpfung her ist an der Sexualität nichts Sündiges oder Böses, im Gegenteil, auch sie gehört zu den Wundern der Schöpfung.

Erst mit dem Sündenfall wurde Adam und Eva ihre Nacktheit bewusst, sie schämten sich und trugen fortan Kleidung. Hierin drückt sich die Verletzlichkeit des Menschen an dieser Stelle aus, und bis heute bewirkt Schamhaftigkeit einen gewissen Schutz.

Adam und Eva waren ein Mann und eine Frau, aber ab wann waren sie „Mann und Frau“ im Sinne eines Ehepaars? Ohne Standesbeamten, ohne Trauzeugen, ohne Hochzeitszeremonie, wie ging das? Der Bericht sagt: „Und Adam ‚erkannte‘ Eva, seine Frau.“ Da sie davon schwanger wurde, ist klar, dass hier mit „Erkennen“ die geschlechtliche Vereinigung gemeint ist. Jetzt ist sie auf einmal „seine Frau“. Die Ehe ist geschlossen. Man kann in dem Ausdruck auch die Bedeutungen mitlesen „Er erkannte sie als seine Frau“ und „Er erkannte sie an als seine Frau“.

Offenbar ist Sex, wie Gott ihn gedacht und geschaffen hat, keine folgenlose körperliche oder gar sportliche Betätigung. Sie ist vielmehr ein den ganzen Menschen umfassendes Geschehen mit der tiefgreifenden Folge einer umfassenden Verbindung. Und die Ehe in diesem Sinne ist nur möglich zwischen Mann und Frau.

Diese Sichtweise bestätigt sich auch in den Berichten über die Stammväter. Als Rebekka aus fernem Land zu Isaak gebracht wurde, nahm er sie in sein Zelt, verbrachte die Nacht mit ihr, und damit war sie seine Frau.

Deren Sohn Jakob hatte dann bei seinem Onkel Laban sieben Jahre um dessen jüngere und hübschere Tochter Rachel gedient. Aber in der Hochzeitsnacht unterschob Laban ihm statt Rachel seine ältere und weniger hübsche Tochter Lea. Als Jakob am anderen Morgen bei Tageslicht (und vermutlich wieder Nüchternheit) seinen Irrtum bemerkte, gab es keinen Grund, an der gültigen Ehe zu zweifeln. Lea war seine Frau.

Dieses Verständnis der Ehe als geschlechtliche Gemeinschaft, die mit dem ersten Geschlechtsverkehr beginnt, zieht sich durch die ganze Bibel bis ins Neue Testament.

Wenn Paulus im ersten Korintherbrief argumentiert, dass es für eine ganze Hingabe an Jesus besser wäre, ledig zu bleiben, dann meint er damit den völligen Verzicht auf sexuelle Beziehungen. Und wer meint, nicht dauerhaft darauf verzichten zu können, der soll heiraten. Auch hier ist die Ehe als sexuelle Gemeinschaft verstanden. Wegen der Gefahr der Unzucht steht denen, die nicht verzichten können, der Weg in die Ehe offen. Und Paulus bekräftigt, dass sie damit nicht sündigen. Also leben Heilige entweder in der Ehe oder im Verzicht. Alles andere ist Unzucht.

Diese Sichtweise scheint in unserer humanistich-materialistischen Gesellschaft mit ihrer sexuellen Freizügigkeit ausgestorben zu sein. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Umso mehr werden Christen auch hier auffallen als Lichter in der Finsternis.

Und nicht vergessen: Wir verkünden der Welt keine christliche Moral, sondern die Botschaft von Jesus dem Messias. Er allein ist fähig, das Leben von Menschen grundlegend zu verändern. Bei Jesus gibt es Vergebung, Reinigung und ein neues Leben …

Verschleierung der Frauen?

Verschleierung der Frauen, diese Forderung in 1 Ko 11 hat schon viel Unruhe gestiftet und Not bereitet. Im griechischen Text ist es sogar mehr als die Forderung nach einem einfachen Kopftuch als Kopfbedeckung. Da wird eine Verhüllung verlangt, wie etwa heute noch in extremen islamischen Kreisen. Das Problem löst sich aber, wenn man erkennt, dass es sich bei dieser Forderung um eine unrichtige Meinung aus Kreisen der Korinther Gemeinde handelt.

Neben einer liberalen Richtung gab es in der Korinther Gemeinde auf der anderen Seite des Spektrums nämlich auch eine gesetzliche Richtung. Diese kam vom jüdischen Hintergrund her und forderte die Verschleierung der Frauen in der Gemeinde, teilweise auch ihr komplettes Schweigen. Auch mit dieser Richtung setzte sich Paulus intensiv auseinander. Das Buch von Thomas Schirrmacher „Paulus im Kampf gegen den Schleier“ war mir die entscheidende Hilfe, diese Seite zu erkennen. Die Sicht dieser Richtung kommt in zwei Texten zum Ausdruck in 1 Ko 11 und 1 Ko 14 wo Paulus sie erst zitiert und dann widerlegt. Ich habe die Abschnitte wie folgt übersetzt und aufbereitet (mit Erklärungen in Klammern zum besseren Verständnis):

1 Ko 11,3-16 – die Verschleierung der Frauen:

„Ich will aber, dass ihr wisst: (Einige bei euch vertreten folgende Lehre:) „Das Haupt jedes Mannes ist der Messias, Haupt einer Frau der Mann, Haupt des Messias Gott. Jeder Mann, der betet oder prophetisch spricht und etwas auf dem Kopf hat, beschämt seinen Kopf. Jede Frau, die betet oder prophetisch spricht mit unverhülltem Kopf, beschämt ihren Kopf. Es ist ein und dasselbe (wie) bei einer, (der der Kopf) rasiert wurde. Wenn eine Frau sich nicht verhüllt, soll sie auch geschoren werden! Wenn es für eine Frau aber schändlich ist, geschoren oder rasiert zu werden, soll sie sich verhüllen! Ein Mann muss sich freilich nicht den Kopf verhüllen, denn er ist Bild und Herrlichkeit Gottes, die Frau ist Herrlichkeit eines Mannes. Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann, und der Mann wurde ja nicht wegen der Frau geschaffen, sondern die Frau wegen des Mannes.

(Dazu sage ich:) Deswegen muss die Frau Macht über ihren Kopf haben: wegen der Engel! Abgesehen davon gibt es beim Herrn keine Frau ohne einen Mann und keinen Mann ohne eine Frau, denn wie die Frau aus dem Mann (gekommen) ist, so (kommt) auch der Mann durch die Frau, und das alles von Gott. Urteilt bei euch selbst: Es ist angemessen, dass eine Frau unverhüllt zu Gott betet! Auch die Natur selbst lehrt euch nicht, dass es für einen Mann, wenn er sich die Haare wachsen lässt, eine Entehrung ist, für eine Frau aber, wenn sie sich die Haare wachsen lässt, eine Ehre ist. Die Haare sind doch (allen von Gott) als Kleidung gegeben. Wenn aber jemand meint, streitlustig sein zu müssen: Wir haben einen solchen Brauch (einer Verschleierung) nicht, auch die Gemeinden Gottes nicht!“

(Anmerkung zu den Engeln in Vers 10: Laut Kapitel 6,3 wird die Frau mit über Engel richten. Dann wird sie ja wohl auch über ihren eigenen Kopf bestimmen dürfen!)

Dafür, dass die Verse 3-9 eine Meinung aus Korinth zitieren, sprechen im Wesentlichen drei Argumente. 1) Der Abschnitt steht inhaltlich im Gegensatz zu den Versen 10-16. Paulus würde sich selbst widersprechen. 2) Die Aussage des Abschnitts findet sich in keiner anderen damaligen christlichen Schrift, wohl aber bei jüdischen Theologen. 3) Sie widerspricht generell der neutestamentlichen Sicht der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Frauen in der Gemeinde. Siehe dazu die ausführliche Argumentation im oben genannten Buch von Schirrmacher.

1.Kor. 14,34-36 – das Schweigen der Frauen:

„(Einige bei euch sagen auch:) Die Frauen sollen schweigen in den Gemeinden, es ist ihnen nicht erlaubt zu sprechen. Sie sollen sich vielmehr unterordnen, wie auch das Gesetz es sagt. Wenn sie etwas lernen wollen, sollen sie zu Hause ihre Männer fragen. Es ist doch schändlich, wenn eine Frau in der Gemeinde spricht.

(Ich sage dazu Nein:) Ist denn das Wort Gottes von euch ausgegangen? Ist es denn allein zu euch gekommen? Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, dann soll er klar erkennen, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. Wenn jemand es aber nicht erkennt, soll man (auch) ihn nicht kennen!“

Auch dazu darf ich anmerken: Das Gesetz im Sinne des Alten Testaments sagt zum Schweigen der Frauen überhaupt nichts. Aber einige jüdische Theologen aus der damaligen Zeit fordern es. Auch das spricht dafür, dass Paulus hier noch eine Meinung aus Korinth zitiert.

Für manche Leser mag diese Sicht neu sein, wie sie für mich neu war, als ich Schirrmachers Buch zum erstenmal las. Aber sie war sehr befreiend. Mir ist bewusst, dass diese Darstellung in anderen Bibelübersetzungen nicht zum Tragen kommt. Für viele Leser ist sie neu, vielleicht auch wieder etwas verwirrend. Aber ich gebe zu bedenken, dass ohne das Verständnis von 1 Kor 11 und 14 als Zitate von Meinungen aus Korinth mit Antworten von Paulus darauf im Prinzip nur zwei Möglichkeiten bleiben:

1) Wir müssen entweder klare Anweisungen von Paulus ganz einfach befolgen und folglich die Frauen in den Versammlungen verschleiern und zum Schweigen bringen.

2) Oder wir müssen klare Anweisungen von Paulus missachten und in diesen Dingen einfach tun, was uns gefällt.

Keine der beiden Möglichkeiten erscheint annehmbar, die zweite wäre geistlich gesehen sogar gefährlich. Denn wo fängt es an, dass wir von Lehre und Praxis der neutestamentlichen Gemeinde abweichen, weil uns irgendetwas daran nicht passt?

Soweit ich sehe, ist das Verständnis als Zitate die einzige Möglichkeit, die Texte an sich vollkommen ernst zu nehmen. Denn das Verschleiern oder gar Schweigen der Frauen ist angesichts ihrer Mit-Sohnschaft und ihrer Mit-Brüderlichkeit im Neuen Testament sowieso undenkbar.

Zitate im griechischen Text

Zitate im griechischen Text des Neuen Testaments sind oft nicht einfach zu erkennen. Das hängt mit der damaligen Kunst des Schreibens und Lesens zusammen. Die antike Schreibkunst hatte das Kulturgut der Satzzeichen noch nicht erfunden. Es gab also auch keine Doppelpunkte und Anführungszeichen, um Zitate kenntlich zu machen. Es blieb dann der Kunst des Lesers überlassen, ein Zitat im Text zu erkennen.

Einfach ist es, wenn Zitate im griechischen Text angekündigt werden. Z. B. in 1 Kor 1,19 (ohne Satzzeichen): „Es steht doch geschrieben Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Einsicht der Einsichtigen verschwinden lassen.“ Einfacher ist es dann aber doch mit den Lesehilfen: „Es steht doch geschrieben: ‚Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Einsicht der Einsichtigen verschwinden lassen.’“ (Jes 29,14)

Schwieriger wird es in einem Fall wie 1 Kor 5,13 (ohne Satzzeichen): „Über die draußen spricht Gott das Urteil Ihr aber müsst den Bösen entfernen aus eurer Mitte“. Dass hier ein Zitat drinsteckt, sieht nur der, der es aus dem Alten Testament kennt. Leichter hat man es, wenn man es so lesen kann: „Über die draußen spricht Gott das Urteil. Ihr aber müsst ‚den Bösen entfernen aus eurer Mitte!'“ (5 Mo 17,7). Und mit dabei auch gleich die Quellenangabe, wo es steht.

Der erste Korintherbrief ist durch eine sehr intensive Auseinandersetzung mit Vorgängen in der dortigen Gemeinde gekennzeichnet. Paulus zitiert auch Meinungen aus der Gemeinde, mit denen er sich in seinem Brief auseinandersetzt. Diese sollte man dann aber auch als andere Meinung erkennen und nicht als Aussage von Paulus missverstehen. Das ist wichtig für das Verständnis des Briefs.

Als Beispiel nehme ich einmal 1 Kor 6,12-13 (zunächst ohne Satzzeichen): „Alles ist mir erlaubt Aber nicht alles ist gut Alles ist mir erlaubt Aber nichts soll Macht über mich haben Die Speise für den Bauch und der Bauch für die Speisen Gott wird diese und jenen aber zunichte machen Der Leib ist aber nicht für die Unzucht da sondern für den Herrn und der Herr ist auch für den Leib da“.

Mit erkannten Zitaten, Satzzeichen und Erklärungshilfen in Klammern heißt es dann in meiner Übersetzung: (Wenn einige bei euch sagen:) „Alles ist mir erlaubt!“ (dann sage ich dazu:) Aber nicht alles ist gut. (Wenn sie sagen:) „Alles ist mir erlaubt!“ (dann sage ich:) Aber nichts soll Macht über mich haben. (Wenn sie sagen:) „Die Speise für den Bauch, und der Bauch für die Speisen!“ (sage ich dazu:) Gott wird diese (Speisen) und jenen (Bauch) aber zunichte machen. Der Leib ist aber nicht für die Unzucht da, sondern für den Herrn – und der Herr ist auch für den Leib da!

Ich denke, so wird es doch deutlicher, welche Auseinandersetzung Paulus an dieser Stelle führt. Er argumentiert mit einer liberalen Fraktion in Korinth, die ihre christliche Freiheit offensichtlich für ungute Dinge in Anspruch nahm. Das Schlagwort dieser Liberalen mit ihrem „Alles ist mir erlaubt!“ haben wir eben kennen gelernt. Dieses Schlagwort zitiert Paulus in 1 Kor 10,23 noch zweimal. Beim leichtfertigen Essen von Götzenopferfleisch werden sicherlich diese Leute angesprochen sein. Es waren wohl auch sie, die kein Problem damit hatten, zu einer Hure zu gehen. Und sie waren offensichtlich auch bereit zu tolerieren, dass einer eine Frau seines Vaters hat.