Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Gemeindestruktur

Pastor

„Pastor“ ist das lateinische Wort für „Hirte“, griechisch „poimén“. Im Neuen Testament kommt es im wörtlichen Sinn vor z. B. bei den Hirten auf dem Feld im Bericht von der Geburt des Messias (Lukas 2). Im übertragenen Sinn ist es an mehreren Stellen eine bildhafte Bezeichnung für Jesus. Er ist der von Gott gesandte gute Hirte, der Anführer und Versorger seiner Herde, der Gemeinde.

Als Bezeichnung von Verantwortlichen in der Gemeinde taucht „Hirten“ nur ein einziges Mal auf. Das ist in der Aufzählung der Gaben Epheser 4,11, und zwar in der Kombination „Hirten und Lehrer“. Aus dieser Tatsache kann man vielleicht auch schließen, dass es keine häufige Bezeichnung war. Das „Hüten“ als deren Tätigkeit wird zweimal genannt, in Apostelgeschichte 20,28 und 1.Petrus 5,2.

In 1.Petrus 5,4 wird in der Unterweisung gegenüber den „Älteren“ Jesus als der „oberste Hirte“ bezeichnet. Das macht deutlich, wem allein die Vorrang- und Machtstellung in der Gemeinde gehört. Gegenüber dem „obersten Hirten“ sind die menschlichen „Hirten“ dann eben die Älteren in der Gemeinde. In der Verantwortung vor Jesus üben sie innerhalb der geschwisterlichen Gemeinde ihre dienende Funktion aus.

Natürlich hat man das Wort ins Lateinische als „pastor“ übersetzt, weil „Hirte“ auf Lateinisch eben „pastor“ heißt. Dieses lateinische Wort „pastor“ aber im Deutschen als Titel eines ordinierten Amtsträgers zu verwenden, ist der Sache nicht angemessen und der gemeinschaftlichen Struktur der christlichen Gemeinde fremd. Die Sonderrolle des „Pastors“, wie wir ihn aus protestantischen und freikirchlichen Traditionen kennen, hat hier keinen Platz. Außerdem hat Jesus das Führen von religiösen, kirchlichen oder „geistlichen“ Titeln in Matthäus 23,8-10 eindeutig verboten.

In der Gemeinde, wie Gott sie gewollt hat, sind „Pastoren“ oder gar „Pfarrer“(Pfarrherren) nicht vorgesehen. Im Neuen Testament sind sie nirgends zu finden.

Bischof

Bischof ist ein Lehnwort aus dem Griechischen, es ist von dem Wort „epískopos“ abgeleitet. Dieses bezeichnet im Neuen Testament viermal Verantwortliche in den Gemeinden und in 1.Petr. 2,25 einmal Jesus selbst. Die deutschen Übersetzungen des Wortes sind vielfältig.

Die Stelle Apostelgeschichte 20,28 zeigt in ihrem Zusammenhang eindeutig, dass es eine alternative Bezeichnung für „presbýteroi / Ältere“ ist und dass es – dazu passend – mehrere in einer Gemeinde sind. Wie die Evangelien zeigen, ist ‚presbýteroi‘ der Begriff aus der jüdischen Tradition. „Epískopoi“ ist dann der entsprechende Begriff aus dem griechischen Kulturkreis.

Das Wort ist zusammengesetzt aus der Vorsilbe „epí – auf/über“ und „skópos – Sehender / Beobachter“. Es könnte also autoritär übersetzt werden als „Aufseher“ oder aber funktional als „jemand, der die Übersicht hat“.

In der nach-neutestamentlichen Zeit hat sich leider das autoritäre Verständnis durchgesetzt. Der „Bischof“ wurde ein besonders geweihter Übergeordneter, der der unumschränkte Herr einer Ortsgemeinde, und dann eines Sprengels oder einer Diözese war. Die Theologen bzw. Historiker nennen das „monarchischer Episkopat“. Von der gemeinschaftlichen Struktur der neutestamentlichen Gemeinde her ist das eine gravierende Fehlentwicklung, die alles verfälscht und die Gemeinde zerstört.

Im neutestamentlichen Sinne sind die „epískopoi“ in der Gemeinde solche, die „die Übersicht haben“. Da es dafür im Deutschen leider nicht das passende Substantiv gibt, benutze ich als allgemeinste Übersetzung dafür den Begriff „Verantwortlicher“. Aber wohlgemerkt, das ist nicht der eine Verantwortliche in der Gemeinde, das ist Jesus selbst, sondern einer der Verantwortlichen bzw. Älteren.