Der griechische Aorist ist eine Vergangenheitsform, die es so im Lateinischen oder Deutschen nicht gibt. Sie ist die normale Erzählform für vergangene Vorgänge und Fakten. Nun habe ich dazu in der griechischen Grammatik allerdings eine Entdeckung gemacht. Ich bin darauf gekommen über das neue Gebot von Jesus: „… dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe.“ Das „geliebt habe“ steht im Aorist.

Welche Vorgänge oder Fakten bei „geliebt habe“ wohl gemeint waren, war mir immer etwas schleierhaft. Und so schaute ich nochmal in der Grammatik unter „Aorist“, was er so alles bedeuten kann. Und hier entdeckte ich zu meiner Verblüffung eine seltenere Bedeutung, die mir nicht bewusst war: Der griechische Aorist drückt auch Erfahrungstatsachen aus, also Dinge, die immer schon so waren und sind. In diesem Fall muss er im Deutschen dann mit der Gegenwart (Präsens) übersetzt werden.

„geliebt hat“ oder „liebt“?

Nun habe ich das in meiner Übersetzung des Neuen Testaments an verschiedenen Stellen angewendet, die „geliebt habe“ oder „geliebt hat“ lauteten. Und ich war überrascht, wie anders und aktuell es sich anhört:

Joh. 13,34: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, wie ich euch liebe, damit auch ihr einander liebt!“

Joh. 15,9: „Wie der Vater mich liebt, liebe ich auch euch. Bleibt in meiner Liebe!“

2.Thess. 2,16: „Er selbst, unser Herr, Jesus der Messias, und Gott, unser Vater, der uns liebt und in Gnade ewige Hilfe und gute Hoffnung gibt …“

Eph. 2,4+5: „Gott, der reich an Erbarmen ist, hat uns aber durch seine große Liebe, mit der er uns liebt, die wir tot waren durch die Fehltritte, mit lebendig gemacht mit dem Messias …“

1.Joh. 4,10+11: „Die Liebe besteht nicht darin, dass wir Gott lieben, sondern dass er uns liebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden. Geliebte, wenn Gott uns so liebt, sind auch wir es schuldig, einander zu lieben.“