Entdeckungen eines Bibelübersetzers

Schlagwort: Ältere

Bischof

Bischof ist ein Lehnwort aus dem Griechischen, es ist von dem Wort „epískopos“ abgeleitet. Dieses bezeichnet im Neuen Testament viermal Verantwortliche in den Gemeinden und in 1 Pe 2,25 einmal Jesus selbst. Die deutschen Übersetzungen des Wortes sind vielfältig.

Die Stellen Apg 20,28 und Tit 1,7 zeigen in ihrem Zusammenhang, dass es eine alternative Bezeichnung für „presbýteroi / Ältere“ ist und dass es – dazu passend – mehrere in einer Gemeinde sind. Wie die Evangelien zeigen, ist ‚presbýteroi‘ der Begriff aus der jüdischen Tradition. „Epískopoi“ ist dann der entsprechende Begriff aus dem griechischen Kulturkreis.

Das Wort ist zusammengesetzt aus der Vorsilbe „epí – auf/über“ und „skópos – Sehender / Beobachter“. Es könnte also autoritär übersetzt werden als „Aufseher“ oder aber funktional als „jemand, der die Übersicht hat“.

In der nach-neutestamentlichen Zeit hat sich leider das autoritäre Verständnis durchgesetzt. Der „Bischof“ wurde ein besonders geweihter Übergeordneter, der der unumschränkte Herr einer Ortsgemeinde, und dann eines Sprengels oder einer Diözese war. Die Theologen bzw. Historiker nennen das „monarchischer Episkopat“. Von der gemeinschaftlichen Struktur der neutestamentlichen Gemeinde her ist das eine gravierende Fehlentwicklung, die alles verfälscht und die Gemeinde zerstört.

Im neutestamentlichen Sinne sind die „epískopoi“ in der Gemeinde solche, die „die Übersicht haben“. Da es dafür im Deutschen leider nicht das passende Substantiv gibt, benutze ich als allgemeinste Übersetzung dafür den Begriff „Verantwortlicher“. Aber wohlgemerkt, das ist nicht der eine Verantwortliche in der Gemeinde, das ist Jesus selbst, sondern einer der Verantwortlichen bzw. Älteren.

Kriterien zur Zulassung bzw. Einsetzung von Verantwortlichen in den Gemeinden hat Paulus in 1 Tim 3 und Tit 1 beschrieben:

„Wenn sich jemand nach Verantwortung ausstreckt, ist er auf eine gute Sache aus. Dem Verantwortlichen darf nichts vorzuwerfen sein: Er muss Mann einer Frau sein, mit klarem Kopf, klar denkend, ordentlich, gastfrei, lehrfähig, nicht vom Wein abhängig, nicht aggressiv, sondern entgegenkommend, friedliebend, nicht geldgierig. Um die, die zu seinem Haus gehören, muss er sich gut kümmern. Wenn er Kinder hat, dann in Unterordnung, mit aller Ernsthaftigkeit. Wenn jemand sich nicht um die zu kümmern weiß, die zu seinem Haus gehören, wie soll er dann für eine Gemeinde Gottes Sorge tragen? Er darf kein Neuling sein, damit er sich nichts einbildet und einer Bestrafung durch den Teufel verfällt. Er muss auch von denen draußen ein gutes Zeugnis haben, damit er unter keinen Vorwurf fällt, eine Falle des Teufels.“

„Deswegen habe ich dich in Kreta gelassen, damit du noch in Ordnung bringst, was fehlt, und in jeder Stadt Ältere einsetzt, wie ich (es) dir angeordnet habe: wenn es an einem nichts auszusetzen gibt, er Mann einer Frau ist und zuverlässige Kinder hat, die nicht der Zügellosigkeit beschuldigt werden oder respektlos sind. An einem (solchen) Verantwortlichen als einem Verwalter Gottes darf es nichts auszusetzen geben: Er darf nicht selbstgefällig sein, nicht jähzornig, nicht vom Wein abhängig, nicht aggressiv, nicht gewinnsüchtig, sondern muss gastfrei sein, das Gute lieben, klar denken, gerecht, heilig und zum Verzicht bereit (sein) und sich an das der Lehre entsprechende zuverlässige Wort halten, damit er fähig ist, mit der heilsamen Lehre zu helfen und die, die widersprechen, zu widerlegen.“

Bei diesen Kriterien handelt es sich auffallenderweise um Eigenschaften, die man im Grunde von jedem Christen erwarten würde. Diese Tatsache bestätigt auch die sonstige Sichtweise im Neuen Testament. Es geht nicht um die Suche nach Führungspersönlichkeiten, Leitern oder gar einem „Bischof“, sondern um gereifte, zuverlässige und vorbildliche Christen. Sie können Verantwortung für den geistlichen Zustand der Gemeinde übernehmen, und alle, die noch nicht so weit sind, können sich an ihnen orientieren.

Wenn Paulus also schreibt: „Wenn sich jemand nach Verantwortung ausstreckt, ist er auf eine gute Sache aus“, dann meint damit nicht das Streben nach einem verantwortungsvollen Posten oder einer gemeindlichen Führungsposition. Er meint vielmehr das Streben nach erwachsener Mündigkeit, nach echter geistlicher Verantwortlichkeit, die in der Gemeinschaft der Geschwister fruchtbar wird.

Älteste / Ältere

Älteste gibt es nicht im Neuen Testament. Die korrekte Übersetzung für den traditionell verwendeten Begriff „Älteste“ ist nämlich „Ältere“. Im Griechischen haben wir es mit dem Wort „presbýteros“ zu tun. Eingedeutscht taucht es in den Lehnwörtern „Presbyter“ und „Priester“ auf. Doch dabei handelt es sich grammatikalisch nicht um den Superlativ von ‚presbýs‘ (alt), was „ältester“ hieße, sondern um den Komparativ. Der ist aber korrekt mit „älter“ oder „Älterer“ zu übersetzen. Das Wort „Ältester“ wäre die Übersetzung des griechischen „presbýtatos“. „Presbýteros“ mit „Ältester“ zu übersetzen ist demnach falsch.

Zur Zeit von Jesus galten bei den Juden zum einen theologische Autoritäten von früher als die „Älteren“. Und nach deren „Tradition der Älteren“ sollte man sein Leben ausrichten. Auch hier hatte sich neben den heiligen Schriften eine maßgebliche Tradition etabliert, was Jesus heftig kritisierte.

Zum anderen war „Ältere“ in Israel eine Bezeichnung für die Vertreter der weltlichen Führungsschicht des Volkes. Neben den Priestern und Theologen waren sie die dritte Kraft, die im Obersten Rat vertreten und auch beim Prozess gegen Jesus maßgeblich beteiligt war. Diese drei Gruppen werden in den Evangelien zusammengefasst auch die „Oberen“ genannt.

In der christlichen Gemeinde gibt es keine „Ältesten“, weder vom Sinne
des Wortes noch von der Lehre her. Älteste, die einen absoluten Status im
Sinne eines leitenden Amtes innehaben, sind in der neutestamentlichen Gemeindestruktur unbekannt. Es gibt im Sinne des Wortes nur „Ältere“, die im geistlichen Wachstums- und Reifeprozess relativ weiter vorangekommen sind als die anderen. Und in diesem Sinne haben sie eine helfende Älteren-Aufgabe, um die ganze Gemeinde in einer gesunden Entwicklung zu unterstützen, wie es vielleicht ältere Geschwister gegenüber jüngeren in einer Familie tun können.

Über die Aufgabe der Älteren hat Petrus geschrieben – 1 Pe 5,1-3: „Die Älteren unter euch fordere ich nun auf als Mit-Älterer, Zeuge der Leiden des Messias und Teilhaber der Herrlichkeit, die enthüllt werden wird: Hütet die Herde Gottes bei euch und achtet auf sie, nicht mit Druck, sondern Gott entsprechend in Freiwilligkeit, nicht gewinnsüchtig, sondern bereitwillig, nicht indem ihr die Teilgemeinden beherrscht, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid!“

(Wenn sich die christliche Gemeinde in einer Stadt in mehrere oder viele Hausgemeinden gruppiert, dann sind wohl auch die Älteren den Teilgemeinden zugeordnet, aber, wie Petrus sagt, nicht als Beherrscher, sondern als Vorbilder.)

Die vierundzwanzig „Älteren“ in der Offenbarung auf den Thronen
rings um den Thron Gottes sind oberste Engel. Man sollte sich von der Zahl 24 nicht verleiten lassen, sie auf das irdische Gottesvolk mit den 12 Stammvätern und den 12 „Aposteln“ zu deuten. Denn in der Offenbarung sind sie schon im Himmel, bevor Jesus als Lamm dort ankommt. Und dann natürlich auch lange vor der Entrückung der Gemeinde.