Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Ehe

Ehelosigkeit

Ehelosigkeit ist eine leider wenig beachtete Empfehlung des Neuen Testaments. Dabei ist natürlich nicht der Verzicht auf eine formelle Heirat gemeint, sondern der Verzicht auf jegliche sexuelle Beziehung überhaupt. Das schönere und positive Wort dafür wäre „Keuschheit“. Aber dieses Wort ist aus dem modernen Sprachgebrauch wegen des Desinteresse an der Sache ganz verschwunden. Dieses Schicksal teilt es auch mit seinem Gegenbegriff, der „Unzucht„. Natürlich schließt der Verzicht auf die Ehe auch den Verzicht auf eigene Kinder mit ein.

Vom Alten Testament her war ein Interesse an der Ehelosigkeit nicht zu erwarten. Das irdische Volk Israel war von seinem Ursprung her auf Abstammung und Fortpflanzung angelegt. Das ging bis hin zur Schwagerehe, in der ein Mann für seinen kinderlos verstorbenen Bruder mit dessen Frau noch einen Nachkommen erzeugen sollte. Auch die Pharisäer zur Zeit von Jesus waren auf Ehe und Nachkommenschaft fixiert, wie auch ihre geistigen Nachkommen, die orthodoxen Juden, bis heute.

Anders dagegen die Richtung der Essener, die damals schon den Gedanken entwickelt hatten, dass zu einer ganzen Hingabe an Gott die Ehelosigkeit am besten sei. Sie hatten deshalb neben Verheirateten auch viele Ehelose als Mitglieder in ihrer Gemeinschaft. Im Lukasevangelium begegnen uns die drei ledigen Geschwister Lazarus, Marta und Maria, die in Betanien zusammen wohnten. Ihre Lebensform ist in damaliger Zeit eigentlich nur denkbar, wenn sie Mitglieder oder zumindest Sympathisanten der Essener waren.

Auch bei Jesus selbst wird zu wenig beachtet, dass in seinem ganz an den Vater und die Menschen hingegebenen Leben eine Ehefrau keinen Platz hatte. (Und die ihm von der Welt angedichteten Verhältnisse wie z. B. mit Maria Magdalena sind natürlich völliger Unsinn.) Aber er hat es nicht nur vorgelebt, er hat auch davon gesprochen.

Seine Jünger kamen einmal im Gespräch über die Schwierigkeiten der Ehe zu dem Schluss: „Wenn die Sache des Ehemannes mit der Ehefrau so steht, ist es nicht gut zu heiraten.“ Und da stimmte ihnen Jesus zu und erklärte ihnen: „Nicht alle erfassen diese Sache, sondern nur die, denen es gegeben ist. Es gibt ja Eunuchen, die aus dem Mutterleib so geboren werden. Es gibt auch Eunuchen, die von den Menschen dazu gemacht werden. Und es gibt Eunuchen, die sich wegen des Königreichs der Himmel selbst dazu machen. Wer das erfassen kann, soll es erfassen!“ (Mt 19,10-12).

Ein Eunuch ist im engeren Sinne ein durch Kastration zeugungs- und damit eheunfähig gemachter Mann. Ím weiteren Sinne galt es damals offensichtlich auch für einen, der von Geburt an eine entsprechende Fehlbildung hatte. Jesus erweitert dieses Spektrum nun auf die, welche für sich selbst „wegen des Königreichs der Himmel“ auf sexuelle Beziehungen ganz verzichten. Und er sagt, dass es solche auch tatsächlich gibt. Es ist also keine Theorie, es ist Praxis. Natürlich hatte er damals das Beispiel der Essener vor Augen, aber eine indirekte Empfehlung an seine Jünger darf man dabei sicherlich heraushören.

Eine noch deutlichere Sprache in dieser Richtung sprechen allerdings die mehrmals vorkommenden Stellen, an denen Jesus davon spricht, dass das Reich Gottes die natürliche Familie außer Kraft setzt. Man soll ihn mehr lieben als Vater und Mutter. Man kann Vater, Mutter, Frau und Kinder verlassen, um ihm zu folgen. Einem potentiellen Nachfolger verweigert er die Erlaubnis, die Beerdigung von dessen verstorbenem Vater auszuführen. Dieser Bruch mit der leiblichen Familie beinhaltet natürlich auch den Bruch mit der Ehe.

Diese Prioritätensetzung bestätigt dann Paulus in seinen Ausführungen zur Ehe in 1 Kor 7. Zunächst weist er eine generelle Ablehnung der Ehe zurück. „Was das betrifft, was ihr geschrieben habt: ‚Es ist gut für einen Mann, keine Frau zu berühren!‘ (Dazu sage ich:) Wegen der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und genauso jede den eigenen Mann.“ (Verse 1-2). Aber die Empfehlung zur Ehelosigkeit spricht der ehelose Gesandte des Herrn dann deutlich aus. Betrachten wir die Stellen dazu in der Zusammenstellung:

„(Wenn ihr mich fragt, dann) will ich, dass alle Menschen (unverheiratet) sind wie auch ich; aber jeder hat eine eigene Gabe von Gott, der eine so, der andere so.“ (Vers 7)

„Ich sage den Unverheirateten und den Witwen: Es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie ich. Wenn sie aber nicht verzichten können, sollen sie heiraten. Es ist doch besser, verheiratet zu sein, als sich (vor Verlangen) zu verzehren.“ (Verse 8-9)

„Was die Jungfrauen betrifft, habe ich keine Anordnung des Herrn. Eine Meinung gebe ich aber als jemand, der beim Herrn das Erbarmen gefunden hat, gläubig zu sein: Ich glaube, dass Folgendes gut ist wegen der gegenwärtigen Not, dass es also gut ist für einen Menschen: Bist du an eine Frau gebunden, suche keine Loslösung, bist du von einer Frau gelöst, suche keine Frau!“ (Verse 25-27)

„Der Unverheiratete sorgt für die Dinge des Herrn, wie er dem Herrn gefällt. Der geheiratet hat, sorgt aber für die Dinge der Welt, wie er der Frau gefällt, und er ist zerteilt. Sowohl die unverheiratete Frau als auch die Jungfrau sorgt für die Dinge des Herrn, dass sie heilig ist, mit dem Leib und mit dem Geist. Die geheiratet hat, sorgt aber für die Dinge der Welt, wie sie dem Mann gefällt. Das sage ich, weil es gut für euch selbst ist, und nicht, um euch eine Schlinge überzuwerfen. Aber es soll angesehen sein, dem Herrn auch ungehindert zur Verfügung zu stehen!“ (Verse 32-35)

„Wenn aber jemand glaubt, er würde seine Jungfrau beschämen, wenn sie eine alte Jungfer würde, und es müsse so sein, dann soll er tun, was er will, er versündigt sich nicht, er soll sie heiraten lassen. Wer in seinem Herzen aber fest steht, keine Notwendigkeit sieht, Freiheit über seinen Willen hat und so in seinem Herzen beschlossen hat, seine Jungfrau zu bewahren, der tut gut daran. Deshalb macht es der, der seine Jungfrau heiraten lässt, gut, und der, der sie nicht heiraten lässt, macht es besser.“ (Verse 36-37)

„Eine Frau ist auf so lange Zeit gebunden, wie ihr Mann lebt. Wenn der Mann entschläft, ist sie frei, sich heiraten zu lassen, von wem sie will, nur im Herrn. Glücklicher ist sie meiner Meinung nach aber, wenn sie so bleibt. Und ich meine, dass auch ich Geist Gottes habe.“ (Verse 38-39)

Auch bei der Anerkennung der „wirklichen Witwen“ im ersten Timotheusbrief klingt diese Sichtweise durch: „Zu „Witwen“ darfst du (nur) die bestimmen, die wirkliche Witwen sind. … Die wirkliche Witwe, die niemanden mehr hat, hat ihre Hoffnung auf Gott gesetzt und bleibt beim Bitten und Beten Tag und Nacht.“ (1 Tim 6,1+3). Diese Bestimmung zeigt auch, dass die ehelose Lebensart zumindest bei diesen „wirklichen Witwen“ auf einer Entscheidung beruhte, die in der Gemeinde bekannt und anerkannt war. Sie sollte wohlüberlegt sein, man durfte sich dazu nicht leichtfertig verpflichten.

Offensichtlich hatte man damit auch schon entschrechende Erfahrungen gemacht. „Jüngere Witwen musst du aber zurückweisen! Denn wenn sie – entgegen dem Messias – üppig leben wollen, dann wollen sie (wieder) heiraten und haben das Urteil, dass sie mit der anfänglichen Treue gebrochen haben. Zugleich lernen sie auch, unnütz in den Häusern umherzugehen, und nicht nur unnütz, sondern auch schwatzhaft und neugierig, und zu reden, was sich nicht gebührt. Ich will also, dass jüngere (Witwen wieder) heiraten, Kinder haben, ein Haus führen, dem Gegner keinen Anlass zur Verleumdung geben. Schon haben sich ja einige abgewandt hinter dem Satan her.“ (1 Tim 6,11-15).

Die christliche Lebensweise, die wir im allgemeinen kennen, beinhaltet die Wertschätzung von Ehe und Familie. Die Ehelosigkeit ist als Ausnahmefall institutionalisiert im katholischen Mönchs- und Nonnenwesen. Im evangelischen Bereich gibt es traditionell die Diakonissenhäuser und in moderneren Zeiten die Einrichtung von Kommunitäten, in denen die ehelose Lebensform ihren Platz hat. Beiden Bereichen ist gemeinsam, dass die Ehelosigkeit als Ausnahme und Sonderform angesehen wird. Der allgemeinen christlichen Gemeinde, die im Alltag lebt, ist sie entnommen ist. Die Gemeinde bleibt weiterhin im Denkmuster des Normalfalls von Ehe und Familie. Und es gibt ja auch die Geschwister, die gerne dabei sind, noch vorhandene Ehelose miteinander zu verkuppeln.

Die ganze Hingabe in der Nachfolge, die auf Ehe und Familie verzichtet, ist aber eine Realität in der neutestamentlichen Gemeinde. Die Ehelosigkeit gehört vor Ort in die Gemeinde als gleichwertige und anerkannte Lebensform neben der Ehe. In der Zeit der frühen Christen waren im römischen Reich immer wieder die Christenverfolgungen zu bestehen. Und in den Berichten über die Märtyrer tauchen überall heilige Jungfrauen auf, die willig für Jesus in den Tod gingen. Die Sache war damals also noch Realität.

Die Endzeit, in der die Gemeinde steht, hat aber auch ihre Rückwirkungen auf die Sicht von Ehe und Familie. „Das sage ich, Geschwister: Die Zeit ist begrenzt. Im Weiteren sollen auch alle, die Frauen haben, wie solche sein, die keine haben.“ (1 Ko 7,29). Mit dieser Relativierung ist auch die romantische Vorstellung erledigt, die Ehe sei dazu da, einander glücklich zu machen. Das Glück des Christen kommt von Gott und nicht vom Ehepartner. Nebenbei bemerkt, kann der Verzicht auf solche weltlichen Vorstellungen eine große Entlastung für die Ehe bedeuten. Und die zerstörerische Vergötterung des Ehepartners und/oder der Kinder ist damit ausgeschlossen.

Die Ehelosigkeit ist nach dem Zeugnis von Jesus dann auch die Lebensform der Zukunft, ein Hinweis auf die Existenzweise in der neuen Welt Gottes. Mt 29,30 / Mk 12,25 / Lk 20,35-36: „Die aber, die für wert gehalten werden, zu jener Welt zu kommen und zur Auferstehung von den Toten, die heiraten nicht und sind nicht verheiratet, wenn sie von den Toten auferstehen. Sie können ja auch nicht mehr sterben, sondern sie sind Engeln in den Himmeln gleich und sind Söhne und Töchter Gottes, weil sie Söhne und Töchter der Auferstehung sind.“

Sexualität

Sexualität sollte unter Christen – wie alles andere auch – aus Gottes Sicht betrachtet werden. Und Gottes Sicht finden wir in der Bibel. Fangen wir vorne an und schauen, wo die Sexualität herkommt.

Der Schöpfungsbericht – 1 Mo 1,27: „Und Gott machte den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes machte er ihn, männlich und weiblich machte er sie.“ Es ist also Gottes persönliche Erfindung, den Menschen als Mann und Frau zu machen.

Im zweiten Kapitel des 1. Buches Mose – einer sinnvollen Ergänzung zum ersten – wird dieser Vorgang konkreter beschrieben. Vers 7: „Und Gott formte den Menschen aus Erde vom Erdboden …“. Gott hat also nicht nur gesprochen, sondern geformt – also etwas getan, was z. B. auch ein Töpfer tut. Und dann erschuf Gott aus dem Adam auch noch eine Frau. Vers 22: „Der Herr, Gott, baute die Seite, die er von dem Adam entnommen hatte, zu einer Frau …“. Auch „bauen“ ist etwas, was man mit seinen Händen macht. Wenn Gott also Mann und Frau geformt bzw. gebaut hat, dann hat er auch alle an und in ihnen befindlichen Geschlechtsteile und -merkmale mit eigenen Händen geformt und gebaut.

Und in 1 Mo 1,31 heißt es: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut.“ Dieses Urteil betrifft also auch die Sexualität des Menschen. Alles daran ist sehr gut. Und die mit der Sexualität vorhandenen körperlichen Empfindungen gehören mit dazu. „Sündig“ oder „schmutzig“ ist daran nichts. Sünde fängt immer erst da an, wo man die guten Gaben Gottes missbraucht und pervertiert.

Adam und Eva haben nicht gesündigt, als sie sexuell zusammen waren, sondern sie haben ihre Ehe damit geschlossen. Ich habe dieses Verständnis der Sexualität ausführlicher in meinem Beitrag über Unzucht dargelegt. Das körperliche Zusammensein von Mann und Frau ist das grundlegende Wesensmerkmal der Ehe. Das heißt, die Ehe ist der Raum für die Entfaltung der Sexualität. Dass diese Entfaltung der Sexualität durchaus lustvoll gemeint ist, wird an wenigen Stellen in der Bibel deutlich.

In den Sprüchen z. B. warnt der Weisheitslehrer sehr davor, sich auf den Ehebruch mit einer fremden Frau einzulassen. Als Mittel dagegen empfiehlt er sehr bildhaft die Freude an der eigenen Ehe. Ich zitiere Spr 5,15-19 nach der Elberfelder Bibel. „Trinke Wasser aus deiner (eigenen) Zisterne und was aus deinem Brunnen quillt. Sollen nach draußen verströmen deine Quellen, auf die Plätze deine Wasserbäche? Dir allein sollen sie gehören, doch keinem Fremden neben dir. Deine Quelle sei gesegnet, erfreue dich an der Frau deiner Jugend! Die liebliche Hirschkuh und anmutige Gemse – ihre Brüste sollen dich berauschen jederzeit, in ihrer Liebe sollst du taumeln immerdar!“

Kann man es schöner ausdrücken, dass hier der Ort ist, an dem sexuelle Bedürfnisse ausgelebt werden können? Und offensichtlich können sie nicht nur, sondern sollen hier auch ausgelebt werden („berauschen“, „taumeln“ …). Warum die Lutherbibel statt der korrekten Übersetzung „Brüste“ lieber „Anmut“ schreibt, darauf darf sich jeder selbst einen Reim machen.

Auch Paulus, der Ehelose, der die Ehelosigkeit empfiehlt, vertritt diese Sichtweise. In der Ehe haben die sexuellen Bedürfnisse ihren legitimen Platz. 1 Kor 7,2-5: „Wegen der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und genauso jede den eigenen Mann. Der Mann soll der Frau geben, was er schuldig ist, genauso auch die Frau dem Mann. Die Frau hat nicht die Macht über ihren Leib, sondern der Mann. Und genauso hat auch der Mann nicht die Macht über seinen Leib, sondern die Frau. Beraubt einander nicht, außer in gegenseitigem Einverständnis für eine gewisse Zeit, um frei zu sein fürs Gebet. Und seid (dann) wieder zusammen, damit euch der Satan nicht versucht wegen eures Verlangens.“

Wenn wir Paulus hier genau nehmen, dann ist das sexuelle Verlangen sogar der einzige Grund für die Ehe, der angesichts des nahen Endes aller Dinge noch akzeptabel ist. Und wie er dabei die Gegenseitigkeit und Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau beschreibt, ist für seine Zeit revolutionär. (Die Frau, die Macht hat über den Leib des Mannes!). Das heißt natürlich, dass das Bedürfnis beider Partner wichtig ist. Sogar hier kommt der christliche Grundsatz zum Zuge, dass man nicht nur auf das Seine, sondern auch auf das des anderen zu achten hat. Und es gibt dabei sicherlich keine Grenzen für alles, was beiden Partnern Freude macht …

Dass Ehe und Sexualität aber nur etwas Irdisches und damit Vergängliches sind, hat Jesus deutlich erklärt. Mt 29,30 / Mk 12,25 / Lk 20,35-36: „Die aber, die für wert gehalten werden, zu jener Welt zu kommen und zur Auferstehung von den Toten, die heiraten nicht und sind nicht verheiratet, wenn sie von den Toten auferstehen. Sie können ja auch nicht mehr sterben, sondern sie sind Engeln in den Himmeln gleich und sind Söhne und Töchter Gottes, weil sie Söhne und Töchter der Auferstehung sind.“

Der Fluch der Ehe

Der Fluch der Ehe gehört zu den Folgen des Sündenfalls. Nachdem Gott im Fluch über die Frau erst die schmerzhaften Geburten ankündigte, sagte er dann noch: „Und gegen deinen Mann (geht) dein Begehren, er aber will herrschen über dich!“

Um diese Aussage besser zu verstehen, ist es hilfreich, aus dem folgenden Kapitel die Worte Gottes an Kain zu betrachten. 1 Mo 4,7: „Ist es nicht so: Wenn du das Richtige tust, ist (dein Blick) erhoben, wenn du aber nicht das Richtige tust, lagert Sünde vor der Tür? Und gegen dich (geht) ihr Begehren, du aber sollst herrschen über sie!“

Die zwei Aussagen sind genau gleich aufgebaut:

„Und gegen deinen Mann (geht) dein Begehren, er aber will herrschen über dich!“

„Und gegen dich (geht) ihr Begehren, du aber sollst herrschen über sie!“

Was die Sünde gegenüber dem Menschen tut, das will die Frau gegenüber dem Mann: Begehren. Wenn ich etwas begehre, dann will ich es besitzen. Die Sünde will den Menschen besitzen, sie will Macht über ihn ausüben. Die Frau will den Mann besitzen, und dieses Besitzen ist natürlich auch eine Art Machtausübung, vermutlich auf die etwas feinere weibliche Art und Weise. Vielleicht sind „Steuern“ und „Manipulieren“ passende moderne Ausdrücke dafür.

Die Antwort darauf besteht im Herrschen. Der Mensch soll über die Sünde herrschen, soll sie also in die Schranken weisen und nicht über sich herrschen lassen. Der Mann wehrt sich gegen die Besitzergreifung der Frau, indem er über sie zu herrschen versucht, um die Oberhand zu behalten. Vielleicht ist dann „Dominieren“ der passende Ausdruck dazu.

Hier ist also der eheliche Urkonflikt ausgesprochen und programmiert: der Machtkampf zwischen Ehemann und Ehefrau. Die vielen Witze, die es über diese Problematik gibt, bestätigen deren Richtigkeit und Realität. Ehen werden also nicht im Himmel geschlossen. Gott hat die Ehe geschaffen und gesetzt, aber er hat infolge der Sünde im Fluch die Mühsamkeit des Lebens über sie ausgesprochen, wie auch über die Arbeit und die Fortpflanzung.

Die Frage ist, ob es dafür eine Lösung gibt. In diesem Zusammenhang ist mir ein Abschnitt aufgefallen, der innerhalb des Neuen Testaments aus dem Rahmen fällt – Eph 5,21-33:

„… – indem ihr euch einander unterordnet in Achtung vor dem Messias, die Ehefrauen ihren Männern wie dem Herrn, denn ein Ehemann ist Haupt (seiner) Frau, wie auch der Messias Haupt der Gemeinde ist, er, der Retter des Leibes. Also, wie sich die Gemeinde dem Messias unterordnet, so auch die Ehefrauen (ihren) Männern in allem. Ihr Ehemänner, liebt (eure) Frauen, wie auch der Messias die Gemeinde liebt und sich für sie hingegeben hat, um sie heilig zu machen – dazu hat er sie gereinigt mit dem Bad im Wasser und durch das Wort -, um sie sich herrlich hinzustellen, die Gemeinde, damit sie keinen Fleck oder eine Runzel oder etwas derartiges hat, sondern heilig und makellos sein soll.

So müssen auch die Ehemänner ihre Frauen lieben wie ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Niemandem war doch jemals sein Körper gleichgültig, man gibt ihm vielmehr, was er braucht, und pflegt ihn. Und so (pflegt) auch der Messias die Gemeinde, weil wir Glieder seines Leibes sind. ‚Dafür wird ein Mann den Vater und die Mutter verlassen und sich mit seiner Frau verbinden, und die zwei werden körperlich eins sein.‘ Dieses Geheimnis ist groß. Ich sage das aber auf den Messias und auf die Gemeinde hin. Jedenfalls auch ihr, jeder Einzelne: Jeder soll seine Frau so lieben wie sich selbst! Die Frau aber: dass sie Achtung hat vor dem Mann!“

Das Auffallende in diesem Abschnitt ist, dass er dem allgemeinen Prinzip in der Gemeinde scheinbar zuwiderläuft. Die Christen in der Gemeinde haben untereinander – Männer und Frauen! – das Gebot von Jesus, einander zu lieben. Und sie haben, wie Paulus auch hier schreibt, das Gebot – Männer und Frauen! – sich einander unterzuordnen in Achtung vor dem Messias. Warum betont er nun hier so, dass der Mann, der sowieso alle lieben soll, auch seine Frau lieben soll? Und warum die Frau, die sich in Achtung vor dem Messias sowieso allen unterordnen soll, sich auch ihrem Mann unterordnen soll?

Diese spezielle Ermahnung von Paulus an die Eheleute ergibt aber einen guten Sinn, wenn man sie in Beziehung setzt zu 1 Mo 3 – dem Fluch der Ehe. Die Frau, die in menschlicher Art ihr Begehren auf ihren Mann gerichtet hat, hört jetzt auf damit und ordnet sich unter. Paulus formuliert es am Ende des Abschnitts auch noch anders: Sie hat Achtung vor ihm. Das ist offenbar ein alternativer Ausdruck für „unterordnen“. Der Mann, der in menschlicher Art über seine Frau zu herrschen versucht, hört jetzt damit auf und liebt – so wie Jesus seine Gemeinde.

Der Fluch der Ehe ist damit aufgehoben. Das neue Leben aus Gott kommt in die Ehe. Dass dafür Herzensveränderung mit Hilfe des Heiligen Geistes nötig ist, ist klar. Und so haben wir hier eine erlöste Ehe vor Augen, in der echte Liebe und echter Respekt die Haltung zueinander und den Umgang miteinander bestimmen. Das ist dann wohl auch die Antwort auf die Frage, was eine christliche Ehe ausmacht.

Unzucht

Unzucht ist die deutsche Entsprechung des griechischen Wortes „porneía“. Daher kommen auch alle unsere Fremdwörter, die mit „Porno-“ beginnen. Unzucht ist im Deutschen aber ein veraltetes Wort. Es wird in der modernen Sprache nicht mehr verwendet und kommt außer in manchen Bibelübersetzungen nur noch in älteren Gesetzestexten vor.

Leider gibt es dafür aber auch kein neueres Wort, weil die Kenntnis der Sachlage verloren gegangen ist. Unzucht meint jede Art sexueller Beziehung vor oder außerhalb der Ehe zwischen Mann und Frau. Nach Gottes Schöpfungsplan wird mit der ersten sexuellen Vereinigung eines Mannes und einer Frau deren Ehebeziehung gestiftet, eine den ganzen Menschen umfassende, dauerhafte Zusammengehörigkeit. Unzucht dagegen gilt als unverantwortlich, schädlich, entwürdigend, mit einem Wort: Sünde.

Es ist kein Wunder, dass dieser Sachverhalt aus den Köpfen verschwunden ist in einer Zeit, in der jeder mit jedem Sex haben darf, solange er einvernehmlich ist, keine Minderjährigen und Schutzbefohlenen beteiligt sind und kein öffentliches Ärgernis erregt wird. Aber die biblische Sicht ist und bleibt dennoch klar und deutlich.

Fangen wir am Anfang an. Gott schuf Mann und Frau, also ist er der Erfinder der Sexualität. Und sie steht unter seinem Urteil: Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und es war sehr gut. Von der Schöpfung her ist an der Sexualität nichts Sündiges oder Böses, im Gegenteil, auch sie gehört zu den Wundern der Schöpfung.

Erst mit dem Sündenfall wurde Adam und Eva ihre Nacktheit bewusst, sie schämten sich und trugen fortan Kleidung. Hierin drückt sich die Verletzlichkeit des Menschen an dieser Stelle aus, und bis heute bewirkt Schamhaftigkeit einen gewissen Schutz.

Adam und Eva waren ein Mann und eine Frau, aber ab wann waren sie „Mann und Frau“ im Sinne eines Ehepaars? Ohne Standesbeamten, ohne Trauzeugen, ohne Hochzeitszeremonie, wie ging das? Der Bericht sagt: „Und Adam ‚erkannte‘ Eva, seine Frau.“ Da sie davon schwanger wurde, ist klar, dass hier mit „Erkennen“ die geschlechtliche Vereinigung gemeint ist. Jetzt ist sie auf einmal „seine Frau“. Die Ehe ist geschlossen. Man kann in dem Ausdruck auch die Bedeutungen mitlesen „Er erkannte sie als seine Frau“ und „Er erkannte sie an als seine Frau“.

Offenbar ist Sex, wie Gott ihn gedacht und geschaffen hat, keine folgenlose körperliche oder gar sportliche Betätigung. Sie ist vielmehr ein den ganzen Menschen umfassendes Geschehen mit der tiefgreifenden Folge einer umfassenden Verbindung. Und die Ehe in diesem Sinne ist nur möglich zwischen Mann und Frau.

Diese Sichtweise bestätigt sich auch in den Berichten über die Stammväter. Als Rebekka aus fernem Land zu Isaak gebracht wurde, nahm er sie in sein Zelt, verbrachte die Nacht mit ihr, und damit war sie seine Frau.

Deren Sohn Jakob hatte dann bei seinem Onkel Laban sieben Jahre um dessen jüngere und hübschere Tochter Rachel gedient. Aber in der Hochzeitsnacht unterschob Laban ihm statt Rachel seine ältere und weniger hübsche Tochter Lea. Als Jakob am anderen Morgen bei Tageslicht (und vermutlich wieder Nüchternheit) seinen Irrtum bemerkte, gab es keinen Grund, an der gültigen Ehe zu zweifeln. Lea war seine Frau.

Dieses Verständnis der Ehe als geschlechtliche Gemeinschaft, die mit dem ersten Geschlechtsverkehr beginnt, zieht sich durch die ganze Bibel bis ins Neue Testament.

Wenn Paulus im ersten Korintherbrief argumentiert, dass es für eine ganze Hingabe an Jesus besser wäre, ledig zu bleiben, dann meint er damit den völligen Verzicht auf sexuelle Beziehungen. Und wer meint, nicht dauerhaft darauf verzichten zu können, der soll heiraten. Auch hier ist die Ehe als sexuelle Gemeinschaft verstanden. Wegen der Gefahr der Unzucht steht denen, die nicht verzichten können, der Weg in die Ehe offen. Und Paulus bekräftigt, dass sie damit nicht sündigen. Also leben Heilige entweder in der Ehe oder im Verzicht. Alles andere ist Unzucht.

Diese Sichtweise scheint in unserer humanistich-materialistischen Gesellschaft mit ihrer sexuellen Freizügigkeit ausgestorben zu sein. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Umso mehr werden Christen auch hier auffallen als Lichter in der Finsternis.

Und nicht vergessen: Wir verkünden der Welt keine christliche Moral, sondern die Botschaft von Jesus dem Messias. Er allein ist fähig ist das Leben von Menschen grundlegend zu verändern. Es gibt Vergebung, Reinigung und ein neues Leben …