Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Gemeindestruktur

Papst

„Papst“ als Bezeichnung kommt vom lateinisch/italienischen „Papa“, was bekanntermaßen „Vater“ heißt. Und so wird der (jeweilige) Papst auch als „Heiliger Vater“ bezeichnet und angeredet. Eigenartig ist, dass diese Anrede auch von Protestanten und anderen Andersgläubigen praktiziert wird, die der päpstlichen „Vaterschaft“ gar nicht unterstehen.

Jedenfalls hat schon Jesus selbst das Führen eines solchen Titels grundsätzlich verboten. „Und ‚Vater‘ soll niemand von euch sich nennen lassen auf der Erde! Einer ist nämlich euer Vater, der himmlische.“ (Mt 23,9). Selbstverständlich spricht Jesus hier nicht von den natürlichen Kindesvätern, sondern von dem davon abgeleiteten religiösen Titel, der schon damals den theologischen Autoritäten beigemessen wurde. Unter seinen Jüngern soll es keinerlei Vater-Kind-Verhältnis geben! Selbstverständlich gilt dieses Verbot nicht allein für den Papst/Papa-Titel, sondern für alle, die sich als „Pater“ bzw. „Vater“ bezeichnen und anreden lassen.

Wenn für die Jünger von Jesus also ausschließlich Gott selbst der Vater ist, dann setzt man einen Menschen, wenn man ihm diesen Titel zuerkennt, an eine Stelle, die allein Gott zusteht. Insofern ist etwas dran, wenn man den Papst landläufig als den „Stellvertreter Gottes“ bezeichnet, auch wenn das kein offizieller Titel von ihm ist. Jedenfalls ist es, wenn man das tut, im harmlosen Fall korrigierbare Unkenntnis, im schwerwiegenden Fall aber Blasphemie, d. h. Gotteslästerung.

Der offizielle Titel des Papstes ist aber „vicarius christi“, das heißt „Stellvertreter des Christus“ bzw. des Messias. Diese Bezeichung kommt aus der Kirchentradition, die besagt, Jesus habe Petrus zu seinem Nachfolger als Leiter der Jüngergemeinde gemacht. Petrus sei dann der erste Bischof von Rom geworden, und so seien auch seine Nachfolger auf dem Stuhl des Bischofs von Rom weiterhin jeweils die Stellvertreter des Christus und Leiter der Kirche auf Erden.

(Der andere Papsttitel „pontifex maximus“ – „wichtigster Brückenbauer“ zwischen Mensch und Gott – war übigens ursprünglich der Titel des obersten Jupiter-Priesters in Rom. Der Titel ist dann vom heidnischen Priester auf die „göttlichen“ Kaiser übergegangen. Und nach dem Ende des weströmischen Kaisertums haben ihn dann gerne die römischen Päpste übernommen. Auch dieser Titel ist eine Lästerung gegenüber dem einzig wahren Brückenbauer zwischen Gott und Mensch, Jesus, den Gott selbst dazu bestimmt hat.)

Gegenüber menschlichen Leitungsansprüchen ist zu sagen, dass Jesus jegliche Leiterschaft innerhalb seiner Jüngergemeinde abgelehnt hat. „Ihr sollt euch auch nicht ‚Leiter‘ nennen lassen! Denn euer Leiter ist einer, der Messias.“ (Mt 23,10). Und tatsächlich leitet Jesus nach dem Zeugnis des Neuen Testaments auch nach seiner Auferstehung selbst seine Gemeinde. Er ist ihr Haupt. „Und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, er ist Anfang, Erstgeborener aus den Toten, damit er in allem der Erste sei.“ (Ko 1,18). Dass neben diesem Haupt noch andere „Häupter“ oder gar „Oberhäupter“ Platz hätten, ist nicht vorstellbar.

Die Art und Weise, in der Jesus seine Gemeinde leitet, ist der Heilige Geist, den er seiner Gemeinde gegeben hat. Sein Reden und Wirken durch die Gaben des Geistes ist die bestimmende Größe in der Gemeinde. Das „Hüten“ bzw. „Weiden“, mit dem Jesus Petrus tatsächlich beauftragt hat, ist demnach keine Leitungs- sondern eine Fürsorgefunktion. Diese Fürsorgepflicht ist in der Gemeinde dann aber an die Älteren bzw. Verantwortlichen übergegangen (z. B. 1 Pe 5,2).

Wenn ein Mensch also die Gemeinde Gottes „leiten“ will, dann muss er sich notwendigerweise an die Stelle des Heiligen Geistes bzw. des Messias setzen. Für Menschen, die sich an die Stelle des Messias bzw. des Christus setzen, hat das Neue Testament aber eine klare Bezeichnung: Antichrist. Das gilt nicht nur für den Papst, sondern für jede Art Päpstlichkeit, mit der Menschen sich anmaßen, die Söhne und Töchter Gottes „leiten“ zu wollen …

Gleichheit in der Gemeinde

Gleichheit in der Gemeinde – diese Lehre des Neuen Testaments bezieht sich auf die Stellung des Christen vor Gott. Hier sind alle gleich wiedergeboren, gleich erlöst und gleich in der Kindschaft gegenüber Gott. Ohne das alles sind sie ja auch gar keine Christen.

Mit „gleich“ ist gleich wichtig, gleich wertvoll und gleich-berechtigt gemeint. Unterschiede zwischen ihnen bestehen in ihren geistlichen Gaben und in ihrer geistlichen Reife. Auch darüber hat das Neue Testament einiges zu sagen. Aber Unterschiede in geistlichen Dingen tun der genannten Gleichheit in der Gemeinde keinen Abbruch. Was aber in dieser Gleichheit vor Gott keine Rolle mehr spielt, das sind die menschlichen Unterschiede. Es gibt kein Ansehen der Person vor Gott:

Jak 2,1-4: „Meine Geschwister, im Glauben an Jesus, unseren Herrn, den verherrlichten Messias, darf es kein Ansehen der Person bei euch geben! Wenn nämlich ein Mann in eure Versammlung kommt mit goldenen Ringen an den Fingern, in glänzender Kleidung, und ein Armer kommt herein mit schmutziger Kleidung, und ihr seht auf den, der die glänzende Kleidung trägt, und sagt: „Du, setz dich schön hierher!“, und dem Armen sagt ihr: „Du, stell dich dorthin!“ oder: „Setz dich unten an meinen Fußschemel!“, macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und seid Richter mit bösen Gedanken?“

Jakobus schreibt hier zunächst über den Unterschied zwischen Reich und Arm, also zwischen menschlich gesehen Bedeutenden und Unbedeutenden. Da dieser Unterschied vor Gott nicht zählt, darf er auch in der Gemeinde nicht zählen. Selbst neue Besucher, die vielleicht noch gar keine Christen sind, darf man nicht unterschiedlich behandeln. Der Mensch wird nicht nach seinem menschlichen Ansehen, sondern nach seiner Beziehung zu Gott beurteilt.

Auch Paulus hat diese Lehre. Rö 2,11: „Es gibt nämlich kein Ansehen der Person bei Gott.“ Paulus hat diese Sichtweise an mehreren Stellen in Bezug auf bestimmte Personengruppen ausgeführt, die menschlich gesehen gravierend unterschiedlich sind:

Rö 10,12: „Es ist ja kein Unterschied zwischen einem Juden und einem Nichtjuden; er ist doch Herr aller, reich für alle, die ihn anrufen.“ Es gab religiös gesehen keinen größeren Unterschied als den zwischen einem Juden und einem Nichtjuden bzw. Heiden. Diese beiden Gruppen verachteten sich gegenseitig und dienen nun – bekehrt – dem einen Herrn, vor dem sie alle gleich sind. Vor Gott und in der Gemeinde ist es völlig unbedeutend, ob jemand aus dem Judentum oder aus dem Heidentum kommt. Die Gemeinde ist das neue Israel Gottes, in das die Nichtjuden integriert sind.

1 Ko 12,13: „Denn in einem Geist sind auch wir alle in einen Leib getaucht worden, seien wir Juden oder Nichtjuden, Sklaven oder Freie. Alle sind wir mit einem Geist getränkt worden.“ Gesellschaftlich gesehen gab es keinen größeren Unterschied als zwischen einem Sklaven und einem Freien. Der eine war Eigentum des anderen. Und nun haben beide die Gabe des Geistes empfangen und sind gleichwertige Gliedes des Leibes des Messias. Was das im Einzelnen bedeutete, kann man in meinem Beitrag „Sklaven Gottes“ nachlesen.

Ko 3,9b-11: „Zieht den alten Menschen ganz aus samt seinen Praktiken, und zieht den neuen an, der erneuert wird zu klarer Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn geschaffen hat, wo es keinen „Griechen“ und „Juden“ mehr gibt, (keinen) „Beschnittenen“ und „Unbeschnittenen“, „Fremden“, „Wilden“, „Sklaven“ und „Freien“, sondern der Messias alles und in allen ist.“ Juden als Beschnittene und Griechen als Unbeschnittene sind gleich in dem neuen Menschen, den Gott geschaffen hat, genauso auch Sklaven und Freie. Paulus erweitert die Aufzählung hier noch durch „Fremde“ und „Wilde“. Auch Menschen von fremder Herkunft und von außerhalb der anerkannten Zivilisation sind die gleichen neuen Menschen im Messias. Durch die Gleichheit in der Gemeinde ist jede Art von Rassismus oder Nationalismus von vornherein ausgeschlossen.

Ga 3,27-28: „Alle, die ihr in den Messias getaucht worden seid, habt den Messias angezogen. (In ihm) gibt es keinen „Juden“ und keinen „Nichtjuden“ mehr, keinen „Sklaven“ und keinen „Freien“, keinen „Mann“ und keine „Frau“, denn ihr seid alle eins im Messias Jesus.“ Zur Aufhebung der menschlichen Unterschiede nennt Paulus hier auch noch ausdrücklich den Unterschied zwischen Mann und Frau. Im neuen Menschen, im Messias, ist es also unerheblich, ob jemand ein Mann oder eine Frau ist. Wir haben hier eine grundlegende Stelle über die Stellung der Frau in der Gemeinde. So gleich wie Juden und Nichtjuden, Sklaven und Freie, Einheimische und Fremde, so gleich sind auch Männer und Frauen.

Leider hat sich diese revolutionäre Sichtweise des Neuen Testaments im Zuge der Verkirchlichung schon in den ersten Jahrhunderten n. Chr. verflüchtigt. Es entstanden (männlicher) Klerus, Hierarchie und Nationalkirchen mit all ihren verheerenden Auswirkungen. Wer dagegen christliche Gemeinde bauen will, muss auch die Gleichheit der Geschwister wieder herstellen, ansonsten ist es keine Gemeinde im Sinne des Neuen Testaments.

Mehr darüber lesen kann man in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.

Ekklesia

Ekklesia ist das griechische Wort, das üblicherweise mit „Gemeinde“ übersetzt wird, so auch in meiner Übersetzung. Es mit „Kirche“ zu übersetzen, wäre angesichts dessen, was man sich im Allgemeinen unter „Kirche“ vorstellt, eine falsche Übersetzung.

Im Griechischen ist Ekklesia ursprünglich kein Wort aus dem religiösen Bereich. Es meint sowohl die Gesamtheit als auch die Versammlung der mündigen Bürger eines politischen Gemeinwesens. Die wörtliche Übersetzung „Herausgerufene“ bezieht sich wohl auf die Versammlung, zu der man die Bürger aus ihren Häusern „herausruft“. Im griechischen Alten Testament bezeichnet der Begriff auch die Versammlungen des Volkes Israel.

Im Neuen Testament korrespondiert das Wort mit dem Begriff „Reich Gottes“. In den Evangelien, also vor der Geburtsstunde der Gemeinde an jenem Pfingstfest im Jahr 30 n. Chr., ist sehr viel vom kommenden und in Jesus bereits anwesenden Reich Gottes die Rede, aber nur zweimal von der Ekklesia bzw. Gemeinde. Nach der Geistausgießung an Pfingsten ist sehr viel von der Ekklesia bzw. Gemeinde die Rede und nur noch an wenigen Stellen vom Reich Gottes.

Offensichtlich ist die Gemeinde der auf der Erde verwirklichte und sichtbare Teil des Reiches Gottes. Das wesentliche Kennzeichen des Reiches Gottes ist, dass in diesem Reich uneingeschränkt der Wille Gottes geschieht. Das heißt, dass überall, wo Menschen sich dem Willen Gottes unterstellen und ihn tun, das Reich Gottes da ist. Und das ist die Realität der Gemeinde. Die „Ekklesia“ ist sowohl die Gesamtheit als auch die Versammlung der mündigen Bürger des Reiches Gottes.

Das erstemal ist von der Ekklesia in Matthäus 16 die Rede. Jesus selbst hat hier diese Bezeichnung eingeführt. Petrus sprach das Bekenntnis aus – Vers 16: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“. Und Jesus sagte dazu – Vers 18: „Auf diesem Felsgrund werde ich meine Gemeinde bauen, und die Tore der Totenwelt werden sie nicht bezwingen.“ Jesus ist demnach: Fundament der Gemeinde („Auf diesem Felsgrund“), Baumeister der Gemeinde („werde ich bauen“) und Herr der Gemeinde („meine Gemeinde“).

Die Ekklesia des Neuen Testaments existiert in drei Größenordnungen. Zum einen wird die Gesamtheit der universalen christlichen Gemeinde so bezeichnet, zum anderen die Gemeinde in einer Stadt, dann aber auch die Gemeinde in einem Haus. Alle drei Ebenen sind im vollen Sinne „Ekklesia“. Das zahlenmäßige Minimum hat Jesus in Mt 18,20 benannt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, dort bin ich in ihrer Mitte.“

Die christliche Gemeinde ist die Gemeinde, in der Jesus regiert bzw. der Wille Gottes geschieht. Umgekehrt ist dann eine „Gemeinde“, in der nicht Jesus regiert bzw. nicht der Wille Gottes geschieht, keine christliche Gemeinde. Das Vorbild für die Gemeinde, die das Reich Gottes auf Erden verkörpert, haben wir im Neuen Testament. Das ist der Maßstab.

Pastor

„Pastor“ ist das lateinische Wort für „Hirte“, griechisch „poimén“. Im Neuen Testament kommt es im wörtlichen Sinn vor, z. B. bei den Hirten auf dem Feld im Bericht von der Geburt des Messias (Lukas 2). Im übertragenen Sinn ist es an mehreren Stellen eine bildhafte Bezeichnung für Jesus. Er ist der von Gott gesandte gute Hirte, der Anführer und Versorger seiner Herde, der Gemeinde.

Als Bezeichnung von Verantwortlichen in der Gemeinde taucht „Hirten“ nur ein einziges Mal auf. Das ist in der Aufzählung der Gaben Eph 4,11, und zwar in der Kombination „Hirten und Lehrer“. Aus dieser Tatsache kann man vielleicht auch schließen, dass es keine häufige Bezeichnung war. Das „Hüten“ als deren Tätigkeit wird zweimal genannt, in Apg 20,28 und 1 Pe 5,2.

In 1 Pe 5,4 wird in der Unterweisung gegenüber den „Älteren“ Jesus als der „oberste Hirte“ bezeichnet. Das macht deutlich, wem allein die Vorrang- und Machtstellung in der Gemeinde gehört. Gegenüber dem „obersten Hirten“ sind die menschlichen „Hirten“ dann eben die Älteren in der Gemeinde. In der Verantwortung vor Jesus üben sie innerhalb der geschwisterlichen Gemeinde ihre dienende Funktion aus.

Natürlich hat man das Wort ins Lateinische als „pastor“ übersetzt, weil „Hirte“ auf Lateinisch eben „pastor“ heißt. Das lateinische Wort „pastor“ aber im Deutschen als Titel eines ordinierten Amtsträgers zu verwenden, ist der Sache nicht angemessen und der gemeinschaftlichen Struktur der christlichen Gemeinde fremd. Die Sonderrolle des „Pastors“, wie wir ihn aus protestantischen und freikirchlichen Traditionen kennen, hat in der geschwisterlichen Gemeinde keinen Platz. Außerdem hat Jesus das Führen von religiösen, kirchlichen oder „geistlichen“ Titeln in Mt 23,8-10 eindeutig verboten.

In der Gemeinde, wie Gott sie gewollt hat, sind „Pastoren“ oder „Pfarrer“ (Pfarrherren) nicht vorgesehen. Im Neuen Testament sind sie nirgends zu finden.

Ausführlich bearbeitet habe ich diese Thematik in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.

Bischof

Bischof ist ein Lehnwort aus dem Griechischen, es ist von dem Wort „epískopos“ abgeleitet. Dieses bezeichnet im Neuen Testament viermal Verantwortliche in den Gemeinden und in 1 Pe 2,25 einmal Jesus selbst. Die deutschen Übersetzungen des Wortes sind vielfältig.

Die Stellen Apg 20,28 und Tit 1,7 zeigen in ihrem Zusammenhang, dass es eine alternative Bezeichnung für „presbýteroi / Ältere“ ist. Und dazu passt, dass es immer mehrere in einer Gemeinde sind. Wie die Evangelien zeigen, ist ‚presbýteroi‘ der Begriff aus der jüdischen Tradition. „Epískopoi“ ist daneben der entsprechende Begriff aus dem griechischen Kulturkreis.

Das Wort ist zusammengesetzt aus der Vorsilbe „epí – auf/über“ und „skópos – Sehender / Beobachter“. Es könnte also autoritär übersetzt werden als „Aufseher“ oder aber funktional als „jemand, der die Übersicht hat“.

In der nach-neutestamentlichen Zeit hat sich leider das autoritäre Verständnis durchgesetzt. Es entstand das Amt mit dem Titel „Bischof“, der als besonders geweihter Übergeordneter zunächst der unumschränkte Herr einer Ortsgemeinde war. Später weitete sich das aus, und der Bischof regierte dann einen Sprengel oder eine Diözese. Theologen und Historiker nennen das dann „monarchischer Episkopat“. Am Ende regierte der Bischof von Rom dann das gesamte Abendland. Von der gemeinschaftlichen Struktur der neutestamentlichen Gemeinde her ist das eine gravierende Fehlentwicklung. Diese Fehlentwicklung hat alles verfälscht und letztendlich die Gemeinde als solche zerstört.

Im neutestamentlichen Sinne sind die „epískopoi“ in der Gemeinde solche, die „die Übersicht haben“. Da es dafür im Deutschen leider nicht das passende Substantiv gibt, benutze ich als allgemeinste Übersetzung dafür den Begriff „Verantwortlicher“. Aber wohlgemerkt, das ist nicht der eine Verantwortliche in der Gemeinde – das ist Jesus selbst -, sondern einer der Verantwortlichen bzw. Älteren.

Kriterien zur Zulassung bzw. Einsetzung von Verantwortlichen in den Gemeinden hat Paulus in 1 Tim 3 und Tit 1 beschrieben:

„Wenn sich jemand nach Verantwortung ausstreckt, ist er auf eine gute Sache aus. Dem Verantwortlichen darf nichts vorzuwerfen sein: Er muss Mann einer Frau sein, mit klarem Kopf, klar denkend, ordentlich, gastfrei, lehrfähig, nicht vom Wein abhängig, nicht aggressiv, sondern entgegenkommend, friedliebend, nicht geldgierig. Um die, die zu seinem Haus gehören, muss er sich gut kümmern. Wenn er Kinder hat, dann in Unterordnung, mit aller Ernsthaftigkeit. Wenn jemand sich nicht um die zu kümmern weiß, die zu seinem Haus gehören, wie soll er dann für eine Gemeinde Gottes Sorge tragen? Er darf kein Neuling sein, damit er sich nichts einbildet und einer Bestrafung durch den Teufel verfällt. Er muss auch von denen draußen ein gutes Zeugnis haben, damit er unter keinen Vorwurf fällt, eine Falle des Teufels.“

„Deswegen habe ich dich in Kreta gelassen, damit du noch in Ordnung bringst, was fehlt, und in jeder Stadt Ältere einsetzt, wie ich (es) dir angeordnet habe: wenn es an einem nichts auszusetzen gibt, er Mann einer Frau ist und zuverlässige Kinder hat, die nicht der Zügellosigkeit beschuldigt werden oder respektlos sind. An einem (solchen) Verantwortlichen als einem Verwalter Gottes darf es nichts auszusetzen geben: Er darf nicht selbstgefällig sein, nicht jähzornig, nicht vom Wein abhängig, nicht aggressiv, nicht gewinnsüchtig, sondern muss gastfrei sein, das Gute lieben, klar denken, gerecht, heilig und zum Verzicht bereit (sein) und sich an das der Lehre entsprechende zuverlässige Wort halten, damit er fähig ist, mit der heilsamen Lehre zu helfen und die, die widersprechen, zu widerlegen.“

Bei diesen Kriterien handelt es sich auffallenderweise um Eigenschaften, die man eigentlich von jedem Christen erwarten müsste. Diese Tatsache bestätigt auch die sonstige Sichtweise im Neuen Testament. Es geht nicht um die Suche nach Führungspersönlichkeiten, Leitern oder gar einem „Bischof“, sondern um gereifte, zuverlässige und vorbildliche Christen. Sie können Verantwortung für den geistlichen Zustand der Gemeinde übernehmen, und alle, die noch nicht so weit sind, können sich an ihnen orientieren.

Wenn Paulus also schreibt: „Wenn sich jemand nach Verantwortung ausstreckt, ist er auf eine gute Sache aus“, dann meint er damit nicht das Streben nach einem verantwortungsvollen Posten oder einer gemeindlichen Führungsposition. Er meint vielmehr das Streben nach erwachsener Mündigkeit, nach echter geistlicher Verantwortlichkeit, die in der Gemeinschaft der Geschwister fruchtbar wird.

Älteste oder Ältere

Älteste oder Ältere – das ist eine wichtige Frage in der Übersetzung. Denn genau genommen gibt es gar keine Ältesten im Neuen Testament. Die korrekte Übersetzung dieses traditionell verwendeten Begriffs ist nämlich „Ältere“. Im Griechischen haben wir es dabei mit dem Wort „presbýteros“ zu tun. Eingedeutscht taucht es in den Lehnwörtern „Presbyter“ und „Priester“ auf. „Presbýteros“ ist grammatikalisch tatsächlich nicht der Superlativ von ‚presbýs‘ (alt), was „ältester“ hieße, sondern der Komparativ. Und der ist korrekt mit „älter“ oder „Älterer“ zu übersetzen. Das Wort „Ältester“ wäre die Übersetzung des griechischen „presbýtatos“. „Presbýteros“ mit „Ältester“ zu übersetzen ist demnach einfach falsch.

Zur Zeit von Jesus galten bei den Juden zum einen theologische Autoritäten von früher als die „Älteren“. Und nach deren „Tradition der Älteren“ sollte man sein Leben ausrichten. Auch hier hatte sich um die heiligen Schriften herum eine maßgebliche theologische Tradition etabliert, was Jesus heftig kritisierte.

Zum anderen war „Ältere“ in Israel eine Bezeichnung für die Vertreter der weltlichen Führungsschicht des Volkes. Neben Priestern und Theologen waren sie die dritte Kraft, die im Obersten Rat vertreten und auch beim Prozess gegen Jesus maßgeblich beteiligt war. Diese drei Gruppen werden in den Evangelien zusammengefasst auch die „Oberen“ genannt.

In der christlichen Gemeinde gibt es keine „Ältesten“, weder vom Sinne
des Wortes noch von der Lehre her. Älteste, die einen absoluten Status im
Sinne eines leitenden Amtes innehaben, sind in der neutestamentlichen Gemeindestruktur unbekannt. „Älteste oder Ältere“ ist daher eine entscheidende Frage. Es gibt im Sinne des Wortes nur „Ältere“, die im geistlichen Wachstums- und Reifeprozess relativ weiter vorangekommen sind als die anderen. In diesem Sinne werden sie dann als „Ältere“ anerkannt und haben die Aufgabe, die ganze Gemeinde in einer gesunden Entwicklung zu unterstützen, wie es vielleicht ältere Geschwister gegenüber jüngeren in einer Familie tun können. Der parallel dazu gebrauchte Begriff aus dem griechischen Kulturkreis ist „epískopos„, das ich mit „Verantwortlicher“ übersetze.

Über die Aufgabe der Älteren hat Petrus geschrieben – 1 Pe 5,1-3: „Die Älteren unter euch fordere ich nun auf als Mit-Älterer, Zeuge der Leiden des Messias und Teilhaber der Herrlichkeit, die enthüllt werden wird: Hütet die Herde Gottes bei euch und achtet auf sie, nicht mit Druck, sondern Gott entsprechend in Freiwilligkeit, nicht gewinnsüchtig, sondern bereitwillig, nicht als Beherrscher der Teile, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid!“

(Wenn sich die christliche Gemeinde in einer Stadt in mehrere oder viele Hausgemeinden gruppiert, dann sind wohl auch die Älteren diesen „Teilen“ der Stadtgemeinde zugeordnet, aber, wie Petrus sagt, nicht als Beherrscher, sondern als Vorbilder.)

Die 24 „Älteren“ in der Offenbarung auf den Thronen rings um den Thron Gottes sind oberste Engel. Man sollte sich von der Zahl 24 nicht verleiten lassen, sie auf das irdische Gottesvolk mit den 12 Stammvätern und den 12 „Aposteln“ zu deuten. Denn in der Offenbarung sind sie schon im Himmel, bevor Jesus als Lamm dort ankommt. Und dann natürlich auch lange vor der Entrückung der Gemeinde.

Über mich

Äußerer Werdegang

Über mich: Mein Name ist Ulrich Wößner, genannt Uli, geboren im Sommer 1955 in Altdorf im Kreis Böblingen. Nach dem Besuch der Grundschule in Altdorf und des Gymnasiums in Sindelfingen erlernte ich von 1974 bis 75 in Stuttgart die biblischen Sprachen und studierte von 1975 bis 1980 evangelische Theologie in Tübingen (darunter ein Auswärtssemester in Erlangen). Seit 1980 bin ich verheiratet mit Iris. Wir wurden Eltern eines Sohnes und einer Tochter.

Von 1980 bis 1990 war ich im Pfarrdienst der evangelischen Landeskirche in Württemberg tätig, anschließend von 1990 bis 2001 als Pastor in einem freikirchlichen Gemeindeverband. Ab 2002 war ich selbständig tätig, im Wesentlichen als Trauerredner, daneben zeitweise auch als Hochzeitsredner, Prediger, Burgführer und Eheschließungsstandesbeamter. Seit 2004 wohne ich in Allmannsweiler im Landkreis Biberach in Oberschwaben. Seit 2019 bin ich Großvater, seit Mai 2021 Rentner.

Geistliche Anfänge

In meiner Kinderzeit habe ich gerne alles geglaubt, was man mir in der Kinderkirche und im Religionsunterricht an biblischen Geschichten erzählt hat. Durch eine besondere Gebetserhörung hat sich mir schon im Kindesalter die Realität Gottes eingeprägt. Im Konfirmandenalter mit etwa 14 Jahren habe ich Jesus eingeladen, in mein Herz zu kommen. Seither ist er da. Das heißt, ich bin nun über 50 Jahre als Christ in der Nachfolge von Jesus, dem Herrn. Ich war Mitarbeiter in der Jugendarbeit meiner Kirchengemeinde und Mitbegründer eines Schülerbibelkreises am Gymnasium. In beiden Bereichen erlebte ich etwas, das ich als gelebte Gemeinde bezeichne.

In der Meinung, damit dem Herrn effektiv dienen zu können, wollte ich Pfarrer werden. Und so studierte ich Theologie. Ein besonderes Geschenk war mir dabei das Erlernen der Bibelsprachen Hebräisch und Griechisch. In ihnen lese und studiere ich seither gerne die Bibel. Im Studium merkte ich aber bald, dass ich mich entscheiden musste, wem ich glaube, den biblischen Autoren oder den modernen Theologen. Entweder waren die biblischen Autoren Betrüger oder ihre modernen Ausleger mit den Akademikergehältern. Die Entscheidung darüber war dann doch recht einfach.

Kirchlicher Dienst

Mit einigen Bedenken ging ich in den kirchlichen Dienst. Ich erlebte hier einerseits große Dankbarkeit und Zustimmung von gläubigen Geschwistern zu meinem Dienst. Andererseits gab es aber auch Leiden unter einer gewissen Gegnerschaft gegen die biblische Linie, unter Arbeitsüberlastung und zunehmend auch unter der Erkenntnis, dass man in der Kirchengemeinde eine biblische Gemeindestruktur nicht verwirklichen kann.

Eine wichtige Erweiterung meines geistlichen Lebens war in jener Zeit die Begegnung mit der Realität der biblischen Geistesgaben. Allerdings machte das den Dienst in der Kirche durchaus nicht einfacher. Das Fass zum Überlaufen brachte am Ende die Erkenntnis, dass im Neuen Testament die Taufe durch Untertauchen zum verantwortlichen Christwerden gehört. Daraus ergab sich, dass die kirchliche Kindertaufe in diesem Sinne keine Taufe ist und ich sie nicht mehr guten Gewissens praktizieren konnte. Damit war das Ende der Pfarrerlaufbahn besiegelt. Im August 1990 holte ich meine Taufe nach, die eigentlich an den Anfang meines Christenlebens gehört hätte.

Freikirchlicher Dienst

Mein Weg führte in die Freikirche, wo ich als Pastor in eine noch relativ junge Gemeinde kam. Nun war ich vermeintlich auf bibeltreuem Boden, wo alles biblisch begründet schien im Dienst und im Gemeindeaufbau. Es dauerte um einiges länger, bis ich auch hier zunächst spürte und nicht recht wahrhaben wollte, dass etwas nicht stimmte. Und durch den vollen Einsatz, den ich im Dienst brachte, manövrierte ich mich in ein burn-out-Syndrom, was mich auch geistlich sehr zum Nachdenken brachte.

Letztendlich kam ich zur Erkenntnis, dass die Hierarchie von Pastor, Gemeindeleiter, Gemeindeältesten und konfessionellem Verband dem neutestamentlichen Plan von Gemeinde widerspricht und Gott im Weg steht. Ich befand mich immer noch im kirchlichen System, dem ich hatte entkommen wollen. Ich entwickelte einen Plan, mich als Pastor selbst abzuschaffen und die Gemeinde in die geschwisterliche Struktur zu transformieren, wie ich sie im Neuen Testament erkannte. Dem wurde von den Gemeindeältesten aber ein Riegel vorgeschoben, und so konnte ich auch hier nur meinen Abschied nehmen.

Meine Ordinationsurkunde habe ich dann im Gebet feierlich vor Gott verbrannt. Seither bin ich wieder ein freier, fröhlicher und einfacher Christ, wie ich es vor meiner kirchlichen Laufbahn schon einmal war. Und so findet man es als Normalzustand eines Christen im Neuen Testament ja auch vor.

Einsicht eines Predigers

Während meiner Predigttätigkeit hatte ich von Anfang an die Gewohnheit, mir den jeweiligen Predigttext aus dem Griechischen oder Hebräischen zu übersetzen, um eine bessere Textgrundlage für die Predigt zu haben.

Eines Tages fiel mir dann auf, dass in meinen Predigten immer wieder einmal eine Aussage auftauchte wie: „Im griechischen Urtext heißt es eigentlich so …“ Und ich dachte mir: Was mache ich da? Einerseits stelle ich mich als Griechischkenner mit einem Insiderwissen dar, das die anderen nicht haben. Andererseits bringe ich den Zuhörern unbewusst bei, dass ihre Bibelübersetzung, welche auch immer, an manchen Stellen nicht zuverlässig zum Ausdruck bringt, was der Text eigentlich sagt, und sie sich so auf ihre Bibel nicht verlassen können. Das war natürlich nicht in meinem Sinne. Ich wollte das Vertrauen in die Bibel ja nicht schwächen, sondern stärken.

Die Lösung dieses Dilemmas fand ich darin, dass ich von dem jeweiligen Predigttext für mich selbst eine eigene deutsche Übersetzung erstellte. Diese trug ich dann als Predigttext vor, und so erübrigte sich die Bemerkung „Im Urtext heißt es eigentlich so …“. Das, was im Urtext „eigentlich“ steht, stand nun in meinem Predigttext schon so drin. Ich fing dann auch an, meine übersetzten Texte zu sammeln, bei Gelegenheit zu überarbeiten und wiederzuverwenden.

Übersetzung des Neuen Testaments

Diese Textsammlung erreichte im Lauf der Zeit einen großen Umfang. Und dann kam mir der Gedanke, die noch fehlenden Teile vollends zu übersetzen und so zu einer eigenen Übersetzung des ganzen Neuen Testaments zu kommen. Während der fast 20 Jahre meiner selbständigen Tätigkeit hatte ich dazu auch etwas mehr Zeit. Natürlich hat die intensive Beschäftigung mit dem Urtext auch meine eigene Erkenntnis der biblischen Inhalte sehr gefördert. Ich bin selbst der größte Profiteur meiner eigenen Übersetzung.

In den vergangenen Jahren habe ich die Übersetzung nicht nur erstellt, sondern auch ständig überarbeitet, korrigiert und nachgebessert. Immer war das Ziel, den Inhalt des griechischen Textes möglichst wörtlich und möglichst verständlich ins Deutsche zu bringen. Nun ist die Übersetzung fertig und steht beim Verlag GloryWorld-Medien und im Buchhandel zum Verkauf. Eine chronologische Version des Neuen Testaments mit einer Evangelienharmonie ist in Vorbereitung.

Meine Erkenntnisse und Erfahrungen zum Aufbau der neutestamentlichen Gemeinde sind verarbeitet in meinem Buch „Die Gemeinde des Messias„.

Für weiteres Interesse bin ich zu erreichen unter: uwoessner@web.de