Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Ewigkeit

Keine Zeit mehr

Keine Zeit mehr – das ist eine einmalige Aussage im Rahmen der sieben Hornsignale in der Offenbarung – Kap. 10,5-7:

Und der Engel, den ich auf dem Meer und auf der Erde stehen sah, erhob seine rechte Hand in den Himmel. Und er schwor bei dem, der von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt, der erschaffen hat den Himmel und alles darin, die Erde und alles darauf, das Meer und alles darin: „Es wird keine Zeit mehr sein! In den Tagen des Tons des siebten Engels, wenn er das Horn blasen wird, wird vielmehr das Geheimnis Gottes vollendet sein, wie er seinen Sklaven, den Propheten, die Botschaft gebracht hat.“

Chronos und Kairos

Man hat vielleicht schon einmal gehört, dass es im Griechischen zwei Wörter für „Zeit“ gibt. Diese sind „chrónos“ und „kairós“. (Mit dem Akzent bezeichne ich die Betonung des Wortes.)

Chronos ist die ständig und unaufhaltsam ablaufende Zeit. Das meinen wir, wenn wir z.B. sagen: „Wie die Zeit vergeht.“ Zeit im Sinne von Chronos ist im Grunde die Vergänglichkeit.

Kairos dagegen ist eine bestimmte Zeit, ein Zeitpunkt, ein Termin, auch eine Gelegenheit. Wenn wir z.B. fragen: Wann hast du Zeit?“, dann meinen wir einen Kairos. Als die „Zeit“ erfüllt war und Gott seinen Sohn sandte, war das ein „Kairos“.

Der Engel in der Offenbarung sagt nun aber: „Es wird kein Chronos mehr sein!“ Das heißt ja nichts anderes, als dass es keinen Zeitablauf mehr geben wird. Wenn gemeint wäre, er sei jetzt keine Zeit mehr, z.B. um etwas zu tun, z. B. sich zu bekehren, dann müsste an dieser Stelle „Kairos“ stehen. Jetzt sagt der Engel aber „keine Zeit mehr“ im Sinne von Chronos. Damit haben wir einen prinzipiellen Umbruch bzw. Abbruch der Weltgeschichte, die ja vom Zeitablauf diktiert wird. Und was ist dann? Natürlich Ewigkeit.

Wenn der Chronos tatsächlich einmal ein Ende hat, kann man auch zurückfragen, wann er einen Anfang hat. Wenn er mit der Vergänglichkeit gleichzusetzen ist, hat er am Anfang der Schöpfung noch nicht bestanden. Denn die Vergänglichkeit beginnt erst mit dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies. Seither ist der Mensch vergänglich und seine Zeit läuft ab.

Wenn der Engel das Horn bläst …

Wenn wir nun bei der Aussage des Engels nachschauen, wann die Zeit sein wird, also wann der „Kairos“ ist, an dem der „Chronos“ aufhört, dann finden wir: „In den Tagen des Tons des siebten Engels, wenn er das Horn blasen wird, …“ Dass über dieses letzte Hornsignal schon Jesus und Paulus gelehrt haben, habe ich bereits im Beitrag „Die sieben Posaunen“ dargelegt.

Der Engel in Offb 10 hat nun allerdings nicht gesagt, dass mit diesem letzten Hornsignal der Zeitablauf endet. Er hat vielmehr gesagt, dass „in den Tagen“ dieses Signaltons der Chronos aufhört. Am Ende der Geschichte steht nicht die Entrückung, sondern die sichtbare Ankunft des Herrn auf der Erde, die letzte Schlacht (von Har Mageddon), die Entfernung der dämonischen Mächte und dann der Anbruch des 1000-jährigen Friedensreiches – als Schabbat der Weltgeschichte.

Wann endet nun in jenen Tagen der Chronos? Das kann eigentlich nur der Beginn der 1000 Jahre sein, in denen völlig andere Bedingungen auf der Erde herrschen werden. Dass der Begriff der „1000 Jahre“ dann symbolisch zu verstehen ist, liegt auf der Hand.

Zeit und Ewigkeit

Im Rahmen unserer irdischen Vorstellungskraft können wir allerdings nur innerhalb des Chronos denken. Wir kommen hier an unsere Genzen, an die Grenzen der Ewigkeit. Schon wenn wir uns Ewigkeit als endlos lange Zeit vorstellen, liegen wir falsch. Am ehesten können wir sie uns vielleicht als einen „Zustand“ vorstellen, aber natürlich keinen „andauernden“.

Mit Beginn der tausend Jahre ist der Chronos aber noch nicht ganz zu Ende, sondern unterbrochen. Ein Kennzeichen dieser tausend Jahre ist, dass der Satan zu deren Beginn weggeschlossen und zu deren Ende losgelassen wird. In Offb 20 kann man diese Ereignisse nachlesen. Und in Offb 20,3 heißt es: „Danach muss er losgebunden werden für eine kurze Zeit“. Für einen kurzen „Chronos“ wird der Satan losgelassen – bis er in die Hölle geworfen wird. Da läuft die Weltenuhr also noch einmal kurz weiter. Danach ist Ewigkeit – mit dem Weltgericht, der neuen Schöpfung und der ewigen Bestrafung.

In Ewigkeit kein Tod

In Ewigkeit kein Tod – betrachten wir dazu einmal die folgende Stelle im Johannesevangelium – Joh. 8,51+52:

„Amen, Amen, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort hält, wird er in Ewigkeit keinen Tod sehen.“ Die Judäer sagten ihm nun: „Jetzt wissen wir, dass du etwas Dämonisches hast. Abraham ist gestorben, und die Propheten, und du sagst: ‚Wenn jemand mein Wort hält, wird er nichts schmecken vom Tod bis in Ewigkeit“?

Jesus befindet sich hier in einer Diskussion mit seinen judäischen Gegnern. Eigenartig ist, dass seine Aussage „keinen Tod sehen“ von ihnen wiedergegeben wird mit „nichts schmecken vom Tod“. Wir gehen wie immer davon aus, dass Johannes hier keinen Fehler gemacht hat und weiß, was er schreibt. Dann müssen die beiden Ausdrücke gleichbedeutend sein. Und sie bestätigen die Lehre von Jesus, dass die, die an ihn glauben, nicht mehr sterben. Das heißt, dass deren Sterben kein „Tod“ mehr ist.

Aber woher haben die Gegner ihre Formulierung „nichts schmecken vom Tod“? Jesus sie an dieser Stelle zuvor doch gar nicht gebraucht. Im ganzen Johannesevangelium taucht sie auch nirgendwo anders auf. Allerdings erscheint sie in den anderen drei Evangelien an entscheidender Stelle, in Mt. 16,28, Mk. 9,1 und Lk. 9,27. Ich zitiere aus meiner Evangelienharmonie:

Und er sagte zu ihnen: „Amen, ich sage euch, wahrhaftig: Es sind einige derer, die hier stehen, die werden nichts schmecken vom Tod, bis sie den Menschensohn kommen sehen mit seinem Königreich, dem Reich Gottes mit Kraft.“

Ich ziehe daraus drei Schlüsse:

1) Dieses Wort von Jesus war offensichtlich sehr bekannt und verbreitet, auch bei seinen Gegnern. Man hat ihn also beobachtet, seine Lehre gehört und verstanden, wenn auch nicht geglaubt. Nur so ist es erklärbar, dass die Gegner dieses Wort in der Diskussion nennen, obwohl Jesus es unmittelbar davor gar nicht gesagt, sondern eine andere Formulierung gebraucht hatte.

2) Diese Beobachtung ist ein weiteres Argument, das dafür spricht, dass Johannes die anderen Evangelien kannte und mit seinem Evangelium einen ergänzenden Bericht dazu geschrieben hat. Er setzt den Ausdruck „nichts schmecken vom Tod“ bei seinen Lesern als bekannt voraus. Er lässt ihn einfach und unvermittelt in einer Aussage der Gegner von Jesus auftauchen.

3) Die Gleichsetzung von „nichts schmecken vom Tod“ und „keinen Tod sehen“ wirft auch ein helles Licht darauf, wie die ansonsten etwas rätselhafte Aussage von Jesus in den anderen Evangelien gemeint ist. Es gibt ja mehrere Erklärungsversuche dazu, aber die Parallele im Johannesevangelium gibt eine eindeutige Antwort. „Bis sie den Menschensohn kommen sehen“ kann dann einfach und wörtlich verstanden werden. Es wird ja noch übertroffen von der Parallele „bis in Ewigkeit“. So bezeugen also auch die anderen Evangelien die Lehre von Jesus, dass, wer an ihn glaubt, nicht mehr stirbt:

Joh. 5,24: „Amen, Amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod ins Leben übergegangen.“

Joh. 11,25+26: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.“

Dass „an Jesus glauben“ in diesem Zusammenhang natürlich nichts mit christlicher Mittelmäßigkeit zu tun hat, sondern mit ernsthafter Nachfolge, dürfte deutlich sein …