Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Josephus

Wann ist Jesus geboren?

Zur Frage „Wann ist Jesus geboren?“ wollen wir zunächst einen Blick auf ein paar Fakten zum Thema „Weihnachten“ werfen. Das fällt einem ja als erstes dazu ein. Das Wort „Weihnachten“ ist kein biblischer Begriff. Es kommt aus dem heidnisch-germanischen Vorfeld, in dem man die „geweihten Nächte“ feierte. Wenn mit der Wintersonnwende der Abwärtstrend der Sonne am Himmel und das Kürzerwerden der Tage gestoppt waren, war es natürlich ein Grund zum Feiern, dass sich der Trend jetzt umkehrte und die Tage ganz langsam wieder länger wurden.

Von diesem Ursprung her ist Weihnachten also nicht direkt ein heidnisches Fest, sondern ein Jahreszeitenfest. Dass es in Zeiten ohne elektrischen Strom ein Grund zum Feiern war und man es in der dunkelsten Zeit des Winters natürlich mit Feuer und Lichtern gefeiert hat, ist einleuchtend. Alle antiken Völker haben, soweit man weiß, die Wintersonnwende auf die eine oder andere Art gefeiert. Die ursprüngliche „Weihnachtsbotschaft“ heißt also: Wir haben den Wendepunkt überschritten, die Sonne steigt wieder höher, die Tage werden wieder länger und heller!

Dass Jesus nicht an Weihnachten geboren ist, ist den geschichtlich Gebildeten schon lange bekannt. Dass es irgendwann im Sommer gewesen sein muss, verraten uns die Hirten auf dem Feld bei Betlehem. Wann Hirten bei Betlehem auf dem Feld draußen waren, ist nämlich eine Frage der Jahreszeit. In Israel ist im Sommer Dürrezeit und im Winter Regenzeit. Die Zeit zum Säen ist im Herbst vor Beginn der Regenzeit. Dann kommt der „Frühregen“ und lässt das Getreide auf dem Feld keimen und wachsen. Im Frühjahr kommt dann der „Spätregen“, der das Getreide vollends ausreifen lässt bis zur Ernte im April/Mai.

Die Hirten sind mit ihren Herden während der Regenzeit im Winterhalbjahr draußen in der Steppe. Dort wächst dann genug Futter, und sie halten sich mit ihren Schafen wohlweislich von den Getreidefeldern fern. Nach dem Beginn der Dürrezeit, wenn die Steppe abgeweidet ist, kommen sie dann in das landwirtschaftlich genutzte Land. Hier dürfen die Tiere die abgeernteten Felder vollends kahlfressen und auch gleich düngen. Um Betlehem herum hat man viel Getreide angebaut. Das kann man schon im Buch Rut nachlesen. Und so kann die Zeit, in der dort Hirten mit ihren Herden auf dem Feld waren, nur im Sommer gewesen sein.

Jesus ist also irgendwann im Sommer geboren, aber wann genau? Lange dachte ich, man könne das eben mehr wissen. Aber dann stieß ich in dem Buch von Bargil Pixner „Wege des Messias und Stätten der Urkirche“ auf die Information, dass es tatsächlich einen von den Anfängen her überlieferten Termin für die Geburt des Messias gibt, nämlich den 15. August.

Für die Qualität dieses Termins spricht die Tatsache, dass er auch dann erhalten blieb, als die römische Kirche (Papst) aus kirchenpolitischen Gründen die Feier der Geburt des Herrn auf die römische Sonnwendfeier am 25. Dezember verlegte. Man wollte so den Anhängern des Sonnenkultes eine „christliche“ Alternative bieten. Offensichtlich war der Termin 15. August aber so fest verankert, dass man ihn nicht einfach abschaffen konnte. Man musste ihn also irgendwie umdeuten. Und so feiert man jetzt am 15. August nicht mehr, dass Maria da ihren Sohn Jesus geboren hat, sondern ihre angebliche „Himmelfahrt“ – ebenfalls eine Erfindung des römischen Stuhls.

(Das Schicksal einer Umdeutung hat übrigens auch den 6. Januar getroffen: Am Dreikönigstag bzw. Erscheinungsfest wurde ursprünglich der an diesem Tag geschehenen Taufe von Jesus im Jordan gedacht.)

Dass unsere Zeitrechnung nach „Christi Geburt“ nicht stimmt, ist den Informierten ebenfalls bekannt. Nur in welchem Jahr er wirklich geboren ist, ist umstritten. Im Jahr 28, als er mit seinem Werk anfing, war er nach Lukas 3,23 „etwa dreißig Jahre alt“. Das ist alles, was wir im Neuen Testament dazu erfahren. Jedenfalls hat zur Zeit seiner Geburt der König Herodes noch gelebt, der, wie man in allen Zeittabellen nachlesen kann, im Jahr 4 vor Christus starb. Dieses scheinbar sichere Datum wurde anhand einer Mondfinsternis festgelegt. Denn eine solche fand, wie Josephus berichtet, in dem Jahr statt, in dem Herodes starb.

Nun hat Werner Papke mit seinen astronomischen Kenntnissen in dem Buch „Das Zeichen des Messias“ recht einleuchtend Folgendes dargelegt: Die Mondfinsternis im Jahr 4 vor Chr. war nur eine Teilfinsternis. Im Jahr 2 v. Chr. gab es in Israel aber eine totale Mondfinsternis. Daher eignet sich dieses Jahr viel besser als Todesjahr des Herodes und passt auch insgesamt besser in die biblische Geschichte.

(Man hat hier auch ein Lehrbeispiel dafür, wie in der „Wissenschaft“ eine einmal aufgestellte falsche Hypothese fraglos immer wieder weitergegeben und abgedruckt wird, es steht ja in der Zeittafel …)

Der passendste Zeitpunkt für die Geburt von Jesus ist demnach der 15. August im Jahr 2 v. Chr.. Also war er im Jahr 28 tatsächlich „etwa dreißig Jahre“ alt. Bei seiner Taufe im Jordan am 6. Januar 28 war er dann 29 Jahre und knapp 5 Monate alt.

Die Essener

Im Blick auf Leute, die das Reich Gottes erwarteten, muss ich etwas über die Essener erzählen (Betonung auf dem zweiten e: Esséner, – also keine Bewohner der Stadt Essen). Von ihnen haben wir in der Bibel noch nichts gelesen, aber Flavius Josephus berichtet in seinem Buch über den jüdischen Krieg, dass es in Israel damals drei religiöse Richtungen unter den Juden gab: die Sadduzäer, die Pharisäer und die Essener. Pharisäer und Sadduzäer sind uns aus der Bibel bestens bekannt, Essener nicht.

Lange Zeit wusste man in der Geschichtsforschung außer dem, was Josephus berichtet, nichts über die Essener. Aber dann wurden die berühmten Schriftrollen in den Höhlen von Qumran entdeckt und auch die dortige essenische Siedlung ausgegraben, und plötzlich waren die Berichte von Josephus hochaktuell. Jetzt hatte man nicht nur die Informationen von Josephus über sie, sondern auch authentische Aussagen aus ihren eigenen Schriften.

Die Essener waren sehr ernsthafte „Gott hingegebene“ Leute – so wäre die Bezeichnung ins Deutsche zu übersetzen. Sie bildeten eine vom restlichen Volk abgegrenzte feste Gemeinschaft. In sie konnte man nur nach dreijähriger Probe- und Bewährungszeit aufgenommen werden. Ihr Ziel kann man damit beschreiben, ein heiliges und priesterliches Volk Gottes zu sein. Und so gehörten auch viele Priester zu ihnen, die sich mit dem verweltlichten sadduzäischen Priestertum in Jerusalem nicht identifizieren konnten. Es gab unter ihnen auch echte prophetische Gaben.

Sie lebten nach strengen Regeln, mit denen sie die Vorschriften des Gesetzes über die priesterliche Reinheit auf ihre ganze Gemeinschaft übertrugen. Sie hatten auch einen eigenen altüberlieferten Kalender. Nach diesem fiel ihre Feier der Feste oft auf andere Termine als bei den Pharisäern und Sadduzäern. Es gab auch Verheiratete unter ihnen, aber im Gegensatz zu den Pharisäern schätzten sie die Ehelosigkeit sehr hoch ein. Andererseits nahmen sie verwaiste Kinder auf, um sie in ihrer Gemeinschaft großzuziehen. Um ihr Reinheitsideal einzuhalten, lebten sie gerne abgesondert in eigenen Siedlungen, wie in der von Qumran.

Aber auch in Jerusalem gab es auf dem südlichen Hügel, der heute Zionsberg genannt wird, oberhalb des Hinnom-Tals ein von Essenern bewohntes Viertel, das durch eine eigene Mauer innerhalb der Stadtmauer vom Rest der Stadt abgegrenzt war. Es war eine archäologische Sensation, als man das von Josephus erwähnte Essener-Tor dort tatsächlich durch eine Ausgrabung nachweisen konnte.

Nun bleibt aber das Rätsel, warum diese Leute als wichtige Zeitgenossen von Jesus im Neuen Testament nicht in Erscheinung treten. Dieses Rätsel kann man ein wenig lüften, wenn man im Neuen Testament nach „Gott hingegebenen“ Leuten sucht. Das griechische Wort dafür, „eulabés“, kommt im Neuen Testament nicht oft vor, aber an interessanten Stellen, z.B. Luk. 2,25: „Und sieh, in Jerusalem war ein Mann, dessen Name war Simeon, dieser Mann war gerecht und Gott hingegeben. Er erwartete die Hilfe Israels, und Heiliger Geist war auf ihm.“ Simeon, ein echter Prophet, ein Essener? Das klingt einleuchtend …

Als Jahre später nach der Steinigung von Stefanus die erste Christenverfolgung in Jerusalem ausbrach, da heißt es in Apg. 8,2: „Gott hingegebene Leute bestatteten aber Stefanus und machten eine große Klage über ihn.“ Als die Christen zerstreut wurden, tauchten Essener auf und nahmen sich des Leichnams von Stefanus an.

Dann schauen wir uns noch die drei Geschwister in Betanien an, Lazarus, Marta und Maria: Drei unverheiratete Erwachsene, die zusammen leben, das ist für das damalige Israel so ungewöhnlich, dass sie eigentlich nur Essener sein können.

Und als Jesus für seinen Einzug in Jerusalem einen Esel braucht, sagt er den Jüngern: Folgt einem Mann, der einen Wasserkrug trägt. Nun wird das aber erst bedeutsam, wenn man bedenkt, dass damals in Israel das Tragen von Wasserkrügen Frauensache war. Nur ein unverheirateter Mann musste seinen Krug selber tragen. Und dass der ein Essener war, passt mit der Tatsache zusammen, dass das Obergeschoss, in dem Jesus mit seinen Jüngern das Abendmahl beging, zu einem Haus in dm oben genannten Essenerviertel gehört. Als Sadduzäer und Pharisäer schon den Tod von Jesus beschlossen hatten, stellten ihm Essener noch einen Saal für die Pesach-Feier zur Verfügung.

Es geht noch weiter: In diesem Obergeschoss des Hauses im Essener-Viertel traf sich nach der Auferstehung von Jesus die erste Gemeinde. Und so fand hier auch an Pfingsten die Ausgießung des Heiligen Geistes statt. So passt auch Apg. 2,5 ins Bild: „Es gab aber jüdische Gott hingegebene Leute aus allen Völkern unter dem Himmel, die sich in Jerusalem niederließen“, die nun zusammenströmten. So erfahren wir auch, dass es bei den Essenern nicht nur einheimische Juden gab. Es gab bei ihnen auch solche, die aus der Diaspora in aller Welt nach Israel zurückgekommen waren.

Und wenn es in Apg 6,7 heißt: „… und eine große Menge der Priester gehorchten dem Glauben“, dann dürfen wir annehmen, dass das wohl weniger Sadduzäer waren, sondern eher Essener.

Die Essener als eigene Gemeinschaft verschwanden über den jüdischen Krieg aus der Geschichte. Sie waren wohl besonders gut auf das Reich Gottes vorbereitet gewesen. Wir dürfen annehmen, dass eine große Zahl von ihnen in Jesus die Erfüllung ihres Glaubens fand. Dann ging die Essener-Gemeinschaft in ihrer Mehrheit einfach in der christlichen Gemeinde auf.

Eigentlich ein schöner Gedanke – die religiösen Gemeinschaften verschwinden und gehen in der Gemeinde des Herrn auf …

Flavius Josephus

Flavius Josephus – mit diesem Mann möchte ich euch hier bekannt machen Er selbst kommt im Neuen Testament gar nicht vor. Aber er hat uns mehr als andere sehr viele Informationen über dessen zeitgeschichtliche Hintergründe geliefert. Um nicht alles über ihn selbst schreiben zu müssen, zitiere ich an dieser Stelle den Wikipedia-Artikel über ihn:

„Flavius Josephus (geboren 37/38 n. Chr. in Jerusalem; gestorben um 100 vermutlich in Rom) war ein jüdisch-hellenistischer Historiker. Als junger Priester aus der Jerusalemer Oberschicht hatte Josephus eine aktive Rolle im Jüdischen Krieg. Er verteidigte Galiläa im Frühjahr 67 gegen die römische Armee unter Vespasian. In Jotapata geriet er in römische Gefangenschaft. Er prophezeite dem Feldherrn Vespasian dessen künftiges Kaisertum. Als Freigelassener begleitete er Vespasians Sohn Titus in der Endphase des Kriegs und wurde so Zeuge der Eroberung von Jerusalem (70 n.Chr.).

Mit Titus kam er im folgenden Jahr nach Rom, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Er erhielt das römische Bürgerrecht und lebte fortan von einer kaiserlichen Pension und dem Ertrag seiner Landgüter in Judäa. Die Muße nutzte er zur Abfassung mehrerer Werke in griechischer Sprache: eine Geschichte des Jüdischen Kriegs, eine Geschichte des jüdischen Volks von der Erschaffung der Welt bis zum Vorabend dieses Kriegs, eine kurze Autobiografie als Anhang dazu und als Spätwerk eine Verteidigung des Judentums gegen die Kritik zeitgenössischer Autoren.“

Als Beispiel für den Zusammenhang mit der biblischen Geschichte zitiere ich hier einen der Berichte von Flavius Josephus. Ich zitiere ihn in gekürzter und vereinfachter Form (aus der „Geschichte des jüdischen Volks“):

„Um diese Zeit gerieten Aretas, der König von Peträa und Herodes (Antipas) in Streit. Herodes der Fürst hatte des Aretas Tochter geheiratet und lebte mit ihr schon lange Zeit. Als er nach Rom reiste, kehrte er bei seinem Stiefbruder ein, der auch Herodes hieß. Hier fasste er eine so heftige Neigung zu dessen Gattin Herodias, dass er mit dem Plan umging, sie zur Ehe zu nehmen. Herodias war damit einverstanden, und so kamen sie überein, dass sie gleich nach seiner Rückkehr aus Rom in sein Haus kommen solle. Sie stellte jedoch die Bedingung, dass er des Aretas Tochter verstoße.

Seine Gattin hatte aber von der Abmachung mit Herodias Kenntnis erlangt. Sie verlangte, als er aus Rom zurückkehrte, nach Machärus gebracht zu werden. Das war eine Festung, die zwischen dem Gebiet des Herodes und dem ihres Vaters Aretas lag. Herodes erfüllte ihren Wunsch, ohne zu ahnen, dass sie um sein Vorhaben wusste. Als sie dort ankam, brach sie gleich nach Arabien auf. Und so gelangte sie in kurzer Zeit zu ihrem Vater, dem sie des Herodes Plan mitteilte.

Daraufhin brachen die Feindseligkeiten aus. Nachdem es auch noch einen Streit um die Festsetzung der Grenzen gab, boten beide Fürsten ihre Streitmacht auf. So kam es zum Krieg, zu dem beide, statt selbst mit auszurücken, ihre Feldherren entsandten. Gleich beim ersten Zusammenstoß wurde des Herodes Heer aufgerieben, da es von einigen Überläufern verraten wurde.

Manche Juden waren übrigens der Ansicht, der Untergang der Streitmacht des Herodes sei nur dem Zorn Gottes zuzuschreiben, der für die Tötung von Johannes dem Täufer die gerechte Strafe gefordert habe. Den letzteren nämlich hatte Herodes hinrichten lassen, obwohl er ein edler Mann war, der die Juden anhielt, nach Vollkommenheit zu streben, indem er sie ermahnte, Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit gegen Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen.

Da nun infolge der wunderbaren Anziehungskraft solcher Reden eine gewaltige Menschenmenge zu Johannes strömte, fürchtete Herodes, das Ansehen des Mannes möchte das Volk zum Aufruhr treiben, und hielt es daher für besser, ihn rechtzeitig aus dem Weg zu räumen. Auf diesen Verdacht hin ließ also Herodes den Johannes in Ketten legen, nach der Festung Machärus bringen und dort hinrichten. Sein Tod aber war, wie gesagt, nach der Überzeugung der Juden die Ursache, weshalb des Herodes Heer aufgerieben worden war, da Gott in seinem Zorn diese Strafe über den Fürsten verhängt hatte.“