Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Endzeit

Die zwei Zeugen

Die zwei Zeugen Gottes treten auf in Offenbarung 11 unter den Ereignissen, die auf das Signal des sechsten Signalhorns folgen. Wie viel wurde schon gerätselt, wer diese zwei Zeugen wohl sein könnten. Angefangen von alttestamentlichen Gestalten wie Mose und Elija ist es über neutestamentliche wie Petrus und Paulus bis dahin gegangen, dass etliche fromme Brüder sich auch schon selbst für einen dieser zwei Zeugen gehalten haben.

Auf die richtige Spur kommen wir aber, wenn wir wieder auf den Zusammenhang achten. Da ist zum einen der Zeitraum. Wenn das siebte Hornsignal das Zeichen des Endes ist, dürfen wir annehmen, dass auch die sieben Hornsignale – wie zuvor die Öffnung der sieben Siegel – den Zeitraum der Endzeit umfassen, von den ersten Christen bis zur Wiederkunft des Herrn.

Und dann ist da auch noch die Zeitangabe. In der Offenbarung taucht sie öfters auf, als dreieinhalb Jahre, 42 Monate oder 1260 Tage, das ist immer der gleiche Zeitraum. Im Propheten Daniel stehen die dreieinhalb Jahre schon für die antichristliche Zeit, und so umfassen sie auch in der Offenbarung die letzte Zeit, die schon in der ersten Christengeneration begonnen hat. Wir sollten also versuchen, die zwei Zeugen als etwas zu verstehen, das diesen Zeitraum umfasst.

Was für Zeugen?

Wenn wir zunächst einmal die „zwei“ weglassen, dann sehen wir unter dem Stichwort „Zeugen“ eine wohlbekannte neutestamentliche Erscheinung. Das sind die Jünger des Herrn, die beauftragt sind, seine Zeugen zu sein, bis ans Ende der Erde. Wir haben dann auch hier wieder ein Bild der Gemeinde vor uns.

Mit folgenden Zügen werden sie hier charakterisiert: Sie sind Zeugen Gottes. Niemand kann ihnen schaden. Sie sprechen prophetisch. Sie haben Kraft und Vollmacht. Andererseits werden sie von der antichristlichen Macht bekriegt, verfolgt und getötet. Die Menschen sind froh, ihre Botschaft nicht mehr hören zu müssen. Am Ende werden sie durch den Geist Gottes auferweckt und entrückt in den Himmel. Wenn das nicht die neutestamentlichen Aussagen über die Gemeinde sind …

Warum zwei?

Nun kommt noch die Frage, warum es „zwei“ Zeugen sind. Natürlich schwingt hier die biblische Bestimmung mit, dass jede Zeugenaussage von mindestens zwei Zeugen bestätigt sein muss. Aber die zwei Zeugen haben wir ja im Neuen Testament. Die Gemeinde besteht aus zwei Teilen, den Gläubigen aus den Juden und den Gläubigen aus den Nichtjuden. Diese zwei bezeugen der Welt das Wort Gottes.

Am Anfang von Offenbarung 8 erscheint am Beginn der Hornsignale die Gemeinde auch schon einmal, und zwar in Gestalt ihrer Gebete, die mit den Weihrauchopfern vom goldenen Altar vor dem Thron Gottes aufsteigen. Und am Ende der Hornsignale wird sie mit dem Bild der Zeugen Gottes beschrieben.

Und da ist wieder diese doppelte Existenz der Christen: Im Gebet vor Gott und als Zeugen in der Welt. So werden die Gemeinden ja auch schon am Anfang der Offenbarung dargestellt in den Bildern der Leuchter und der Sterne. Und wir bemerken, dass sich mit dieser Sichtweise innerhalb der Offenbarung und im ganzen Neuen Testament alles wunderbar zusammenfügt zu der einen klaren und verständlichen Botschaft.

Die Endzeit

Die Endzeit ist ein Thema, das viele Christen schon viel bewegt hat. Dabei schaut man aber leider allzuoft noch in die Zukunft, ohne zu beachten, dass die Endzeit längst begonnen hat.

Die Endzeit ist schon da

Am Pfingsttag erklärt Petrus das Geschehen mit Bezug auf eine Prophetie von Joel – Apg 2,17: „Es ist vielmehr das, was durch den Propheten Joel gesagt ist: ‚Es wird sein‘ in den letzten Tagen, sagt Gott, ‚da werde ich ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen … . Die „letzten Tage“ hatten also damals begonnen. Eines ihrer Kennzeichen ist das Ausgießen des Heiligen Geistes durch Gott. Und der Geist wird ja weiterhin ausgegossen, jedesmal wenn ein Mensch wiedergeboren wird, bis der Herr kommt.

Auch Paulus spricht von den „letzten Tagen“, die bereits angebrochen sind – 2 Tim 3,1+2: „Das musst du wissen, dass in den letzten Tagen schwierige Zeiten sein werden. Denn (so) werden die Menschen sein: egoistisch, geldgierig, Angeber, überheblich, Lästerer, Eltern widerstrebend, undankbar, würdelos, …“. Die einen erfüllt der Herr mit Heiligem Geist, die anderen offenbaren ihr sündiges Wesen. Auch das wird so weitergehen, bis der Herr kommt.

Ganz deutlich sagt es Johannes – 1Joh 2,18: „Kinder, es ist die letzte Zeit. Und wie ihr gehört habt, dass ein Antichrist kommt, so sind jetzt auch viele Antichristen entstanden. Daran erkennen wir, dass es die letzte Zeit ist.“ Die letzte Zeit, die Endzeit, ist demnach auch die antichristliche Zeit, und sie hatte damals schon angefangen.

Jesus hat davon gesprochen

Seine Lehre darüber haben uns die neutestamentlichen Autoren in Mt 24, Mk 13 und Lk 21 berichtet. Besonders interessant ist es, die Themen, die Jesus in dieser „Endzeitrede“ anspricht, mit den Themen zu vergleichen, die in Offb 6 und 7 während des Öffnens der sechs Siegel erscheinen:

In Mt 23,4+5 und 23+24 spricht Jesus von falschen „Gesalbten“ – beim ersten Siegel in Offb 6,2 erscheint der Antichrist.

Mt 23,6+7 spricht von kommenden Kriegen – beim zweiten Siegel in Offb 6,3+4 tritt der Krieg in Person auf.

In Mt 23,7 sagt Jesus Hungersnöte voraus – beim dritten und vierten Siegel in Offb 6,5-8 erscheinen Inflation und Tod.

Mt 23,9 bereitet die Jünger auf Verfolgung vor – beim fünften Siegel in Offb 6,9-11 erscheinen Seelen von Ermordeten am Altar im Himmel.

In Mt 23,14 geht die Botschaft hinaus in die ganze Welt – unter dem sechsten Siegel (Teil 2) in Offb 7,1-8 wird die Vollzahl des Gottesvolkes mit Heiligem Geist versiegelt.

Mt 23,19 spricht dann von den Zeichen an Sonne Mond und Sternen am Ende der Zeit – der entsprechende Inhalt wird ebenso unter dem sechsten Siegel (Teil 1) in Offb 6,12-17 offenbart.

In Mt 23,30+31 wird die Ankunft des Herrn und die Entrückung seiner Auserwählten angekündigt – und unter dem sechsten Siegel (Teil 3) in Offb 7,9-17 sehen wir die entrückte Gemeinde als unzählbare Schar im Himmel vor Gottes Thron.

Diese Parallelität kann kein Zufall sein. Was Jesus als Irdischer über die letzte Zeit gelehrt hat, bekräftigt er also noch einmal als Auferstandener in der Offenbarung. Der Inhalt der Siegel-Offenbarungen entspricht sehr deutlich der Endzeitrede in den Evangelien.

Und wenn die Visionen während der Siegelöffnung die Kurzfassung der Sache sind, dann dürfen wir erwarten, auch in der folgenden Langfassung in ausführlicher Weise wieder auf diese Inhalte zu treffen.

Mit dieser Betrachtungsweise erscheint die Offenbarung nun nicht mehr als Spekulationsobjekt, sondern wieder als neutestamentliches Buch, das mit den anderen übereinstimmt. Und am Ende kann man sie vielleicht sogar noch recht einfach verstehen …